Vor Ort

Steyler Bank: Zwischen Klostergarten und Börsenparkett

Etwa zehn bis 15 kirchliche Kreditinstitute arbeiten in der Bundesrepublik, doch von ihnen unterscheidet sich die Steyler Bank recht deutlich. Deutsche Kirchenbanken richten sich in den meisten Fällen explizit an kirchliche und karitative Einrichtungen sowie an deren Mitarbeiter - auch wenn die Öffnung für größere Kundengruppen derzeit teilweise im Gange ist, zum Beispiel bei der KD-Bank eG.

Offen für alle Privatkunden

Nicht so die Steyler - sie sprachen von Anfang an alle Christen an, die ihre Missionarsarbeit unterstützen wollten. Ihre Mitbewerber sieht die Bank dementsprechend eher in den örtlichen Verbundinstituten und anderen Kreditinstituten, die sich um den Privatkunden bemühen, als in den kirchlichen Banken. Als Mitbewerber unter den Ethikbanken nimmt das Institut hauptsächlich Umweltbank und GLS Bank wahr, auch wenn deren Schwerpunkt vor allem auf dem Umweltschutzgedanken liegt.

Andere religiös motivierte Banken sind zudem meist genossenschaftlich organisiert: Auf den ersten 25 Plätzen der BVR-Rangliste 2006 beispielsweise finden sich sieben kirchliche Banken mit Bilanzsummen zwischen drei und vier Milliarden Euro. Die Steyler Bank hingegen arbeitet unter der Rechtsform einer GmbH. Sie wies für das Jahr 2006 eine Bilanzsumme von 221 Millionen Euro aus.

Hilfestellung der Privatbank M. M. Warburg

Das Steyler Institut wurde 1964 in Sankt Augustin bei Bonn von Pater Adam Nottebaum als Missionssparinstitut gegründet. In seiner Funktion als Missionsprokurator leitete er ab 1959 die Verbindungsstelle zwischen den deutschen Ordens-Einrichtungen und den Missionsstationen. Zudem verwaltete er die Spendengelder. Ihn plagte die chronische finanzielle Not des Ordens und er besann sich auf eine Idee des Ordensgründers Arnold Janssen zurück: Schon Janssen hatte sich im Jahr 1874 von Gläubigen - zu einem Zinssatz von 3,5 Prozent - Geld geliehen, um den Bau eines Missionshauses zu finanzieren.

Bald jedoch meldete sich das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen bei Nottebaum. Für das Einlagengeschäft, das er betrieb, war eine Lizenz nötig und der Pater musste eine Bank gründen. Dabei leistete ihm das Hamburger Privatbankhaus M. M. Warburg Brinkmann, Wirtz & Co. Hilfestellung. Dessen Bankrat Wilhelm Walk wurde nach Sankt Augustin beordert, um den Brüdern zunächst als Geschäftsführer zur Seite zu stehen. Dafür revanchierte sich der Orden, indem er die Privatbank mit zwei Prozent beteiligte. Noch heute sind 98 Prozent des Kreditinstituts im Besitz der Missionare, die restlichen zwei Prozent gehören M. M. Warburg.

Da die Klosterräume für das wachsende Kreditinstitut allmählich zu eng wurden, gab Nottebaum ein eigenes Bankgebäude in Auftrag, das 1971 von seinem Nachfolger Pater Gerhard Huth eingeweiht wurde. Der Diplomkaufmann, der zudem Volks- und Betriebswirtschaftlehre studiert hatte, schuf aus dem Sparinstitut eine moderne Vollbank.

Neuer Markenauftritt seit dem Jahrtausendwechsel

Zum Jahrtausendwechsel wurde der Marktauftritt des Instituts frisch überholt. Hieß es bis dahin noch Steyler Missionssparinstitut, lautete der neue Name dann deutlich weniger sperrig: Steyler Bank. Neben dem Namen änderten die Steyler auch ihr Firmenkennzeichen. Es enthält seitdem ein Kreuz und die Erdkugel.

Zwar sind heute nicht alle Mitarbeiter der Steyler Bank katholisch, doch sie identifizieren sich mit dem missionarischen Auftrag des Ordens. Auch in der täglichen Arbeit und im Umgang miteinander spielt die christliche Grundeinstellung eine große Rolle. So werden beispielsweise regelmäßig Missionare eingeladen, die den Bankern von ihren Erfahrungen berichten, und gemeinsame Gottesdienste gefeiert.

Konditionen orientieren sich an Verbundinstituten

Etwa 14 600 Kunden betreut die Steyler Bank aktuell. Sie unterhält jeweils eine Niederlassung in Sankt Augustin und im Steyler Missionshaus Sankt Gabriel vor den Toren Wiens. Ansonsten ist sie für ihre Kunden per Post, Fax und Telefon zu erreichen und natürlich übers Internet. Die Kunden zahlen monatlich 3,60 Euro für ihr Girokonto und können die Automaten des Cash-Pool (BBBank eG, Citibank Privatkunden AG & Co. KgaA, GE Money Bank, National-Bank AG, Santander Consumer Bank, SEB AG, Sparda-Banken, Südwestbank und andere) gebührenfrei nutzen.

Schwerpunkt des Bankangebotes sind verschiedene Sparprodukte, beispielsweise das Missions-Sparkonto oder das Missions-Festgeld. In ihrer Konditionsgestaltung orientieren sich die Steyler an Sparkassen und Kreditgenossen. Der Sparer soll solide Gewinne erhalten und gleichzeitig Gutes tun können: Der erwirtschaftete Jahresüberschuss fließt vollständig in die Missionarsarbeit des katholischen Ordens. Die Kunden können zusätzlich ihren eigenen Zinsgewinn oder auch nur einen Teil davon den Missionaren zur Verfügung stellen. Und das tun auch die meisten. Im Jahr 2006 hat die Bank dem Orden 2,59 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Der Bankgewinn machte in diesem Zeitraum 0,7 Millionen Euro aus, der Rest der Mittel - immerhin 1,9 Millionen Euro - setzte sich also aus den Zins- und Kapitalspenden der Kunden zusammen. Das erwirtschaftete und gespendete Geld kommt dem Unterhalt der Missionare, der Ausbildung der Priester und der Renovierung kirchlicher Gebäude zugute, aber auch sozialen Projekte wie der Direkthilfe bei Hunger, Krieg und Naturkatastrophen oder Ausbildungs- und Gesundheitsprojekten.

Stilllegung des Kreditgeschäfts angedacht

Bei der Kreditvergabe, die vor allem an Privatkunden und nur an wenige institutionelle Kunden erfolgt, wird auf Transparenz geachtet und auf eine sinnvolle Verwendung des Geldes. In der Hauptsache dienen die Engagements der Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum. Zudem soll vermieden werden, dass sich die Kunden finanziell übernehmen.

Das geschieht nicht nur aus christlicher Nächstenliebe, sondern auch weil das Unternehmen zu Beginn des neuen Jahrtausends mit einem gelockerten Kreditverfahren negative Erfahrungen gemacht hat, an denen es heute noch knabbert. Besonders ein größerer Kredit, der an eine Privatperson vergeben wurde, belastete die Bücher bis ins Jahr 2006, er soll jedoch im laufenden Jahr abgewickelt werden. Inzwischen überlegen die Missionare bereits, das Kreditgeschäft ganz ruhen zu lassen: Man spiele mit dem Gedanken, einen Partner ins Haus zu holen, einen Spezialisten für Baufinanzierung zum Beispiel, und das Volumen an ihn zu vermitteln.

Dass eine solche Zusammenarbeit gut funktioniert, wissen die Steyler: Seit dem Jahr 2001 vermitteln sie Versicherungsverträge an einen unabhängigen Partner. Anfangs war das die Pax-Assekuranz, heute ist es ein Versicherungsmakler.

"Best-in-Class"-Ansatz und Negativ-Filter für die Geldanlage

In der Eigenanlage liegt der Schwerpunkt auf festverzinslichen Wertpapieren, und hier vor allem auf Hypothekenpfandbriefen und öffentlichen Pfandbriefen. Gewinn wird nicht maximiert, sondern optimiert, heißt es aus dem Geldhaus. Ganz bewusst werden daher nicht alle Gewinnmöglichkeiten genutzt - neben Sicherheit, Liquidität und Rendite müssen bei allen Investments Natur-, Sozial- und Kulturverträglichkeit gegeben sein.

Noch vor wenigen Jahren investierten die Missionare nicht in Wertpapiere. Heute bieten sie diese jedoch ihren Kunden an und auch in der Eigenanlage wird ein kleiner Anteil an Aktien akzeptiert. Das liegt unter anderem daran, dass die Brüder großes Vertrauen in das CR-Rating ihres Partners Oekom Research haben.

Die Unternehmen werden hierbei zunächst nach einem "Best-in-Class"-Ansatz bewertet, in einem zweiten Schritt berücksichtigen die christlichen Banker bestimmte Ausschlusskriterien. Es wird beispielsweise nicht in Firmen investiert, die Alkohol, Drogen oder Tabak produzieren, Hersteller von Bioziden sind genauso ausgeschlossen wie Unternehmen, die Tierversuche anwenden oder kontroverses Umweltverhalten an den Tag legen. In dieser Anlagepolitik schließt sich dann der Kreis zwischen christlichen Grundsätzen und modernen Investmentstrategien, zwischen Klostergarten und Börsenparkett.

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