Markenführung

Keine Ruhe an der Farbenfront?

Eigentlich sollte man meinen, das Bankgewerbe hätte anderes zu tun, als sich über Farben zu streiten. Und doch zieht sich der Rechtsstreit um die Verwendung der Farbe Rot im deutschen Bankenmarkt nun bereits seit dem Jahr 2008 hin. Denn da der Rotton HKS 13 seit 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt für die S-Finanzgruppe eingetragen ist, geht der DSGV rechtlich gegen Wettbewerber vor, die eine ganz ähnliche Farbe verwenden. Im Gegenzug haben die österreichische Oberbank und - mit längerem Atem - die spanische Banco Santander versucht, die Farbmarke der Sparkassen löschen zu lassen.

In den verschiedenen Etappen dieses Farbenstreits ging es im Wesentlichen um eine Frage. Nämlich die, welcher Zeitpunkt maßgeblich sein sollte, um die "Verkehrsdurchsetzung" festzustellen oder eben nicht.

Das Bundespatentgericht, bei dem das Verfahren anhängig war, nachdem zuvor das Deutsche Patent- und Markenamt den Antrag von Santander und Oberbank auf Löschung der Farbmarke abgelehnt hatte, mochte diese Frage im März 2013 jedenfalls nicht beantworten und hat die Causa HKS 13 an den Europäischen Gerichtshof verwiesen.

Der EuGH wiederum urteilte am 19. Juni 2014: Die für die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung maßgebliche Quote von Verbrauchern, die eine Farbe mit einer bestimmten Marke verbinden, muss zwar nicht bei mindestens 70 Prozent liegen, wie es Santander gefordert hatte. Allerdings waren die Richter der Meinung, dass für die Feststellung nicht der Zeitpunkt der Eintragung der Marke (im konkreten Fall 2007), sondern bereits der Zeitpunkt ihrer Anmeldung maßgeblich sei. Das wäre bei HKS 13 das Jahr 2002. Nicht zuletzt auf dieser Basis hat vermutlich das Bundespatentgericht am 6. Juli 2015 entschieden, dass die Farbmarke der Sparkassenorganisation zu löschen sei.

Der Bundesgerichtshof hat nun am 21. Juli 2016 wieder ein ganz anderes Datum als Grundlage herangezogen - nämlich den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag, also das Jahr 2015. Und für diesen Zeitpunkt rechtfertigten die Gutachten "die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung". Gemäß § 50 Abs. 2 Satz1 im Markengesetz dürfe die Farbmarke deshalb nicht gelöscht werden. Damit ist der Bestand der Farbmarke Rot höchstrichterlich bestätigt.

Ganz überraschend kommt das Urteil der Bundesrichter sicher nicht. Denn bereits in den Urteilen zum Nivea-Blau und dem Gelb-Blau der Langenscheidt-Wörterbücher hatte der BGH zugunsten der Markeninhaber entschieden. Aus der Entscheidung im letztgenannten Fall geht auch hervor, wie es zu der vom EuGH-Urteil abweichenden Beurteilung der Stichtagsfrage kommt. Denn gemäß Artikel 3 Abs. 3 der europäischen Markenrechtsrichtlinie können die Mitgliedsstaaten festlegen, dass eine Marke auch dann nicht von der Eintragung auszuschließen oder für ungültig zu erklären ist, wenn ihre Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde. Und hier waren die Bundesrichter schon im Fall Langenscheidt der Meinung, dass der deutsche Gesetzgeber von dieser Option Gebrauch gemacht hat. Von dieser Rechtseinschätzung profitieren nun auch die Sparkassen.

Gleichwohl ist es fraglich, ob nun endlich Ruhe an der Farbenfront einkehren wird. Zumindest beim OLG Hamburg ist noch ein Verfahren anhängig, bei dem es um die Verwendung der Farbe Rot durch Santander bei der Formel-1-Veranstaltung "Großer Preis Santander von Deutschland" und im Internetauftritt der Bank geht. Diesen Fall hatte der BGH erst im September 2015 an das Gericht zurückverwiesen, weil marken- und kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche an die Banco Santander nicht vollständig verneint werden könnten. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X