Brand Funnel

Der Brand Funnel, auch Markentrichter genannt, ist ein in der Wissenschaft und Praxis etabliertes mehrdimensionales Instrument zur Messung der Markenperformance im Rahmen des Markencontrollings. Als synonyme Begriffe werden Purchase Funnel oder Kauftrichter verwendet.

Der Brand Funnel ist ein leicht verständliches Tool, das in der Marketingliteratur als Weiterentwicklung des klassischen AIDA-Modells (Attention, Interest, Desire, Action) beschrieben wird. Die Dimensionen basieren auf einer ganzheitlichen Betrachtung des Kaufverhaltens von Konsumenten entlang den Stufen des Entscheidungsprozesses. Der Markentrichter untersucht, wie viele Personen ein/e Marke(nprodukt) kennen, damit vertraut sind, ernsthaft überlegen, dieses Produkt zu kaufen und dies letztendlich auch tatsächlich tun. Am Ende bleiben im Trichter nur diejenigen übrig, die das jeweilige Markenprodukt gekauft haben.

Basierend auf dem Brand Funnel ist für jede Stufe eine Messung der Marken-Performance möglich, welche die Grundlage eines regelmäßigen Markenaudits bilden kann.

Markentrichter mit fünf Stufen

Die (klassischen) fünf Stufen des Markentrichters umfassen:

1. Ungestützte und gestützte Bekanntheit (Brand Awareness): Kennt die Zielgruppe die Marke? In dieser Stufe entscheidet sich, welcher Prozentsatz der potenziellen Kunden in den Trichter kommt.

2. Vertrautheit (Brand Familiarity): Wie vertraut ist der Kunde mit der Marke? Hat er ein positives Bild? Weiß er, wofür die Marke steht beziehungsweise was das Unternehmen verkauft?

3. Relevant Set (Brand Consideration): In dieser Stufe hat der Kunde bereits einige Wettbewerber gedanklich aussortiert und steht jetzt vor der Wahl, sich zwischen einigen wenigen zu entscheiden.

4. Kauf (Brand Purchase): Der Kunde hat sich für eine Marke entschieden.

5. Loyalität (Brand Loyalty): Der Kunde kauft die Marke regelmäßig und wird zum "Fan" der Marke.

Unterstützung des Marketingcontrollings

In der Literatur findet man vereinzelt Kritik am fünfstufigen Brand Funnel-Modell, da die beschriebene Struktur einen sequenziellen Ablauf des Kaufentscheidungsprozesses unterstellt. Manche Autoren argumentieren, dass Konsumenten unterschiedliche Wege zum Kauf durchlaufen können. So können zum Beispiel bei der Informationssuche im Internet und der Nutzung von Online-Vergleichsportalen für die Bewertung von Markenalternativen bis dato unbekannte Marken entdeckt werden und das individuelle Consideration-Set ergänzen.

Trotz dieser Kritikpunkte sind sich die Experten einig, dass der Markentrichter eine Unterstützung für wichtige Fragen des Marketingcontrollings liefert: Unter anderem: Auf welcher Stufe verliert ein Unternehmen potenzielle Kunden? Worauf soll der Fokus einer Kampagne gesetzt werden? In welchen Zielgruppen kann die Markenbekanntheit noch gesteigert werden? Worin unterscheiden sich die Kunden einer bestimmten Marke von den Category Usern? Wie kann ein Unternehmen erreichen, dass seine Marke in das Relevant Set seiner Zielgruppe kommt? In welchen Attributen wird die Marke als schwach wahrgenommen? Welche Markentreiber sollen in der Positionierung der Marke betont werden?

Um die spezifischen Branchen-/Markt- und Markengegebenheiten geeignet abzubilden, kann der Markentrichter abhängig vom jeweiligen untersuchten Markt sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Anzahl der Stufen angepasst werden.

Bei der Auswertung wird zwischen den Prozessstufenwerten und den Trans ferraten unterschieden. Die Prozessstufenwerte sind die Anteile der (potenziellen) Kunden, die von einer Stufe des Markentrichters ("Funnelstufe") in die nächste gelangen und dem Unternehmen nicht verloren gehen. Zum Beispiel könnte Marke A 80 Prozent der Personen bekannt und 60 Prozent der Personen vertraut sein.

Die Transferraten sagen aus, welcher Anteil der Zielgruppe von einer Prozessstufe auf die nächste überführt wird, das heißt nicht verloren geht. Im vorliegenden Markenbeispiel A beträgt die Transferrate von der 1. Stufe der Bekanntheit zur 2. Stufe der Vertrautheit 75 Prozent.

Auch für die Wettbewerbsanalyse

Der Brand Funnel kann auch im Rahmen der Wettbewerbsanalyse eingesetzt werden, sofern die befragte Zielgruppe auch Wettbewerbskunden umfasst. Dabei können die Erfahrungen mit der/den jeweiligen Wettbewerbsmarken/-produkten abgefragt und untersucht werden, zum Beispiel: Auf welchen Stufen schneidet der Mitbewerb besonders gut ab und wo liegen im Vergleich zum Mitbewerb die Stärken der eigenen Marke?

Bei den Personen, die nicht die Stufe des Kaufs des eigenen Produktes erreicht haben, ist es interessant zu erfahren, wo beziehungsweise wohin die Nichtkäufer abgesprungen sind. Die wettbewerbsorientierte Brand- Funnel-Analyse kann entweder als repräsentative Studie durchgeführt werden oder sich auf einzelne Zielgruppe, zum Beispiel bestimmte Generationen, wie die "Best Ager" und/ oder die Generation Z konzentrieren.

So können vertiefend zu den allgemeinen Auswertungen auch segmentspezifische Unterschiede ermittelt werden, zum Beispiel wie der Trichter der eigenen Marke in verschiedenen Zielgruppen (Unterscheidung zum Beispiel nach Geschlecht, Alter, Wohnort, Beruf) aussieht.

Vor allem für größere Finanzdienstleister

Die Interpretation der Ergebnisse des Brand Funnels muss immer in Abhängigkeit mit der jeweiligen Warengruppe und den eigenen Marketingzielsetzungen gesehen werden, da zum Beispiel nicht jedes Produkt die gleiche Vertrautheit der Marke für den Kauf benötigt. Im Finanzdienstleistungsbereich spielt die Vertrautheit der Marke vor allem bei größeren und risikoreicheren Finanzentscheidungen eine zentrale Rolle.

Eine wichtige Frage der Brand-Funnel-Analyse betrifft die Analyse der Wachstumstreiber und -blockaden, die dem Brandmanager zeigt, wovon die einzelnen Phasen beeinflusst werden. Eine exemplarische Frage könnte sein, warum vor der Trichterstufe "Relevant Set" im Vergleich zur Konkurrenz ein hoher Einbruch festzustellen ist.

Ein Ansatzpunkt zur Erklärung könnte im Image beziehungsweise einzelnen Imageaspekten liegen. Eine detaillierte quantitative Berechnung der Einflüsse kann mit einem multivariaten Modell durchgeführt werden. Treiberanalysen können im Rahmen des Benchmarkings mit dem Branchenbesten auch konkurrenzorientiert durchgeführt werden.

Das Markentrichtermodell eignet sich vor allem für größere Finanzdienstleister zur Evaluierung der Performance einer Marke. Es kann zur Markenpositionierung und Ableitung der richtigen Kommunikationsmaßnahmen verwendet werden und um Einblick in die Wachstumshürden im Vergleich zur Konkurrenz zu gewinnen. Auf welcher Stufe verliert ein Unternehmen die meisten Interessenten und was muss es tun, um möglichst viele noch in die nächste Stufe zu bekommen?

Für das Benchmarking sollte eine geeignete Auswahl (maximal 5) aus den verfügbaren Wettbewerbern getroffen werden, da aus methodischen und Kostengründen nicht zu viele Marken in einer Untersuchung abgefragt werden können. Das Ziel der Markentrichteranalyse sollte ein möglichst repräsentatives Abbild des Zielmarktes sein.

Für tiefere Erkenntnisse sind Treiberanalysen und Subgruppen-Vergleiche empfehlenswert. Die Untersuchung sollte in gewissen Zeitabständen wiederholt werden, um die gesetzten Maßnahmen zu evaluieren und die Entwicklung des Gesamtmarktes im Auge zu behalten. Für eine umfassende Markenführung sollten ergänzend zu den dargestellten Stufen noch weitere konkrete operative KPIs entwickelt werden.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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