Finanzbildung

Wege zu einer neuen Sparkultur

"Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not" lautet ein altes Sprichwort. Es legt den Menschen nahe, finanzielle Reserven zu bilden. Für Sparkassenkunden ist dies ein wichtiges Leitmotiv. Es gab zu allen Zeiten gute Gründe, wofür es sich zu sparen lohnt. Zur Zeit der Gründung der ersten Sparkassen stand die allgemeine Daseinsvorsorge im Vordergrund, und zwar für alle Bevölkerungsteile. Denn die Geschäftsbanken kümmerten sich damals nur um die wohlhabenden Bürger. Später, nach dem zweiten Weltkrieg, waren Rücklagen für notwendige Anschaffungen wichtig. Sehr groß war auch der Wunsch nach dem eigenen Heim. Auch dafür ist ein finanzieller Grundstock notwendig. Hierzu wurde seinerzeit eigens eine staatliche Förderung eingeführt. Denn Ludwig Erhard war der Überzeugung, dass Wohneigentum der beste Garant für gesellschaftliche Teilhabe und Verantwortung ist.

Diese Sparziele gibt es auch heute. Hinzugekommen ist in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit, zusätzlich für das Alter vorzusorgen. Auch hierfür gibt es mittlerweile staatliche Förderung. Sie soll Anreize setzen, damit Rentner in Zukunft verstärkt auf eine private, kapitalgedeckte Altersvorsorge zurückgreifen können.

Trotz der gestiegenen Notwendigkeit zur Vorsorge sind die Deutschen derzeit eher weniger bereit zu sparen. Die Sparquote ist jüngst auf zehn Prozent des Nettoeinkommens gesunken, Tendenz weiter fallend. Das muss beunruhigen. Kommt die sinkende Sparbereitschaft doch zu einer Zeit, in der Niedrigzinsen das Anwachsen des Ersparten belasten. Wird jetzt noch weniger gespart, stehen in Zukunft noch weniger Rücklagen im Alter zur Verfügung. Erste Berichte über Altersarmut dokumentieren bereits, wohin diese Entwicklung führen kann.

Eine behutsam eingeleitete Zinswende ist der beste Weg, um die Sparbereitschaft der Bürger wieder zu verbessern. Die dafür notwendigen Reform- und Konsolidierungsschritte in den verschiedenen Euro-Staaten sind bekannt. Erst durch sie wird die EZB in die Lage versetzt, die Normalisierung in der Zinspolitik einzuleiten.

Falsch verstandener Verbraucherschutz schwächt die Wertpapierkultur

Darüber hinaus gibt es aber weitere Maßnahmen und Trends, die zu einer Veränderung der Sparkultur beitragen können.

Bei der Altersvorsorge entscheidet der richtige Anlagemix. Wertpapiere bieten grundsätzlich eine Möglichkeit, den eigenen Anlagemix auf ein breiteres Fundament zu stellen. Mit Wertpapieren können Anleger an positiven Unternehmensentwicklungen teilhaben. Dies gilt gerade in Zeiten der niedrigen Zinsen. Dabei spreche ich nicht von kurzfristigen oder einmaligen Engagements, sondern von langfristigem Wertpapiersparen. Natürlich gab es in der Finanzkrise auch Anleger, die mit Wertpapieranlagen schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Die Politik hat in den letzten Jahren aber leider kräftig zum weiteren Niedergang der Wertpapierkultur in Deutschland beigetragen - und zwar durch falsch verstandenen Verbraucherschutz. Immer höhere bürokratische Vorgaben, immer mehr Papier schrecken Kunden ab, langfristige Wertpapieranlagen zu tätigen. Das stellt auch die Politik selbst zunehmend vor Probleme, weil das Ziel einer auch mit Wertpapierengagements finanzierten privaten Altersvorsorge ins Wanken gerät.

Die Politik wollte mit ihren Maßnahmen zum Verbraucherschutz mehr und bessere Beratung gewährleisten. Stattdessen erreicht sie zunehmend den vollständigen Schutz des Verbrauchers vor Wertpapierberatung - ich gehe davon aus, dass das so nicht gemeint war. Im Teilsegment der wichtigsten 160 deutschen Aktien-Titel ist der Anteil der Beratungsgeschäfte bei den deutschen Sparkassen seit 2009 um 80 Prozent (!) zurückgegangen. Und wenn solche Geschäfte überhaupt noch durchgeführt werden, dann als sogenannte "Execution-only"-Geschäfte oder gar auf Online-Plattformen: Alles ohne Beratung und häufig eben nicht von denen getätigt, für die Wertpapiersparen jetzt besonders wichtig wäre. Das kann nicht im Sinne der Politik sein, die einer privaten Altersvorsorge eine hohe Bedeutung zumisst.

Wertpapierberatung entbürokratisieren

Die S-Finanzguppe leistet ihren Beitrag, indem die Deka-Bank klar als Wertpapierhaus positioniert wird und die Wertpapierberatungs- und -abwicklungsprozesse so geordnet werden, dass trotz aller Bürokratie mehr Zeit für den Kunden bleibt. Jeder Kunde soll nachvollziehen können, warum ihm welches Produkt empfohlen wurde. Und das bei durchgängig hohem Niveau der Beratungsqualität. Das gibt sowohl dem Kunden als auch dem Berater Sicherheit.

Jetzt ist die Politik gefragt. Wir fordern eine Entbürokratisierung der Wertpapierberatung. Es gilt darüber nachzudenken, bei bestimmten Produkten die Dokumentationspflicht zu vereinfachen. Auch eine Abstufung nach Anlagebeträgen macht Sinn, denn 5 000 Euro sind nicht gleichbedeutend mit 500 000 Euro Geldanlage. Und schließlich muss das Berater- und Beschwerderegister kritisch hinterfragt werden.

Finanztransaktionssteuer trifft in jedem Fall die Falschen

Ein weiterer Schlag gegen eine deutsche Aktienkultur wäre jetzt eine Finanztransaktionssteuer. Ich weiß, dass Kompromisse zum politischen Geschäft gehören. Welchen Sinn hat aber eine Finanztransaktionssteuer, die Derivate ausnimmt, weil sich französische Großbanken mit diesen Papieren vollgesogen haben? Die Staatsanleihen ausnimmt, weil Italien noch immer keinen Ausweg aus seiner Schuldenmisere gefunden hat? Und die einzig und allein auf Aktien und Aktienderivate gelten soll? Gerade angesichts niedriger Zinsen gilt: Aktien sollten eine stärkere Bedeutung für die Eigenvorsorge bekommen, damit breitere Schichten der Bevölkerung an den Produktivitätsfortschritten der Wirtschaft teilhaben können.

Kommt die Finanztransaktionssteuer, so trifft sie mit Sicherheit die Falschen. Institutionelle Anleger und ausländische Börsenplätze tangiert sie jedenfalls nicht. Und es könnte auch sein, dass sich die deutsche Steuerverwaltung etwas damit übernimmt, den Handel von zwei Chinesen mit deutschen Aktien in Tokio besteuern zu wollen. Man wird einsehen müssen, dass es keine Form einer Finanztransaktionssteuer gibt, die Deutschland im Schulterschluss mit nur wenigen anderen Europäern der Welt aufdrücken kann.

Nachhaltigkeit bei Geldanlagen

Darüber hinaus bedeutet eine andere Sparkultur auch, dass die Menschen nach mehr als nur Rendite streben. Das Prinzip der Nachhaltigkeit findet bei den Bundesbürgern großen Anklang. In einer Umfrage des DSGV signalisieren 50 Prozent der Menschen hierzulande, dass sie zugunsten nachhaltiger Aspekte bei der Geldanlage auf eine höhere Rendite verzichten würden. Sie wollen ihr Geld nicht einfach in abstrakten Finanzderivaten anlegen, sondern in ethisch vertretbaren und nachhaltigen Projekten - möglichst vor Ort investieren. Denn auch damit gestalten sie ihre eigene Zukunft.

Dass langfristiges und nachhaltiges Handeln auch bei Finanzgeschäften immer mehr an Bedeutung gewinnt, zeigt auch folgende Zahl: Jeder dritte Bundesbürger zeigt sich offen für Geldanlagen, die sich an ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien ausrichten.

Sparkassen können dem als kommunale und demokratisch kontrollierte Institute Rechnung tragen. Zu einem stärken Sparkassen kommunale Geld- und Wirtschaftskreisläufe, sie sichern Arbeitsplätze und engagieren sich für das Allgemeinwohl. Aus Spareinlagen werden Kredite vor Ort. Das Geld, das hier verdient wird, wird für die Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft im Gebiet des Trägers eingesetzt.

Dies wird auch von den Kunden erwartet. Zwei von drei Bundesbürgern befürworten die Investition von Spareinlagen in der eigenen Region. All das fällt unter die ökonomische Nachhaltigkeit und sorgt dafür, dass Geld bei Sparkassen nicht nur gut, sondern besser angelegt ist. Dies war schon vor der Finanzkrise so und ist jetzt wichtiger denn je.

Hinzu kommt, dass Sparkassen sich für das Gemeinwohl engagieren. Jedes Jahr geben die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe rund eine halbe Million Euro für gemeinnützige Zwecke aus. Die Gelder fließen in großer Zahl in Engagements vor Ort, viele davon in Kunst, Kultur und Sport oder auch in die Jugendförderung. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist damit der größte, nicht-staatliche Kultur- und Sportförderer Deutschlands.

Dem wachsenden Bewusstsein in der Bevölkerung für eine nachhaltige Entwicklung tragen Sparkassen durch eine vermehrte Kommunikation Rechnung. Immer mehr Sparkassen interessieren sich dafür, wie sie explizit die Nachhaltigkeit der Geschäftsstrategie darlegen können und wie sich die Nachhaltigkeit über die Jahre weiterentwickelt.

Erste Sparkassen nutzen dafür bereits die Systematik, die wir als Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) im Rahmen der Kooperation mit dem Rat für nachhaltige Entwicklung und dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex entwickelt haben.

Technisch gesprochen wurde hier ein spezielles Set mit Nachhaltigkeitsindikatoren entwickelt, das für Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Zivilgesellschaft - ebenso wie für Träger und die breite Öffentlichkeit transparent macht, wie die Sparkassen mit ihrer unternehmerischen Haltung, mit ihren nachhaltigen Produkten und gesellschaftlichen Initiativen den Wohlstand fördern und sich für die gesellschaftliche Zukunft in der Region einsetzen.

Verbraucherbildung als Schlüssel zur neuen Sparkultur

Damit aus neuem Sparen eine neue Sparkultur entsteht, braucht es aber nicht nur die richtigen politischen Rahmenbedingungen und die richtigen Finanzpartner. Eigenverantwortung bei der Vermögensbildung setzt in der Breite eine verbesserte Verbraucherbildung voraus.

Es gilt: Kunden sollten nur solche Investitionen tätigen, die sie auch verstehen. Dabei stellt sich die Frage, warum Jugendliche in der Schule lernen, was Singularität in den schwarzen Löchern des Universums bedeutet. Warum wird vielen von ihnen aber nicht beigebracht, was Aktien von Rentenpapieren unterscheidet und wie man ein Haushaltsbuch richtig führt?

Sparkassen haben seit jeher auch einen Bildungsauftrag: die Menschen zur Eigenvorsorge anzuhalten. Dabei unterstützen sie die beiden maßgeblichen Institutionen, die Finanzbildung vermitteln: das Elternhaus und die Schulen.

Ein gutes Beispiel ist der Sparkassen-Schulservice, der sich in den Schulen engagiert. Die Angebote sind für Sekundarstufe I und II sowie für Grund- und Förderschulen ausgelegt und erreichen 75 Prozent aller Schulen in Deutschland.

Oder auch mit dem Beratungsdienst Geld und Haushalt. Seine Aufgabe ist es, die ökonomische Bildung der Bevölkerung und der Kunden mit kostenlosen Beratungsangeboten zu fördern. Wichtig ist, dass Geld und Haushalt sein Serviceangebot stetig modernisiert und erweitert, bis hin in die elektronischen Medien: Er wurde so zum Beratungsdienst mit der größten Reichweite. Er ist auch der einzige Dienstleister dieser Art in Deutschland, der einen bundesweiten, flächendeckenden Vortragsservice anbietet.

Erst fundiertes Finanzwissen wird zu einer neuen Sparkultur führen. Deshalb ist die Finanzbildung sehr wichtig.

Politik, Finanzwirtschaft und Verbraucherbildung sind dazu aufgerufen, die Sparkultur in Deutschland zu erneuern. Das bedeutet auch eine Veränderung des Sparens mit Blick auf die Niedrigzinsphase: Neue Anlagemöglichkeiten müssen in den Blick der Verbraucher gerückt werden. Eine Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen, das richtige Angebot in den Filialen und intensive Beratung und Bildung: Das sind die entscheidenden Maßnahmen, mit denen wir die Menschen für eine neue Sparkultur begeistern müssen.

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