Anlagemarkt Österreich

"Die Anlage in Gold ist meist langfristig und dient der Vorsorge" / Ewald Judt im Gespräch mit Gerhard Starsich

Quelle: bum17021036

Die Münze Österreich AG, Wien, ist eine Tochter der Oesterreichischen Nationalbank. Neben Umlauf- und Sammlermünzen gibt sie auch Anlageprodukte heraus: Goldbarren, sowie den "Philharmoniker" als Konkurrenzprodukt zum kanadischen Maple Leaf oder dem US-amerikanischen Eagle. Mittlerweile haben die Österreicher hier einen Marktanteil von etwa 30 Prozent. Seine Funktion als Inflationsschutz hat Gold seit der Antike erfüllt, so Gerhard Starsich: Die Kaufkraft einer Unze Gold entspreche noch heute der, die sie zu Christi Geburt hatte. Im Gegensatz zu physischem Gold seien auf dem Edelmetall basierende Wertpapiere dagegen eher spekulativ. Red.

Welche Produktgruppen hat die Münze Österreich, deren Geschichte bis ins Mittelalter zurückgeht, heute?

Die Münze Österreich hat vier Produktgruppen: Umlaufmünzen (etwa fünf Prozent des Umsatzvolumens), Sammlermünzen (rund drei Prozent des Umsatzvolumens), B2B-Business (etwa fünf Prozent des Umsatzvolumens) und Anlageprodukte (87 Prozent). All diese Prägungen finden in dem historischen Gebäude der Münze Österreich statt. Tatsächlich ist dieses Haus, das man für ein Palais halten könnte, eine Großmanufaktur. Das ehemalige Hauptmünzamt wurde 1835 bis 1838 - damals gerade noch außerhalb der Stadtmauern - erbaut. Es ist ein Werk des Hofbaurats Paul Sprenger und wurde schon nach seiner Fertigstellung von der Presse bewundert.

Wie viele Münzen prägen Sie pro Jahr?

Bei den Umlaufmünzen prägen wir derzeit rund 200 Millionen Stück pro Jahr. Das sind vorwiegend Euro- und Cent-Münzen. Die Münze Österreich hat hier einen Marktanteil von etwa 10 Prozent. Nur selten und insgesamt relativ wenig prägen wir Münzen in anderen Währungen.

Die Sammlermünzen sind Münzen, die in der Regel nicht als Zahlungsmittel eingesetzt und auch nicht primär zu Anlagezwecken angeschafft werden, sondern künstlerische Stücke für Sammler sind. So gibt es etwa Fünf-Euro-Münzen mit den Motiven "Neujahrskonzert" und "Dürers Feldhase" und eine Zehn-Euro-Münzserie mit Bundesländer-Motiven in Silber und Kupfer; eine 20-Euro-Münze "Opernball" und die 20-Euro-Münzserie "Wolfgang - Amadé - Mozart"; die 50-Euro-Goldmünzenserie "Klimt und seine Frauen" oder die 100-Euro-Goldmünzenserie "Wildtieren auf der Spur". Etwas Spezielles sind die seit 2003 ausgegebenen 25-Euro-Silber-Niob-Münzen, die durch technische Innovationen zum Strahlen gebracht wurden.

Und worum geht es bei Ihrem B2B-Geschäft?

Dabei handelt es sich um Prägungen und Münzrohlinge für Dritte. Die Münze Österreich ist heute eine Prägeanstalt, die Auftraggeber aus der ganzen Welt hat.

Ihre wichtigste Unternehmenssparte sind jedoch die Anlageprodukte, die weltweit - und nicht nur in Zeiten wie diesen - gefragt sind ...

Hier unterscheiden wir die "Philharmoniker"-Anlagemünzen, die Goldbarren und die Re-Strikes. Der Philharmoniker ist bei einem Feingehalt von 999,9/1000 pures Gold. Er wurde erstmals 1989 als 1-Unze- und als 1/4-Unze-Goldmünze ausgegeben. Um den unterschiedlichen Größenbedarf zu be friedigen, gibt es seit 1991 den "Philharmoniker" auch als 1/ 10-Unze-Goldmünze, seit 1994 auch als 1/2-Unze-Goldmünze und seit 2014 auch als 1/25-Unze-Goldmünze. 2004 hat die Münze Österreich anlässlich des 15-jährigen "Philharmoniker"-Jubiläums 15 "Philharmoniker" à 1 000 Unzen (etwa über 31 kg) geprägt, die binnen zehn Tagen verkauft wurden. Ein Stück dieser "Big Phil" ist im Besitz der Oesterreichischen Nationalbank und kann in deren Geldmuseum bewundert werden.

Hat der "Philharmoniker" auch ein Nominale?

Ja, der "Philharmoniker" hat ein Nominale, wenngleich dieses weit geringer als der Goldwert ist, weshalb er auch nie zu Zahlungszwecken verwendet wird. Bis 2001 betrug das Nominale 1 000 ATS und seit 2002 hat er das Nominale 100 Euro.

Wie kam man auf die Idee, den klassischen Bullionmünzen wie "Kruger Rand" (Südafrika), "Tscherwonez" (Russland), "Maple Leaf" (Kanada), "Panda" (China), "Eagle" (USA) oder Britannia (Großbritannien) Konkurrenz zu machen?

Mit der Umwandlung des Hauptmünzamtes in die Münze Österreich AG wollte der damalige Generaldirektor Paul Berger die Geschäftsbasis der Münze Österreich erweitern und sah den damals eher betulichen Markt der Bullionmünzen als eine Chance hierfür. Diese unternehmerische Initiative ist mit dem "Philharmoniker" voll aufgegangen.

Und wie kam es dazu, diese neue österreichische Bullionmünze "Philharmoniker" zu nennen?

Für die österreichische Bullionmünze wurde ein Thema gesucht, das Österreich mit der Welt verbindet. Dies wurde in der Musik gefunden. Der Graveur Thomas Pesendorfer hat dann ein Motiv gefunden und umgesetzt, das zum weltweiten Brand "Philharmoniker" wurde.

Wie viele Philharmoniker werden jährlich geprägt und welchen Weltmarktanteil hat der "Philharmoniker" bei den Bullionmünzen?

Wir prägen jährlich rund eine Million "Philharmoniker". Die Anzahl schwankt zwischen 0,7 und 1,3 Millionen. Unser Marktanteil liegt bei rund 30 Prozent. In manchen Quartalen sind wir Weltmarktführer, in anderen Quartalen auf dem zweiten oder dritten. Platz. Unsere wichtigsten Konkurrenten sind die Royal Canadian Mint mit dem "Maple Leaf" und die US Mint mit dem "Eagle".

Worauf führen Sie die unterschiedlichen jährlichen Absatzzahlen zurück?

Der Kauf der "Philharmoniker" basiert einerseits auf der sicheren Anlage. Die Kunden wollen für ihr Geld einen Inflationsschutz. Den hat Gold tatsächlich gesichert. Zu Christi Geburt bekam man etwas über 300 Laibe Brot für 1 Unze, das ist auch heute der Fall; zu Christi Geburt bekam man für 1 Unze eine Toga, und auch heute bekommt man dafür einen Anzug.

Anderseits ist der Absatz der "Philharmoniker" krisengetrieben. Jede unsichere Wirtschafts-/Währungsentwicklung führt zu höheren Verkaufszahlen. Dazu kommt, dass Gold durch seine Farbe auch psychologisch positiv besetzt ist.

Kauft die Münze Österreich alle angebotenen "Philharmoniker" auch wieder zurück?

Die Münze Österreich selbst kauft keine "Philharmoniker", sehr wohl aber die Geschäftspartner, das sind in der Regel Banken oder Münzhändler, die den größten Teil der "Philharmoniker" verkaufen.

Wonach richtet sich der Preis des "Philharmonikers"? Wie kommt es zum Kauf-/Verkaufspreis?

Es gibt zwei Metallbörsen, eine in Chicago und eine in London, die täglich den Preis für eine Unze Gold fixieren. Die Münze Österreich bezieht sich bei ihrem Verkaufspreis auf den Goldfixing in London. Der 1-Unze-"Philharmoniker" wird zurzeit mit einem Aufschlag von drei Prozent im Handel angeboten. Der Ankaufpreis (durch Geschäftspartner) ist in der Regel das jeweilige Goldfixing in London.

Profitiert der Absatz des "Philharmonikers" durch das derzeitige niedrige Zinsniveau?

Der Nachteil der Anlage in Gold ist - wenn man das so sagen kann - dass es keine Zinsen abwirft und man nur einen Kursgewinn generiert. Wenn man aber auch auf dem Spar- und Anlagemarkt keine Zinsen bekommt, ist das für die Anlage in Gold positiv. Bei der Goldanlage ist das in der Regel auch ein Volatilitätsdämpfer, da es sich meist gegenläufig zu anderen Anlageprodukten entwickelt und somit für Anleger interessant, wobei ich nicht mehr als 10 Prozent in Gold anlegen würde. Generell kann man sagen, dass der "Philharmoniker" eine gute und sichere Wertanlage ist.

Auf welchen Vertriebsapparat stützen Sie sich beim Verkauf des Philharmonikers?

In Österreich, Deutschland und Zentraleuropa werden die Philharmoniker über Banken und Münzhandel abgesetzt. Auch in der Münze Österreich gibt es einen Münzshop. In allen anderen Ländern erfolgt der Vertrieb über den Münzhandel. Dazu kommt noch ein Web-Shop, der alle Produkte anbietet. In den Ländern, in denen wir schon schöne Marktanteile haben und in den Ländern, wo wir noch Marktanteile gewinnen wollen, setzen wir auf Printwerbung. Zusätzlich kommt Fernsehwerbung zum Einsatz.

Sind auch Goldbarren im Produktportfolio?

Auch Goldbarren gehören zu den angebotenen Anlageprodukten. Sie gibt es von 1g bis zu 1 kg. Im Gegensatz zu den Münzen ist das Gewicht hier metrisch. Sie sind kein Eigenprodukt, sondern werden von einer Schweizer Gesellschaft hergestellt, an der die Münze Österreich beteiligt ist.

Was sind die von Ihnen Re-Strikes genannten Produkte?

Re-Strikes sind Nachprägungen historischer Münzen. Die Münze Österreich bietet hier 1/1 und 4/1 Dukaten, 4 und 8 Gulden und 10, 20 und 100 Kronen in Gold an. Diese Handelsgoldmünzen werden mit geringen Aufschlägen über ihrem tatsächlichen Goldwert gehandelt und genießen auch jenseits der Grenzen Österreichs einen hohen Bekanntheitsgrad. Auch der Maria Theresien-Taler aus Silber ist hochgeschätztes Traditionsprodukt. Bis 1858 war er im Kaiserreich Österreich gesetzliches Zahlungsmittel. Aber auch danach war er bis weit ins 20. Jahrhundert anerkanntes Zahlungsmittel in Teilen Afrikas und Asiens.

Wie sehen Sie die Goldpreisentwicklung in den nächsten Monaten und Jahren?

Der Goldpreis befindet sich derzeit auf einem niedrigen Niveau, nur knapp über den Produktionskosten. Man kann daher in der nächsten Zeit von einem steigenden Goldpreis ausgehen. Anlageprodukte wie Goldmünzen und Goldbarren machen einen Anteil von rund 30 bis 35 Prozent der Goldverwendung aus. Steigende Anlagen in Gold - aus welchem Grund auch immer - führen zu einem steigenden Goldpreis. Einen nicht unerheblichen Einfluss üben hier die Goldkäufe der Notenbanken aus. Da rund die Hälfte des Goldes zu Schmuck wird, ist auch eine Zunahme der Goldschmuck-Verkäufe goldpreiserhöhend. Demgegenüber ist die Verwendung von Gold in der Industrie mit 15 bis 20 Prozent nicht preisdominant.

Sind Goldminenaktien oder Xetra-Gold, das Exchange Trade Commodity der Deutschen Börse mit einem Lieferanspruch über 1 g Feingold, eine Konkurrenz für Anlagemünzen und -barren?

Nein, das sehe ich nicht so. Die Anlage in auf Gold beruhenden Wertpapieren ist eher kurzfristig, um nicht das Wort Spekulation zu verwenden. Die Anlage in Gold selbst ist meist langfristig und dient der Vorsorge für eine Zeit, wo man die Anlage benötigt.

Die Münze Österreich Die Münze Österreich ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien, deren wichtigster Geschäftsbereich die Prägung und die Ausgabe von Anlagemünzen ist, wobei der Philharmoniker die wohl weltweit bekannteste ist. Die Geschichte der Münze Österreich geht weit zurück bis ins Jahr 1194, als der gefangen genommene englische König Richard Löwenherz seine Freiheit mit 50 Tonnen Silber erkaufte. Herzog Leopold V., der Tugendhafte, aus dem Geschlecht der Babenberger entschied sich, das 12 Tonnen Silber zu Münzen prägen zu lassen. Bis 1989 war das "Hauptmünzamt" unmittelbares Staatseigentum. 1989 wurde es in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und an die Oesterreichische Nationalbank verkauft, die seitdem in Österreich nicht nur für das Papiergeld, sondern über die hundertprozentige Tochtergesellschaft auch für das Münzgeld zuständig ist.
Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien

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