PSD2

Banken müssen zu TTPs werden

Swaantje Anneke Haß, Managing Consultant, PPI AG, Hamburg

Quelle: PPI AG

Mit der novellierten EU-Zahlungsdiensterichtlinie "Payment Service Directive 2" will Brüssel den Wettbewerb im europäischen Zahlungsverkehr befeuern. Das Ziel: Er soll für die Verbraucher sicherer, bequemer und billiger werden. Doch die "PSD2"-Richtlinie bricht dafür das Monopol der Banken beim Zugriff auf die Kontodaten. Die Geldhäuser müssen nun handeln.

Viele Experten sprechen vor diesem Hintergrund von einem "fundamentalen Wandel" oder sogar "einem Erdbeben" für die Geldinstitute. Sie müssen künftig auf Wunsch ihrer Kunden Umsätze und Kontostände der Zahlungskonten automatisiert per Schnittstelle an sogenannte dritte Zahlungsdienstleister (TPPs) wie zum Beispiel Fintechs oder andere Banken weitergeben oder in deren Auftrag Zahlungen auslösen. Und das geschieht in der Regel auch noch kostenlos.

Zum Strukturprovider degradiert?

Doch nicht nur Fintechs bedrohen das Geschäft der Kreditinstitute in ihrem Kern. Auch digitale Sprachassistenten wie zum Beispiel Google Home oder Amazon Echo treiben vielen Bankern den Angstschweiß auf die Stirn. Die Verbraucher können mittels dieser Geräte Produkte bestellen. Google und Amazon werden in Zukunft aber nicht mehr nur die Bestellung aufnehmen, an andere Unternehmen weiterleiten oder selbst bearbeiten und ausliefern, sondern sich auch direkt um die Abwicklung der Bezahlung kümmern.

Der Kunde hätte mit seiner Bank gar keine Berührungspunkte mehr. Ein Szenario, das viele Kreditinstitute mit aller Kraft vermeiden wollen. Sie würden zum reinen Strukturprovider degradiert werden. Die Banken sollten deshalb schon jetzt Ideen entwickeln und umsetzen, um sich als Finanzplattformen zu positionieren.

Kontoschnittstelle selbst entwickeln oder einkaufen?

Doch dafür muss die technische Schnittstelle des kontoführenden Zahlungsdienstleisters (ZDL) bestimmte Anforderungen erfüllen. Welche? Zunächst einmal müssen die Zugänge zu den Konten diskriminierungsfrei sein. Es darf also im Vergleich zum bekannten Online-Banking keine zusätzliche Hürde geben, wenn der Kunde einen Drittdienst beauftragt, eine Bankdienstleistung online auszuführen. Die ausgelösten Zahlungen müssen unwiderruflich sein.

Außerdem muss das Authentifizierungsverfahren des Zahlungsdienstleisters verwendet werden. Denn: Der Zahlungsdienstnutzer hat mit seiner Bank ein Authentifizierungsverfahren wie PIN oder TAN vereinbart. Nur über diese können Zahlungen ausgelöst werden. Das Geldinstitut hat jedoch keine vertragliche Beziehung zum TPP und kennt diesen gegebenenfalls sogar gar nicht. Die Bank kann aber nur dann von einer korrekt authentifizierten Zahlung ausgehen, wenn ein Verfahren genutzt wird, das sie auch kennt. Also letztlich das eigene.

Es ist zudem zwingend geboten, dass der TTP sich gegenüber dem Zahlungsdienstleister identifizieren kann und die Spezifikationen ISO 20022 oder andere europäische Standards anwendet. Der ZDL muss die Spezifikationen seiner Schnittstelle auf der Homepage verfügbar machen, eine Testumgebung zur Verfügung stellen und Änderungen drei Monate vor Umsetzung publizieren, bevor erste Kundenaufträge gesendet werden können.

Generell muss sich der kontoführende Zahlungsdienstleister fragen, ob er die Schnittstelle selbst entwickeln oder einkaufen will. Entscheidet er sich für Letzteres, kann er aus mehreren Anbietern am Markt wählen, die entweder fertige Out-of-the-box-Lösungen oder auf den Kunden speziell zugeschnittene Produkte verkaufen.

Produktportfolio erweitern

In Zukunft wird es Normalität sein, dass ein Kunde im Online-Banking nicht nur das Girokonto des Geldinstituts sieht, sondern zusätzlich alle weiteren Zahlungskonten, die er bei anderen Instituten unterhält. Durch den Zugriff auf Umsatzinformationen können Real-Time-Ratings erzeugt und Finanzierungslösungen schneller bearbeitet werden. Das heißt: Will der Kunde zum Beispiel ein Auto kaufen, kann er den Wunschwagen direkt mitnehmen, da über die Finanzierung sofort entschieden werden kann. Ein zusätzlicher Vorteil: Der komplette Prozess wird entschlackt, da keine Papiere eingereicht werden müssen, sondern alles digital erfolgt.

Aus all dem ergibt sich für Banken die Notwendigkeit und Möglichkeit, zu TPPs zu werden, ihr Produktportfolio zu erweitern und damit letztlich die Kundenbindung zu stärken.

Swaantje Anneke Haß, Managing Consultant, Raija Wehrli, Senior Consultant, beide PPI AG, Hamburg

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