Kommunikation

Banken und Medien - der Kampf der Welten

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Die Beziehung zwischen Banken und Medien gleicht einer zerrütteten Ehe. So formuliert es Eckhard Marten, der sich selbst als maßlos enttäuschten Ex-Banker bezeichnet. In den Führungsetagen der Banken sieht er nur wenige Kommunikationsgenies - und spätestens in der Krise ist es mit der Professionalität ohnehin meist vorbei. Kommunikationschefs von Banken müssen oftmals gegen Windmühlen kämpfen, bis sie aufgeben, Interviews mit dem Vorstand verweigern oder in Abstimmungsprozessen verschlimmbesserte Pressemitteilungen veröffentlichen. Die sozialen Medien könnten das ändern: Hier ist der "kommunikative Freak" gefragt, über dessen Tun die Führung gar nicht genau Bescheid weiß. Genau das ist mancherorts schon zur Erfolgsformel geworden. Red.

Wer in den letzten Jahren Monaten und Jahren seinen klugen Kopf in den bunten Blätterwald steckte oder die Wirtschaftsnachrichten in Funk und Fernsehen verfolgte, der konnte eigentlich nur zu einem Ergebnis kommen: Die spinnen, die Banker! Sie spekulierten mit griechischen Staatsanleihen, manipulierten Libor und Euribor, sie zogen Kunden mit Zertifikaten über den Tisch und berauschten sich an Cum- und Ex-Geschäften. Sollten dann ihre Sünden in einem der zahllosen Prozesse gesühnt werden, streckten die "Bankster" auch noch siegessicher den Staatsanwälten das Victory-Zeichen entgegen - und strichen gleichzeitig weiterhin fette Boni ein.

Keine Frage: Die Medien gingen hart, aber (nicht immer) fair mit den Geldinstituten und ihren Mitarbeitern um. Selbst der wohlmeinendste Journalist geriet jedoch irgendwann an seine Grenzen. Glaubte er "schlimmer geht's nimmer", merkte er spätestens beim nächsten spektakulären Skandal: "Schlimmer geht immer". Insbesondere die Exzesse im Investmentbanking scheinen dem Muster von Wilhelm Busch zu folgen: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert". Und die wenigen, noch verbliebenen alten 68er in den Zeitungen und Rundfunkanstalten fühlen sich an ihre Jugendzeit erinnert: "Legal, illegal, sch...egal".

Selbst im Spielfilm fahren die Schurken jetzt nicht mehr durch "Die Straßen von San Francisco" und haben keinen "Einsatz in Manhattan". Der "Tatort" von heute befindet sich in einem Glasturm in Frankfurt, einem Handelsraum in Hamburg oder einer Sparkassen-Filiale in Dinkelsbühl. Selbst wenn Bankangestellte in Deutschland nie die Popularität von Ärzten oder Feuerwehrmännern erreicht hatten, jetzt rutschten sie zwischenzeitlich auf eine Ebene mit Zuhältern, Versicherungsvertretern - und Journalisten!

Das Misstrauen hat zugenommen

Etwas läuft gehörig schief in der Beziehung zwischen Medien und Banken. Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Das Misstrauen hat eher zugenommen, das Schimpfen über den jeweils anderen auch. Das Verweigern von sogenannten "O-Tönen" und persönlichen Statements für Sendungen wie "Monitor", "Panorama" und "Akte 20.14" wäre vielleicht noch zu verschmerzen. Denn deren Zuschauer haben sich vermutlich bereits daran gewöhnt, dass die Welt der Geldinstitute - betrachtet durch die mediale Brille - alles anderes als rosarot ist, sondern eher tiefschwarz.

Viele Bürger fragen sich aber staunend: Was ist los mit den deutschen Banken und Sparkassen? Warum verweigern sich selbst namhafte Unternehmen dem Dialog mit der Presse? Warum hat kaum ein Vorstandschef oder zumindest sein Pressesprecher den Mumm, in der Öffentlichkeit sein Unternehmen oder sein Produkt zu verteidigen? Warum entschuldigt sich niemand für scheinbar offensichtliches Fehlverhalten und gelobt reumütig Besserung? Und warum geht fast nie ein gestandener Privatbanker in eine Fernseh-Talkshow und überlässt stattdessen den Wagenknechts, Tenhagens und Trittins die große Bühne, wenn diese gegen die Auswüchse des Kapitalismus, schlechten Service und stressige Arbeitsbedingungen wettern?

Szenen einer Ehe

Das Verhältnis von Journalisten und Banken ähnelt der Liebesbeziehung eines alten Ehepaares, die sich nach einem frühen Sturm und Drang in den fünfziger und sechziger Jahren nach und nach und spätestens seit den neunziger Jahren erheblich abgekühlt hat. Heute leben die beiden eher neben- als miteinander und der eine (die Banken) ist vom anderen (den Medien) bitter enttäuscht, weil er sich missverstanden und betrogen fühlt.

In dieser eisigen Atmosphäre rächt sich der verschmähte Liebhaber mit beleidigtem Schweigen. Dieses versucht der Journalist aufzubrechen - durch ständiges Nachfragen, beharrliche Provokationen und den Flirt mit den verhassten Nebenbuhlern aus den Kreisen der kritischen Wissenschaftler und engagierten Verbraucherschützer.

Beide Seiten brauchen einander

Nach wie vor sitzen die beiden an einem Tisch. Nicht zuletzt, weil sie sich nach wie vor brauchen und immer brauchen werden.

- Die Journalisten benötigen die Informationen aus den Banken und Sparkassen wie das tägliche Brot, sie sind auf die vertraulichen Tipps ebenso angewiesen wie auf den offenen Austausch über Trends und Themen.

- Die Geldinstitute wiederum brauchen die Medien, weil nur diese glaubwürdig und kompetent die komplizierten Botschaften der Banken in die breite Öffentlichkeit transportieren können.

Im medialen Alltag angekommen

Früher war alles besser - zumindest aus Sicht der Geldinstitute: In der Wirtschaftswunder-Zeit verstanden sich Wirtschaftsjournalisten eher als Chronisten des Aufschwungs und ließen sich von den Banken mehr oder weniger in den Block diktieren, was diese über Bilanzen und Erfolge berichten wollten. Dementsprechend sahen die Wirtschaftsteile der Tageszeitungen aus: Sie ähnelten meist Bleiwüsten und Zahlenfriedhöfen, das inhaltliche Leitmotiv war ein Hohelied auf die Finanzwirtschaft. Gelesen wurden die Artikel freilich nur von einer absoluten Minderheit. Dass hier eine redaktionelle Elite mit einer wirtschaftlichen Elite ziemlich autistisch kommunizierte - das störte keinen der Beteiligten und auch die Leser und Verleger konnten damit prima leben. Die Geldwirtschaft galt eben als etwas "für eine Minderheit". Was mit ein Grund dafür gewesen sein dürfte, dass sich das Fernsehen gleich gar nicht mit dem Thema beschäftigte.

Doch das hat sich massiv verändert. Die Banken sind im medialen Alltag angekommen und für nahezu jeden ein wichtiger Faktor im persönlichen Leben. Bester Beweis dafür: Die "Bild"-Zeitung, die sich früher in Sachen Finanzthemen absolut "jungfräulich" verhielt, hebt seit einigen Jahren immer wieder Geldthemen sogar auf die Titelseite - und da geht es dann nicht nur um Kreditzinsen, Kontogebühren und Kapitalanlagen, sondern auch um Banken und Banker. Deutschlands größte Boulevardzeitung reagiert damit auf das stark gestiegene Interesse an finanziellen Themen in der Bevölkerung.

Perspektive des Verbrauchers

Galt man früher noch als Langweiler, wenn man bei Abendessen unter Freunden oder dem Stehempfang des Musikvereins über Sparbuchzinsen, Steuertricks und Sondertilgungen sprach, so ist heute der Austausch über Autokredite, die Schnäppchen bei Sonderkonditionen und die jüngsten Skandale der Banker fast so geläufig wie das Reden über das Wetter. Das haben auch die Medien erkannt: Sie berichten heute sehr viel intensiver über Verbraucherthemen. Vor allem aber berichten sie sehr viel häufiger aus der Sicht des Verbrauchers.

Genau dieser Perspektivwechsel bereitet vielen altgedienten Bankchefs so viel Ungemach. Sie fühlten sich früher vom Herrenclub der Wirtschaftsjournalisten verstanden und wertgeschätzt. Von deren Berichterstattung hatten sie außer Langeweile nicht viel zu befürchten.

Gesteigertes Tempo der Kommunikation

Seit 10 bis 15 Jahren jedoch treffen sie auf einmal auf junge und kritische, aber keineswegs immer mit den Details der Gewinn- und Verlustrechnung vertraute Redakteure. Auf der Jagd nach der Exklusivgeschichte, der prickelnden Schlagzeile und der großen Enthüllung überschütten diese sie mit unbequemen Fragen zu Verbraucherrechten, Frauenförderung und Umweltschutz. Und dabei wollte man doch nur mal eben einigen engagierten Schülern einen großzügigen Scheck für ihr neues Biotop überreichen und beim Foto-Termin etwas in der medialen Sonne glänzen ...

Außerdem reicht es heute nicht mehr, einmal im Jahr zur Pressekonferenz einzuladen, dort die neuesten Erfolgszahlen zu veröffentlichen und fortan von der "Journaille" in Ruhe gelassen zu werden. Gerade große Banken und Finanzkonzerne in Krisensituationen haben es inzwischen nahezu rund um die Uhr mit Medien aus aller Welt zu tun. Die sozialen Netzwerke und der Online-Journalismus haben das Tempo in der Kommunikation sogar noch einmal deutlich gesteigert.

Kommunikative Genies in den Führungsetagen sind die Ausnahme

Natürlich gibt es in den Führungsetagen auch absolute Profis:

- Sie streichen in einem Wortlaut-Interview nur das heraus, was definitiv falsch oder schwer verständlich ist.

- Sie wissen, dass sie im Gespräch mit dem Journalisten und selbst beim lockeren Small-Talk nach der Pressekonferenz stets nur das sagen, was sie auch am nächsten Morgen in der Zeitung lesen wollen.

- Sie wissen, dass sie einen Journalisten auch in einer Notlage niemals anlügen, sondern in diesem Fall lieber schweigen sollten.

- Sie wissen, dass die ausgefeilten Notfallpläne für die Krisenkommunikation nicht in der Schublade bleiben dürfen, sondern tatsächlich und konsequent eingesetzt werden sollten.

- Sie wissen, dass die Kommunikation mit der Öffentlichkeit und den Medien Chefsache ist und sie nicht wie ein U-Boot auf- und abtauchen können - je nachdem, ob medial gerade schönes Wetter herrscht oder ein Sturmtief heranzieht.

- Vor allem wissen sie aber, dass der Umgang mit den Medien ein Spiel mit eigenen Regeln ist. Ein Geben und Nehmen, bei dem nicht nur sie, sondern auch der Journalist seine Interessen verfolgen und durchsetzen muss. Im besten Fall schauen am Ende beide Seiten gut aus.

In der Krise ist es mit nachhaltiger Kommunikation vorbei

Diese kommunikativen Genies sind in den Topetagen allerdings die Ausnahme. Viele Manager machen medial einen ordentlichen Job, solange es ihren Unternehmen gut geht und sie nicht in einen persönlichen Skandal verwickelt sind. Spätestens in der Krise aber ist es mit professioneller und nachhaltiger Kommunikation schnell vorbei: Auf einmal wird getäuscht und getrickst, verharmlost und verschwiegen.

Krisenkommunikation ist die Königsdisziplin - für Unternehmenslenker wie für Pressesprecher. In fünf Minuten kann mit unbedachten Äußerungen und fehlerhaftem Verhalten das eingerissen werden, was in fünf Jahrzehnten an Reputation aufgebaut wurde. "Lieber Geld verlieren als Vertrauen!" - diese hundert Jahre alte Empfehlung von Robert Bosch hat sich noch nicht zu allen Führungskräften herumgesprochen.

Wer schweigt, der bleibt

Vor diesem Hintergrund ist nicht ganz überraschend, dass gerade kleinere Kreditinstitute den Kontakt mit den Medien scheuen nach dem Motto: Die beste Presse ist keine Presse. Sie verzichten damit zwar auf die eine oder andere Chance zur Profilierung. Aber Karrieren im risikoscheuen Kreditgewerbe verlaufen nun mal eben ganz klassisch eher nach dem Prinzip der Fehlervermeidung. Lieber zehn Mal die Einladung zur TV-Talkshow absagen als einmal und für alle Ewigkeit auf Youtube zum Gespött der Kunden und internen Kritiker werden.

Stellt sich aber jemand aus der Bankenwelt in den Medien einmal gut dar, so ist auch das verdächtig. Denn in der testosterongeschwängerten Atmosphäre der Vorstandsebene will sich damit ja vielleicht jemand für höhere Aufgaben profilieren - was unter keinen Umständen geduldet werden darf. Das Wegbeißen potenzieller Nebenbuhler und Nachfolger war schließlich schon ein ausgeprägter Machtreflex auf der Führungsebene, als die eigenen Vorfahren im Neandertal noch in Höhlen hausten. Beim ersten Mal wird die hoffnungsvolle Nachwuchskraft noch dezent am Ohrläppchen gezupft, wenn sie das erste Gespräch mit der Presse erfolgreich absolviert hat. Denn der Star ist das Unternehmen (genauer gesagt: dessen Chef).

Kampf gegen Windmühlen

Hat ein ambitionierter Bankmanager das erst einmal begriffen, wird er seine Medienauftritte homöopathisch dosieren und den Pressesprecher bei Anfragen höflich ins Leere laufen lassen - schließlich gibt es für ihn ja auch so noch genug Arbeit zu erledigen, mit der er sich "oben" als exzellentes Nachwuchstalent empfehlen kann.

In nicht wenigen Unternehmen ähnelt der Pressesprecher - oder der "Leiter Unternehmenskommunikation" - daher eher dem Ritter von der traurigen Gestalt, der unablässig gegen die Windmühlen der Medienwelt ankämpft, ohne dass ihm intern der eigene Rücken frei gehalten oder gar gestärkt wird. Schlimmer noch: Oft wird ihm die Gefolgschaft sogar aus heiterem Himmel aufgekündigt. Das ist häufig bei plötzlich eintretenden Kommunikationskrisen der Fall.

Da sich zumindest bei Großbanken desaströse Geschäftszahlen oder gewaltige Betrügereien auf Dauer kaum verbergen lassen, werden sich früher oder später Journalisten der Bilanz oder der von interessierten Kreisen verbreiteten Gerüchte annehmen und darüber auch kritisch berichten.

Kommunikationschef als Bauernopfer

An diesem Punkt rückt nun endgültig der Pressesprecher in den Fokus: Denn entweder hätte er für eine positivere Presse sorgen müssen oder zumindest die negativen Schlagzeilen verhindern. Wofür verdient er schließlich meist gutes Geld und kann auf Geschäftskosten Journalisten zum Essen einladen? Das erste Opfer einer Kommunikationskrise ist daher meist der Kommunikationschef. Er wird gerne der Medienmeute als "Bauernopfer" vorgeworfen, um deren "Blutdurst" zu stillen.

Das Manöver gelingt allerdings fast nie. Denn ist die Jagdlust der Reporter erst einmal geweckt - Lügen, Beschwichtigungen und Eingeständnisse nach der Salami-Methode wirken dabei wie Appetitanreger - sind andere "Trophäen" gefragt als der Kopf des in der Öffentlichkeit meist ziemlich unbekannten Pressesprechers. Dann muss es schon ein Vorstandsvorsitzender oder ein Bundespräsident sein. Ein Wulf könnte ein Lied davon heulen.

Betriebsblindheit auf beiden Seiten

Es ist diese "Betriebsblindheit" auf beiden Seiten und das Nicht-Verständnis für die Positionen und Interessen des anderen, die die Kommunikation zwischen Geldinstituten und Unternehmen so schwierig macht.

Eigentlich ist es die Aufgabe des Pressesprechers, den Mittler zwischen den beiden Welten zu spielen. Die Voraussetzungen dafür sind günstig. Denn zumindest in den größeren Finanzhäusern kommen viele Kommunikationsleiter ursprünglich aus dem Journalismus und wissen daher genau, mit wem und was sie es zu tun haben. Eine große deutsche Bank holte sich sogar den Investigativchef einer renommierten deutschen Tageszeitung ins Haus, damit der seit langem propagierte Kulturwandel nun auch in der Kommunikation nach innen und außen Einzug halten möge.

Es handelt sich um ein Langzeitexperiment, das in der medialen Szene von Journalisten und PR-Experten argwöhnisch beobachtet wird: Kann ein ehemaliger Journalist, der beruflich in einer Welt von Recherche, Relevanz und Resonanz sozialisiert wurde, zur bankeninternen Lichtgestalt von Transparenz und Aufklärung werden? Oder wird so einer einst in der Reihe der vielen "Eingekauften" stehen, die aus purem Selbsterhaltungstrieb und um nicht ständig in der Opposition zu stehen, nach zermürbend langen Abstimmungsprozessen die "verschlimmbesserte" Pressemitteilung dann doch passieren lassen, dem früheren Journalisten-Kollegen das Interview mit dem Vorstandschef verweigern und mit an den Unternehmenszahlen drehen, bis diese für die Medien genügend "aufgehübscht" worden sind?

"Déformation profesionelle" nennen die Berufssoziologen diesen Vorgang. Jeder Beruf und jedes Unternehmen schleift so lange an den Neuankömmlingen, bis diese die Gepflogenheiten der Branche, diese Selbstvergewisserung als Selbstschutz akzeptiert haben. Das führt zwangsläufig zu autistischen Zuständen und einer Abkoppelung von der Außenwelt. Für Journalisten wie für Pressesprecher ist dies gleichermaßen notwendig wie gefährlich. Denn sie leben ja vom osmotischen Einund Ausatmen von Informationen, von der Filterfunktion ihres gesunden Menschenverstandes und der geistigen Reinigungskraft gegen manipulative Einflüsterungen.

Herausforderung Social Media

Wer sich gemeinsam mit seinen Kollegen in den Redaktionen oder Betrieben in der Wagenburg der eigenen Vorurteile einigelt, bekommt von den Veränderungen auf den Märkten der Meinungen und Informationen, der Produkte und Dienstleistungen nicht mehr allzu viel mit.

Das zeigt sich besonders deutlich im Bereich der Social Media - die auch in Sachen Kommunikation sowohl für die etablierten Medien als auch für die Unternehmen eine gewaltige Herausforderung darstellen.

- Die zeitverzögerte Produktion von Nachrichten stößt dort ebenso endgültig an ihre Grenzen wie die tagelangen Abstimmungsschleifen innerhalb der Unternehmen.

- Die Journalisten verlieren ihr Monopol in der Übermittlung von Informationen und Meinungen.

- Die Pressesprecher wiederum sind künftig nicht mehr die einzige Quelle für Nachrichten und Neuigkeiten aus den Unternehmen. Die Leser und Zuschauer reden künftig ebenso mit wie die Mitarbeiter und Kunden. Die alte Brecht'sche Radioformel "Jeder Hörer ist auch ein Sender" wird zur Realität. Das heißt aber auch: Jeder kann zum Auslöser eines Shitstorms und eines medialen Tsunamis werden.

Gefragt ist der kommunikative Freak

Der Dialog in Echtzeit rund um die Uhr mit den unterschiedlichsten Partnern erfordert einen ganz neuen Typus von Kommunikator. Professionell sind künftig all die, die den herrschaftsfreien Diskurs des Frankfurter Philosophen Habermas nicht nur predigen, sondern praktizieren. Die beim Strukturwandel der Öffentlichkeit selbstbestimmt handeln und entscheiden - auch über Inhalte, Zeitpunkte und Tonalitäten.

Mit anderen Worten: Gefragt ist der "kommunikative Freak". Einige Unternehmen haben derartige "Social Media Communicators" bereits installiert. Über Twitter, Blogs und die sozialen Netzwerke verkünden diese "Evangelists" schon die frohen Botschaften ihrer Banken - die Besten von ihnen tun das ohne verbalen Schnickschnack und Marketing-Tand, dafür mit Herzblut und direkter Rede.

Überall dort, wo das erfolgreich praktiziert wird, gelingt das vermutlich nur deshalb, weil die eigene Geschäftsführung gar nicht genau weiß, was dort eigentlich gemacht wird. Könnte das vielleicht die Erfolgsformel für die Kommunikation von morgen sein?

Zum Autor

Prof. Dr. Eckhard Marten, Professor für Kommunikation und Marketing, ISM Inter national School of Management GmbH, Frankfurt am Main

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