Retargeting

Der Begriff Retargeting setzt sich aus Re (wieder) und Targeting (genaue Zielgruppenansprache) zusammen. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. definiert Retargeting als "die Auslieferung eines Werbemittels an eine Nutzergruppe, die schon einmal bei einer bestimmten Aktivität registriert wurde (zum Beispiel Klick auf ein bestimmtes Werbemittel oder Online-Bestellung)."

Synonym wird (zum Beispiel von Google) der Begriff Remarketing verwendet. Retargeting beziehungsweise Remarketing wird aber nicht nur von Google angeboten, sondern es gibt zahlreiche andere Anbieter wie beispielsweise Criteo im deutschsprachigen Raum. Beim Retargeting handelt sich um ein Instrument des Online-Marketing, mit dem Nutzer nach dem Besuch einer Website auf anderen Sites erneut angesprochen werden. Typische Auslieferungsorte sind aber nicht nur Websites, sondern auch E-Mails oder Suchmaschinen (zum Beispiel Retargeting-Funktion von Google über Adwords).

Einfache und verhaltensbasierte Wiederansprache

Retargeting gibt es in zwei grundsätzlichen Ausprägungsformen.

- Die einfache Form des Retargeting (Standard Retargeting) ist die Wiederansprache eines Nutzers nach erfolgtem Besuch einer Webseite.

- Bei den komplexeren Varianten (Dynamic Retargeting) wird das Verhalten der Nutzer für Art, Inhalt und Aussteuerung der Werbung verwendet. Passend zu den vorherigen Aktionen des Nutzers, zum Beispiel das Ansehen oder der Kauf eines bestimmten Artikels, werden die Anzeigen angepasst und Angebote beworben, die auf das spezifische Nutzerinteresse ausgerichtet sind.

Im Idealfall besucht der User in Folge die ursprüngliche Site erneut und führt dort die gewünschte Aktion (zum Beispiel Kauf oder eine Anmeldung) aus. Ohne diese Erinnerung hätte der Nutzer das Produkt vielleicht bei einem anderen Unternehmen oder gar nicht gekauft.

Unternehmen erhalten eine zweite Chance

Diese Form des personalisierten Retargeting wird auch Behavioural Retargeting genannt. Die beschriebenen Formen des (reaktiven) Retargeting entwickeln sich stark weiter und es entstehen laufend neue Möglichkeiten. So werden auch bereits von sozialen Netzwerkanbietern (unter anderem Facebook und Twitter) Technologien angeboten, um User in sozialen Netzwerken nochmals gezielt anzusprechen. Für mobile Apps gibt es die Möglichkeit, User, die eine App heruntergeladen haben, diese aber nicht mehr verwenden, gezielt anzusprechen.

Durch Retargeting steigt die Effizienz der Botschaft und die Konversionsrate. Es gibt viele Gründe, warum die Besucher den Kauf nicht beenden, aber in den ersten Stunden nach dem Verlassen ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass sie zurück in den Shop kommen und den Kaufprozess beenden. Unternehmen bekommen mit Retargeting eine zweite Chance - Besucher, die eine Website ohne Conversion verlassen, sind nicht verloren. Durch die Möglichkeit des Retargeting können sie gezielt angesprochen und im Bestenfall erfolgreich zurückgeholt werden.

Voraussetzung für Retargeting ist ein User-Tracking, das heißt dass jeder Nutzer eindeutig markiert werden muss. Technisch basiert Retargeting auf Cookies, die beim Besuch einer Site im Browser des Nutzers hinterlegt werden und relevante Daten zum Userverhalten speichern. Zum Schutz der Privatsphäre wurde von der EU die E-Privacy Cookie-Richtlinie erlassen, die gewisse Einschränkungen vorsieht. Unter anderem müssen Nutzer vor der Speicherung von Cookies einwilligen (Opt-in).

Prozess in drei Schritten

Der idealtypische Retargeting-Prozess erfolgt in drei Schritten.

- Im ersten Schritt werden die Interessen der Website-Besucher möglichst gut erfasst.

- Im zweiten Schritt werden die Besucher der Site auf anderen Sites wiedererkannt und gemäß ihrer beim Erstbesuch erfassten Interessen gezielt angesprochen.

- Im dritten Schritt besuchen die User die ursprüngliche Website erneut und tätigen - im Idealfall - die gewünschte Conversion. Voraussetzung für erfolgreiches Retargeting ist ein ausreichender Traffic auf der Website, damit entsprechend viele Personen angesprochen werden können.

Wichtig bei Retargeting-Kampagnen ist eine genaue Zielformulierung (was und wer soll in den Listen erfasst werden). Je genauer die Anzeigenbotschaft auf den User individualisiert werden kann, umso erfolgversprechender wird die Wiederansprache-Kampagne werden. Empirischen Untersuchungen zufolge liegt die Klickrate beim Retargeting fünf- bis zehnmal höher als bei klassischer Bannerwerbung.

Segmentierung entlang dem Kaufprozess

Die einfachste Möglichkeit des Targeting besteht darin, alle Besucher einer Unternehmenswebsite als Gruppe zu definieren. Es gibt aber auch die Möglichkeit einer Segmentierung entlang dem Kaufprozess, das heißt eine Unterscheidung in solche User, die lediglich auf Übersichtsseiten waren, User, die im Checkout-Prozess abgebrochen haben und schließlich Käufer. Diese Segmentierung hat nicht nur den Vorteil, dass die passende Botschaft angezeigt werden kann, sondern User steigen im Wert, je näher sie an der Konversion sind.

Retargeting wird zumeist in der letzten Phase der Customer Journey, vor der Konversion, eingesetzt. Es ist extrem wichtig, intelligente Kombinationen zu schnüren, um zum Beispiel niemanden, der gerade bei einem Unternehmen gekauft hat, im Zuge des Retargeting im Nachhinein einen besonderen Discount für das jeweilige Produkt anzubieten und damit Dissonanz auszulösen. Retargeting ist ein Instrument, das sowohl für Unternehmen als auch für User Vorteile bringt.

Werbekontakte pro Nutzer begrenzen

Für den Internetnutzer hat die interessensbezogene Erinnerung den Vorteil, dass User nicht durch unnütze Werbebanner im Netz verfolgt und genervt werden.

Aber auch bei zielgruppengerechter Werbung kann es passieren, dass Besucher das Gefühl haben, von Anzeigen zu stark verfolgt zu werden, was sich negativ auf den Unternehmensbrand auswirken kann. Mit sogenanntem Frequency Capping können die Werbekontakte pro Besucher begrenzt werden, um zu häufige und als unangenehm empfundene Werbeeinschaltungen zu verhindern.

Gut in die gesamten Vertriebs- und Kommunikationsaktivitäten einfügen

Werbetreibenden Unternehmen stellt Retargeting eine große Zahl an Möglichkeiten zur Verfügung. Welche dieser Tools ein Unternehmen wirklich einsetzt, hängt von den definierten Zielen ab, die vor dem Start einer Retargeting-Kampagne genau abgesteckt werden müssen.

Mit Retargeting kann ein langfristiger Erfolg erzielt werden, wenn eine genaue Zieldefinition, eine spezifische zielgruppengerechte inhaltliche Ansprache, der richtige Zeitpunkt (Recency) und die Anzahl der Kontakte (Frequency) im Sinne eines intelligenten Retargetings und usergerechten Marketings umgesetzt werden. Darüber hinaus soll sich Retargeting op timal und individuell in die Vertriebs- und Marketingstrategie und anderen Kommunikationsaktivitäten des werbe treibenden Unternehmens einfügen.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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