Third Party Acquiring

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Der Begriff Acquiring, der auf das Zahlungsgeschäft zurückgeht, war in der Vergangenheit bisher vor allem Payment-Insidern bekannt. Durch die Malversationen eines ehemaligen Dax-Unternehmens sind der Begriff Acquiring und das Akronym TPA, der verkürzte Begriff für Third Party Acquiring, erstmals auch Personen außerhalb der Bankenbranche bekannt geworden.

Ein Mehrparteien-Geschäft

Das Zahlungsgeschäft ist ein Mehrparteien-Geschäft, das sich zumeist aus folgenden vier Parteien zusammensetzt: Der Kartenemittent oder Issuer (1), der einen Vertrag mit dem (später) Zahlungspflichtigen (2) geschlossen hat, indem dieser mit Karte, Smartphone oder einem anderen Klon Zahlungen am PoS oder im Internet tätigen kann. Der Acquirer (3), der einen Vertrag mit einem derartige Zahlungen akzeptierenden Unternehmen (4) geschlossen hat und dessen Zahlungstransaktionen abrechnet.

Zu diesen vier können noch andere Parteien kommen, wie etwa die Payment Schemes (zum Beispiel Mastercard und Visa), von denen Issuer und Acquirer die notwendigen Lizenzen für die Akzeptanz und die Abwicklung derartiger Zahlungstransaktionen erhalten haben, und gegebenenfalls ein Network Service Provider, der die Abwicklungsstruktur am Point of Sale des Akzeptanten zur Verfügung stellt, oder ein Payment Service Provider, der dies für den Internet-Shop tut.

Das Acquiring isoliert betrachtet ist ein Zwei-Parteien-Geschäft, bestehend aus dem Acquirer und dem Zahlungen akzeptierenden Unternehmen, dass meist Akzeptant, Händler, Merchant oder auch Vertragspartner genannt wird. Der Zahlungspflichtige zahlt heutzutage fast ausschließlich elektronisch an den Akzeptanten, der wiederum die Zahlungstransaktionen an den Acquirer oder an den von diesem beauftragten Pro cessor weiterleitet. Diese Transaktionen werden dann gemäß den Rules & Regulations des entsprechenden Payment Schemes weitergeroutet, bis sie beim Issuer landen, der sie dem Zahlungspflichtigen in Rechnung stellt.

Unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit

Für das Acquiring erhält der Acquirer vom Akzeptanten der Zahlung eine Servicegebühr, die aus einem Prozent- und/oder Fixbetrag je Zahlungstransaktion bestehen kann. Von dieser Service Fee muss der Acquirer die Interchange Fee an den Issuer und diverse Scheme Fees an das Payment Scheme tragen.

Auf einem sehr wettbewerbsorientierten Markt muss der Acquirer versuchen, möglichst viele Akzeptanten - seien es Großkunden oder viele Kunden in der Fläche - zu gewinnen und mit diesen möglichst viele Zahlungstransaktionen zu generieren. Die Gewinnung dieser Kunden kann durch persönliche Akquisition, durch Direktwerbung oder durch das Internet erfolgen. Für einen Acquirer ist eine zusätzliche Partei im Acquiring - der Third Party Acquirer - keine zwingende Notwendigkeit. Er kann jedoch - um zu mehr Transaktionen zu kommen und Skalenerträge zu lukrieren - Kooperationen mit Dritten eingehen.

Ein derartiger Ansatzpunkt sind die aus Independent Sales Organizations hervorgegangenen Third Party Acquirer, die auch unter anderen Bezeichnungen wie Sub Acquirer, Payment Aggregator, Payment Facilitator oder Payment Concentrator auftreten können. Diese treten lediglich "pro forma" als Acquirer auf, leisten sich jedoch keine komplexe Abwicklungsplattform für die unterschiedlichsten Zahlungsprodukte und müssen auch keine Lizenzen bei den Payment Schemes erwerben. Die Abwicklung wird vom Acquirer auf dessen Plattform und mit dessen Lizenz vorgenommen.

Eine Möglichkeit der Zusammenarbeit ist, dass sich ein Acquirer zum Beispiel primär auf die Großkunden fokussiert und der Third Party Acquirer die Flächenakquisition bei den über eine Region verstreuten Klein- und Mittelkunden übernimmt. In der Regel ist die Kostenstruktur zur Gewinnung von Akzeptanten in der Fläche beim Third Party Acquirer deutlich besser als beim Acquirer selbst.

Internationalisierung als Treiber

Der sich Ende des letzten Jahrhunderts abzeichnende Trend der Internationalisierung des Acquiring setzte sich Anfang dieses Jahrhunderts verstärkt fort. Hatten früher primär Fluglinien, Mietwagengesellschaften und Hotelketten Bedarf an Cross-Border-Acquiring, gibt es heute immer mehr Handels- und Dienstleistungsbetriebe, die in mehreren Ländern mit Subunternehmungen/ Filialen vertreten sind und dort die gleichen Zahlungsdienstleistungen wie im Heimatland des Acquirers nutzen wollen.

Eine Möglichkeit der Umsetzung war und ist, dass der Acquirer vor Ort eine Niederlassung eröffnet. Diese Option ist aber nicht immer wirtschaftlich und im EU-Binnenmarkt rechtlich leichter als in den Ländern außerhalb der EU umsetzbar. In einem derartigen Fall ist es daher naheliegend, sei es aus wirtschaftlichen oder aus rechtlichen Gründen, einen Partner in Form eines Third Party Acquirers im jeweiligen Land zu gewinnen. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass dadurch nicht nur Subunternehmungen/Filialen von Akzeptanten des Acquirers bedient werden können, sondern auch die Möglichkeit besteht, durch den Third Party Acquirer andere im jeweiligen Land heimische Unternehmen als Akzeptanten zu gewinnen und auf diese Weise mehr Zahlungstransaktionen zu induzieren. Dies kommt dem in einem Skalengeschäft wie dem Acquiring inhärenten Druck zu mehr Transaktionen entgegen.

Zu beachten ist, dass bei der beschriebenen Vorgehensweise für den Acquirer das Risiko besteht, dass der Third Party Acquirer mit seinen Kunden abspringt und das Geschäft einem anderen Acquirer überträgt oder der Third Party Acquirer die Abwicklungsplattform aufbaut und (in Konkurrenz zum vormaligen Acquirer) selbst als Acquirer auftritt. Dies kann auch durch den Vertrag, den der Acquirer mit dem Third Party Acquirer schließt, in der Regel nicht vollständig verhindert werden. Der zwischen den beiden Unternehmen abgeschlossene Vertrag regelt gesamthaft die Kooperation zwischen dem Third Party Acquirer und dem Acquirer und die Art und Höhe der Vergütung, die der Acquirer dem Third Party Acquirer für die übermittelten Zahlungstransaktionen und für die Gewinnung neuer Akzeptanten leistet.

Die Plattform als Asset

Wichtigstes Asset eines Acquirers, der auf vielen Märkten - ob mit oder ohne Third Party Acquirer - tätig sein will, ist seine Plattform (beziehungsweise die Plattform seines Processors). Diese muss alle bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten abbilden, die in den jeweiligen Märkten vorkommen: das geht vom Kauf auf Rechnung, Kauf auf Kredit in allen Varianten, Zahlungen mit internationalen Debit- und Kreditkarten (wie Mastercard, Visa, American Express oder Union Card) sowie deren Klonen zum Beispiel in Form von Smartphones, Armbändern oder Uhren. Dazu kommen nationale oder regionale Zahlungssysteme wie beispielsweise auch das eigene Kartensystem des Akzeptanten.

Die Moral von der Geschichte: Third Party Acquiring ist im Kern nichts Verwerfliches und kann für einen Markt und dessen Kunden eine sinnvolle Option darstellen. Für einen Finanzdienstleister, der einen guten Marktzugang hat und die Kosten der Erstellung und Wartung einer komplexen Plattform und die Risiken des Acquiring nicht tragen kann oder will, kann das Third Party Acquiring eine attraktive Erwerbsquelle sein. Der Acquirer kann Zahlungstransaktionen in aller Welt generieren, ohne dafür in allen Ländern direkt vertreten sein zu müssen. Angesichts eines schwarzen Schafs macht es keinen Sinn, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien

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