FINTECHS

Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden

Was genau ist ein "Fintech"? Diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten. Schließlich besagt der Begriff an sich nur, dass diese Unternehmen mit Finanzdienstleistungen und mit Technologie zu tun haben. Zu Recht wird "Fintech" oftmals mit "Start-up" in Verbindung gebracht. Das stimmt aber eben nicht immer - allein schon deshalb, weil das Aufkommen der ersten deutschen Fintechs mittlerweile auch schon gut zehn Jahre her ist. Insofern ist es auch nicht unbedingt ganz richtig, wenn in diesem Kontext von "neuen Wettbewerbern" gesprochen wird.

Ein Fintech-Unternehmen ist auch längst nicht immer die kleine, agile "Garagenfirma", die man sich gerne vorstellt. Sondern einige sind größer als so manche Volksbank oder Sparkasse und agieren wie diese auch mit Banklizenz.

Insgesamt lässt sich festhalten: Obwohl mehr als ein Jahrzehnt nach dem Start der ersten Fintechs in Deutschland immer noch mehr als zwei neue pro Woche hinzukommen, wie es Matthias Hach, damals Bereichsvorstand Comdirect, Marketing & Digital Banking Solutions bei der Commerzbank AG, anlässlich der Vorstellung der Comdirect Fintech-Studie im November letzten Jahres sagte, sind viele von ihnen gewissermaßen erwachsen geworden.

Das zeigt sich unter anderem im Marketing: Fast in jeder zweiten Ausgabe von bank und markt konnte die Redaktion in den letzten zwölf Monaten eine Kampagne eines Fintech-Unternehmens vorstellen, von Holvi, Hepster, Ferratum, Flatex und gleich mehrmals von N26 und auf Seite 12 in diesem Heft die erste TV-Kampagne des Neobrokers Trade Republic. Dass die Finanztechnologieunternehmen inzwischen neben online und Social Media vor allem auch die klassischen Werbemedien wie Plakat oder TV für sich entdeckt haben, kann als Indiz dafür gesehen werden, dass sie sich nicht mehr als Nischenanbieter sehen, sondern in der Breite angekommen sind.

Doch wie Teenager haben auch manche Fintechs gewissermaßen Probleme mit dem Erwachsenwerden. Auch dafür ist N26 ein gutes Beispiel: Im Sommer letzten Jahres machte das Unternehmen, das inzwischen rund 1500 Mitarbeiter zählt, damit Schlagzeilen, die Wahl eines Betriebsrats nicht eben unterstützt zu haben. Und auch mit den gesetzlichen Anforderungen, die an ein Unternehmen mit Banklizenz gestellt werden, tut sich die Neobank offenbar nicht leicht.

So hat die BaFin Mängel in Sachen Geldwäscheprävention festgestellt und deshalb am 11. Mai 2021 gegenüber der N26 Bank GmbH zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angeordnet, angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen und Allgemeine Sorgfaltspflichten einzuhalten. Konkret wurde angeordnet, Defizite sowohl im EDV-Monitoring als auch bei der Identifizierung und Verifizierung von Kunden zu beheben sowie eine angemessene personelle und technisch-organisatorische Ausstattung zur Einhaltung ihrer geldwäscherechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen. Um die Umsetzung der angeordneten Maßnahmen zu überwachen, hat die BaFin einen Sonderbeauftragten bestellt.

Das ist vor allem deshalb peinlich, als es nicht das erste Mal ist, dass die Aufsicht N26 in Sachen Geldwäscheprävention und Terrorismusfinanzierung rüffelt. Bereits vor zwei Jahren (am 20. Mai 2019) hatte die BaFin das Unternehmen aufgefordert angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen und Allgemeine Sorgfaltspflichten einzuhalten. Dabei ging es unter anderem darum, Rückstände im EDV-Monitoring abzuarbeiten, Prozessbeschreibungen und Arbeitsabläufe zu verschriftlichen, eine vorgegebene Anzahl von Bestandskunden neu zu identifizieren sowie eine angemessene personelle und technisch-organisatorische Ausstattung zur Einhaltung ihrer geldwäscherechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen.

Untätig geblieben ist das Unternehmen daraufhin nicht. In einer Pressemitteilung, mit der man auf die Anordnung der Aufsicht reagierte heißt es, seit 2019 seien die Investitionen im Kampf gegen Finanzkriminalität und Geldwäsche verdoppelt, die eigenen In-House Expertise sowohl lokal als auch global durch die Einstellung erfahrener Experten aus den Bereichen Risikomanagement, Compliance und Anti-Financial-Crime (AFC) verstärkt und Systeme, Instrumente und Prozesse ausgebaut worden, um Betrug noch schneller und präziser zu identifizieren. Das alles war aber offensichtlich bei Weitem noch nicht genug, sonst wäre es nicht zu einer neuerlichen Anordnung der BaFin gekommen

All denjenigen Bank- und Sparkassenvorständen, die unter der Last der Compliance-Anforderungen stöhnen, hilft das natürlich gar nichts. Und doch mag es ihnen eine gewisse Genugtuung bereiten - lässt sich doch daraus ablesen, dass zumindest nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Red.

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