KUNDENBINDUNG

Regionale Verantwortung wird erlebbar

Schon lange betonen Volksbanken und Sparkassen, dass "Nähe" im digitalen Zeitalter anders zu definieren ist als bisher, deshalb aber nicht abnehmen muss. Für diese Bekenntnisse stellen die Einschränkungen aufgrund der Corona-Epidemie gewissermaßen den Lackmustest dar. Institute aller drei Säulen des Kreditgewerbes sind hier gefordert, ihre Kunden auch ohne persönlichen Kontakt zu unterstützen und flexibel auf die in der Krise veränderten Bedürfnisse einzugehen. Dabei hat die Branche einiges an Kreativität bewiesen.

Vor allem für die regionalen Institute schlägt jetzt die Stunde, in der sie ihre Verbundenheit mit der Region beweisen und die starke Verwurzelung im lokalen Mittelstand als Stärke ausspielen können: Auf eigens eingerichteten Plattformen ermöglichen sie es Händlern und Dienstleistern aus der jeweiligen Region, ihre Produkte und Leistungen anzubieten und gegebenenfalls Gutscheine zu verkaufen, die den Unternehmen zunächst einmal Liquidität verschaffen, um dann später eingelöst zu werden.

Auf der Plattform "Spot Bremen" der Sparkasse Bremen beispielsweise erhalten Verbraucher eine nach Branchen sortierte Übersicht von Angeboten, auch von Liefer und Abholdiensten oder Webshops der lokalen Händler. Wer sein Geschäft schließen musste und bisher noch über keinen Online-Shop verfügte, kann mithilfe der Sparkasse Bremen innerhalb von 24 Stunden einen kompletten Shop auf Basis eines Baukastensystems einrichten - ganz ohne Programmierkenntnisse. Im Rahmen der Aktion #stayopen ist der Zugang zum Online Shop inklusive Zahlungsmöglichkeiten bis zum 30. Juni 2020 kostenlos.

Einen besonderen Service bietet die Sparkasse Bremen Privatkunden an, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder die den Weg zum Geldautomaten aus anderen Gründen nicht antreten können oder möchten - etwa, weil sie zu einer Risikogruppe gehören. Für sie gibt es einen Bargeldservice. Per Anruf im Servicecenter können bis zu 500 Euro an Bargeld nach Hause bestellt werden - ein Service, der nach Angaben der Sparkasse seit Beginn der Pandemie stark nachgefragt wird, obwohl dafür 6,50 Euro an Selbstkosten berechnet werden. Verschickt wird das Geld anonym und versichert per Post. Für einen eventuellen Verlust auf dem Postweg haftet die Sparkasse.

Trotz dieses Serviceangebots im Bargeldbereich, das den mannigfachen Aufrufen zuwiderläuft, nach Möglichkeit bargeldlos zu zahlen, registriert die Sparkasse sehr deutlich, dass bargeldloses und vor allem kontaktloses Bezahlen vermehrt genutzt wird - gerade bei den kleinen Einkäufen morgens beim Bäcker oder Kiosk. Kleinunternehmen erhalten dafür (nicht nur in Bremen) mobile Kartenterminals derzeit zu vergünstigen Konditionen.

Ganz uneigennützig ist das Ganze natürlich nicht. Selbstverständlich haben Kreditinstitute auch deshalb ein Interesse daran, dass ihre Firmenkunden möglichst gut über die Zeit der Pandemie hinwegkommen, weil sie ihre eigenen Risiken in Grenzen halten und stabile Kundenbeziehungen erhalten wollen. Daran ist indessen nichts Schlechtes. Schließlich ist das Überleben der Unternehmen im beiderseitigen Interesse. Jede Maßnahme, die dabei helfen kann, ist insofern eine Win-win-Situation - und das nicht nur kurzfristig.

Lokale Händler beim Aufbau von Online Shops zu unterstützen, ist vielmehr auch eine Hilfe dabei, dem kleinen Händler vor Ort neue Chancen im digitalen Wettbewerb mit reinen Online-Händlern zu ermöglichen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken - weit über die Zeit der Pandemie hinaus. Und wenn vergünstigte Konditionen für Neueinsteiger in den bargeldlosen Zahlungsverkehr der Sparkasse mittel- bis langfristig neue Ertrags potenziale erschließen, ist das auch nicht unrecht. Wer "nach Corona" wieder zur reinen Bargeldakzeptanz zurückkehren möchte, dem ist das schließlich unbenommen.

Unter dem Strich ist vermutlich davon auszugehen, dass Unternehmen, die die Zwangspause überleben, die Bemühungen ihrer Hausbank, ihnen in Krisenzeiten zu helfen, zu schätzen wissen und dass Kundenbeziehungen dadurch gestärkt werden - und das nicht nur, weil mithilfe der Hausbank erstellte Online-Shops oder Kartenakzeptanz neue Wechselbarrieren schaffen, sondern weil "regionale Verantwortung" tatsächlich erlebt wird. Red.

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