Empfehlungsmarketing

Die meisten Formen der Neukundengewinnung sind unter Berücksichtigung aller dabei anfallenden Kosten sehr teuer geworden. Demgegenüber ist Empfehlungsmarketing (Recommendation Marketing) - aufbauend auf Empfehlungen - eine vergleichsweise kostengünstige Form der Neukundengewinnung. Es geht dabei in unterschiedlicher Ausprägung um Empfehlungen von Bestandskunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

Mehr als Mundpropaganga

Es handelt sich aber nicht, wie gelegentlich behauptet wird, um eine Renaissance der Mundpropaganda.

- Die klassische Mundpropaganda war mehr oder weniger auf Zufall aufgebaut, das heißt wenn ein Kunde auf diese Weise geworben wurde, erfolgte das zumeist ohne eigene unternehmerische Anstrengungen.

- Das Recommendation Marketing hingegen betreibt Empfehlungen geplant, organisiert und kontrolliert.

Produktqualität ist die wesentliche Prämisse

Die Vorgangsweise des Recommendation Marketing ist je nach Zielgruppe (Mitarbeiter, Bestandskunde oder Influencer) unterschiedlich. Zutreffend für alle Formen des Empfehlungsmarketing ist, dass eine persönliche Empfehlung beim Adressaten eine höhere Glaubwürdigkeit hat als eine kommerzielle Botschaft.

Um längerfristig Marketing mit Empfehlungen erfolgreich betreiben zu können, ist es wichtig, dass das Produkt, das empfohlen werden soll, auch wirklich empfehlenswert ist. Ist das nicht der Fall, soll auf Recommendation Marketing verzichtet werden.

Ein Kunde, der das empfohlene Produkt kauft und von ihm enttäuscht ist, da es nicht dem entspricht, was er aufgrund der Empfehlung erwartet hat, ist nicht nur vom Produkt enttäuscht, sondern auch vom Empfehlungsgeber. Egal ob es sich um einen Mitarbeiter, einen Bestandskunden oder einen Influencer handelt, die Enttäuschung des Empfehlungsempfängers färbt auf denjenigen ab, der gegenüber dem Dritten die Empfehlung ausgesprochen hat. Dieser wird in Folge keine Empfehlungen mehr abgeben, da er seine Glaubwürdigkeit nicht riskieren will.

Eine wesentliche Prämisse von Recommendation Marketing ist deshalb die Qualität des zu empfehlenden Produkts. Ist diese nicht ausreichend, sollte auf Empfehlungsmarketing verzichtet werden. Nur wenn der Empfehlungsgeber guten Gewissens sagen kann, "Das Produkt ist mehr wert als sein Preis (unabhängig davon wie hoch dieser ist)." kann Recommendation Marketing erfolgsversprechend eingesetzt werden.

Am einfachsten über die Mitarbeiter

Die am einfachsten zu organisierende Form des Recommendation Marketing läuft über die eigenen Mitarbeiter. Es ist am schnellsten und erfolgreichsten einführbar, wenn die Mitarbeiter selbst das zu empfehlende Produkt verwenden und zufrieden sind. Deutlich schwieriger ist es, seine Mitarbeiter für Empfehlungen zu motivieren, wenn diese aus welchem Grund immer für das Produkt keinen Bedarf haben und es daher auch nicht persönlich verwenden.

Wenn Mitarbeiter allerdings von ihren Kunden durchwegs positives Feedback rückgemeldet bekommen oder positive Rückmeldungen über Dritte beziehungsweise über (soziale) Medien erhalten, können sie - auch ohne selbst User zu sein - trotzdem erfolgreich im Recommendation Marketing sein.

Die Kontaktmöglichkeiten der eigenen Mitarbeiter sind zahlreich. Sie können Empfehlungen in einem persönlichen oder telefonischen Gespräch machen, in einer persönlich gehaltenen Mitteilung zum Beispiel in Brief- oder E-Mail-Form oder in sozialen Medien.

Über Belohnungen situationsbedingt entscheiden

Inwieweit Mitarbeiter für derartige Empfehlungen belohnt werden, ist situationsbedingt zu entscheiden. "Private" Empfehlungen sollen einerseits nicht zu Provisionen vergleichbar mit Strukturvertrieben führen, andererseits sollen sie auch nicht vollkommen unbelohnt bleiben. Der Hinweis, dass durch Empfehlung die Existenz des Unternehmens und damit ihres Arbeitsplatzes gesichert wird, ist oftmals nicht ausreichend, weshalb eine geeignete Anerkennung nicht fehlen sollte.

Bei den Empfehlungen durch Bestandskunden muss ein entsprechendes Loyalitätsmarketing vorgelagert sein. Nur bei ausgeprägter Zufriedenheit der Kunden mit dem Unternehmen und seinen Produkten werden sie das Unternehmen und/oder seine Produkte weiterempfehlen. Die Empfehlung kann auch ohne Anregung des Unternehmens erfolgen, zum Beispiel wenn ein Kunde Freunden, Bekannten, Kollegen oder anderen Personen, die er persönlich kennt, ein Unternehmen/ein Produkt empfiehlt. Derartigen Empfehlungen wird deutlich stärker vertraut als der vom Unternehmen gesteuerten Kommunikation. Als Konsequenz kann es zu vermehrten Käufen bei diesem Unternehmen und seiner angebotenen Produkte kommen.

Bestandskunden brauchen einen Anstoß

Ohne speziellen Anlass empfehlen Bestandskunden Unternehmen beziehungsweise Produkte, mit denen sie sehr zufrieden sind, jedoch nur selten. Das heißt die für Empfehlungsmarketing infrage kommenden Kunden - im Idealfall alle - sollten einen Anstoß bekommen, das Unternehmen/die Produkte gegenüber Dritten zu empfehlen. Dies kann im einfachsten Fall durch den bloßen Hinweis erfolgen "Bitte empfehlen Sie uns weiter!". Es kann aber auch die Frage gestellt werden "Kennen Sie vielleicht jemanden, der auch an diesem Produkt interessiert ist?" und dem Kunden eine zweite Visitenkarte für einen weiteren potenziellen Kunden mitgegeben werden.

Weiterempfehlung kann auch Teil eines Incentive-Programms für Bestandskunden sein, sodass Kunden für eine erfolgreiche Weiterempfehlung eine Anerkennung bekommen. Ein spezielles Giveaway für potenzielle Empfehlungsgeber kann dabei hilfreich sein.

Bei Influencern ist individuelles Vorgehen erforderlich

Bei den Influencern ist im Recommendation Marketing ein individuelles Vorgehen erforderlich. Influencer sind Meinungsführer und Multiplikatoren von Botschaften. Es gibt sie

- unter den (leitenden) Mitarbeitern,

- unter den (größeren) Bestandskunden und

- unter den Geschäftspartnern.

Ziel ist, deren Netzwerke zu aktivieren, um zu Empfehlungen und in weiterer Folge zu Verkäufen zu kommen. Insbesondere bei Geschäftspartnern wird oftmals im Gegenzug eine Empfehlung des Geschäftspartners bei den eigenen Kunden erwartet.

Nutzung sozialer Netzwerke

Jenseits des klassischen Recommendation Marketings von einer Person zur anderen kann bei den genannten Zielgruppen auch Social Media als Tool des Empfehlungsmarketings eingesetzt werden. Dabei werden die Kontakte der potenziellen Empfehlungsgeber in der virtuellen Welt genutzt.

Weitergehende Maßnahmen sind unter anderem ein spezielles Engagement in sozialen Netzwerken, die Bereitstellung von kostenlosem Content in sozialen Netzwerken, die Nutzung von Empfehlungen in sozialen Netzwerken als Kaufmotiv und das Heranziehen von Kunden als Referenzen.

Recommendation Marketing ist angesichts der beschriebenen Möglichkeiten und Vorteile, in einer Zeit, in der Marketing- und Verkaufskostenbudgets reduziert werden und die Effizienz von Marketing und Verkauf gesteigert werden soll, gerade für Finanzdienstleister ein Gebot der Stunde.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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