Zinsen und Provisionen

Stabile Ertragslage im Niedrigzinsumfeld schaffen - aber wie?

Karin-Brigitte Göbel, Vorsitzende des Vorstands, Stadtsparkasse Düsseldorf
Quelle: Stadtsparkasse Düsseldorf

Das Niedrigzinsumfeld wird die Ertragslage von Kreditinstituten vermutlich noch eine ganze Weile belasten. Mit welchen Stellhebeln hier gegengesteuert werden kann, beschreibt Karin-Brigitte Göbel. Dazu gehören der Ausbau des Kreditgeschäfts, die Hebung von Potenzialen im Versicherungsgeschäft, im Wertpapiergeschäft auch mit Firmenkunden sowie im Auslandsgeschäft oder auch Preisanhebungen im Zahlungsverkehr. Weil die Steigerungsmöglichkeiten im Provisionsgeschäft aber endlich sind, gilt es zudem, die Kosten im Blick zu haben. Auch in Düsseldorf steht damit unter anderem die Straffung des Filialnetzes auf der Agenda. Red.

Die Ertragslage der deutschen Primärbanken wird ganz wesentlich von zwei Komponenten bestimmt: dem Zinsüberschuss und dem Provisionsüberschuss. Dabei ist der Zinsüberschuss mit einem Anteil von fast 75 Prozent an den operativen Erträgen im langfristigen Durchschnitt die mit Abstand wichtigste Ertragsquelle deutscher Kreditinstitute.

Seit einigen Jahren steht der Zinsüberschuss bei den meisten Primärinstituten unter Druck. Ursache hierfür ist in den meisten Fällen die seit der Finanzmarktkrise andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Grafik "Leitzins Eurozone" zeigt anschaulich den Zinsverlauf für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB seit dem Jahr 2000. Auffallend ist der stark fallende Leitzins nach der Lehman-Brothers-Insolvenz ab September 2008; schließlich die rückläufigen Leitzinsen als Folge der Euro-Krise ab dem Frühjahr 2012.

Ertragslage belastet

Seit dem 10. März 2016 liegt der Leitzins bei 0,0 Prozent. Zudem verlangt die EZB von den Banken Strafzinsen, wenn diese über Nacht bei ihr überschüssige Liquidität parken. Dieser "Strafzins" beträgt 0,4 Prozent seit März 2016. Mit dieser Politik versucht die EZB die Banken dazu zu bewegen, die Kreditausleihe an Firmen und private Haushalte anzukurbeln. Ob dieses Ziel erreicht worden ist, erscheint fraglich: Alleine im Juni 2017 parkten die deutschen Kreditinstitute rund 550 Milliarden Euro bei der EZB.1) Bei den deutschen Sparkassen schlagen die Kosten für die Negativzinsen jährlich mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag zu Buche.2) Ein Ende dieser Nullzinsgeldpolitik ist derzeit nicht absehbar. Die politische Krise in Italien und schwächere Wachstumsaussichten für die Eurozone haben die Erwartungen am Geldmarkt auf mehrere Zinsschritte der Notenbank im kommenden Jahr gebremst. Inzwischen rechnen Marktteilnehmer nur noch damit, dass die Europäische Zentralbank gegen Ende 2019 ihre Strafzinsen für die Geldhäuser leicht abmildert.

Die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht haben im vergangenen Jahr zum dritten Mal rund 1 500 kleine und mittelgroße deutsche Kreditinstitute zu ihrer Ertragslage um Widerstandsfähigkeit im Niedrigzinsumfeld befragt. Die Auswertungen zeigen, dass das Niedrigzinsumfeld die deutschen Kreditinstitute, insbesondere wenn sie ein überwiegend zinsabhängiges Geschäftsmodell verfolgen, weiterhin erheblich belastet. Insgesamt gehen die Institute von einem Rückgang des Jahresüberschusses vor Steuern bis 2021 um 9 Prozent aus.3)

Stadtsparkasse Düsseldorf mit Drei-Punkte-Strategie

Die Kreditinstitute sind folglich gezwungen, Strategien zu entwickeln, um der Ertragserosion entgegenzuwirken. Diese Aufgabe ist aktuell besonders deshalb herausfordernd, weil sich die Wettbewerbssituation weiter verschärft, mit Fintechs neue Mitwettbewerber Marktanteile gewinnen und damit bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle infrage stellen.

Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat auf diese Herausforderungen mit einer mehrstufigen Strategie reagiert. Sie umfasst im Wesentlichen drei Punkte:

1. Das klassische Kreditgeschäft mit Firmenkunden und privaten Haushalten wird seit Anfang 2017 wieder deutlich ausgeweitet.

2. Das Dienstleistungsgeschäft wird konsequent ausgebaut, um damit das zinsunabhängige Geschäft zu stärken und den Provisionsüberschuss zu steigern.

3. Eigene Untersuchungen, die durch die Ergebnisse externer Beratungsgesellschaften gestützt wurden, haben ein nachhaltiges Einsparpotenzial aufgezeigt, das konsequent gehoben wird.

Die konsequente Umsetzung dieser Strategie soll dazu beitragen, die Ertragsperspektive der Stadtsparkasse Düsseldorf deutlich zu verbessern und die strategischen Kernziele (Kernkapitalquote > 20 Prozent, Gewinn vor Steuern 50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr und eine Cost Income Ratio von unter 65 Prozent) zu erreichen. Der Zeitraum bis 2022 ist ausreichend bemessen, um zügig, aber nicht überhastet die Aufgaben abzuarbeiten. Erste Erfolge sind dabei bereits heute schon sichtbar.

Kreditneugeschäft kräftig gesteigert

Wie sieht nun die Umsetzung dieser Strategiepunkte bei der Stadtsparkasse Düsseldorf aus?

1. Trotz eines soliden Wirtschaftswachstums wurde in den Jahren 2012 bis 2016 eine risikoaverse Kreditpolitik verfolgt. In dieser Zeit ging das Volumen der Kundenkredite folglich um über 600 Millionen Euro oder fast 8 Prozent zurück.

2. Seit 2017 fokussiert sich die Geschäftsstrategie wieder auf nachhaltiges Wachstum, ohne dabei eine aggressive Expansionspolitik zu betreiben. Allerdings nutzt die Sparkasse wieder stärker als in der Vergangenheit das Potenzial einer prosperierenden Wirtschaftsregion, insbesondere in der gewerblichen Immobilienfinanzierung und bei größeren mittelständischen Firmenkunden.

3. 2017 stieg folgerichtig das Kreditneugeschäft um fast 230 Millionen Euro auf 1 575 Millionen Euro. Es ist eines der höchsten Neugeschäftsvolumina der Stadtsparkasse Düsseldorf seit der Finanzmarktkrise 2008. Dabei entfielen auf das Firmenkundensegment 955 Millionen Euro, auf das Geschäftsfeld Private Kunden 620 Millionen Euro. Dieser solide fundierte Wachstumskurs im Kreditgeschäft hält auch im laufenden Geschäftsjahr 2018 an.

Stellhebel im Dienstleistungsgeschäft - Beispiel Versicherungen

Zu der Wachstumsstrategie gehört auch, das Dienstleistungsgeschäft auszubauen. Hier gibt es vielfältige Stellhebel. Bankgeschäft muss heute wieder stärker als Beratungsgeschäft verstanden werden. Diese Beratungsleistung hat ihren Preis und zahlt auf den Provisionsüberschuss ein. Einige Beispiele aus der Stadtsparkasse Düsseldorf seien hier dargestellt.

In Zusammenarbeit mit Versicherungen und Bausparkassen wurde für private Kunden und Unternehmenskunden die Produktpalette erweitert. Insbesondere in der Altersvorsorge bei Privatkunden sind neue Produkte auf dem Markt, die dem aktuellen Zinsniveau Rechnung tragen, aber flexibel bei steigenden Zinsen angepasst werden.

Die Digitalisierung schafft für Unternehmen neue Chancen, aber eben auch neue, bislang unbekannte Risiken. Cyber-Kriminalität hat in den letzten Jahren eine neue Dimension gewonnen.4) Sie kann bis zur völligen Bestandsgefährdung eines Unternehmens führen. Auch hier gibt es neue Versicherungsangebote, die für Unternehmen zur Sicherung absolut notwendig sind.

Potenziale im Wertpapiergeschäft bei Firmenkunden nutzen

Dieses sind nur zwei Beispiele, die das Potenzial aufzeigen, welches das Versicherungsgeschäft für Kreditinstitute heute bietet. Im Sinne einer ganzheitlichen Kundenbetreuung liegen hier noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten im Privat- und Firmenkundengeschäft. Bei konsequenter Nutzung sind hier Chancen gegeben, den Provisionsüberschuss deutlich auszuweiten.

Aus meiner Erfahrung bleiben die Geschäftsmöglichkeiten im Wertpapiergeschäft bei Sparkassen unzureichend genutzt. Die Niedrigzinsphase bietet dabei hervorragende Beratungsansätze in allen Kundensegmenten. Häufig wird der Beratungsanlass im Wertpapiergeschäft ausschließlich bei privaten Kunden gesehen. Dabei bleiben dann viele Geschäftsmöglichkeiten ungenutzt. Auch in der Bilanz von Firmenkunden gilt es, Vermögenswerte unabhängig von betrieblich genutzten Maschinen oder Immobilien aufzubauen. Je nach Unternehmensgröße gilt es daher, ein breit gestreutes Portfolio unterschiedlicher Vermögensklassen aufzubauen.

Da in der Regel der Firmenkundenbetreuer ein Finanzierungsspezialist ist, bleibt dieser Aspekt der Geschäftsbeziehung oft ein unbearbeitetes Feld. Dabei lohnt es sich, einen Wertpapierberater in die Geschäftsbeziehung miteinzubeziehen, um im Sinne einer nachhaltigen Kundenbetreuung dieses Geschäftsfeld mit abzudecken. Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat hierbei sehr positive Ergebnisse erzielt: 2017 kletterte das Bestandsvolumen im Kundenwertpapiergeschäft von 3,9 Milliarden Euro auf 5,2 Milliarden Euro. Insbesondere Institutionelle Kunden und Unternehmen waren hierbei die Treiber des Volumenanstiegs.

Auslandsgeschäft nicht vernachlässigen

Noch einen weiteren Aspekt des Dienstleistungsgeschäftes für Firmenkunden stelle ich hier vor: das Auslandsgeschäft. Es zählt noch immer zu den stark vernachlässigten Geschäftsfeldern im Firmenkundengeschäft. Dabei haben gerade Sparkassen hier einen erheblichen Mehrwert für den Firmenkunden zu bieten.

Die Exportstärke der deutschen Volkswirtschaft ist hinreichend bekannt. Dabei sind es nicht nur ausschließlich die großen Konzerne und Aktiengesellschaften, die das Ausfuhrgeschäft dominieren. Auch der Mittelstandsunternehmer - also der klassische Sparkassenkunde - hat für seine Produkte und Dienstleistungen längst ausländische Märkte entdeckt. Im Verbund mit den Landesbanken oder der Deutschen Leasing haben Sparkassen die Möglichkeit, die relevanten Auslandsmärkte deutscher Unternehmen zu bedienen. Dieses Potenzial muss konsequenter als in der Vergangenheit gehoben werden.

Preiserhöhungen im Zahlungsverkehr: eine nicht zu unterschätzende Größe

Wenn Strategien entwickelt werden können, um den Provisionsüberschuss nennenswert zu steigern, so sind Preiserhöhungen im Zahlungsverkehr eine sicherlich nicht zu unterschätzende Größe. Wie viele andere Kreditinstitute hat die Stadtsparkasse Düsseldorf in den vergangenen Jahren ihre Kontomodelle überarbeitet. Neben neuen Kontomodellen mit geringer Bepreisung bestehen auch solche, die weitere Dienstleistungen miteinschließen und damit im Preis gestiegen sind. 2017 haben dadurch die Erträge im Giroverkehr um 9,5 Prozent zugelegt.

Die stärkere Nutzung des Dienstleistungsgeschäftes hat den Provisionsüberschuss von 68 Millionen Euro 2012 auf 83 Millionen Euro 2017 steigen lassen. Dieses entspricht 22,1 Prozent. Von dieser guten Basis aus sollen die Provisionserträge weiter ausgebaut werden.

Provisionserträge lassen sich nicht unbegrenzt ausweiten

Der Ausweitung der Provisionserträge sind allerdings auch Grenzen gesetzt. Aufgrund des intensiven Wettbewerbs reagieren die Kunden äußerst preissensibel, was der Preispolitik enge Grenzen setzt. Reine Preisanhebungen wie die Erhöhung von Entgelten im Zahlungsverkehr lassen sich aufgrund der Wettbewerbssituation daher nur in engen Grenzen am Markt durchsetzen. Das resultiert auch aus der Tatsache, dass Kunden in zunehmendem Maße eine stärkere Wechselbereitschaft zu anderen Kreditinstituten haben als in der Vergangenheit.

So erfreulich der Anstieg des Provisionsüberschusses bei der Stadtsparkasse Düsseldorf und vielen anderen Sparkassen in den vergangenen Jahren gewesen ist, so muss ehrlich konstatiert werden, dass damit alleine die Rückgänge im Zinsüberschuss nicht kompensiert werden können. Dieses gilt auch für die Zukunft. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bleibt es daher zwingend notwendig, auch das Sparpotenzial stärker als in der Vergangenheit zu untersuchen und identifizierte Sparpotenziale konsequent zu heben. Dieses schließt in gleicher Weise den Personalwie den Sachaufwand ein.

Sparpotenziale konsequent heben

Eine Fortsetzung der ultralockeren EZB-Geldpolitik müssen wir in den nächsten Jahren unterstellen. Erst mittelfristig erwarten wir eine Geldpolitik, die wieder positive Effekte auf den Zinsüberschuss ausstrahlen wird. Bis zum Geschäftsjahr 2022 sehen wir hier aber nur geringe Effekte. Selbst ambitionierte Vertriebsziele werden nicht ausreichen, um die bereits genannten strategischen Kernziele unter den unterstellten Rahmenbedingungen zu erreichen.

Aus diesem Grunde hat sich der Vorstand entschlossen, das Provisionsgeschäft von einer guten Basis aus zu verbessern, zudem im Kreditgeschäft, mit Fokus "Kerngeschäft", zu wachsen und gleichzeitig Kosten zu senken.

Ein interner Veränderungsprozess begleitet dies unter Einbeziehung der Mitarbeitenden. Der ständige Dialog, das Erklären der Ziele und die Transparenz über die beschlossenen Maßnahmen sind wichtige Kriterien, um das Projekt zum Erfolg zu führen. Das Projekt "ZEUS" (Zukunftsorientiertes Entwicklungs- und Strukturprogramm) startete im Herbst 2017. Mit dieser Philosophie wurde Geschäftsfeld für Geschäftsfeld und Prozess für Prozess analysiert und Ziele gesetzt. Die verantwortlichen Mitarbeitenden mit eingebunden und so Betroffene zu Beteiligten gemacht.

Eine Vielzahl von Maßnahmen - kleinen wie großen - haben die Verantwortlichen aus dem Projekt erarbeitet, die sowohl den Personal- als auch den Sachaufwand umfassen. Diese lassen sich auf sechs unterschiedliche Kategorien herunterbrechen:

- Die Aufbauorganisation der Stadtsparkasse Düsseldorf wird deutlich verschlankt, indem Bereiche und Abteilungen gebündelt und zusammengeführt werden;

- die Betriebsprozesse werden stärker digitalisiert und weitestgehend auf die Basis von Systemen der Finanzinformatik automatisiert;

- damit einhergehend wird die Prozess- und Produktlandschaft noch stärker an Standards der S-Finanzgruppe ausgerichtet;

- die Vertriebsorganisation wird an die veränderten Kundenbedürfnisse angepasst, was zu einer weiteren Reduzierung des geschäftsstellenbasierten Vertriebs führen wird;

- viele intern erbrachte Leistungen werden aktuell auf ihre Notwendigkeit hin untersucht und - wie bereits jetzt absehbar - deutlich reduziert;

- von den Geschäftsstellen abgesehen werden bis Ende 2020 alle Bereiche im Hauptgebäude an der Berliner Allee zusammengefasst, wodurch erhebliche Mietkosten pro Jahr eingespart werden.

Fazit: Betrachtet man vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinsphase die Ertragskomponenten der Kreditwirtschaft in Deutschland, stellt man fest, dass in den nächsten Jahren der Zinsüberschuss weiter unter Druck bleiben wird, steigende Provisionserträge den rückläufigen Zinsüberschuss aber nicht kompensieren werden.

Mit dem Veränderungsprozess wird eine Unternehmenskultur geschaffen, die am Ende einen sozialverträglichen Mitarbeiterabbau über einen Zeitraum von vier Jahren darstellt.

Fußnoten:

1) Vgl. hierzu Handelsblatt vom 1. August 2017

2) Vgl. hierzu Handelsblatt vom 7. September 2017, Titelthema "Banken im Umbruch"

3) Deutsche Bundesbank Monatsbericht September 2017, Seite 57

4) Vgl. hierzu Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. Dezember 2014, "Hacker bringen die Wirtschaft um 300 Milliarden Euro im Jahr"?

Zur Autorin Karin-Brigitte Göbel, Vorsitzende des Vorstands, Stadtsparkasse Düsseldorf

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