DIGITALER VERTRIEB

Whatsapp in der Kundenkommunikation von Sparkassen

Frank Opitz, Foto: Wolfgang Zwanzger Fotografie

Mit dem Einsatz von Whatsapp in der Kundenkommunikation erhoffen sich die Sparkassen, die Kundenzufriedenheit insbesondere jüngerer Kunden sowie die Kundenbindung zu steigern. Die Sparkasse Fürstenfeldbruck ist seit April 2019 dabei. Das Aufkommen von Telefonanrufen ist seitdem leicht gesunken. Vor allem für das Entsperren des Online-Bankings und die Erhöhung des Tageslimits wird der neue Kanal von Kunden gern genutzt. Red.

Neun von zehn Nutzern des Internets (89 Prozent) verwenden Kurznachrichtendienste1) . Mit 1,5 Milliarden monatlichen Nutzern in über 180 Ländern2) belegt der Messaging-Dienst Whatsapp unangefochten Platz eins der Beliebtheitsskala.

Seit Anfang 2018 bietet Whatsapp nun auch Unternehmen unterschiedliche Lösungen, um einen Kontaktkanal für eingehende Kundenanfragen zu schaffen. Die "Business App" verfügt über eine Desktop-Variante, kann also auch vom PC aus genutzt werden und ist für kleine und mittelständische Unternehmen gedacht. Die neu eingeführte Programmschnittstelle "Whatsapp Business Application Programming Interface (API)" ermöglicht es nun auch größeren Unternehmen, den Kommunikationskanal in Customer-Relationship-Management-Systeme und eigene Anwendungen zu integrieren. Beide Business-Lösungen bieten die Gelegenheit, Unternehmensinformationen wie Geschäftsadresse, E-Mail, Webadresse, Servicenummer und -zeiten sowie einen Informationstext zu hinterlegen.

Mit der API kann ein offizieller Unternehmens-Account zudem durch Whatsapp als solcher verifiziert werden. Dies erkennt man an einem grünen Häkchen im Profil, dem sogenannten "Verifizierungs-Badge".

Kundenbindung und Kundenzufriedenheit steigern

Zahlreiche Sparkassen in ganz Deutschland nutzen Whatsapp bereits für den One-to-One-Dialog mit ihren Kunden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Institute können durch die Nutzung der Reichweitenstärke des populären Messengers die mobilen Dialogfunktionen für ihre Kundenkommunikation ausbauen. Insbesondere für junge Kunden gehört Whatsapp zu ihrem Lebensalltag ganz selbstverständlich dazu.

Aber auch weitere online affine Zielgruppen profitieren von dem zusätzlichen Kontaktkanal. So gaben bei einer Studie in den USA, Großbritannien, Brasilien und Indien 71,9 Prozent der Befragten an, überzeugter zu sein, nachdem sie per Whatsapp mit einem Unternehmen gechattet hatten3) .

Sparkassen steigern dadurch nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch die Kundenbindung und ziehen einen Nutzen aus dem Imagegewinn. Whatsapp einzusetzen bedeutet, genau dort eine Dialogmöglichkeit und weitere Services zu bieten, wo sich Kunden ohnehin aufhalten. Die Sparkassen-Finanzgruppe wird nun ebenfalls die Whatsapp-Business-Schnittstelle integrieren, um Sparkassen noch besser mit ihren Kunden zu vernetzen und das Handling für die Mitarbeiter zu vereinfachen.

Im Einklang mit der DSGVO

Die S-Markt & Mehrwert, ein Tochterunternehmen des Deutschen Sparkassenverlags und der Deutsche Assistance Versicherung AG, realisiert die Kommunikations- und Servicedienste für alle Partner der Sparkassen-Finanzgruppe. Dabei wird sie eng vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV) begleitet.

Die Nutzung der Whatsapp Business-API erfolgt laut einem vom DSGV beauftragten Rechtsgutachten im Einklang mit dem geltenden Datenschutzrecht. Das Hosting der Daten und der Anwendung erfolgt auf Servern in Deutschland. Ein Opt-in ist für den Kundendialog nicht erforderlich, sofern die Kontaktaufnahme vom Kunden aus erfolgt.

Webanwendung für Kundencenter

Sparkassen haben die Wahl zwischen zwei verschiedenen Softwarelösungen. Angeboten wird zum einen eine browserbasierte Webanwendung für allgemeine Kundenanfragen, die speziell für den Einsatz im zentralen Kunden-Service-Center (KSC) einer Sparkasse entwickelt wurde. Kunden schreiben ihrer Sparkasse ganz einfach per Whatsapp über die zentrale Service-Rufnummer, die auf der Website unter "Kontakt" zu finden ist. Eine Schnittstelle überträgt die Chats an die Webanwendung, die den KSC-Mitarbeitern gleichzeitig als Oberfläche zur Bearbeitung der Chats dient. Über ein Administrations-Portal kann die Sparkasse den Whatsapp-Account, die User, das Anlegen und Bearbeiten von Textbausteinen, die Servicezeiten und weitere Parameter verwalten.

Das Routing der Whatsapp-Nachrichten erfolgt je nach Auslastung der Mitarbeiter im Kunden-Service-Center. Derjenige Mitarbeiter, der die wenigsten offenen Chats betreut, erhält also automatisch die nächste neu eingehende Kundenanfrage. Bei laufender Kommunikation erfolgt ein automatisches Routing an den bisherigen Bearbeiter, sodass sichergestellt wird, dass der Kunde seinen Dialog mit demselben Mitarbeiter fortsetzt. Die Mitarbeiter werden mithilfe einer Pop-up-Funktion über den Eingang neuer Whatsapp-Nachrichten informiert, haben Zugriff auf eine Übersicht der aktiven Chats und können auch die Nachrichten-Historie verfolgen. Des Weiteren können sie auf im System hinterlegte, vorformulierte Textbausteine, zum Beispiel einen Begrüßungstext oder Antworten auf häufig gestellte Fragen, zurückgreifen. Auch eine Weiterleitung von Nachrichten an den betreuenden Kundenberater oder an einen Spezialisten ist mithilfe der Funktion "Chatübergabe" möglich.

Direkter Beraterkontakt via Schnittstelle zum Kernbanksystem

Neben der Webanwendung für das Kunden-Service-Center kann die Whatsapp-Business-Schnittstelle auch direkt in das Kernbanksystem der Sparkassen integriert werden. Das hat den großen Vorteil, dass Sparkassenberater eine einheitliche Oberfläche für alle elektronischen Kontaktkanäle haben, aus der heraus sie Nachrichten per E-Mail, Elektronisches Postfach und Whatsapp verwalten und bearbeiten können. Ein intelligentes Routing-Konzept stellt dabei die automatische Verteilung der Kunden-Chats an den zuständigen Berater sicher. Ist dieser abwesend, erhält ein vorher definierter Vertreter die Nachrichten. Außerhalb der Servicezeiten wird eine Abwesenheitsnotiz verschickt.

Genutzt wird der Messenger-Service für den Kunde-Berater-Dialog zurzeit vorwiegend für Terminvereinbarungen und -erinnerungen sowie für allgemeine Fragen rund um Versicherungen oder Kredite. Über die Personensuche lassen sich eingehende Chats einem bestehenden Kundendatensatz im Customer-Relationship-Management-System zuordnen und eine Kundenhistorie anlegen. So können Sparkassenberater einen der reichweitenstärksten Kontaktkanäle für den One-to-One-Dialog mit ihren Kunden nutzen, ohne ihr gewohntes virtuelles Arbeitsumfeld verlassen zu müssen.

Datenschutz setzt Grenzen

Der Einsatz des Messaging-Dienstes bietet vielfältige Chancen, hat aber auch Grenzen: Die Chats sind durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert. So wird zwar sichergestellt, dass die Nachrichten geschützt sind und lediglich von den Gesprächspartnern gelesen werden können. Nichtsdestotrotz ist Whatsapp aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht für vertrauliche, personen- und kontobezogene Anfragen und die Annahme von Aufträgen geeignet, wie zum Beispiel Überweisungen oder Wertpapierorder.

Sparkassen, die Whatsapp bereits einsetzen, weisen ausdrücklich auf ihrer Website darauf hin, dass der Austausch von Informationen ausschließlich allgemeinen, rechtsgeschäftlich nicht relevanten Informationszwecken dient und die persönliche Beratung nicht ersetzt. Äußert der Kunden trotzdem den Wunsch, beispielsweise eine Kartensperre in Auftrag zu geben, wird er von den Mitarbeitern des Kunden-Service-Centers gebeten, auf den Kommunikationskanal Telefon zu wechseln, um hier den entsprechenden Auftrag zu erteilen.

24/7-Verfügbarkeit durch Outsourcing

Viele Whatsapp-Nutzer erwarten, dass ihre Hausbank 365 Tage im Jahr 24 Stunden täglich für sie da ist. Auch außerhalb der regulären Servicezeiten, nachts, an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen. Die Erreichbarkeit rund um die Uhr sicher zu stellen, stellt für viele Sparkassen eine große Herausforderung dar. Daher gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich durch Outsourcing Unterstützung zu holen: So können Sparkassen ihren Whatsapp-Kanal komplett in Eigenregie betreuen oder Servicezeiten definieren, in denen sie die Chat-Betreuung selbst übernehmen (zum Beispiel von 8 bis 18 Uhr). Chat-Anfragen, die außerhalb dieser definierten Zeiten eingehen, können automatisch an ein beauftragtes externes KSC weitergeleitet werden.

Alternativ kann auch eine bestimmte Anzahl aktiver Chats festgelegt werden (meist sind das zwischen drei und fünf), die im eigenen Haus bearbeitet werden. Alle Chat-Anfragen, die über diese definierte Anzahl hinausgehen, werden dann automatisch an ein externes KSC weitergeleitet und dort bearbeitet. Die Reaktionszeiten der Mitarbeiter liegen im Schnitt bei etwa zwei bis fünf Minuten.

Stehen intern keine Ressourcen zur Verfügung, kann auch ein externes KSC damit beauftragt werden, den Whatsapp-Kanal im Full Service zu betreuen. In diesem Fall werden alle Nachrichten extern bearbeitet und lediglich Anfragen, die an einen bestimmten Berater adressiert sind, zur Beantwortung an diesen weitergeleitet. In einem sogenannten "Reaktions-Struktur-Konzept" wird im Vorfeld genau festgelegt, welche Daten von den Mitarbeitern des KSC abgefragt und welche Fragen der Kunden beantwortet werden dürfen.

Weitere Ausbaustufen geplant

Über die Nutzung von Whatsapp als reiner Dialogkanal hinaus, sind viele weitere Ausbaustufen beziehungsweise Nutzungen geplant. Ziel dabei ist es, Sparkassenkunden über Whatsapp weitere mobile Services zur Verfügung zu stellen und den Messaging-Dienst zu einem eigenen Ökosystem auszubauen:

- So könnten Kunden nach Opt-in zum Beispiel eine Push Notification erhalten, wenn ihr Gehalt eingegangen oder ihr Konto im Soll ist.

- Services wie der Kreditkartenwecker, der Benachrichtigungen über Buchungen auf dem ausgewählten Kreditkarten-Belastungskonto verschickt und mehr Sicherheit vor der Karten-Nutzung durch unbefugte Dritte verspricht, könnten ebenfalls eingebunden werden.

- Weitere One-to-One-Services aus den Themenfeldern Mehrwertdienste und regionale Angebote sind vorstellbar.

Whatsapp als Selbstläufer

Besonders hervorzuheben ist die Erfahrung vieler Sparkassen, dass sie bereits per Whatsapp kontaktiert werden, bevor der Kanal überhaupt kommuniziert oder beworben wurde. Teilweise wenige Stunden, manchmal sogar bereits Minuten nach der Neuregistrierung einer zentralen Sparkassen-Telefonnummer für Whatsapp schreiben Kunden ihre Sparkasse an, weil sie den Account in der Liste ihrer Whatsapp-fähigen Kontakte sehen. Dieses Phänomen belegt, wie etabliert Whatsapp durch alle Bevölkerungsschichten hindurch und über alle Altersgruppen hinweg ist. Längst ist der Kanal deutlich beliebter, als die teilweise kostenpflichtigen SMS.

Neben der Telefonie setzt die Sparkasse Fürstenfeldbruck bereits seit Mitte 2017 den Text Chat in der Internetfiliale und Whatsapp als zusätzliche Kontaktkanäle ein. Kunden haben zudem über Skype die Möglichkeit, kostenlos aus dem Ausland anzurufen. Seit März 2019 nutzt die Sparkasse auch die Whatsapp-Business-Schnittstelle. Speichert man die Service-Rufnummer 08141 407-0 im Smartphone ab, erhält man in Whatsapp die Information, dass es sich um den offiziellen Unternehmens Account der Sparkasse Fürstenfeldbruck handelt.

Ohne separate App

Für den Einsatz des Messaging-Dienstes hat sich die Sparkasse im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie unter anderem aus Imagegründen entschieden, um ihre Positionierung als modernes Finanzinstitut weiter auszubauen. Ein weiterer Aspekt war der Wunsch, Kunden rund um die Uhr ein umfassendes Angebot an modernen Zugangs- und Kontaktkanälen zu bieten und damit das mediale Spektrum des Kunden-Service-Centers noch attraktiver zu gestalten.

Die Wahl fiel aufgrund der stark wachsenden Nutzerzahlen und der Verbreitung von Whatsapp auf diesen Dienst. Die Sparkasse erhofft sich durch den Einsatz auch, eine jüngere online affine Zielgruppe zu erreichen, die sich diesen Kontaktkanal nicht nur wünscht, sondern ihn quasi bereits ganz selbstverständlich voraussetzt.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Kunden für die Kommunikation mit ihrer Sparkasse keine separate App herunter laden müssen, sondern den bereits vorhanden Whatsapp-Kommunikationskanal dafür ebenfalls nutzen können.

Bisher nutzt die Sparkasse Whatsapp ausschließlich als reaktiven Kanal für Support-Anfragen und allgemeine Informationen. Zu diesem Zweck hat das Institut die Betreuung im Full Service an ein externes Kunden-Service-Center vergeben. Ein direkter Kontakt zu den Beratern der Sparkasse ist derzeit noch nicht möglich, über die Einführung dieses Services zur Erweiterung des Messenger-Services wird jedoch bereits nachgedacht. Beworben wird der neue Kontaktkanal über Banner in der Internet-Filiale und per E-Mail-Newsletter. Denn es war der Sparkasse Fürstenfeldbruck wichtig, ausschließlich online, und damit ohne Medienbruch, für den neuen Kommunikationskanal zu werben.

Die meisten Nachrichten am Donnerstag

Zum jetzigen Zeitpunkt wenden sich Kunden noch häufiger per Text Chat an ihre Sparkasse. Das liegt vermutlich unter anderem daran, dass er direkt aus Internetfiliale und Sparkassen App heraus und damit ohne Medienbruch genutzt werden kann. Im Rahmen der Pilotphase der Business-API wurden im April 2019 allerdings bereits über 400 Nachrichten über Whatsapp empfangen und beantwortet. Die meisten Nachrichten werden im Schnitt donnerstags verschickt. Die frühesten Anfrage gingen zwischen 8 und 9 Uhr ein, die spätesten zwischen 21 und 22 Uhr.

Die Top drei der am häufigsten gestellten Anfragen sind:

- Entsperren des Online-Banking-Accounts (24 Prozent),

- Tageslimit-Erhöhung (13 Prozent),

- sowie Kreditanfragen (9 Prozent).

Sollte eine Anfragen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht fallabschließend über Whatsapp geklärt werden können, bietet der Mitarbeiter an, einen Rückruf des Beraters oder Electronic Banking Supports zu veranlassen.

Telefonie-Volumen leicht reduziert

Durch den Einsatz der Chat-Möglichkeiten macht sich eine geringfügige Verschiebung in der Kommunikation bemerkbar: Das Telefonie-Volumen hat sich etwas reduziert, da Kunden zunehmend auf die Chat-Möglichkeiten ausweichen. Das gilt besonders bei Anrufspitzen zu Beginn und Ende eines Monats und in Sondersituationen, zum Beispiel bei der Migration der Internet-Filiale. Nach der Umstellung des Online-Bankings benötigen viele Kunden Unterstützung bei der Nutzung der neuen Oberfläche. Die Nutzung von Whatsapp und Text-Chat stehen somit in diametraler Verbindung zur Verfügbarkeit des Telefonkanals.

Anderen Sparkassen, die mit dem Gedanken spielen, Whatsapp einzusetzen, empfiehlt die Sparkasse Fürstenfeldbruck, erste Erfahrungen mit Unterstützung eines Full-Service-Dienstleisters zu sammeln. So kann man sich dem Thema annähern und erst einmal beobachten, wie der Kanal sich entwickelt, bevor man die Technik anschafft und Sparkassen-intern entsprechende Ressourcen einplant.

Anmerkungen

1) Online-Umfrage des Digitalverbands Bitkom in 2018

2) Whatsapp Internal Data, April 2018

3) "Motivations and Mindsets in Messaging" by Sentient DecisionScience (FB-commissioned research of 8,157 people who use Facebook Messenger, Whatsapp, and/or Instagram Direct Message on a daily basis), ages 18+ in the US, UK, BR, and IN, June 2018

Frank Opitz, Mitglied des Vorstands, Sparkasse Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck
Thomas Henkel, Geschäftsführer, S-Markt & Mehrwert GmbH, Stuttgart
Frank Opitz , Mitglied des Vorstands, Sparkasse Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck
Thomas Henkel , Geschäftsführer, S-Markt & Mehrwert GmbH, Stuttgart

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