Geld

Dr. Ewald Judt, Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien

Quelle: Wirtschaftsuniversität Wien

Der Satz "Money makes the world go round" beschreibt Geld als Zahlungsmittel, wobei unter Geld alles subsumiert wird, was zu einer Zahlung herangezogen werden kann. Die Akzeptanz als Wertmaßstab wird vorausgesetzt und als Wert des Gutes gilt der in Geldeinheiten ausgedrückte Preis. Kaum etwas prägte die Geschichte der Menschen stärker als Geld. Doch seine Geschichte dauert erst 2 700 Jahre.

Erste Stufe Naturalgeld

Erst in der späten Steinzeit entwickelte sich eine Tauschwirtschaft. Mit deren Ausweitung entstand das Problem der Überwindung des "doppelten Zufalls". Es musste sichergestellt werden, dass es nicht mehr notwendig ist, dass der Verkäufer eines Produkts genau den potenziellen Käufer trifft, der dieses Produkt haben will, und dass der potenzielle Käufer zur Bezahlung genau das Produkt anbietet, das der Verkäufer benötigt. Die Lösung lag im Naturalgeld. Dazu zählten zu Beginn Fundgegenstände wie etwa Muscheln oder Perlen. Etwas später wurden zum Beispiel Speer spitzen, Vieh, Pelze, Felle, Salz oder Metalle in Form von Ringen, Reifen oder Barren zu Naturalgeld. Das Naturalgeld hatte gegenüber der Naturaltauschwirtschaft mannigfache Vorteile: Sein Wert war anerkannt, es konnte leichter transportiert, geteilt und aufbewahrt werden und es war einfacher, den Wert der zu tauschenden Güter zu vergleichen.

Naturalgeld war in der Geschichte des Geldes die erste Stufe. Als Wertmesser für Güter und Dienstleistungen existierte es erstmals im 5. Jahrtausend. Es hat sich in einer nur beschränkt arbeitsteiligen Wirtschaft rund 4 300 Jahre bewährt. Erst Anfang des 7. Jahrhunderts wurde es durch das Münzgeld sukzessive verdrängt. Danach gab es Naturalgeld noch in Zeiten der Not, zuletzt in Europa nach dem zweiten Weltkrieg.

Münzgeld: von Griechenland in andere Länder

Von der Standardisierung des Naturalgelds, vorzugsweise mit Metallen in gleich große Stücke mit gleichem Gewicht und gleichem Aussehen, war es nicht weit bis zum Münzgeld. Ungefähr 650 v. Chr. wurden die ältesten bekannten Münzen in Ly dien an der Mittelmeerküste Kleinasiens in der heutigen Türkei geschlagen. Diese flachen, runden mit einer Prägung versehenen Metallstücke hatten eine Jahrtausende geltende Form gefunden. Breit durchgesetzt hat sich das Münzgeld erstmals in Griechenland, wo ein ausgefeiltes Münzsystem entstand. Nach den Griechen übernahmen andere Völker diese Form des Zahlungsmittels.

Zunächst gab es nur vollwertige Münzen (Kurrantmünzen) aus Gold und Silber, bei denen der Wert des Metalls auch den Wert der Münze bestimmte. Gewicht und Wert der Münzen wurden vom jeweiligen Münzherren, dem Herrscher, "garantiert". Sobald Münzen in zu großen Mengen auf den Markt gebracht wurden oder der Edelmetallgehalt bewusst reduziert wurde, kam es zu einer Geldentwertung. Eine Schlüsselstellung im Geldgeschäft hatte - ausgehend von Italien - der "bancus", der namensgebend für eine ganze Branche, die Banken wurde. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Kurrantmünzen durch Scheidemünzen ersetzt, deren Metallwert geringer ist als der Wert der Münze.

Papiergeld mit Ursprung in China

Um 650 n. Chr. gab es in China erstmals "Wertscheine", die zur Zahlung verwendet werden konnten - als Ersatz bei Mangel vom Münzgeld. Sie wurden zum Papiergeld weiterentwickelt. Zum Erfolg des Papiergelds trugen auch die Zunahme des Handels und der zunehmende Wert der Handelsgüter bei, wo Säcke mit Bargeld immer weniger praktikabel wurden. Durch einen Bericht von Marco Polo über ein Zahlungsmittel aus Papier fand diese chinesische Erfindung ihren Weg nach Europa.

Nach Fehlversuchen in mehreren Ländern wurde unter dem Schotten John Law, dem "Contrôleur Général des Finances" (entspricht dem heutigen Finanzminister) aufgrund des herrschenden (Münz)Geldmangels erstmals in großem Stil Papiergeld ausgegeben. Durch diese unmäßige Banknotenemission entstand eine (Hyper)Inflation, das Vertrauen in das Papiergeld verschwand und führte dazu, dass die Banknoten wieder abgeschafft wurden und es zur Rückkehr zum Münzgeld kam.

Im 19. Jahrhundert in ganz Europa akzeptiert

Dennoch kam es in Folge in ganz Europa sukzessive zu Papiergeldemissionen und im 19. Jahrhundert war Papiergeld in ganz Europa akzeptiert. Ursprünglich war es durch Edelmetalle in den Lagerräumen der Emittenten gedeckt. Heute erfolgt die Deckung des Papiergeldumlaufs auch durch andere werthaltige Vermögensgegenstände, wie Devisen oder Forderungen gegenüber Banken, wobei keine Einlöseverpflichtung mehr besteht.

Obwohl derzeit in der Euro-Zone rund 15 Milliarden Banknoten mit einem Wert von etwa 0,9 Billionen Euro im Umlauf sind, geht seit vielen Jahren die Bedeutung des Papiergelds zurück. Der Aufwand für das Handling größerer Geldbeträge und die zunehmende Notwendigkeit, größere Geldbeträge rasch und sicher von einem Ort zum anderen zu bewegen, führte zum nächsten Entwicklungsschritt - dem Buchgeld.

Buchgeld durch Gehaltskonten zur Selbstverständlichkeit geworden

Der Grundgedanke des Buchgeldes stammt aus Arabien, seine Verbreitung ging von den Handelszentren in Italien aus, wo sich gegen Ende des Mittelalters die Führung von "conti corrente" bei den Geldwechslern, den späteren Banken, etablierten. Damit konnten Geldüberträge von Konto zu Konto gemacht werden.

Heute zählen als Buchgeld alle Sichtguthaben, die jederzeit als Bargeld ausgezahlt werden können. Sie entstehen durch Einzahlungen von Bargeld, durch Transfers von anderen Konten oder durch erteilte Kredite. Die Dispositionen über Buchgeld erfolgen durch Überweisungen und Lastschriften. Lange Zeit wurde Buchgeld nur für geschäftliche Zwecke genutzt. Mit der Einführung der Gehalts- und Pensionskonten wurde der Umgang auf breiter Basis zur Selbstverständlichkeit. Damit verbunden war auch die Nutzung von Karten zum Bargeldbezug an Geldausgabeautomaten und die bargeldlose Zahlung am PoS. Die Transfers von Buchgeld von einem Konto zu einem anderen sind seit den achtziger Jahren nahezu zur Gänze elektronisch geworden. Am realen PoS hat die Elektronifizierung bereits rund 50 Prozent erreicht, im E-Commerce sind es nahezu 100 Prozent.

Kryptogeld seit 2009

Seit 2009 gibt es Kryptogeld. Das erste am Markt bei mittlerweile tausenden Arten von Kryptogeld war Bitcoin. Bitcoin liegt heute bei der Marktkapitalisierung - Anzahl der Coins multipliziert mit dem aktuellen Wert - auf Platz eins. Von Kryptogeld gibt es weder Münzen noch Scheine. Es existiert nur virtuell als digitale Zeichenfolge.

Den Namen hat Kryptogeld aufgrund der Nutzung moderner krypografischer Methoden der Verschlüsselung. Die Erzeugung, das "Mining", erfolgt durch Rechnerleistung und basiert auf einem komplizierten Algorithmus, der zum Beispiel bei Bitcoin so angelegt ist, dass es nie mehr als 21 Millionen Bitcoins geben wird.

Es gibt keine zentrale Stelle, die über ein Kryptogeld wacht. Die Kontostände und alle Transaktionen werden in einem dezentralen Netzwerk, der Blockchain, einer "Kette von Blöcken", also aneinandergereihten Datensätzen, verwaltet. Die Blockchain ist dezentral gespeichert, auf den Computern ihrer Benutzer. Bei einer Transaktion wird der Vorgang überprüft, ein neuer "Block" berechnet und der "Chain" hinzugefügt. Jeder Teilnehmer hat eine Kopie der Blockchain auf seinem Computer gespeichert, weshalb Fälschungen nahezu unmöglich sind.

Kryptogeld wird in der Regel an einer Kryptobörse gekauft. Der Käufer erhält einen eindeutigen Code der erworbenen Geldeinheiten. Das gekaufte Kryptogeld wird in einer Börsenwallet aufbewahrt oder auf eine private Wallet über tragen. Von dieser Wallet aus können Transaktionen zugunsten anderer Wallets erfolgen und andere Wallets können Transaktionen zugunsten dieses Wallets durchführen.

Bislang nur selten kann Kryptogeld als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Der Verkauf läuft wie der Kauf üblicherweise über eine Kryptobörse. Den Betrag erhält der Verkäufer zum Beispiel mit Banküberweisung oder Paypal. Der Kurs/Wert bildet sich entweder basierend auf Angebot und Nachfrage (Beispiel Bitcoin) oder ist an eine Währung/ einen Währungskorb gekoppelt (Beispiel Tether). Kryptogeld hat trotz seiner noch geringen Bedeutung in Hinblick auf die gesamte Geldmenge die Aufmerksamkeit der Notenbanken erreicht, die nunmehr auch digitales Zentralbankgeld überlegen. Aus heutiger Sicht ist es noch offen, welche Rolle Kryptogeld als neueste Form des Geldes in der Zukunft spielen wird.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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