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Videomarketing wird häufig noch unterschätzt

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Angesichts der immer stärker zunehmenden Informationsflut sind Videos immer stärker auf dem Vormarsch. Über alle Altersgruppen hinweg erfreut sich Bewegtbild mittlerweile höherer Aufmerksamkeit als reiner Text - und die Informationen gelten als glaubwürdiger. In der Unternehmenskommunikation von Kreditinstituten wird das Medium jedoch häufig noch unterschätzt, so die Autoren. Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten vielfältig. Wichtigstes Einsatzgebiet jenseits der Werbung sind vor allem Erklärvideos, mit denen sich nicht nur trockene Produktbeschreibungen ersetzen oder ergänzen lassen, sondern die auch den Kundenservice entlasten können. Red.

In der Finanzbranche hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Das Thema "digitale Disruption" ist in der Finanzbranche angekommen. Kleine, spezialisierte und teilweise sehr gut kapitalisierte Unternehmen machen den etablierten Anbietern ihre Kunden streitig. Diese sogenannten "Fintechs" drängen mit innovativen digitalen Lösungen auf den Markt und damit in das Kerngeschäft der großen Geldhäuser.

Und das zeigt Wirkung: Die klassischen Banken stehen unter Druck - die digitalen Finanz-Start-ups gewinnen dagegen kontinuierlich neue Kunden. Durch die Digitalisierung verändern sich allerdings nicht nur die Produkte. Auch die Prozesse innerhalb der Unternehmen und die Kommunikation mit Kunden und Interessenten müssen sich grundlegend verändern.

Die meisten Fintechs setzen auf einfache und leicht verständliche Finanz-Tools, die im Regelfall vollständig online ablaufen. Dabei haben die Start-ups den Vorteil, dass sie meistens nur auf eine Anwendung spezialisiert sind. Zudem ist die Kostenbasis aufgrund der schlanken Aufstellung geringer. Dementsprechend können die Produkte zu einem deutlich geringeren Preis angeboten werden.

Darüber hinaus können die Finanz-Startups schneller auf Veränderungen reagieren als die großen Geldhäuser. Zudem gilt (noch) eine geringere beziehungsweise weniger ausgeprägte Regulierung. Böse Zungen sprechen gar von einer "Regulierungsarbitrage". Dieser Vorteil dürfte aber endlich sein. Die etablierten Marktteilnehmer haben mittlerweile gelernt, dass es sich bei den modernen Fintechs um ernsthafte Konkurrenz handelt und nicht um ein Randphänomen, das genauso schnell wieder verschwindet, wie es aufgekommen ist. Denn die jungen Unternehmen passen in die immer mobilere Zeit, in der Überweisungen und Aktienkäufe ganz einfach per Smartphone oder Tablet durchgeführt werden können.

Die großen Geldhäuser investieren in die Zukunft

Für die Finanzinstitute ist die Verknüpfung aus Online- und Offline-Geschäft eher Pflicht als Kür: Mittlerweile nutzen laut einer Studie der Strategieberatung Prophet mehr als zwei Drittel der Bankkunden in Deutschland Online-Banking - Tendenz steigend. Das Angebot gehört heutzutage bei fast allen Geldhäusern zum Standard, doch die Entwicklung darf hier noch nicht am Ende sein. Denn die Banken haben in der Regel ausreichend Kapital zur Verfügung, in ihre digitalen Strukturen zu investieren.

Doch wie die großen Finanzhäuser ihr Geld in Sachen Digitalisierung einsetzen, ist höchst unterschiedlich:

- Die Commerzbank hat bereits Ende 2014 das Tochterunternehmen Commerz Ventures gegründet. Die Corporate-Venture-Capital-Gesellschaft mit Fokus auf Finanzdienstleistungen investiert in junge, aufstrebende Fintech-Unternehmen und will dadurch ihren Zugang zu innovativen Ideen im Finanzbereich verbessern.

- Auch die Deutsche Bank plant, in den nächsten drei bis fünf Jahren zusätzlich bis zu eine Milliarde Euro in die Digitalisierung zu stecken, um die Prozesse noch stärker auf den Kunden auszurichten.

Bei anderen steht das Thema noch nicht ganz so weit oben auf der Agenda.

Wettbewerbsvorteil oder zeitgemäße Selbstverständlichkeit?

Aus Kundensicht führt ein verbesserter Zugang zu Informationen im Umkehrschluss nicht immer zu besseren Finanzentscheidungen. Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass der digitale Kunde heutzutage keine Beratung mehr benötigt. Eine verbesserte Technik und ein zeitlich erweiterter Zugang zu Informationen sind allerdings eine wichtige Unterstützung. Leider fällt sie nicht besonders positiv auf, wenn sie zeitgemäß ist; aber es ist ein Wettbewerbsnachteil, wenn sie es nicht ist.

War früher bei Finanzfragen der Bankberater in der Filiale um die Ecke der erste Ansprechpartner, hilft heute beispielsweise eine Internet-Community, die sich gegenseitig Tipps gibt. Aktuell gibt es allerdings noch zu wenige Geldinstitute, die die Möglichkeiten des Internets nutzen, um aktiv mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen. Auch Facebook oder Twitter werden noch zu häufig als kostengünstige Marketing-Tools verstanden. Dabei würde die Social-Media-Kommunikation einen Dialog mit den eigenen Kunden ermöglichen, der sie weiter an das Finanzunternehmen bindet.

Das kann hilfreich sein: Laut einer aktuellen Studie von Goetzpartners empfiehlt mehr als ein Drittel der User Banken beziehungsweise ihre Produkte auf Facebook, Twitter und Co. weiter. Dazu kommt, dass knapp die Hälfte der Nutzer auf Empfehlungen in den sozialen Netzwerken vertraut. Und neben Aspekten wie Kundennähe und Beratungsqualität spielt gerade das Vertrauen in den Anbieter im Finanzbereich eine extrem wichtige Rolle.

Die Kommunikation per Video nimmt zu

Die zunehmende Vernetzung und die Ausweitung von Social-Media-Anwendungen sorgen in allen Bereichen für eine verstärkte Bewegtbild-Kommunikation. Jeder fünfte Beitrag in den sozialen Netzwerken enthält bereits heute Video-Inhalte. Denn kurze Filme erzeugen Aufmerksamkeit und werden immer häufiger auch auf mobilen Endgeräten angeklickt - dank immer schnellerer Internetverbindungen.

Auch für Unternehmen wird das Video immer wichtiger.

- Die Verweildauer auf einer Homepage steigt beispielsweise um zwei Minuten, wenn auf der Seite verschiedene Video-Clips zu sehen sind.

- Dazu kommt, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs um mehr als 80 Prozent erhöht, wenn sich die potenziellen Käufer vorher ein Video des Produkts angeschaut haben.

Auch im Finanzbereich setzt sich das bewegte Bild immer mehr durch, denn es bietet einen großen Vorteil: Durch ein Video können grundlegende oder immer wiederkehrende Fragestellungen in einer einheitlichen Form aufbereitet und methodisch gut vermittelt werden.

Videos funktionieren altersunabhängig

Gerade bei der jungen Zielgruppe, den potenziellen Bankkunden von morgen, sind Videoportale sehr beliebt und gelten dort mittlerweile als wichtigste Informationsquelle. Im Schnitt nutzt mehr als eine Milliarde User im Monat die Plattform Youtube; pro Minute werden dort 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Für die heutige Jugend hat Youtube die gleichen Funktionen wie für ältere Menschen das Fernsehen: Der Videokanal sorgt für Zerstreuung, bietet eine Vielzahl an Informationen und ist in vielen Fällen eine wichtige Diskussionsgrundlage. Wer die Altersgruppe der 14- bis 29-jährigen ansprechen will, kann heute nicht mehr auf bewegte Bilder verzichten.

Und auch in der übrigen Bevölkerung werden das Internet und die Rezeption von Videos immer bedeutender: Laut der ARD/ ZDF-Onlinestudie 2015 nutzt in Deutschland rund ein Fünftel der Bevölkerung ab 14 Jahren täglich Videos im Internet. Hohe Zuwachszahlen sind hier besonders in der älteren Bevölkerungsgruppe zu finden.

In der Unternehmenskommunikation oft noch unterschätzt

Obwohl Videos im privaten Bereich immer wichtiger werden, sind sie in der Unternehmenskommunikation noch immer ein unterschätztes Mittel, um potenzielle Kunden anzusprechen oder Leistungen zu erklären. Besonders kleinere Firmen oder Finanzinstitute setzen noch zu selten auf Videos, da sie sich der Vorteile nicht bewusst sind.

Doch gerade in der Finanzbranche, mit vielen erklärungsbedürftigen Produkten oder Dienstleistungen, bietet ein einfaches Video Hilfestellung. Zudem gelten Videos als glaubwürdiger als andere Formen der Vermittlung, da der Mensch grundsätzlich die Neigung hat, seinen Augen zu vertrauen. Bereits in den siebziger Jahren fand der Wissenschaftler Allan Paivio heraus, dass Informationen, die über visuelle Stimuli vermittelt werden, eher wahrgenommen und behalten werden als Texte. Dieser sogenannte "Picture Superiority Effect" lässt sich übertragen: Wenn beispielsweise auf einer Website Text und Video zu finden sind, wird das Video deutlich häufiger angeklickt.

Willkommene Abwechslung zur Produktbeschreibung?

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist mittlerweile so stark fortgeschritten, dass jeden Tag eine neue Welle an Informationen auf uns zukommt. Das stellt auch die Geldhäuser vor immer neue Herausforderungen, denn sie müssen einen Weg finden, um Aufmerksamkeit bei potenziellen Kunden zu erzeugen. Ein kurzes Video, in dem die Produktinformationen auf humorvolle Art und Weise verpackt werden, stellt dabei möglicherweise eine willkommene Abwechslung zu komplizierten Produktbeschreibungen dar; die Kreditinstitute können so leichter einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Videos sind dabei auf unterschiedlichen Wegen einsetzbar: Die meisten Unternehmen im Finanzbereich nutzen bewegte Bilder vorrangig als Werbespots, um die Image-Kampagne des eigenen Hauses zu unterstützen. Mittlerweile sorgen aber auch Tutorials oder Erklärvideos für hohe Klickraten. Dabei überzeugt vor allem die letztgenannte Spielform durch ihre Einfachheit.

Mit Erklärvideos den Kundenservice entlasten

Erklärvideos setzen im Regelfall auf simple Zeichnungen und verzichten möglichst auf eine Bilderflut mit aufwendigen Details. Der Sprecher trägt dabei die relevanten Fakten vor; überflüssige Informationen werden schon bei der Konzeption des Skripts herausgefiltert. So vermitteln Fi nanz institute potenziellen Käufern einen klaren Eindruck ihres Produktes oder ihrer Dienstleistung. Die häufig ein- bis dreiminütigen Sequenzen binden die Fakten meist in eine kleine Geschichte ein, durch die sich der Zuschauer nicht nur angesprochen, sondern idealerweise sogar unterhalten fühlt.

Dabei muss vorab geklärt werden, welches Problem das zu erklärende Produkt löst und wie man dem Kunden die Funktionsweise einfach vermitteln kann. Das Alleinstellungsmerkmal oder die Besonderheit des Produkts sollten besonders betont werden. Bevor das Video umgesetzt wird, muss genau definiert werden, welche Zielgruppe mit dem Video angesprochen werden soll. Denn nur wenn diese klar umrissen ist, kann das Video der entsprechenden Gruppe einen Mehrwert bieten.

Auch einen Teil des Kundenservices kann ein Erklärvideo abdecken, denn es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit online verfügbar und informiert die Kunden auf Abruf. Wichtige Fragen werden direkt per Video beantwortet und müssen nicht mehr warten, bis die Kundenhotline erreichbar oder der zuständige Berater wieder im Büro anzutreffen ist. Der Einsatz von erklärenden Videos führt so direkt zu einer Entlastung der Service-Mitarbeiter und Kundenberater - und steigert so langfristig den Unternehmenserfolg.

Immer häufiger werden Videos auch für die interne Kommunikation eingesetzt. Jeder zweite leitende Angestellte versendet mindestens einmal pro Woche arbeitsbezogene Videos an die Mitarbeiter. Darüber hinaus bestehen weitere Einsatzmöglichkeiten: Ein Briefing mit den wichtigsten Informationen für neue Mitarbeiter kann durch ein Video abgerundet oder sogar ersetzt werden; auch bei Schulungen bieten sich bewegte Bilder aufgrund der hohen Einprägsamkeit an. Außerdem sind zur Weiterbildung auch E-Learning-Kurse denkbar, die aus mehreren Video-Sequenzen bestehen und bequem von überall abrufbar sind.

Zu den Autoren

Clemens Groche, Geschäftsführer, Boost Media GmbH, Darmstadt; Christoph Leichtweiß, Geschäftsführer, YPOS Consulting GmbH, Darmstadt

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