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Video-Banking - was will der Kunde?

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Im Bereich Video-Banking befindet sich die Bankenbranche in sehr unterschiedlichen Know-how- und Entwicklungsstadien. Auch wissenschaftlich ist es bislang noch wenig erforscht. Die Mainzer Volksbank hat deshalb mit der Hochschule Worms ein Projekt aufgesetzt, um Erkenntnisse über die Einstellungen der Kunden zum Video-Banking zu sammeln. Die Hypothese, dass vor allem Jüngere Interesse zeigen, wurde dabei bestätigt. Die Bekanntheit des Angebots ist verbesserungsbedürftig. Schlüsselfaktor für den Erfolg ist ein intuitives Design. Die Bindung der Skeptiker an die Filiale zu überwinden, könnte jedoch die zentrale Herausforderung werden. Red.

Die Digitalisierung der Wirtschaft ist derzeit ein Megatrend, der immer mehr Fahrt aufnimmt. Auch im Bankensektor lassen sich durch diesen Trend tiefgreifende Veränderungen erwarten. In den letzten Jahren haben sich für Banken die Umfeldfaktoren weiter verändert. Eine schwierige Zins- und Ertragslage, steigende Kosten, innovativer Wettbewerb durch Fintechs und immer neue regulatorische Anforderungen forcieren einen strukturellen Wandel.

Großbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken jeder Größe sind davon betroffen und auf der Suche nach Lösungswegen. Video-Banking ist dabei eine Möglichkeit, dem Kunden einen modernen Zugang zu seiner Bank zu ermöglichen.

Video-Banking ist nicht neu, aber Neuland

Video-Banking als solches ist nicht neu, sondern bei einigen innovationsorientierten Instituten schon im Einsatz. Ein Beispiel hierfür ist die Mainzer Volksbank (MVB), die für Kunden diesen Beratungsweg bereits als Testphase anbietet. Über die Webseite www.mvb.de kann eine Videoberatung zu allgemeinen Fragen wie zum Beispiel zur Webseite, Paydirekt, Online-Banking oder dem Kartenangebot der Bank gestartet werden.

Vorteil für den Kunden oder potenziell Interessierten ist hierbei, dass der Bankmitarbeiter neben seiner Videoübertragung auch Unterlagen am Bildschirm zeigen kann. So können diese gemeinsam besprochen werden, was eine entscheidende Erweiterung gegenüber einem herkömmlichen Telefonat darstellt.

Damit die Entwicklung bei der MVB auch mit Blick auf die Kundenwünsche stattfindet, wurde 2015 ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Hochschule Worms ins Leben gerufen. Innerhalb dieses Projektes werden auf wissenschaftlicher Grundlage der Kundennutzen sowie die Kundenwünsche in Bezug auf Video-Banking untersucht. Denn bei dem Thema ist noch Pionierarbeit zu leisten. Video-Banking ist noch eine sehr junge Form der Bankberatung. Daher ist es in der breiten Masse noch relativ unbekannt und auch wissenschaftlich gibt es keine fundierten Erkenntnisse. Hier wird quasi Neuland betreten.

Unterschiedliche Entwicklungsstadien

Wenn man sich die Angebote verschiedener Banken im Internet betrachtet, so wird man derzeit feststellen, dass nur wenige Banken - gemessen an der Gesamtzahl der Banken am deutschen Markt - mit entsprechenden Angeboten für die Kunden auftreten. Zudem sind viele verschiedene Systeme und Leistungsspektren im Einsatz, was jedoch nicht untypisch für technologische Entwicklungen im Anfangsstadium ist. Auch die Entwicklungsstadien innerhalb der Banken unterscheiden sich von anfänglichen Überlegungen über Entwicklung und Tests bis hin zu einem massiven Einsatz.

Es lässt sich daher konstatieren, dass die Know-how-Verteilung in der Thematik auch sehr unterschiedlich ist, da einzelne Institute erst beginnen, sich mit der Materie überhaupt zu befassen, wenige andere Banken - wie die Mainzer Volksbank - schon Angebote im Markt haben und entsprechend erste Praxiserfahrung sammeln konnten. Dies ist umso wichtiger, da es derzeit - abgesehen vom Forschungsprojekt der Hochschule Worms und der Mainzer Volksbank zum Thema Video-Banking - keine nennenswerte wissenschaftliche Untersuchung für diesen Bereich gibt, auf die man zurückgreifen könnte.

Grundsätzlich ist aber zu beobachten, dass die Thematik Video-Banking durch die aktuelle Digitalisierungswelle und aufgrund der besonderen Umfeldbedingungen im Bankensektor momentan auf breiter Front neuen Schub erhält. Bei der Umsetzung darf neben regulatorischen Fragen, der Organisation und der gewählten technischen Lösung eine entscheidende Komponente nicht vergessen werden: die Nutzer. Diese sitzen einerseits in der Bank, in Form der Mitarbeiter, die erst einmal für das neue Medium trainiert und geschult werden müssen, und zum anderen die Kunden des Instituts. Denn nur, wenn der Kunde die entsprechenden technischen Lösungen akzeptiert und nutzen möchte, wird ein Einsatz im großen Stil Erfolg bringen.

Ist der Kunde überhaupt interessiert?

Die bisher mangelnde wissenschaftliche Befassung mit dem Thema stellt die Banken, die sich für die Thematik interessieren, vor ein gewisses Dilemma.

- Einerseits fokussiert man sich auf die technischen Faktoren, regulatorischen Rahmenbedingungen und Einbindung in interne Prozesse.

- Andererseits müssen die Lösungen so ausgestaltet sein, dass sie später durch die Kunden auch genutzt werden. "Wer als Anbieter erfolgreich sein möchte, muss es sich also zur Gewohnheit machen, die Perspektive der Kunden einzunehmen." So formulierte es Bundesbank Vorstandsmitglied Dombret in einer Rede zur Digitalisierung des Bankensektors.

Es ist kaum anzunehmen, dass sich Lösungen durchsetzen, die durch den Kunden nicht gewünscht oder in ihrer Ausgestaltung nicht akzeptiert werden. Insofern gilt es für die Banken, die sich für die Thematik interessieren, sich auch mit diesbezüglichen Kundenwünschen auseinanderzusetzen.

Dies kann einerseits über langjährige Praxiserfahrung erfolgen, die die wenigsten Banken vorweisen können. Andererseits natürlich über entsprechende Forschungsergebnisse aus Studien, die gewisse Tendenzen in den Kundenwünschen erkennen lassen.

Vor allem junge Kunden interessiert

Im Rahmen der Video-Banking-Forschung an der Hochschule Worms konnten zusammen mit der Mainzer Volksbank erste Erkenntnisse gesammelt werden, was potenziellen Kunden wichtig ist beziehungsweise ob sie überhaupt an einem entsprechenden Angebot ihrer Bank interessiert sind. Es wurde im Rahmen einer Umfrage unter 200 MVB-Kunden herausgefunden, dass ein signifikantes Interesse besteht, sich über entsprechende Angebote der eigenen Bank informieren zu lassen.

Dieses Interesse korreliert allerdings negativ mit dem Alter der Befragten. Insofern konnte die Hypothese bestätigt werden, dass sich insbesondere jüngere Bankkunden für die Thematik stärker begeistern als ältere Kunden.

Demnach sind beispielsweise

- in der Altersgruppe von 16- bis 25 Jahren 46 Prozent,

- in der Altersgruppe der 26- bis 35-Jährigen 41 Prozent,

- in der Altersgruppe der 36- bis 50-Jährigen 30 Prozent,

- in der Altersgruppe der 51- bis 64-Jährigen 16 Prozent und

- in der Altersgruppe über 65 Jahre 13 Prozent

interessiert, Informationen zum Video-Banking der Mainzer Volksbank zu erhalten.

Das stellt schon einmal ein positives Signal dar, da ein entsprechend thematisches Interesse einer signifikanten Zahl von Kunden vorhanden ist. Bemerkenswert hier: Nur ein geringer Teil der Befragten hatte überhaupt schon etwas von dem Begriff Video-Banking (14,5 Prozent der Befragten) gehört beziehungsweise wusste (5 Prozent der Befragten), dass die eigene Bank es anbietet.

Massive Nutzung nicht über Konditionenanreize erreichbar

Aspekte, die den Kunden bei einer potenziellen Nutzung von Video-Banking am wichtigsten erschienen, waren: Datensicherheit (86 Prozent), Nutzerfreundlichkeit (74 Prozent), vorheriger persönlicher Kontakt (51 Prozent), Bequemlichkeit (46 Prozent), Zeitersparnis (44 Prozent) und bessere Konditionen (32 Prozent).

Dass die Konditionen eine eher untergeordnete Rolle spielen, ist ein Hinweis darauf, dass nicht alle Kunden auf der Suche nach der günstigsten Lösung, sondern einer individuell passenden Lösung für ihr eigenes Banking sind. Insofern wird sich die massive Nutzung des Video-Bankings nicht allein über Konditionsanreize herstellen lassen.

Bindung an die Filiale überwinden

Natürlich ist es ebenso interessant zu erfahren, warum sich Kunden nicht für Video-Banking interessieren.

- So bevorzugen die Befragten mit einer ablehnenden Haltung den persönlichen Kontakt (68 Prozent),

- hatten Zweifel bezüglich der Datensicherheit (37,5 Prozent),

- erachteten Online-Banking als ausreichende Lösung (32 Prozent),

- erachteten Serviceterminals als ausreichende Lösung (29,7 Prozent) für ihre Bankgeschäfte.

Die "Nichtnutzer" oder "potenziellen Nichtnutzer" zeigen eine sehr hohe Affinität zur persönlichen Beratung, insbesondere in der Filiale.

Diese "Bindung" an die Filiale und/oder den Berater vor Ort zu überwinden beziehungsweise für den Videokanal zu begeistern, kann auf mehreren Wegen erfolgen. Insofern besteht hier eine der wesentlichen organisatorisch-strukturellen Fragestellungen für die Institute im Hinblick auf die Kunden.

Benutzerfreundlichkeit und intuitives Design als Schlüsselfaktoren

Fasst man die Ergebnisse der ersten Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojektes Video-Banking der Hochschule Worms zusammen, so lassen sich schon erste Erfolgsfaktoren erkennen, die es weiter zu analysieren gilt.

Eine erfolgsorientierte Video-Banking-Lösung muss für den Kunden einfach, intuitiv, sicher und schnell nutzbar sein. Daraus leiten sich für die Umsetzung entsprechender Lösungen Rahmenbedingungen ab. Im Kontext der weiteren Forschung stehen daher nicht nur die Wünsche, sondern auch deren Umsetzung im Rahmen von entsprechenden Lösungen im Vordergrund.

Benutzerfreundlichkeit und intuitives Design sind Schlüsselfaktoren und müssen genauso beachtet werden wie die Frage, welche Dienstleistungs- und Produktangebote prozessual eingebunden werden.

Video-Banking - ein Megatrend?

Ob Video-Banking zeitnah zum Megatrend wird, mag bezweifelt werden können. Mittel und langfristig jedoch ist die Annahme aufgrund der beschriebenen Umfeld-Faktoren berechtigt, dass Video-Banking zum Alltag gehören wird. Wahrscheinlich wird auch eine Verschmelzung zum Beispiel mit dem bisherigen Online-Banking statt finden, sodass man zukünftig gar nicht zwischen Online-Banking, Video-Banking, Internet und Filiale unterscheiden wird. Kurzfristig ist zu erwarten, dass sehr viele Banken diesen Trend aufnehmen und eigene beziehungsweise Verbandslösungen anbieten werden.

Da das ganze Thema für viele Banken neu ist, wird es zu neuen Fragestellungen kommen, die sowohl die prozessuale als auch rechtliche Sicht betreffen. Aber nicht nur die Banken, sondern auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank müssen in diesem Bereich noch Erfahrungen sammeln, sodass zu erwarten ist, dass sich auch die aufsichtsrechtlichen Regelungen und Vorgaben im Zeitablauf stärker mit dieser Thematik befassen werden.

Schritt für Schritt in die Zukunft

Bei der Mainzer Volksbank werden die Erkenntnisse aus dem gemeinsamen Forschungsprojekt bereits eingehend analysiert und die Weiterentwicklung der bestehenden Videoangebote vorangetrieben. Neben der stetigen Weiterentwicklung der direkten Anfrage über die Webseite soll zum Beispiel mittel- bis langfristig die Videoberatung als zusätzlicher Kontaktkanal im alltäglichen Beratungsprozess der einzelnen Berater ausgebaut werden.

Ganz aktuell wurde auch das Videoident-Verfahren erfolgreich eingeführt, das es dem Kunden ermöglicht, eine Identifikationsprüfung per Video durchzuführen. Bislang gab es hierfür nur den Weg in die Filiale oder per Postident in den Geschäftsstellen der Deutschen Post. Mit dem Videoident-Verfahren kann jetzt zum Beispiel ein Girokonto vollständig online abgeschlossen werden, ohne dass der Kunde zur Legitimation nochmals das Haus verlassen muss. Ein weiterer Schritt in Richtung digitaler Zukunft der Bank.

Zu den Autoren

Joachim Hugel, Leiter E-Business, Mainzer Volksbank eG, Mainz, und Prof. Dr. Lars Jäger, Hochschule Worms

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