Cashless Society

Money makes the world go round". Dieses Zitat beschreibt Geld als Grundlage für jede Volkswirtschaft. Kaum etwas prägte die Geschichte der Menschen stärker als Geld. Die Geschichte des Geldes ist vergleichsweise kurz (erst 2 700 Jahre). Während dieser Zeit hat sich das, was Geld ist, mehrfach geändert: vom Naturalgeld1) , über das Münzgeld 2), das Papiergeld 3)bis zum Buchgeld 4), der Grundlage des heutigen bargeldlosen Zahlungsverkehrs und zum elektronischen Geld 5)als dessen Transfer von einem Bankkonto zu einem anderen.

Heute kann unsere Geldwelt, das heißt die der entwickelten Staaten, am besten als Less Cash Society bezeichnet werden. Less Cash Society deshalb, weil ein Großteil der Zahlungstransaktionen bargeldlos abgewickelt wird. Lediglich die Zahlungen von Privaten an Unternehmen, die am realen PoS erfolgen, sind erst zu rund 50 Prozent bargeldlos.

Kontroverse Erwartungen

Diesen Entwicklungen zufolge geht der Weg konsequent in Richtung einer Cashless Society. Die von Experten geäußerten Meinungen sind jedoch kontrovers.

- Die einen gehen davon aus, dass es Geld in Form von Münzen und Banknoten immer geben wird.

- Die anderen sehen den Wegfall des Bargeldes in absehbarer Zukunft.

- Und die Unentschlossenen sind der Meinung, dass es die bargeldlose Gesellschaft zwar irgendwann, aber nicht mehr zu ihrer Lebenszeit geben wird.

Es mehren sich jedoch die Indizien, dass die Weiterentwicklung in Richtung einer bargeldlosen Gesellschaft fortschreiten wird. Die Gründe für diese prognostizierte Entwicklung sind unterschiedlich und kommen von verschiedenen Seiten des gesellschaftlichen Spektrums. Sie gehen von

- der natürlichen Weiterentwicklung des Geldes,

- der Absorbierung von Barzahlungen durch neue Formen des bargeldlosen Zahlens insbesondere bei Klein- und Kleinstbeträgen,

- der zunehmenden Nutzeraffinität zur bargeldlosen Zahlung,

- der Bekämpfung von Schwarzarbeit/ Schattenwirtschaft und

- der Stimulierung der Wirtschaft aus.

Als massives Kontra zur Cashless Society wird die Einschränkung der persönlichen Freiheit durch die mögliche totale Überwachung der Geldverwendung jedes Einzelnen vorgebracht.

Veränderungen gab es immer

Betrachtet man die Entwicklung des Geldes genauer, zeigt sich, dass es bei der Form des Geldes immer Veränderungen in Form von Verbesserungen gegeben hat. Die laufende Reduktion der Bargeldtransaktionen, die zur Less Cash Society geführt hat, ist weitgehend durch die bessere Befriedigung der Bedürfnisse der Anbieter und Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen durch bargeldlose elektronische Transaktionen wie Überweisungen, Lastschriften oder Kartenzahlungen gegenüber Bargeldtransaktionen zustande gekommen. Die Geschichte des Geldes zeigt, dass altes Geld von neuem Geld verdrängt wird, zuerst teilweise, dann zur Gänze.

Nur noch ein kleiner Teil aller Geldtransaktionen in bar

Heute wird aufgrund der bisherigen Entwicklung der Zahlungsinstrumente nur noch ein kleiner Teil aller Geldtransaktion bar abgewickelt. Lediglich bei einer Minderheit der Zahlungstransaktionen, nämlich nur dort, wo der Zahlungsempfänger, das Handels- oder Dienstleistungsunternehmen, durch den Konsumenten persönlich bezahlt wird, kommt es zu Bartransaktionen. Auch in diesen Fällen wird aufgrund der Weiterentwicklung des Processing von bargeldlosen Zahlungen am PoS (unter anderem NFC, Mobile Payments oder die biometrische Verifikation des bargeldlos Zahlenden) der Anteil der bargeldlosen Transaktionen weiter zunehmen.

Der Trend zum bargeldlosen Zahlen ist von der Nutzerseite her ungebrochen, obwohl Verhaltensänderungen in Angelegenheiten, die den Umgang mit Geld betreffen, im deutschen Sprachraum langsamer stattfinden als anderswo. Nach den First Movers und den Trendsetters sind jetzt bereits die Late Followers dabei, bargeldlos zu zahlen. Selbst die Älteren, denen oft mangelnde Fortschrittsfreudigkeit zugeschrieben wird, zahlen immer öfter bargeldlos.

Dazu kommt, dass insbesondere bei der heranwachsenden jüngeren Generation das bargeldlose Zahlen etwas Selbstverständliches ist, und zwar nicht nur mit den zwischenzeitlich etablierten Debit- und Kreditkarten, sondern auch mit innovativen Zahlungsprodukten.

Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit

Die Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit ist ein von staatlicher Seite kommender Ansatzpunkt, der die Reduktion von Barzahlungen zur Folge haben könnte. Dabei geht es den Staaten darum, nicht nur mehr Steuergerechtigkeit für die Steuer zahlenden Unternehmen und Privaten zu erreichen, sondern insbesondere auch mehr Steuereinnahmen zu generieren. Diese fallen durch Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft nicht in der Höhe an, wie sie anfallen könnten.

In diese Richtung gehen Maßnahmen der EU in Bezug auf die Anmeldung von Barmitteln ab 10 000 Euro bei der Ein- oder Ausreise und diverser Länder (wie Schweden, Griechenland, Italien, Spanien, Belgien und Frankreich), die den Höchstbetrag für Bartransaktionen herabsetzen.

Derartige Limits allein können zwar die Schattenwirtschaft/Schwarzarbeit reduzieren, aber nicht eliminieren. Ähnliches gilt für eine Registrierkassen- und Rechnungslegungspflicht. Erst durch verpflichtende bargeldlose Zahlungstransaktionen könnte dieses staatliche Ziel erreicht werden.

Kriminalitätsbekämpfung und Negativzinsen als Ansatzpunkt

Auch die "gewöhnliche Kriminalität" ist ein wesentliches Argument zur Reduktion des Bargelds, das vor allem in Schweden propagiert wird, weshalb schwedische Banken ihre Bareinzahlungen und Barauszahlungen bereits teilweise eingestellt haben.

Ein Ansatzpunkt für die Befürworter der bargeldlosen Gesellschaft kommt auch von den Ökonomen, die darin die Möglichkeit sehen, Schwundgeld (nach Silvio Gsell) zur Stimulierung der Wirtschaft zu schaffen. Dazu gehören auch die Überlegungen von Kenneth Rogoff, das Bargeld abzuschaffen. Seine Theorie besagt, dass die Zentralbanken auf diese Weise leichter Negativzinsen durchsetzen können, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dazu kommen die Kosten des Bargeld, die - so wie es ausschaut - höher als die Kosten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, was volkswirtschaftlich dafür spricht, weg vom Bargeld zu gehen.

Gegenargument Totalüberwachung

Widerstand gegen die Entwicklung zu einer Cashless Society kommt aufgrund der möglichen Totalüberwachung der Menschen bei allen persönlichen Angelegenheiten, die mit einer Geldtransaktion verbunden sind. Es kann zu völliger finanzieller Transparenz führen, wenn der Staat Zugriff auf die Daten bekommt und zu Risiken führen, wenn Hacker Zugriff auf die Daten bekommen.

Ob Naturalgeld, Münzgeld, Papiergeld, Buchgeld oder elektronisches Geld als Buchgeldtransfer, die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel für die Volkswirtschaft bleibt gleich: "Money makes the world go round" gilt auch dann, wenn das Geld völlig entmaterialisiert und die Cashless Society realisiert ist.

Fußnoten

1) Siehe Bankmanagement-Glossar "Naturalgeld" in "bank und markt" 4/2013

2) Siehe Bankmanagement-Glossar "Münzgeld" in "bank und markt" 8/2013

3) Siehe Bankmanagement-Glossar "Papiergeld" in "bank und markt" 2/2014

4) Siehe Bankmanagement-Glossar "Buchgeld" in "bank und markt" 7/2014

5) Siehe Bankmanagement-Glossar "Elektronisches Geld" in "bank und markt" 8/2014

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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