NACHHALTIGKEIT

GLS profitiert von Fridays for Future

Thomas Jorberg
Quelle: Martin Steffen/GLS Bank
 

Die Klimakrise hat das Zeug dazu, sich zur Bankenkrise auszuwachsen, warnt Thomas Jorberg, der Vorstandssprecher der GLS Bank. Denn angesichts des wachsenden Drucks zur Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Klimaschutz ist jede Investition in CO2 -emittierende Technologien hochgradig ausfallgefährdet - und diese Risiken kumulieren sich in den Bankbilanzen. "Wenn die Banken jetzt nicht anfangen, die Emissionen ihres Kerngeschäfts in den Bilanzen zu berücksichtigen, werden die Kosten der Umstellung zu erheblichen Risiken führen", so Jorberg. Das Kraftwerk Datteln 4 nennt er als Paradebeispiel für "Stranded Assets", die zu einem Berg an hochgradig ausfallgefährdeten Krediten in den Bankbilanzen führen können.

Für Banken, die mit Nachhaltigkeit punkten wollen, reicht es deshalb nicht, nur ihren Strom- und Papierverbrauch zu reduzieren, so löblich das auch ist, sondern es gilt, das Kerngeschäft in den Blick zu nehmen und umzustellen. Die GLS Bank mit ihrem sozialökologischen Ansatz sieht sich hier in Sachen Risikovorsorge gut aufgestellt.

Die Klimakrise stellt aus Jorbergs Sicht jedoch nicht nur eine Gefahr für die Bankenbranche dar, sondern auch eine Chance. 240 Milliarden Euro pro Jahr, so hat es die EU-Kommission ausgerechnet, müssen investiert werden, um den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit zu bewältigen. Und diese Investitionen müssen auch finanziert werden. Insofern könnte das wachsende Klimabewusstsein auch ein "Freudenfest" für die Banken werden, wie es Jorberg formuliert. Dafür müssten Gesetzgeber und Aufsicht jedoch noch einige Stellschrauben nachziehen, unter anderem bei der CO2 -Abgabe. Noch fehle es den Märkten nicht an Geld, sondern an der "Durchdringung des Finanzmarktes mit inhaltlicher Ausrichtung".

Der 1974 aus der anthroposophischen Bewegung heraus gegründeten GLS Bank fehlt es an dieser inhaltlichen Ausrichtung nicht. Für Banken eher untypisch, zeigt sie politisch durchaus Flagge. Als eigenen Angaben zufolge erstes Unternehmen hat die Bank bei "Fridays for Future" mitgestreikt. Zudem initiierte die Bank die im September 2019 gestartete und von der Agentur Grey entwickelte Kampagne "Nicht mein Erbe", mit der Unternehmen die Initiative unterstützen und sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Mit einer Crowd-Aktion sammelte die Bank mehrere Zehntausend Euro, als den Schülern erstmalig Bußgelder angedroht wurden.

Gleichzeitig ist man stolz darauf, sowohl im Fondsportfolio als auch im Kreditgeschäft vollständig mit dem 1,5-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz 2015 kompatibel zu sein. Heißt: Würden alle Unternehmen so wirtschaften wie die von der GLS finanzierten oder diejenigen, in die die Bank mit ihren Fonds investiert, könnte das Klimaziel von 2015 erreicht werden. Dabei legt Vorstandmitglied Aysel Osmanoglu Wert auf die Feststellung, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit einander nicht ausschließen.

Die GLS Bank hat 2019 jedenfalls vom wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit profitiert, wobei das Engagement der Bank beim Klimastreik für mehr Bekanntheit der Marke gesorgt hat.

35 000 Kunden hat die Bank 2019 neu hinzugewonnen, 2018 waren es erst 21 000. Und der Zustrom hält an: Im Januar 2020 verzeichnete die Bank so viele Neukunden wie noch nie in einem Monat. Für das Gesamtjahr 2020 rechnet man deshalb mit 50 000 Neukunden. Vermutlich ein Fridays-for-Future-Effekt: Ein Drittel der Neukunden ist jünger als 28 Jahre. Das Durchschnitts alter der GLS-Bank-Kunden beträgt 35.

Das Kreditvolumen ist im vergangenen Jahr um 13 Prozent beziehungsweise 423 Millionen Euro auf 3,8 Milliarden Euro gestiegen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Bereich Wohnen, wo die Bank fast ausschließlich genossenschaftliches Wohnen finanziert, auf erneuerbaren Energien und dem Bereich nachhaltige Wirtschaft. Letzterer sowie der Bereich Ernährung sind besonders stark gewachsen.

Im Bereich Fonds setzt die GLS seit jeher auf eigene Fonds, um besonders harte Kriterien anwenden und sicherstellen zu können, dass auch Nachhaltigkeit drin ist, wo Nachhaltigkeit draufsteht. Ein eigener Anlageausschuss überwacht die den Zielen der Bank angemessene Geldanlage. Die Taxonomie auf EU-Ebene bewertet Aysel Osmanoglu zwar als Schritt in die richtige Richtung. Es würden aber zu viele Kompromisse gemacht, sodass unter dem Strich der kleinste gemeinsame Nenner herauskomme und etwa bei Branchen jeweils der Klassenbeste ausgewählt wird, so wenig nachhaltig dessen Geschäftsmodell auch sein mag. Mehr als ein Anfang zu der dringend notwendigen Transformation sei das nicht. Red.

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