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Stiftungsvermögen im Niedrigzinsumfeld - quo vadis?

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Das Niedrigzinsumfeld ist für viele Stiftungen eine höhere Belastung als die Finanzkrise nach der Lehman-Pleite. Denn sie lässt sich nicht aussitzen. Gerade mittlere und kleine Stiftungen können die nötige Diversifizierung nur schwer realisieren. Sie brauchen deshalb professionelle Hilfe. Hier gibt es zwar fast für jeden Bedarf den passenden Stiftungsfonds, so Lukas Adams. Aufgrund der geringen Vergleichbarkeit ist es jedoch schwierig, das richtige Angebot zu identifizieren. Vor der Suche nach einem passenden Anbieter sollten Stiftungsmanager deshalb die Ziele ihrer Kapitalanlage möglichst klar umreißen. Auch Anlagerichtlinien gilt es zu überarbeiten, soweit dies möglich ist. Red.

Stiftungen stecken in einem Dilemma: Sie sind zu gewinnbringender Kapitalanlage bei gleichzeitigem Kapitalerhalt verpflichtet, um ihren Stiftungszweck dauerhaft erfüllen zu können. Dementsprechend kommt dem Erwirtschaften ordentlicher Erträge bei der Kapitalanlage von Stiftungen hohe Bedeutung zu. Doch woher sollen diese Erträge in Zeiten niedriger Zinsen kommen?

Aussitzen und auf bessere Zeiten warten ist keine gangbare Strategie: In den letzten Jahren wurden fällige Mittel vielfach kurzfristig angelegt, um von einem Zinsanstieg nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Schließlich ist bei den aktuellen Niedrigkuponanleihen selbst ein geringer Anstieg mit erheblichen Verlusten verbunden. Doch dieser ist ausgeblieben und wird voraussichtlich auch weiterhin auf sich warten lassen: Die unselige Kombination aus überschaubarem Wirtschaftswachstum, niedrigen Inflationsraten und hoher Staatsverschuldung in den wesentlichen Märkten wird sich kurz- bis mittelfristig nicht auflösen und die expansive Geld- beziehungsweise Niedrigzinspolitik der Zentralbanken auch weiterhin die Märkte bestimmen.

Niedrigzinsen sind eine höhere Belastung als die Finanzkrise

Damit erweist sich das Niedrigzinsumfeld angesichts seiner Zähigkeit für viele Stiftungen als höhere Belastung als die globale Finanzkrise nach dem Kollaps von Lehman, denn deren unmittelbaren Folgen konnte man tatsächlich aussitzen. Tatsächlich erzielten in den vergangenen drei Jahren nur noch wenige deutsche Stiftungen Durchschnittsrenditen von fünf Prozent oder mehr. Manche Stiftungen hatten in diesem Zeitraum sogar einen realen Kapitalvermögensverlust zu verzeichnen.

Auch das Vorhalten von Liquidität ist keine Option: Wenn scheinbar risikolose Anlagen mit Negativzinsen belegt werden, resultiert dies im kontraintuitiven Befund, dass das größte Risiko tatsächlich darin besteht, keine Risiken einzugehen. Die einzige Lösung zur Erreichung der Ziele der Kapitalanlage von Stiftungen scheint also in möglichst breiter Diversifikation, gepaart mit gutem Risikomanagement, zu bestehen.

Freilich ist auch diese Lösung nicht unproblematisch: Zunächst stellt sich das Problem der Realisierbarkeit.

Diversifizierung für kleinere Stiftungen schwer realisierbar

- Gerade für kleinere und mittlere Stiftungen kommen alternative und illiquide Anlageformen wie Private Equity, Hedgefonds oder Immobilien angesichts von Intransparenz, großem Prüfungsaufwand, langer Kapitalbindungsdauer und hohen Mindestanlagesummen kaum in Betracht.

- Auch etwaige Engagements in Hochzinsanleihen taugen kaum als Lösungsansatz, da viele Stiftungen sie aufgrund des erhöhten Risikos in ihren Anlagerichtlinien gänzlich ausgeschlossen haben.

- Mittelstandsanleihen erscheinen mit ihrer Kombination aus geringer Bonität und erhöhtem Emittentenausfallrisiko ebenfalls unattraktiv. Obendrein zeichnen sie sich - aufgrund der niedrigen Emissionsvolumina - durch eingeschränkte Liquidität aus.

Höhere Aktienquote als Mittel der Wahl

Als Mittel der Wahl erscheint mithin eine Erhöhung der Aktienquote, auch wenn sich Stiftungen damit womöglich höhere Volatilitäten einkaufen. Dieses Risiko muss jedoch in Kauf genommen werden, wenn es gilt, ordentliche Erträge zu erwirtschaften. Zumal auch die bis dahin als weniger risikoreich wahrgenommene Rentenseite mittlerweile steigende Volatilitäten vermeldet und auch hier eine kurzfristige Beruhigung der Lage nicht zu erwarten ist.

Allerdings müssen zunehmende Schwankungen nicht zwangsläufig nur als Bedrohung wahrgenommen werden: Sie bieten durchaus attraktive Opportunitäten, die durch aktives Portfoliomanagement genutzt werden können.

Freilich wird die Mehrzahl der deutschen Stiftungen das notwendige aktive Management nicht selbst übernehmen können und wollen und sich professionelle Unterstützung bei der Kapitalanlage suchen. Hier bieten sich spezielle, für Stiftungen konzipierte Publikumsfonds an.

Deren Strategien und Allokationen sind natürlich nicht mit jenen der weltweit bekannten Milliardenstiftungen US-amerikanischer Universitäten zu vergleichen: Während für Letztere die oben bereits genannten alternativen Anlageklassen schon lange zum Standardrepertoire gehören, berücksichtigt der überwiegende Teil der verfügbaren Publikumsfonds die speziellen Ansprüche deutscher Stiftungen. So legen sie etwa ein besonderes Augenmerk auf dividendenstarke Aktientitel zur Realisierung ordentlicher Erträge oder auf die Bevorzugung von Unternehmen, deren sozialer und ökologischer Fußabdruck sie im Vergleich zu Wettbewerbern als besonders nachhaltig erscheinen lässt.

Stiftungsfonds nur schwer vergleichbar

Vor einer möglichen Investition in einen solchen Publikumsfonds gilt es jedoch genauer hinzusehen: Die zahlreichen in Deutschland verfügbaren aktiven Stiftungsfonds unterscheiden sich teilweise deutlich, was direkte Vergleiche schwierig gestaltet. Performance, Ausschüttungsprofile, Schwankungsbreiten und laufende Kosten differieren von Anbieter zu Anbieter: Tatsächlich weisen einige Fonds laufende Kostenquoten von bis zu 3,99 Prozent pro Jahr auf und haben alleine schon deshalb Schwierigkeiten, eine nachhaltige, attraktive Rendite für ihre Investoren zu erwirtschaften. Dennoch gilt: Die breite Palette an verfügbaren Stiftungsfonds bietet für praktisch alle Stiftungsgrößen und -ansprüche ein geeignetes Angebot, doch dessen Identifizierung ist eben alles andere als trivial.

Zumal auch die hinter den Fonds stehenden Anbieter kaum vergleichbar sind: Viele betrachten Stiftungen einfach als klassische Privatanleger, denen man im Zweifel für Privatanleger kreierte Produkte unter neuem Label anbietet, während andere tiefe Kenntnisse der Stiftungslandschaft sowie der entsprechenden Ansprüche und gesetzlichen Rahmenbedingungen vorweisen können. Letztere Häuser bieten mithin nicht nur passende Produkte, sondern auch individuelle Beratung rund um sämtliche Belange der Kapitalanlage von Stiftungen.

Angesichts dessen gilt es für Stiftungsmanager, die Ziele und Ansprüche ihrer jeweils individuellen Kapitalanlage sowie ihren Beratungsbedarf möglichst klar zu umreißen, bevor sie sich auf die anspruchsvolle Suche nach einem passenden Angebot und einem passenden Anbieter begeben oder gar in eine vertiefte Due Diligence einsteigen.

Diese Feststellung ist längst nicht so banal, wie sie prima vista anmuten mag: Tatsächlich haben viele Stiftungsvorstände die Gestaltungsspielräume, die ihnen ihre Anlagerichtlinien einräumen, bisher nicht vollumfänglich ausgenutzt. Anders als zu Zeiten auskömmlicherer Renditen im Bereich der festverzinslichen Papiere gilt es nun jedoch, genau diese Spielräume zu erschließen, um passgenaue und attraktive Angebote selektieren zu können.

Anlagerichtlinien überarbeiten

Noch schwieriger wird es, wenn die Anlagerichtlinien entweder derart konservativ ausgestaltet sind, dass sie im heutigen Umfeld nicht mehr angemessen erscheinen oder aber, was erstaunlich häufig der Fall ist, gänzlich fehlen. In diesen Fällen sehen sich die Stiftungsmanager mit erheblichem, aber unvermeidlichem Aufwand konfrontiert: Im ersteren Fall gilt es, die Anlagerichtlinien (falls überhaupt möglich) zu überarbeiten, im letzteren Fall müssen gänzlich neue Richtlinien erstellt und abgestimmt werden.

Die Erstellung und Umsetzung von Anlagerichtlinien ist leider jedoch kein Einmalaufwand: Richtlinien sind stets starr, was angesichts der sich stetig wandelnden Kapitalmärkte problematisch scheint. Deswegen empfiehlt es sich, zeitgleich mit den Anlagerichtlinien einen Prüfungsturnus einzuführen, um auch zukünftig Angemessenheit gewährleisten zu können.

Wohin die Reise an den Kapitalmärkten in den kommenden Jahren führt, vermag keiner mit Sicherheit zu sagen. Ohne geeignete Vorbereitung wird diese Reise für viele Stiftungen jedoch sicherlich zu einer unangenehmen Erfahrung werden.

Zum Autor

Lukas Adams, Leiter Vertriebsunterstützung, Lampe Asset Management GmbH, Düsseldorf

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