Hausbank im Wandel

Vertraut der private Kunde noch seiner Bank?

Seit Ausbruch der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise gingen immer wieder Meldungen über milliardenschwere Spekulationsverluste renommierter Banken sowie deren Zusammenbrüche durch die Presse, was bei privaten Bankkunden zu einer Verunsicherung führte. Vor diesem Hintergrund wird auch ein Vertrauensverlust der Bevölkerung in das Bankwesen öffentlich diskutiert. Da jedoch gerade in Krisenzeiten eine solide Vertrauensbasis zwischen Kreditinstituten und Kunden unabdingbar ist, kommt einem Verlust des oftmals über viele Jahre hinweg durch die Banken mühsam aufgebauten Vertrauens der Kunden und damit den von den Banken getroffenen Maßnahmen zu dessen Wiederherstellung eine große Bedeutung für das gesamte Kreditgewerbe zu. Denn ein Abzug der Einlagen durch die Gläubiger kann unter Umständen zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kreditwesens in Form eines Runs auf die Banken bis hin zu einem Bankenkollaps führen.

Sparkassen als Vertrauens-Champions

Dem potenziellen Vertrauensverlust der privaten Bankkunden in das Bankwesen als Folge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise wird in der Wissenschaft eine besondere Bedeutung beigemessen, was insbesondere durch eine Vielzahl an Studien zu dieser Thematik belegt werden kann.1) So kommt eine repräsentative Meinungsumfrage des Bundesverbandes Deutscher Banken zu dem Ergebnis, dass das individuelle Kunde-Bank-Verhältnis durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise nur wenig beeinträchtigt wurde; lediglich neun Prozent der Befragten verzeichnen einen starken Vertrauensverlust zu ihrer eigenen Bank. Dagegen hat gemäß dieser Studie das Vertrauen von 42 Prozent der Befragten in die Banken in Deutschland und damit in die Bankenbranche insgesamt stark gelitten.

In diesem Zusammenhang identifiziert die BBDO Consulting-Studie die Sparkassen als "Vertrauens-Champions", dicht gefolgt von den Genossenschaftsbanken. Die Investmentbanken bewegen sich hingegen nach dieser Studie auf dem niedrigsten Vertrauensniveau.

Höhere Zahlungsbereitschaft für neutrale Beratung

Der GfK-Marktforschung zufolge mussten zudem auch die persönlichen Bankberater bei 66 Prozent ihrer Kunden einen Vertrauensentzug hinnehmen. Dabei spielten der Vertrieb nicht auf die individuellen Kundenbedürfnisse zugeschnittener Produkte sowie eine unverständliche Erklärung der angebotenen Finanzprodukte eine wesentliche Rolle.

Um dem entgegenzuwirken weist nach der BBDO-Consulting-Studie die breite Mehrheit der Befragten eine generelle Zahlungsbereitschaft für eine gebührenpflichtige, dafür aber unabhängige, fachkundige und provisionsfreie Finanzberatung auf, die sich jedoch auf einem sehr niedrigen preislichen Niveau bewegt.2)

Unter Berücksichtigung der Umfragewerte des Vorjahres verzeichnet BBDO außerdem nur eine Stagnation des Kundenvertrauens gegenüber der Finanzdienstleistungsbranche auf Vorjahresniveau mit Nivellierung hin zur Mitte. Der Bundesverband deutscher Banken stellt im Zeitvergleich hingegen fest, dass die Banken in Deutschland langsam wieder Vertrauen aufbauen können.3)

Vertrauensbildende Maßnahmen wirkungslos?

Obwohl 48 Prozent der Befragten in dieser Studie einschätzen, die Banken seien wegen der Krise in ihren Finanzgeschäften vorsichtiger geworden, empfinden im Hinblick auf das Vertrauen in die Stabilität der internationalen Finanzmärkte drei Viertel der Befragten eine bessere Kontrolle als sehr wichtig. Allerdings gehen lediglich 37 Prozent der Befragten davon aus, dass eine solche verbesserte Kontrolle zukünftig auch erfolgen wird.

Wenngleich die Banken als eine der Konsequenzen der Finanzkrise zu kompetenten Dienstleistungen sowie vertrauensfördernden Maßnahmen angehalten sind, sieht einer Studie von Marketing Partner zufolge nur knapp die Hälfte aller Befragten überhaupt intensive Bemühungen ihrer Bank, das Vertrauen in das eigene Institut wieder zu steigern; der überwiegende Teil der Befragten empfindet die vertrauensbildenden Maßnahmen der eigenen Hausbank jedoch als weitgehend wirkungslos. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Verhältnisses zwischen Banken und ihren Kunden ist laut der Innovalue Bankenstudie in nächster Zeit keine vollständige Zurückgewinnung des Vertrauens zu erwarten; der überwiegende Teil der Teilnehmer dieser Studie geht davon aus, dass die krisenbedingten Vertrauensverluste noch über das Jahr 2011 hinaus nachwirken werden.

In einer seitens der Verfasser durchgeführten Studie4) konnte festgestellt werden, dass die Finanzkrise bei 56,5 Prozent aller Befragten zu einem Vertrauensverlust in das gesamte Bankwesen geführt hat. Im Vergleich dazu wurde das Vertrauen in die eigene Bank nur bei 15,8 Prozent der Befragten als Folge der Finanzkrise beeinträchtigt. Bei immerhin 64,0 Prozent der Befragten hat sich das Vertrauen in die eigene Bank nicht negativ verändert. Insgesamt hat die eigene Hausbank nur bei 24,6 Prozent der Befragten, deren Vertrauen in das gesamte Bankwesen gelitten hat, einen Vertrauensverlust hinnehmen müssen.

Dies kann zum Beispiel auf eine intensive Bindung der Bankkunden zu ihrer Hausbank beziehungsweise zu ihrem persönlichen Bankberater zurückgeführt werden - sei es durch eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit oder sei es durch positive Erfahrungen bei der Beratungsqualität. Des Weiteren muss bei dem vorliegenden Befund der Umstand berücksichtigt werden, dass Investmentbanken, deren Reputation im Zuge der Finanzkrise sehr stark gelitten hat, wesentlich zum Vertrauensverlust der Gesellschaft in das Bankwesen beigetragen haben, als Hausbank jedoch nur sehr selten infrage kommen.

Jeder Vierte misstraut Großbanken

Als Vertrauenssieger innerhalb der Bankenlandschaft infolge der Finanzkrise lassen sich eindeutig die Sparkassen identifizieren, denn rund 49,4 Prozent aller Befragten schenken ihnen derzeit das größte Vertrauen. Diese ausgeprägte Ver trauenswürdigkeit der Sparkassen lässt sich einerseits durch ihre gesetzlich fixierte Gemeinwohlorientierung sowie ihre öffentlich-rechtliche Eigentümerstruktur, andererseits aber auch durch ihr häufig enges, persönliches Verhältnis zu den Kunden sowie ihr gesellschaftliches Engagement erklären.

Während dicht hinter den Sparkassen die Genossenschaftsbanken bei 37,1 Prozent aller Befragten das größte Vertrauen genießen, sind die Investmentbanken mit gerade einmal knapp einem Prozent die Vertrauensverlierer. Explizit hegen der Studie zufolge 65,0 Prozent der Befragten das größte Misstrauen gegenüber den Investmentbanken. Die Ursachen hierfür dürften in den enormen Verlusten mit hochspekulativen Geschäften und in den Zusammenbrüchen beziehungsweise Übernahmen namhafter Investmentbanken liegen.

Darüber hinaus fällt auf, dass 24,0 Prozent der Befragten den Großbanken mit dem größten Misstrauen begegnen. Bei dieser Bankengruppe dürften Diskussionen über ausufernde Managergehälter und Boni sowie die von der Commerzbank AG in großem Umfang benötigten Staatshilfen das Misstrauen der Kunden geschürt haben.

Gründe für das Misstrauen

Auf die Frage nach den wesentlichen Gründen für den Vertrauensverlust in das Bankwesen kam die Studie zu dem Ergebnis, dass die bloße Existenz einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise bereits bei einigen Befragten zu einem Misstrauen gegenüber dem gesamten Finanzsektor geführt hat.

Bei 53,1 Prozent der Befragten, deren Vertrauen in das gesamte Bankwesen gelitten hat, spielt der Eindruck, dass sich die Banken selbst untereinander nicht mehr vertrauen, eine wesentliche Rolle.

Zudem gaben 21,8 Prozent der Interviewten eine persönliche Betroffenheit - möglicherweise aufgrund eines erlittenen Vermögensverlusts oder der Enttäuschung über ein zu leichtfertiges Handeln der Banken an den internationalen Finanzmärkten - für ihren Vertrauensentzug an. Eine besondere Bedeutung als Treiber des Misstrauens kommt bei 72,6 Prozent der Befragten der Medienberichterstattung zu. Dies kann darin begründet sein, dass sich im Zuge der Finanzkrise nahezu niemand der allgegenwärtigen, oft negativ geprägten Medienberichterstattung beispielsweise zu "faulen Wertpapieren" in Bankbilanzen, Milliardenabschreibungen und existenzsichernden staatlichen Rettungspaketen entziehen konnte, was zunehmend dem Ansehen des Bankwesens schadete. Da bei 19,6 Prozent der Studienteilnehmer die Berichte von Familienangehörigen und Bekannten zu einer Beeinträchtigung des Vertrauens führten, darf zudem die negative Wirkung einer Mund-zu-Mund-Propaganda nicht unterschätzt werden. Erstaunlicherweise sahen jedoch lediglich 19,6 Prozent der Befragten, die einen Vertrauensverlust erlitten haben, ihre eigenen Einlagen aufgrund von Insolvenzen namhafter Banken als gefährdet an; vier Fünftel der Befragten sahen sich diesbezüglich - teilweise aufgrund der staatlichen Einlagengarantie - nahezu keiner Gefährdung ausgesetzt.

Kritische Prüfung von Beraterempfehlungen

Im Hinblick auf die Auswirkungen des Vertrauensverlusts bei den Bankkunden gaben 62,0 Prozent der Befragten mit Vertrauensverlust an, zukünftig nur noch weitgehend sichere Bankgeschäfte abschließen zu wollen, und rund 40 Prozent dieser Interviewten beabsichtigen, die von ihrem Bankberater empfohlenen Finanzprodukte in Zukunft einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Hingegen bevorzugen 11,7 Prozent der Befragten, deren Vertrauen in das gesamte Bankwesen gelitten hat, eine Investition ihres Vermögens in vermeintlich sicherere Wertgegenstände wie zum Beispiel Immobilien, Schmuck, Gold oder Kunst. Lediglich bei 10,1 Prozent der Befragten führt der Vertrauensverlust dazu, dass sie Bekannte vor gewissen Banken warnen, und nur 17,3 Prozent der Interviewten mit Vertrauensverlust zogen die Kündigung ihrer Einlagen als Reaktionsmöglichkeit in Erwägung.

Nur noch jeder Zweite vertraut Anlageempfehlungen

Bei der Frage nach dem Vertrauen in die Beratungsqualität des Bankberaters zeigte sich, dass nur noch knapp die Hälfte der Befragten ein vollständiges oder zumindest weitgehendes Vertrauen in die Anlageempfehlungen ihres Bankberaters besitzt. 15,8 Prozent der Befragten schenken dagegen ihrem Berater im Hinblick auf die ihnen angebotenen Finanzprodukte wenig bis keinerlei Vertrauen.

Die kundenseitige Unzufriedenheit hinsichtlich der Beratung äußert sich auch darin, dass lediglich 48,6 Prozent der Befragten explizit angaben, sich ausreichend über die Funktionsweise und Risiken der ihnen angebotenen Produkte aufgeklärt zu fühlen; 17,7 Prozent der Studienteilnehmer sahen sich dagegen diesbezüglich unzureichend unterrichtet. Ferner empfanden nur rund 40 Prozent aller Befragten die ihnen empfohlenen Finanzprodukte als individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

Vor diesem Hintergrund zeigten aber lediglich 31,3 Prozent aller Interviewten die Bereitschaft, für eine provisionsfreie, bedarfsgerechte und objektive Beratung eine angemessene Gebühr zu zahlen.

Obwohl die Banken aus Marketingsicht teilweise bereits Maßnahmen der Vertrauensbildung ergriffen haben, haben nur 34,7 Prozent der Befragten den Eindruck, dass ihre Bank aktiv bemüht ist, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die restlichen Interviewten merkten zum einen an, dass ihre Bank zu wenig zur Rückgewinnung des Vertrauens unternimmt; zum anderen haben sie bei ihrer Bank diesbezüglich bisher überhaupt kein Engagement feststellen können. Darüber hinaus konnte nur rund ein Viertel der Befragten eine intensivere Beratung durch die eigene Hausbank als Folge der Finanzkrise feststellen.

Es zeigte sich ferner, dass die staatliche Einlagengarantie bei 36,0 Prozent aller Befragten zu einer persönlichen Beruhigung beigetragen hat. Über drei Viertel der Befragten erachten zudem eine stärkere Regulierung des Bankwesens sowie eine intensivere Überwachung der Kreditinstitute durch den Staat als sinnvoll. Basel III könnte ein Weg in diese Richtung sein.

Implikationen für die Banken

Aufgrund des durch die Finanzkrise geschwächten Vertrauensverhältnisses zu ihren Kunden sollten Banken in erster Linie versuchen, ihren Stellenwert in der Gesellschaft wieder zu verbessern sowie Vertrauen zurückzugewinnen. Dabei sollte auf eine Intensivierung der persönlichen Kundenbeziehungen, eine kundenorientierte und kompetente Beratung sowie eine ehrliche, eingehende und verständliche Risikoaufklärung Wert gelegt werden.

Während die seit Kurzem verpflichtenden Beratungsprotokolle zur Aufklärung des Kunden und zur Transparenz der angebotenen Anlageformen beitragen, besteht hinsichtlich des Einblicks in den Eigenhandel und in die in diesem Geschäftsfeld von den Kreditinstituten eingegangenen Risiken noch Handlungsbedarf. In diesem Zusammenhang ist auch eine intensive Überprüfung der bankinternen Risikokontrollsysteme zu empfehlen beziehungsweise eine verstärkte Rückbesinnung auf das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft zu überdenken. Zudem ist die Rückkehr zu realistischeren Renditevorstellungen der Banken, angemesseneren Managergehältern und geeigneteren Modellen der Mitarbeitervergütung sicherlich ein Weg, um Misstrauen bei den Bankkunden abzubauen.

Werden von einer Bank solch grundlegende Änderungen vorgenommen, sollten sie auch der breiten Öffentlichkeit kommuniziert werden. Diente das Bankmarketing früher vornehmlich dem Vertrieb von Finanzprodukten, muss es gerade im Zuge der Finanzkrise verstärkt einen Beitrag zum Aufbau von Vertrauen sowie Reputation leisten.

Anhand der in den (empirischen) Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse kann festgestellt werden, dass sich das Vertrauen der Bankkunden in das Bankwesen sowie das Ansehen der Banken im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich verschlechtert haben und dadurch eine Art Vertrauenskrise Einzug gehalten hat.

Da ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Kreditinstituten und ihren Kunden jedoch von existenzieller Bedeutung für die störungsfreie Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft und damit für die Stabilität der gesamten Volkswirtschaft ist, muss zu jeder Zeit das Vertrauen der Gläubiger in die Sicherheit ihrer Forderungen gewährleistet sein. Somit sind Banken dazu angehalten, zukünftig umsichtiger mit dem Vertrauen ihrer Kunden zu verfahren und ihre Geschäftspolitik vermehrt darauf auszurichten, ihre Glaubwürdigkeit sowie das Vertrauen ihrer Kunden zu stärken. Der zielgerichteten Kommunikation der Banken den Kunden gegenüber muss dabei eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Ob und inwieweit erfolgreich in nächster Zeit vertrauensfördernde Maßnahmen von den Banken ergriffen werden, bleibt hingegen abzuwarten.

Anmerkungen

1 Vgl. die Meinungsumfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken (2009); "Studie: Verlorenes Vertrauen zurückgewinnen" von Marketing Partner (2009); "Innovalue Bankenstudie 2009"; "Studie: Welches Vertrauen genießen Finanzdienstleister ein Jahr nach Lehman" von BBDO Consulting (2009); Studie der GfK-Marktforschung zum aktuellen Vertrauen der Deutschen in Institutionen, Banken und Versicherungen (2010).

2 Die Zahlungsbereitschaft für eine Honorarberatung liegt der Studie zufolge bei einem Großteil der Befragten deutlich unter 50 Euro pro Beratung.

3 Der Anteil der Befragten, deren Vertrauen stark gelitten hat, ist seit März 2009 um zwölf Prozent gesunken.

4 Die empirische Studie wurde im Zeitraum Mai bis Juni 2010 unter 450 privaten Bankkunden mit einer Rücklaufquote von 70,44 Prozent durchgeführt. Um möglichst repräsentative Ergebnisse zu erzielen, wurden in der Stichprobe weibliche Befragte (46 Prozent) sowie männliche Befragte (54 Prozent) aller Altersklassen berücksichtigt.

Univ.-Prof. Dr. Gerd Waschbusch , Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre , Universität des Saarlandes
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