Tacit Knowledge Management

Wissensmanagement in Unternehmen hat in der Regel die Aufgabe, das betriebsintern vorhandene Wissen von Individuen und Teams sowie jenes in Unterlagen und Dateien übermittelt zu bekommen beziehungsweise zu suchen, zu finden und so zu speichern, dass es bei Bedarf abrufbar ist. Wissen ist dabei so zu definieren, dass es alle Kenntnisse, Erfahrungen, Meinungen, Regeln oder Techniken umfasst. Ziel ist, dass das gespeicherte vorhandene Wissen (Einzelner) in der Folge (von vielen) abgerufen und zu besseren Lösungen führen soll. Entscheidend für den Erfolg des Wissensmanagements ist, dass alle Wissensträger eines Unternehmens bereit sind, ihr Wissen und ihre Wissensquellen preiszugeben und am Wissensaustausch aktiv teilnehmen. Mit dem Wissensmanagement wird Wissen popularisiert.

Der meist größte Teil durch Wissensmanagement gespeicherten Wissens ist explizites Wissen, das erklärbar, formal artikulierbar und damit reproduzierbar zum Beispiel in Form von Aussagen, Formeln und Handbüchern ist. Es kann meist ohne Schwierigkeiten durch eine formale Systematik in Form von Wörtern oder Zahlen dokumentiert werden.

Dazu gibt es allerdings das ebenso wichtige implizite Wissen. Dieses Wissen beruht auf Erfahrung, Gewöhnung oder Instinkt. Jemand weiß, wie etwas geht, aber sein Wissen steckt in seinem Können, das er nicht formuliert oder formulieren kann. Im wirtschaftlichen Bereich gibt es eine Reihe von Fähigkeiten, die auf implizitem Wissen beruhen. Manche Menschen sind in der Lage, (fortgesetzt) Innovationen hervorzubringen, anderen wiederum gelingt dies nicht. Manche Menschen sind in der Lage, andere Menschen zu führen, anderen geht Leadership ab. Manche Menschen haben die Fähigkeit des erfolgreichen (persönlichen) Verkaufs, andere können dies nicht.

Implizites zu explizitem Wissen machen

Das implizite Wissen wurde 1958 als "Tacit Knowledge" erstmals von Michael Polanyi ("Personal Knowledge: Towards a Post-Critical Philosophy.") als Gegenteil zum expliziten Wissen behandelt. Das implizite Wissen ist im Wissensmanagement meist nur unzureichend enthalten. Dort dominiert meist das explizite Wissen. Und dieses kann mit dem (kleinen) Teil eines Eisbergs verglichen werden, der aus dem Wasser herausschaut. Das implizite Wissen hingegen ist der (weitaus größere) Teil des Eisbergs, der sich unter Wasser befindet.

Im Zeitalter der Wissensgesellschaft spielt in einer globalen Wirtschaft "das Wissen" eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Die auf Wissen basierte Wertschöpfung beruht sowohl auf dem expliziten als auch dem impliziten Wissen der Mitarbeiter. Es ist daher heute für ein Unternehmen unerlässlich, sich mit der Bedeutsamkeit des "Gesamtwissens" zu beschäftigen. Es gilt daher, das implizite Wissen zu einem expliziten zu machen, damit dies möglich wird. Das Tacit Knowledge Management stellt sich genau dieser Herausforderung und schlägt Prozesse vor, um Wissen in einem Unternehmen transparent zu machen.

So wird beim Prozess der Sozialisation implizites Wissen eines (neuen) Mitarbeiters zu implizitem Wissen mehrerer Mitarbeiter beziehungsweise das implizite Wissen mehrerer Mitarbeiter zum impliziten Wissen eines (neuen) Mitarbeiters. Dies kann zum Beispiel durch Beobachtung und nachahmendes Üben ("Learning by Doing") weitgehend ohne (intensive) persönliche Kommunikation erfolgen.

Die Externalisierung wiederum ist ein Prozess, der implizites zu explizitem Wissen macht. Mit Hilfe einer intensiven persönlichen Kommunikation wird versucht, das implizite Wissen einer Person mit Hilfe von Metaphern, Modellen und Konzepten erklärbar und somit für weitere Personen zum Beispiel in Form von Texten und Bildern zugänglich zu machen. Aber auch die Umkehrung des Wissenstransfers von explizitem zu implizitem Wissen ist gerade in Unternehmen von Bedeutung. Im Prozess der Internalisierung entsteht durch die aktive Anwendung von neuem explizitem Wissen neues implizites Wissen. So können Mitarbeiter bei regelmäßig anfallenden komplexen Tätigkeiten, die auf explizitem Wissen beruhen, Handlungsroutinen entwickeln und so die entsprechende Tätigkeit "automatisch" durchführen.

Wissen war die Grundlage jedes unternehmerischen Erfolgs und Wissen wird es gerade auch in Finanzdienstleistungsunternehmen, deren Kerngeschäft zu einem Gutteil aus dem Transfer von Wissen besteht, auch künftig sein.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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