Blickpunkte

Steuersünder-CD - Computer-Forensik

Der Vertrieb unrechtmäßig beschaffter Kundendaten deutscher Steuersünder scheint sich zum prächtigen Geschäftsmodell für skrupellose Banker zu entwickeln. Auf Bundesebene greift die Politik herzhaft zu, und auch in den Bundesländern, denen dergleichen angeboten wird, neigt man eher zum Ankauf denn zum dankenden Ablehnen. Die Argumentation ist bekannt: Der Staat dürfe nicht zulassen, dass es rechtsfreie Räume für Steuersünder gebe. Bei geheimdienstlichen Aktivitäten gehe es schließlich auch nicht anders zu. Und der Fall Liechtenstein hat gezeigt, dass die Rendite stimmt. Dennoch monieren Datenschützer zu Recht, dass der Zweck nicht die Mittel heiligen darf und es nicht angeht, Bankmitarbeiter mit entsprechenden Prämien quasi zum Datendiebstahl zu verleiten. Es geht ums Prinzip. Da und dort ist in der Diskussion deshalb auch der Begriff der Hehlerei gefallen.

Solange es den Anschein hat, als würden die Datenskandale lediglich die "Reichen" betreffen, neigt die Mehrheit der Bevölkerung dazu, den Datenschutz vergleichsweise gering zu schätzen. Sieht man einmal vom Segen für die leeren Staatskassen ab, unterscheidet sich der Fall aber letztlich nicht allzu sehr von Fällen wie der neuerlichen Datenpanne bei AWD, die stets heftige Vorwürfe provozieren.

In Fällen, die den Durchschnittsbürger betreffen, wird alsbald Strafanzeige gestellt und die zweifellos schwierige Suche nach dem Verantwortlichen vorangetrieben. Im Fall der Lieferanten (immerhin unrechtmäßig beschaffter) Daten von Steuersündern gibt der Staat aber nicht einmal vor, an der Identifikation der Datensünder interessiert zu sein, um sie hernach zur Verantwortung zu ziehen. Ganz unmöglich wäre dies vielleicht nicht, wie die Kroll Ontrack GmbH, Böblingen, anmerkt. Mit Hilfe computerforensischer Methoden sei der Weg der Daten bis zu ihrem Ursprung verfolgbar und könne etwa nachgewiesen werden, wann und an welcher Stelle die vertraulichen Informationen einen Ort verlassen haben, den sie offensichtlich nicht hätten verlassen dürfen. Beispielsweise durch Ermittlung des Brennorts einer CD anhand digitaler Spuren lasse sich die Identität des anonymen Anbieters durchaus ermitteln.

Inwieweit dergleichen tatsächlich versucht wird, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren, lässt sich nicht beurteilen. Wäre es etwa im Fall Liechtenstein zu einer Ergreifung und Verurteilung des Angeklagten gekommen, hätte sich das indessen wohl kaum geheimhalten lassen. Staatlicherseits ist das Interesse daran vielleicht auch eher gering. Schließlich würde die Strafverfolgung nicht nur der Steuer-, sondern auch der Datensünder die Quellen des willkommenen Steuersegens vermutlich bald versiegen lassen. Das Prädikat des Rechtsstaats, der den Datenschutz ebenso ernst nimmt wie die Steuergerechtigkeit wiegt das wohl nicht auf.

Das Urteil des Fürstlichen Landgerichts in Vaduz, das einem wegen Steuerhinterziehung Verurteilten Schadenersatz in Millionenhöhe zugesprochen hat, weil seine Bank ihn nicht rechtzeitig auf den Datendiebstahl informiert hat, um ihm so die Möglichkeit zur straffreien Selbstanzeige zu geben, könnte aber zumindest die Banken verstärkt motivieren, die Datenlecks im eigenen Haus zu ermitteln. sb

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