Finanzierung im E-Commerce

Ratenkauf aus Sicht von Online-Händlern: Potenziale unterschätzt?

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Die Verbreitung von Ratenkaufangeboten im Online-Handel in Deutschland ist immer noch vergleichsweise gering, so eine Studie von ibi Research. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Händler veränderte Zahlgewohnheiten der Kunden nicht berücksichtigen und den Ratenkauf eher als Finanzierungslösung denn als Zahlungsoption betrachten. Erste Anzeichen für einen Sinneswandel und damit ein beträchtliches Potenzial scheint es jedoch zu geben. Red.

Fast allen Online-Händlern in Deutschland ist die Ratenkaufoption bekannt. Dennoch ist die Durchdringung bislang gering. Nur etwa jeder vierte Händler bietet seinen Kunden diese Option. Dabei offeriert die Hälfte der Shops nicht jedem Online-Kunden die Ratenkaufoption. Ebenfalls 50 Prozent bieten diese Möglichkeit nicht für das gesamte Produktsortiment an, wobei 31 Prozent sie auf ausgewählte Warengruppen, 15 Prozent auf bestimmte Produkte begrenzen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie von ibi Research an der Universität Regenburg, für die zwischen April und Juli 2014 insgesamt 329 Online-Shops mit und ohne Angebot des Ratenkaufs befragt wurden.

5 Prozent der Händler setzen die Teilzahlungsoption in Eigenregie um. 14 Prozent arbeiten dafür mit einem Dienstleister zusammen, 6 Prozent mit einem Payment Service Provider. Wird die Ratenkaufoption in Verbindung mit einem Dienstleister angeboten, wird dieser zumeist (70 Prozent) offen auf der Shop-Seite genannt. White-Labeling, bei welchem der Anbieter nicht genannt wird, nutzt nur knapp ein Sechstel.

Erwartungen der Händler weitgehend erfüllt

Hauptgründe dafür, den Kauf auf Raten anzubieten, sind Umsatzsteigerung, Akquisition von Neukunden und Verbesserung der Kundenzufriedenheit. 53 beziehungsweise 50 Prozent der Händler wollten den durchschnittlichen Warenkorbwert steigern beziehungsweise die Abbruchquoten im Check-Out-Prozess senken. 44 Prozent reagierten mit der Einführung auf direkte Kundennachfrage.

Die tatsächlichen Erfahrungen haben der Studie zufolge die Erwartungen der Händler auch weitgehend erfüllt. Insbesondere gilt das für die Steigerung des durchschnittlichen Warenkorbwertes (im Schnitt um 11 Prozent), den Anstieg der Neukunden (durchschnittlich 8 Prozent) und die erhoffte Umsatzsteigerung (im Schnitt 7 Prozent höherer Umsatz).

Unter dem Strich sind die Händler mit der Ratenkauf-Option deshalb auch eher zufrieden. Auf die Frage, ob sie sie im Nachhinein betrachtet wieder einführen würden, liegt die Zustimmung oberhalb eines neutralen Wertes: Auf einer Skala von 1 (würde ich keinesfalls noch einmal einführen) bis 10 (würde ich jederzeit wieder einführen) liegt der Mittelwert der Antworten bei 5,8. Euphorie ist das gewiss nicht. Allerdings bereuen die Händler die Einführung des Ratenkaufs offenbar auch nicht.

Die 76 Prozent der Online-Shops, die bislang noch keinen Ratenkauf ermöglichen, begründen diese Entscheidung vor allem mit der Einschätzung, dass sich ihre Produkte nicht für den Ratenkauf eignen. Händler, die diese Meinung vertreten, kommen insbesondere aus den Produktbereichen Hobby und Freizeitartikel, Bekleidung und Schuhe. Argument Nummer 2, das von 44 Prozent der Händler genannt wird, ist eine zu geringe Warenkorbgröße. Im Schnitt ist dabei von einem Betrag von 92 Euro die Rede.

Generell sind Online-Händler der Umfrage zufolge der Meinung, dass der Ratenkauf sich am ehesten für die Bereiche Möbel und Dekoration, Unterhaltungselektronik und Elektronikartikel, Haushaltswaren und -geräte sowie Computer und Zubehör eignen, mit einigem Abstand auch für Produkte aus dem Bereich Telekommunikation, Handy und Zubehör. Auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll zu) erhält die Aussage, dass sich der Ratenkauf ausschließlich für ein hochpreisiges Produktsortiment eignet, eine Zustimmung von durchschnittlich 3,8.

Ratenkauf anders vermarkten

Bei der Bewertung von Ratenkaufangeboten dominieren aufseiten der Händler somit noch traditionelle Denkweisen. Demgegenüber bringen die für die Untersuchung ergänzend befragten Experten, beispielsweise von Dienstleistern oder Banken, eine andere Ansicht zum Ausdruck. Die Gründe, wieso der Ratenkauf von den Händlern eher selten angeboten wird, sehen sie vor allem in einem falschen oder ungenauen Begriffsverständnis, bei dem es auch oft zu Verwechselungen mit dem Ratenkreditprodukt kommt. Zudem ist der Begriff des Ratenkaufs grundsätzlich oft mit negativen Assoziationen verbunden -ähnlich dem früheren "Schmuddel-Image" des Ratenkredits. So befürchten 13 Prozent der befragten Händler, dass sich der Ratenkauf negativ auf ihr Image auswirken könnte.

Diese Einstellungen sind aber nicht mehr zeitgemäß. Denn viele Kunden wählen den Ratenkauf heute nicht mehr zwangsläufig wegen begrenzter finanzieller Mittel, sondern in vielen Fällen, um die Zahlung flexibel handhaben zu können. Häufig bewegen sich die Warenkörbe beim Ratenkauf - anders als bei den Kreditsummen beim Ratenkredit - zwischen 300 und 1 000 Euro. Aus diesem Grund könnten sich weit mehr Branchen und geringere Warenkörbe für diese Option eignen.

Um auch die solventen Kunden anzusprechen und den Ratenkauf auch bei geringeren Warenkörben zu positionieren, muss er freilich anders vermarktet werden - nämlich als zusätzlicher Service, auch für liquide Kunden.

Tatsächlich hält der Ratenkauf mittlerweile auch in weniger offensichtlichen Bereichen wie dem Bekleidungssegment, Einzug, was nicht im Einklang mit der in der Umfrage zum Ausdruck gebrachten Einschätzung vieler Händler steht, die den Bekleidungsbereich nur als bedingt geeignet für Ratenkauf sehen. Möglicherweise lässt sich das als Indiz für einen beginnenden Sinneswandel deuten.

Händler grundsätzlich offen

Eine grundsätzliche Offenheit für die Ratenkaufoption ist jedenfalls vorhanden: Trotz der genannten Gegenargumente hält nur jeder dritte Händler, der den Kauf auf Raten bislang nicht anbietet, eine entsprechende Option für nicht denkbar. 52 Prozent können sich die Einführung prinzipiell vorstellen, wenngleich sie keine konkreten Pläne haben.

Daraus ergibt sich ein vergleichsweise hohes Potenzial.

Allerdings ist der Markt aus Sicht der Händler eher unübersichtlich. Eine Auswahl passender Dienstleister fällt ihnen nicht leicht. Vielleicht auch deshalb nutzen 78 Prozent derjenigen Shops, die den Ratenkauf anbieten, noch den ersten Dienstleister, mit dem sie dabei kooperieren. Nur 22 Prozent haben zwischenzeitlich gewechselt.

Wichtigste Anforderungen an einen Dienstleister sind die volle Transparenz aller Gebühren gegenüber dem Kunden, die garantierte Risikoübernahme durch den Anbieter und ein umfangreiches Reporting-Tool zur Verwaltung der Kundendaten. Wichtigstes Anbietermerkmal sind Kosten für den Händler, die mit denen für Paypaloder Kreditkartenzahlungen vergleichbar sind.

Postident aus Händlersicht nicht akzeptabel

Bei den Daten, die vom Shop an den Dienstleister übertragen werden, beschränken sich viele Anbieter tatsächlich auf das Notwendigste: Bruttowarenwert (88 Prozent), Käuferdaten wie Name und Adresse (83 Prozent), Rechnungsnummer (67 Prozent), Kundennummer (63 Prozent) sowie Artikelnummer, Artikelbezeichnung und Bestellmenge (jeweils 58 Prozent) führen hier die Rangliste an. Die Bestellhistorie hingegen wird nur von jedem vierten Online-Shop übertragen.

Auch bei den Daten, die durch den Dienstleister erhoben werden, üben die Händler Zurückhaltung. Auf hohe Akzeptanz stoßen die Abfrage von Famililenstand, Art des Angestelltenverhältnisses, Nationalität und mit einem gewissen Abstand auch des Nettoeinkommens (74 Prozent). Die Frage nach Wohneigentum hingegen erachten die Händler hingegen als problematisch. Nur jeder Dritte findet sie akzeptabel.

Zu den wichtigsten Fehlern, die ein Anbieter nach Einschätzung der Händler mit einem Ratenkaufprodukt machen kann, zählen zum einen lange und aufwendige Prozesse der Datenerfassung beim Ratenkauf, wenn zu viele und zu sensible Daten abgefragt werden, zum anderen eine zusätzliche Offline-Face-to-Face Identifizierung, etwa via Postident. Damit bestätigt sich, dass die klassischen Banken und auch die Ratenkreditspezialisten durch die gesetzlichen Vorgaben per se als Anbieter unattraktiv sind, wie es Cordula Nocke in ihrem Beitrag kritisiert.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag

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