GELDANLAGE

Klimaschutz als Chance zur Ertrags- und Vertrauenssteigerung

Prof. Dr. Jessica Hastenteufel, Foto: Maik Hastenteufel

Der Schlüsselrolle, die die Finanzwirtschaft bei der Transformation der Wirtschaft für mehr Klimaschutz innehat, sind sich viele Bankkunden gar nicht bewusst. Entsprechend gering ist das Bewusstsein für nachhaltige Geldanlagen. Eine empirische Studie der Autorinnen zeigt jedoch, dass das Interesse an einer nachhaltigen Finanzberatung hoch ist. Dafür wünschen sich viele Kunden sogar die aktive Kontaktaufnahme seitens der Bank. Für eine über die Geldanlage hinausgehende nachhaltige Finanzberatung müssten Spezialisten ausgebildet werden. Dann, so die Autorinnen, lässt sich nicht nur die Kundenbindung verbessern, sondern es können auch neue Ertragspotenziale erschlossen werden. Red.

Der Klimawandel zählt zu den meist diskutierten Themen unserer Gesellschaft und die daraus entstehenden Risiken stellen die Finanzwirtschaft vor große Herausforderungen. So können sich Schäden durch extreme Umwelt- und Klimaveränderungen direkt auf Kreditinstitute auswirken. Aber auch kurzfristige Veränderungen von politischen Rahmenbedingungen sowie die Stigmatisierung von etablierten Technologien haben indirekte Folgen für Kreditinstitute.

Physische und transitorische Risiken

In diesem Kontext können die Nachhaltigkeitsrisiken im Bereich der Ökologie grob in physische und transitorische Risiken unterschieden werden. Während die physische Risiken auf einzelne, in ihrer Frequenz ansteigende Wetterphänomene (beispielsweise Hitze- und Trockenperioden, Überflutungen oder Stürme) und langfristige Veränderungen der klimatischen Bedingungen (beispielsweise Anstieg des Meeresspiegels) zurückzuführen sind, resultieren die transitorischen Risiken im Zusammenhang mit der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft. Diese wirken nicht nur auf das Adressausfallrisiko, das Marktpreisrisiko, das operationelle Risiko und nachgelagert auch auf das Liquiditätsrisiko von Banken ein, sondern besitzen darüber hinaus auch einen wesentlichen Einfluss auf das Reputationsrisiko.1)

Hervorzuheben ist hier insbesondere der zu beobachtende Wandel in den Wertvorstellungen der Gesellschaft. Denn bei den Erwartungen, die Kunden an Banken stellen, gewinnen zunehmend ökologische, soziale und gesellschaftliche Fragestellungen an Bedeutung. Unternehmen, die sich nicht an die neuen ethischen Normen halten, erfahren zunehmend einen Akzeptanzverlust oder werden von den Kunden sanktioniert.

Kampf gegen den Klimawandel - Kreditwirtschaft mit Schlüsselrolle

Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend mithilfe einer eigens durchgeführten Studie 2) untersucht, welche Anforderungen Bankkunden aktuell an das Verhalten der Banken in Bezug auf das Thema "Klimaschutz" stellen. Hierbei wird zunächst analysiert, wie die Kunden die Bedeutung von Kreditinstituten beim "Klimaschutz" wahrnehmen. Daraufhin wird die persönliche Einstellung der befragten Bankkunden zum Klimawandel sowie ihre Bereitschaft zur Veränderung des eigenen Verhaltens durchleuchtet, um darauf aufbauend auf die Erwartungen einzugehen, die die Kunden an ihre Banken sowie die angebotenen Beratungsleistungen stellen. Aus den gewonnen Erkenntnissen werden schließlich Handlungsempfehlungen für die Bankenbranche abgeleitet, um die veränderten Wertvorstellungen innerhalb der Gesellschaft in eine langfristige Chance zu wandeln.

Während produzierende Unternehmen ihren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels durch eine nachhaltige Ausgestaltung der Lieferketten, der Produktion oder der Rohstoffverwendung des eigenen Unternehmens leisten können, verfügen Kreditinstitute über weitergehende Möglichkeiten, sich nachhaltig auszurichten. Durch ihre Investitions- und Finanzierungstätigkeiten besitzen sie einen großen Einfluss auf Unternehmen, Organisationen und ganze Länder hinsichtlich der Umsetzung ihrer nachhaltigen Ziele.

Aufgrund des Potenzials dieses immensen Geldflusses nehmen Kreditinstitute eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft ein. Der EU-Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum und die darauf aufbauenden nationalen Vorgaben nehmen die Finanzmarktakteure daher bewusst in die Pflicht.

Daher müssen die Kreditinstitute sich nicht nur selbst nachhaltig und verantwortungsbewusst verhalten, sondern zusätzlich auch dafür Sorge tragen, dass ausreichend Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt wird.

Kunden sind sich der Rolle der Finanzbranche wenig bewusst

Im Folgenden wird untersucht, ob sich die Bankkunden dieser Rolle der Finanzindustrie bewusst sind (siehe Abbildung 1). Es zeigt sich, dass der Industrie und den Unternehmen gemeinsam mit der Regierung die größte Bedeutung beigemessen wird. Aber auch die Rolle, die jeder einzelne Bürger spielt, wird wahrgenommen.

Mit deutlichem Abstand fällt die Bewertung der Wichtigkeit des Beitrags des Finanzsektors aus. So stimmt nur etwa die Hälfte der befragten Personen zu, dass die Finanzwirtschaft (Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungsunternehmen) einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Die Schlüsselrolle der Finanzwirtschaft ist den Kunden also nicht in ausreichendem Maße bewusst. Vor allem der Einfluss der Kreditinstitute, aber auch der Fondsgesellschaften, auf die Industrie und die Unternehmen, die von den Befragten als am bedeutsamsten eingeschätzt werden, ist ihnen bisher offensichtlich nicht gänzlich klar.

Dies zeigt sich auch in der Aussage, dass Banken nichts gegen den Klimawandel ausrichten können, der ein Drittel der Kunden zustimmen. Das wiederum kann für Banken, die sich bisher noch nicht mit dem Thema "Klimaschutz" auseinandergesetzt haben, von Vorteil sein, da die Kundenerwartungen an das Verhalten einer Bank aufgrund des fehlenden Wissens tendenziell niedriger ausfallen werden als wenn den Kunden der volle Umfang der Einflussnahme der Kreditinstitute tatsächlich bewusst wäre.

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Fast jeder Zweite erwartet nachhaltige Ausrichtung

Nichtsdestotrotz erwarten viele Kunden von ihren Banken bereits heute eine nachhaltige Ausrichtung. So ist es fast der Hälfte der befragten Kunden (45,52 Prozent) wichtig, dass sich die eigene Bank aktiv für den Klimaschutz einsetzt. Das Engagement ist zwar vor allem für jüngere Kunden von Bedeutung, besitzt aber auch in allen anderen Altersgruppen deutlich Relevanz. Dies stellt für Banken, die sich bereits aktiv mit der Thematik auseinandersetzen, einen Anreiz dar, ihre Kunden über die eigenen Tätigkeiten und deren positive Auswirkungen auf das Klima zu informieren.

Hierbei ist es wichtig, kein Greenwashing 3) zu betreiben, sondern das Engagement für den Klimaschutz tatsächlich in das Geschäftsmodell einer Bank zu integrieren und dies auch überzeugend zu kommunizieren. In diesem Kontext zeigt sich eine gewisse Skepsis der Bankkunden. So meinen 49,64 Prozent der Befragten, dass sich Banken, die sich im Klimaschutz engagieren, nur einen positiven Medieneffekt erhoffen. Diejenigen Teilnehmer, die davon überzeugt sind, vertreten zudem die Auffassung, dass Banken durch ihre Geschäftstätigkeit nichts zum Klimaschutz beitragen können.

Potenzial der nachhaltigen Geldanlage nicht erfasst

Den Einfluss jedes einzelnen Bürgers schätzen die Befragten mit 90 Prozent als besonders wichtig ein. 66,43 Prozent sind sich bewusst darüber, dass sie mit ihrem eigenen Verhalten etwas gegen den Klimawandel ausrichten können 4) und die große Mehrheit (75,39 Prozent) ist bereit, ihr eigenes Verhalten zugunsten des Klimaschutzes anzupassen.

Vor allem die Nutzung von erneuerbaren Energien und der Umstieg auf alternative Verkehrsmittel wie den öffentlichen Nahverkehr und Elektro- sowie Hybridfahrzeuge als zielführend angesehen werden. Ebenso werde die Reduzierung des Stromverbrauchs und der vermehrte Kauf regionaler Produkte als bedeutsam eingeschätzt. Dagegen wird das Potenzial der bewussten Lenkung von Geldströmen, zum Beispiel in nachhaltige Projekte, aktuell nicht vollständig erfasst, da die Geldanlage in nachhaltige Anlageprodukte den letzten Platz belegt.

Die Mehrheit der Kunden ist bereit, vermehrt regional einzukaufen (73,54 Prozent), den Stromverbrauch zu reduzieren (69,42 Prozent) und auf erneuerbare Energieressourcen umzusteigen (69,13 Prozent). Ebenfalls stehen sie Modernisierungsmaßnahmen offen gegenüber (50,07 Prozent beziehungsweise 44,52 Prozent). Mit 41,25 Prozent ist jedoch nur weniger als die Hälfte der Kunden bereit, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. Auch eine Einschränkung der Reiseaktivitäten kommt nur für 42,39 Prozent der Befragten infrage.

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Am wenigsten Anklang findet die Bereitschaft zur Verhaltensänderung bei der Geldanlage. Nur 19,06 Prozent der Befragten ziehen dies in Erwägung. Es stellt sich also die grundlegende Frage, ob die Bankkunden den nachhaltigen Anlageprodukten grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen oder ob den bisherigen Erkenntnissen andere Beweggründe zugrunde liegen.

Verständnis für Wertpapiere fehlt

Häufig liegt das mangelnde Interesse an nachhaltigen Geldanlagen bereits am Grundverständnis der Befragten für Wertpapiere und der grundlegenden Bereitschaft, in diese zu investieren. So tätigen aktuell 59,60 Prozent aller Studienteilnehmer keinerlei Anlagen in Wertpapiere. Über ein Drittel (37,71 Prozent) dieser Kunden würde laut eigenen Angaben jedoch gerne in Wertpapiere investieren, fühlt sich dafür aber nicht gut genug von ihrer Bank informiert.

Es wird somit deutlich, dass bei vielen Kunden das Verständnis für das komplexe Themenfeld der Wertpapiere immer noch fehlt. Hierdurch wird ein erstes Versäumnis der Banken offenkundig, die in den vergangenen Jahren augenscheinlich nicht auf die Wünsche der Kunden eingegangen sind und hiermit im gleichen Zug eine große Erlösquelle verkannt haben. Es ist den Kreditinstituten also auch in der aktuellen Zinssituation bislang nicht gelungen, ihre Kunden für diese Anlageformen zu begeistern und so nicht nur die Renditen ihrer Kunden zu steigern, sondern auch die eigenen Ertragspotenziale auszuschöpfen. Ob dies auf eine mangelnde Kenntnis der Kundenwünsche oder schlicht auf eine nicht bedarfsgerechte Beratung zurückzuführen ist, sei da hingestellt.

Wissenslücke bezüglich nachhaltiger Geldanlagen

Die Kunden äußern sich offen über ihren Kenntnisstand bezüglich nachhaltiger Geldanlagen. 73,83 Prozent fühlen sich von ihrer Bank nicht ausreichend über nachhaltige Anlagemöglichkeiten informiert, was den hohen Beratungsbedarf sowie die bisherige Untätigkeit der Banken unterstreicht. Nur 14,51 Prozent der Studienteilnehmer schätzen ihr Wissen in diesem Bereich als gut ein. Daher ist es wenig verwunderlich, dass nur 6,40 Prozent der Befragten bereits in nachhaltige Geldanlagen investiert haben.

Diese Verhaltenheit liegt also nicht vorrangig im mangelnden Interesse begründet. Wenngleich für die meisten Kunden Aspekte wie Sicherheit und Rendite bei der Geldanlage im Vordergrund stehen, ziehen es 38,98 Prozent der Befragten in Betracht, in Zukunft zudem Umweltaspekte bei ihren Geldanlageentscheidungen zu berücksichtigen. Offenkundig liegt die Zurückhaltung bezüglich nachhaltiger Anlagemöglichkeiten daher vor allem in der Wissenslücke der Bankkunden begründet, die Kreditinstitute in der Vergangenheit nicht ausreichend schließen konnten.

Wunsch nach einer nachhaltigen Finanzberatung

Das Interesse an nachhaltigen Finanzprodukten ist darüber hinaus bei fast der Hälfte der befragten Bankkunden (47,37 Prozent) so stark ausgeprägt, dass sie sich von ihrer Bank mehr Beratung und Hilfestellungen beim Thema "nachhaltige Anlagen" wünschen, um bewusst solche Unternehmen und Projekte zu unterstützen, die gegen den Klimawandel vorgehen.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Kunden zu diesem Zweck auch die aktive und verbindliche Kontaktaufnahme durch die Bank akzeptieren würden, die bei sonstigen Belangen in den meisten Fällen nicht erwünscht ist. So wollen 64,15 Prozent aller befragten Kunden in der Filiale persönlich auf nachhaltige Anlagemöglichkeiten angesprochen werden. Dieser Wunsch trifft auf alle Altersgruppen gleichermaßen zu. Ebenso wird die Kontaktaufnahme per E-Mail (53,34 Prozent), Brief (47,08 Prozent) und im Online-Banking (44,24 Prozent) von den Kunden gewünscht. Diesbezüglich präferieren jüngere Kunden und Kunden mittleren Alters die Ansprache per E-Mail und im Online-Banking, während Ältere ab 56 Jahren den Briefkontakt bevorzugen. Lediglich der Telefonanruf durch die Bankmitarbeiter wird vom größten Teil der Kunden - unabhängig vom Alter - abgelehnt.

Es zeigt sich, dass den Banken eine Vielzahl an Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung steht, um mit dem Kunden aktiv das Gespräch über nachhaltige Anlagemöglichkeiten zu suchen und somit bewusst, bedürfnisgerecht sowie dem Kundenwunsch entsprechend in einen Dialog zu treten. So können auch bisher inaktive Kunden wieder erreicht werden. Es ist jedoch an den Banken, diese Bedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen.

Anknüpfungspunkte jenseits der Geldanlage

Die nachhaltige Finanzberatung bietet allerdings noch weitere Anknüpfungspunkte, die Banken nutzen können. Bei einer neuen Immobilienfinanzierung wünschen sich die Kunden neben Informationen zu den Konditionen zum Beispiel ebenso Informationen über Energiesparmöglichkeiten, Förderprogrammen zur Energieeffizienz und zum Einsatz sowie zur Förderung von erneuerbaren Energien. Dies steht im Einklang mit den vorherigen Ergebnissen zur persönlichen Verhaltensänderung, nach denen die Kunden bereit sind, ihren Stromverbrauch zu reduzieren und auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Durch die festgestellte Bereitschaft zu Modernisierungsmaßnahmen können die genannten Beratungsinhalte auch auf bereits bestehende Immobilien übertragen und auch bestehende Kunden hierauf angesprochen werden. Ebenfalls wird von den Kunden eine versicherungsbezogene Beratung gewünscht. Über die Hälfte der Kunden würde gerne mehr Unterstützung bei den Versicherungsoptionen von technischen Anlagen zur Energieversorgung wie beispielsweise Solaranlagen sowie Versicherungsmöglichkeiten gegen die regionalen Folgen des Klimawandels erhalten (siehe Abbildung 3). Aktuell fühlt sich nur ein Drittel (34,28 Prozent) der Befragten gut über einen persönlichen Versicherungsschutz gegen Klimarisiken informiert.

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Potenzial zum Ausbau von Kooperationen

Es bietet sich demnach in der ganzheitlichen Betrachtung ein hohes Potenzial zum Ausbau der Kooperationen mit Fondsgesellschaften, Förderbanken und Versicherungsunternehmen. Durch eine bewusst nachhaltig ausgerichtete Finanzanlage und -beratung zeigt sich für Kreditinstitute somit ein großes, bisher (fast) unangetastetes Ertragspotenzial, das - insbesondere unter dem Aspekt der Abschmelzung der Zinserträge aufgrund des Niedrigzinsumfeldes - zur Steigerung des Provisionsergebnisses sowie zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung fokussiert werden sollte.

Bereits 64,58 Prozent der Kunden können sich vorstellen, in Zukunft in nachhaltige Geldanlagen zu investieren. Dabei sind schon 44,95 Prozent aller Bankkunden fest davon überzeugt, dass ihre persönlichen Anlageentscheidungen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Deshalb fordert ein Großteil der Kunden (56,33 Prozent) von ihrer Bank eine aktive Kundenansprache hinsichtlich der Möglichkeiten nachhaltiger Geldanlagen. Bei den übrigen Kunden bestehen jedoch teilweise Zweifel hinsichtlich der Seriosität und Wirksamkeit nachhaltiger Geldanlagen,5) die es auszuräumen gilt. Vor allem die jüngeren Bankkunden bis 25 Jahre, von denen der zukünftige wirtschaftliche Erfolg einer Bank maßgeblich abhängen wird,6) zeigt ein besonderes Interesse an nachhaltigen Geldanlagen. Gerade in dieser Kundengruppe ist das Potenzial groß, da zwar über zwei Drittel der jüngeren Bankkunden noch keine Wertpapiere halten, jedoch der Wunsch hierzu stark ausgeprägt ist. Letztlich scheitert es altersgruppenübergreifend bis dato nur an den fehlenden Beratungsleistungen und Angeboten seitens der Banken, um die bestehenden Vorbehalte aufgrund von Wissenslücken auszuräumen.

Spezialisten für nachhaltige Finanzberatung ausbilden

Die Wünsche der Kunden beschränken sich jedoch nicht nur auf die Geldanlage. Vielmehr wollen 64,01 Prozent der Befragten eine Rundumberatung zum Themengebiet "Klimawandel". Um jenem Wunsch der Kunden entgegenzukommen, empfiehlt sich die Ausbildung von einigen Vertriebsmitarbeitern zu Spezialisten für die nachhaltige Finanzberatung, die den Kunden in der Filiale oder digital gezielt vollumfänglich beraten sowie bei Beratungen von Kollegen zugeschaltet werden können, wenn das entsprechende Fachwissen benötigt wird. Hier sollte eine enge Zusammenarbeit mit den Vertriebsmitarbeitern der kooperierenden Fonds- sowie Versicherungsgesellschaften fokussiert werden, um die gewünschte Rundumberatung für den Kunden zu ermöglichen.

Durch die aktive Ansprache der Kunden hinsichtlich einer nachhaltigen Finanzberatung können Banken somit nicht nur den Erwartungen ihrer Kunden entsprechen, sondern eine Vielzahl von Kunden adressieren, mit denen sie innerhalb der aktuell gelebten Beratungspraxis keine Anknüpfungspunkte haben, denn der große Unterschied stellt hier das vorhandene Eigeninteresse der Kunden dar.

Reputationsverlusten vorbeugen

Jenes angestrebte klimafreundliche Handeln erwarten die Kunden ebenso von ihren Banken. Hier gilt es vor allem einem Reputationsverlust vorzubeugen, der sowohl durch eine Vernachlässigung nachhaltigen Engagements als auch einer Vorspiegelung falscher Tatsachen hervorgerufen werden kann. Banken sollten verinnerlichen, dass die Reputation ein äußerst wertvolles Gut ist, das zur Erreichung und zum Erhalt des Vertrauens der Kunden essenziell ist. Dieses Vertrauen stellt letztlich die Geschäftsgrundlage einer jeden Bank dar.

Aus diesem Grund sollte der nachhaltigen Ausrichtung des Verhaltens der Kreditinstitute eine hohe Bedeutung beigemessen werden, da sie die Chance bietet, das in der Finanzmarktkrise verlorene Vertrauen wieder aufzuarbeiten. So erscheint für 40,54 Prozent der Bankkunden eine Bank, die sich für den Klimaschutz engagiert, vertrauenswürdiger als eine Bank, die dies nicht tut.7)

Nachhaltigkeit fördert Kundenbindung

Noch deutlicher wird dieser bemerkenswerte Vertrauensbonus bei der Aussage der Mehrheit der Bankkunden (55,76 Prozent), dass sie ihr Geld lieber einer Bank anvertrauen würden, die nicht nur auf ihren eigenen Gewinn konzentriert ist, sondern sich auch mit allgemeinen Problemen, wie dem Klimawandel, beschäftigt. Somit wird das Verantwortungsbewusstsein, das die Kreditinstitute im Hinblick auf den Klimaschutz zeigen, auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Kundengeldern übertragen. Dieser Vertrauenseffekt ist vor allem bei der jüngeren Generation der Bankkunden überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Die Integration des Nachhaltigkeitsaspekts, insbesondere des Klimaschutzes, in den bisher als unzureichend bewerteten Betreuungsansatz 8) der Banken bedeutet einen unverkennbaren Wettbewerbsvorteil. Dem Kunden wird so ein wahrnehmbarer Mehrwert geboten. Hierbei ist schnelles Handeln gefragt, da der Großteil der Kunden sich zwar noch nicht aktiv darüber informiert hat, welche Maßnahmen die eigene Bank zum Klimaschutz unternimmt, aber bereits ein Viertel (24,18 Prozent) der Kunden sich hinsichtlich eines künftiges Bankwechsels klar positioniert. Denn wenn ihre Bank sich in Zukunft nicht mit dem Thema "Klimawandel" beschäftigt, sind sie bereit, die Bank zu wechseln. Bei den Kunden bis 25 Jahre sind es sogar 31,63 Prozent, die einen Bankwechsel aufgrund eines mangelnden ökologischen Engagements ihrer Bank in Betracht ziehen.

Ein vorausschauendes und verantwortungsvolles Handeln und die Berücksichtigung des Klimaschutzes innerhalb des Geschäftsmodell und des Beratungsangebots kann den Banken somit nicht nur neue Ertragsquellen und einen Vertrauensbonus einbringen, sondern auch die Kundenbindung durch ein bewusstes Adressieren der Kundenwünsche steigern sowie die Neukundenakquisition erleichtern.

Fußnoten

1) Das Reputationsrisiko bezeichnet "die Gefahr, dass aufgrund einer bestimmten Innen- und Außenwahrnehmung das Vertrauen in ein Unternehmen und dessen Glaubwürdigkeit beschädigt wird". Weber, Max; Bopp, Robert Emanuel (Reputation 2019), S. B9.

2) Im Rahmen der Befragung der Bankkunden wurden 1 500 papierhafte Fragebögen an Privatpersonen verteilt. Bei der Ansprache wurde darauf geachtet, dass die Daten hinsichtlich der Altersstruktur und Geschlechts in etwa gleichverteilt sind. Von den ausgereichten Fragebögen kamen 703 Fragebögen vollständig ausgefüllt zurück.

3) Unter Greenwashing versteht man den "Versuch von Unternehmen, durch Marketing- und PR-Maßnahmen ein 'grünes Image' zu erlangen, ohne allerdings entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Wertschöpfung zu implementieren." O. V. (Wirtschaftslexikon 2019), S. 1499.

4) 20,20 Prozent äußerten sich hier neutral, womit nur ein kleiner Teil der Kunden bisher nicht daran glaubt, dass das eigene Verhalten zum Klimaschutz beitragen kann.

5) In diesem Zusammenhang äußern 31,29 Prozent der Bankkunden Zweifel daran, dass nachhaltige Geldanlagen tatsächlich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können und stattdessen nur dazu dienen, das Unternehmen im Gespräch zu halten. Hier sind insbesondere Vorhaben wie die einheitliche EU-Taxonomie von Bedeutung, um zu verhindern, dass Geldanlagen ohne Beitrag zur Nachhaltigkeitsförderung als "grün" deklariert werden können.

6) Vgl. Matt, Michael; Mocha, Matthias (Entfremdung 2019), S. 1 und 3. Ähnlich überdurchschnittlich fällt der Wert bei Rentnern aus. Hier können lediglich Mutmaßungen angestellt werden, ob diese denjenigen Banken mehr Vertrauen entgegenbringen, die ihren Kindern und Enkelkindern eine nachhaltigere Welt versprechen.

7) 30,87 Prozent der befragten Kunden äußerten sich hier neutral, so dass nur 28,59 Prozent der Aussage nicht zustimmten. Dies kann unter anderem auf bereits angesprochene Vorbehalte dahingehend zurückzuführen sein, dass Banken nur nachhaltig agieren, um positive Medieneffekte zu erhalten.

8) Vgl. hierzu ausführlich Hastenteufel, Jessica; Kiszka, Sabrina (Mythos 2020).

Quellen

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BaFin (Merkblatt 2019): Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken, https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/dl_mb_Nachhaltigkeitsrisiken.pdf, Stand: 23.12.2019.

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Blume, Jakob (Nachhaltigkeit 2018): Umdenken in der Finanzbranche - warum Portfoliomanager stärker auf Nachhaltigkeit achten, in: Handelsblatt Online vom 31.07.2018, https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/nachhaltigegeldanlage/green-bonds-umdenken-in-der-finanzbranche-warum-portfoliomanager-staerker-auf-nachhaltigkeit-achten/22865182.html, Stand: 22.05.2019.

Bopp, Robert Emanuel (Finanzwirtschaft 2010): Die Finanzwirtschaft - Anmerkungen zum Risiko- und Ertragsmanagement von Finanzdienstleistern, in: Corporate Social Responsibility in der Wirtschaftskrise - Reichweiten der Verantwortung, hrsg. von Michael S. Aßländer und Albert Löhr, München/Mering 2010, S. 267-281.

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Imhof, Kurt (Finanzkrise 2010): Globalisierung, Finanzkrise, Öffentlichkeit - die Rache der Moral, in: Corporate Social Responsibility in der Wirtschaftskrise - Reichweiten der Verantwortung, hrsg. von Michael S. Aßländer und Albert Löhr, München/Mering 2010, S. 285-308.

Kiszka, Sabrina (Risiken 2018): Die Steuerung operationeller Risiken in Kreditinstituten - Eine kritische Analyse des neuen Standardansatzes, Wiesbaden 2018.

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Waschbusch, Gerd; Schuster, Hannes; Berg, Susen Claire (Vertrauen 2018): Banken und Vertrauen - Eine Grundlagenuntersuchung zur Bedeutung des Vertrauens in der Ökonomie am Beispiel des Kreditgewerbes, Baden-Baden 2018.

Weber, Max; Bopp, Robert Emanuel (Reputation 2019): Wie ESG die Reputation der Finanzbranche beeinflusst - Reputationsrisiken gewinnen in einem stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Finanzmarkt immer mehr an Bedeutung, in: Börsen-Zeitung, Nr. 216 vom 09.11.2019, S. B9.

Prof. Dr. Jessica Hastenteufel, IUBH Fernstudium, Bad Reichenhall und Privatdozentin, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
 
Sabrina Kiszka, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Bankbetriebslehre, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Prof. Dr. Jessica Hastenteufel , Professorin für Betriebswirtschaftslehre , IU Internationale Hochschule, Erfurt
Dr. Sabrina Kiszka , Wissenschaftliche Mitarbeiterin , Lehrstuhl für Bankbetriebslehre, Universität des Saarlandes, Saarbrücken

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