Girokonto

Mobiles Bezahlen ist eine Zusatzfunktion des Girokontos

Dr. Niklas Bartelt und Dr. Helmut Wißmann

Als Zusatzfunktion des Girokontos hat Paydirekt das Potenzial, zum branchenweiten Bezahlstandard zu werden, ist Niklas Bartelt überzeugt. Bei der Händlerakzeptanz ist das Online-Bezahlverfahren jetzt im Markt angekommen, nun rücken die Endkunden sowie die Weiterentwicklungen im Bereich Mobile Payment in den Fokus. Dazu gehören In-App-Zahlungen ebenso wie Handy-zu-Handy-Transaktionen. Red.

Online einzukaufen gehört auch in Deutschland inzwischen zum Alltag vieler Menschen. Der Umsatz im E-Commerce steigt von Jahr zu Jahr. Im Branchendurchschnitt wächst der Online-Handel mit rund 12 Prozent pro Jahr dabei deutlich stärker als der stationäre Handel mit durchschnittlich rund drei Prozent. Ein Trend, der sich auch mit Blick auf das Zahlverhalten der sogenannten "Millenials" - der Menschen unter 35 Jahren - in Zukunft noch verstärken wird. Für alle Kunden stellt sich dabei die Frage "Und wie bezahle ich?" Nicht selten kommt es an diesem Punkt zum Abbruch des Kaufvorgangs, weil sich der Käufer mit den angebotenen Zahlungsoptionen unwohl fühlt.

Zu den zentralen Kriterien für die Akzeptanz eines Online-Bezahlverfahrens zählen vor allem die Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit - sowohl aus Käufer- als auch aus Händlersicht. Online-Bezahldienste sind in Deutschland zwar etabliert, der eigenen Bank oder Sparkasse wird in Sachen Datenschutz und Bankgeheimnis von beiden Seiten jedoch nach wie vor die höchste Kompetenz zugeschrieben.

Im Markt angekommen - Fokus jetzt auf den Käufern

Nach Meinungsumfragen vertrauen 85 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland beim Thema Online-Bezahlen am meisten den Banken und Sparkassen. Bei den sogenannten "digitalen Deutschen" sind es sogar 88 Prozent. Ein Bedürfnis, das Kunden und Händler im Rahmen der Paydirekt-Marktforschung ebenfalls klar formuliert haben. Insofern haben die deutschen Banken und Sparkassen 2015 mit Paydirekt ein Online-Bezahlverfahren an den Markt gebracht, das diesen Bedürfnissen in besonderen Maß gerecht wird.

Eine Ausrichtung, die sich bereits bewährt hat. Nach dem Onboarding der teilnehmenden Banken und Sparkassen und dem Start der Händlerakquise ist Pay direkt im Markt angekommen. Mit fast 900 Online-Shops, darunter rund 50 große und bekannte Shops sowie "Rakuten" als einem der führenden Online-Marktplätze mit wiederum mehr als 7 000 angeschlossenen Händlern, wurden alle wichtigen E-Commerce-Branchen erschlossen. Im Elektronikbereich wurde bereits eine gute Branchenabdeckung erreicht, in anderen Branchen wurden relevante Leuchtturmhändler gewonnen. Erste Spendenorganisationen haben Paydirekt freigeschaltet, auch im kommunalen Bereich ist hohes Interesse zu verzeichnen. Nachdem jüngst die Marke von einer Million registrierten Käufern geknackt wurde, werden die Banken und Sparkassen ihren Fokus nun verstärkt auf die Käufer richten.

Das Leistungsversprechen lautet "sicher. einfach. direkt". Für Käufer bedeutet das zum Beispiel, dass ein selbstgewählter Nutzername und ein Passwort in der Regel für die Zahlung ausreichen, die wiederum ohne zwischengeschaltete Drittanbieter direkt vom Girokonto erfolgt.

Kundendaten bleiben in Deutschland

Dank der Anzeige der Transaktionen im eigenen Online-Banking und in der Paydirekt-App bietet das Verfahren einen hohen Grad an Transparenz und Kontrolle. Als Angebot der eigenen Bank oder Sparkasse profitiert es außerdem von einem hohen Maß an Vertrauenswürdigkeit und bietet darüber hinaus einen Käuferschutz. Wichtig für viele Käufer, aber auch Händler ist es, dass die kundenindividuellen Daten in Deutschland bleiben, denn es gilt der strenge deutsche Datenschutz. Dies wird durch die Beaufsichtigung durch deutsche Regulierer noch verstärkt. Händler müssen nicht befürchten, dass die wettbewerbsrelevanten Daten in falsche Hände gelangen. Ein Aspekt, der in der öffentlichen Debatte oft unterschätzt wird - ebenso, wie die Authentifizierung.

Als Netzwerkprodukt nahezu aller deutschen Banken und Sparkassen profitieren die Händler außerdem von der positiven Ausstrahlung der deutschen Kreditwirtschaft auf ihr eigenes Angebot. Hierdurch lassen sich nicht nur neue Kundensegmente erschließen, sondern Paydirekt hilft auch, die "Conversion Rate" und damit den Umsatz zu steigern - losgelöst vom Zugang zu einem Umsatzpotenzial von mehr als 50 Millionen Online-Bankingfähigen Girokonten. Gleichzeitig behält der Online-Händler seinen Firmenkundenbetreuer auch für Paydirekt-relevante Fragen.

Neuer Wettbewerb im Zahlarten-Mix

Und Paydirekt ist kostengünstig. Da es einfach und schnell technisch integriert werden kann, sind die Anschlusskosten niedrig. Die direkte Zahlungsgarantie ohne Abzüge reduziert die Kosten weiter - insbesondere, wenn direkte und indirekte Prozesskosten berücksichtigt werden. Laut Ibi-Institut sind diese Kosten bei dem derzeit am häufigsten genutzten Verfahren - der Zahlung auf Rechnung - am höchsten: Betragen die direkten Kosten bei einem Modell-Warenkorb von 100,60 Euro 1,74 Euro, kommen für die indirekten Kosten 6,62 Euro hinzu. Für einen Online-Händler liegen die Gesamtkosten damit bei 8,36 Euro beziehungsweise 8,3 Prozent des Warenkorbs. Viele Händler berichten außerdem, dass Paydirekt den Wettbewerb innerhalb des Zahlarten-Mix steigert und sie von weiteren, indirekt wirkenden Kostensenkungseffekte profitieren.

Zunehmend werden auch Smartphone oder Tablet genutzt, um einzukaufen - mit entsprechenden Effekten auf Mobile Payments, die weltweit neue Höchststände erreichen. So wird für 2017 ein Wachstum um 26 Prozent auf bis zu 780 Milliarden US-Dollar prognostiziert. In Deutschland steht das mobile Bezahlen mit einem Transaktionsvolumen von rund 1,4 Milliarden Euro absolut gesehen allerdings noch am Anfang. Dennoch lohnt ein Blick auf die Wachstumsraten: 2015 stieg die Umsatzentwicklung im E-Commerce in Deutschland über Tablet-Zugriffe im Vergleich zum Vorjahr um rund 130 Prozent, via Smartphone um 78 Prozent. Fragt man nach dem präferierten Anbieter von Mobile Payment-Verfahren, so bevorzugen die Deutschen auch hier mit deutlichem Abstand das eigene Finanzinstitut.

Insofern stellt sich die Frage, welche Form des Mobile Payments am erfolgreichsten sein wird. Mobile Zahlungen an der Ladenkasse sind in Deutschland noch wenig verbreitet. Kernherausforderung ist das fehlende Vertrauen beziehungsweise das Fehlen eines überzeugenden Mehrwerts. Verstärkt wird dies durch attraktive Alternativen wie die Bargeldverbreitung oder die Existenz eines effizienten und für den Endkunden weitgehend kostenfreien Debitkartensystems. Daher kommt es auf den Mehrwert an, den eine Zahlung durch ein mobiles Endgerät bietet.

Zudem sind Convenience und Sicherheit für viele die erste Voraussetzung, um Mobile Payments überhaupt durchzuführen. So zählen die Sorge um Datenschutz und Angst vor Hackern zu den wichtigsten Gründen, die gegen die Nutzung von Mobile Payments sprechen. Versuche, die Ladenkasse mit Mobile-Payment-Lösungen zu erobern, sind in Deutschland daher bislang noch hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Als bankbetriebene Mobile-Payment-Lösung ist Paydirekt hinsichtlich des Kundenvertrauens gut positioniert. Gleichzeitig wird es wichtig sein, die wesentlichen Kundenbedürfnisse - und zwar von Endkunden wie von Shop-Betreibern - zu adressieren und adäquate Lösungen zu entwickeln. Das agile Entwicklungsmodell ermöglicht es Innovationen und Weiterentwicklungen in kurzen Zyklen und ohne "Downtime" im laufenden Betrieb zu implementieren. Neue Produktanforderungen können hierdurch schnell und fokussiert umgesetzt werden.

Paydirekt 2.0: In-App-Zahlungen und Handy-zu-Handy

Losgelöst vom grundsätzlichen Potenzial an der "Ladenkasse" liegt es daher nahe, weitere Formen im Bereich der Mobile Payments zu entwickeln, da es hier einen, noch nicht ausreichend gedeckten Kundenbedarf gibt. Zu den aktuellen Weiterentwicklungsstufen zählen somit auch die sogenannten "In-App"-Transaktionen, wie man sie zum Beispiel aus dem Fahrkartenkauf im ÖPNV oder für die Bezahlung von Taxifahrten über Anbieter wie Mytaxi kennt. Sie verbinden einen hohen Grad an Convenience mit verständlichen und erprobten Mehrwerten. Aktuelles Beispiel ist die Entwicklungspartnerschaft mit Tobaccoland für deren neue, interaktive Automatengeneration. Ebenso arbeitet Paydirekt an "P2P", der Zahlung von Handy zu Handy zwischen Privatpersonen, zu der das Bundeskartellamt jüngst grünes Licht gab.

Dank der Verbindung von Convenience und Sicherheit ist Paydirekt damit auch für das mobile Bezahlen sehr gut aufgestellt und wird sich diesen Bereich in den kommenden Jahren erschließen. Als Zusatzfunktion des Girokontos verfügt Paydirekt dabei nicht nur über das Potenzial, branchenübergreifender Zahlstandard zu werden, sondern ermöglicht es - online oder mobil - direkt vom Girokonto zu bezahlen.

Quellen

Finken, Silke/Bartelt, Niklas (2017): paydirekt - Herausforderungen und mögliche Wachstumsoptionen für Mobile Payment in Deutschland. In: Hierl, Ludwig (Hrsg.): Mobile Payment. Grundlagen - Strategien - Praxis. Edition Bankmagazin. Wiesbaden: Springer Gabler Verlag.

Finken, Silke/Bartelt, Niklas (2016): paydirekt als Eigenentwicklung der Banken - Ausblick und Trends. In: Dittrich, Alfred/ Egner, Thomas (Hrsg.): Trends im Zahlungsverkehr III. Köln: Bank-Verlag.

Zum Autor Dr. Niklas Bartelt, und Dr. Helmut Wißmann, beide Geschäftsführer, Paydirekt GmbH, Frankfurt am Main
Dr. Niklas Bartelt , Senior Advisor, Dozent, EBS Business School, EBS Universität für Wirtschaft & Recht, Wiesbaden , DZ Bank, Frankfurt am Main

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