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"Wir werden künftig wieder mehr persönlichen Service anbieten" - - Interview mit Thomas Rosenfeld

Thomas Rosenfeld, Foto: BW-Bank

Beratungscenter ohne regelmäßige Öffnungszeiten, in denen eine Terminabsprache erforderlich ist, haben die Kunden der BW Bank nicht überzeugt. Deshalb steuert die Bank jetzt wieder um und baut die Hälfte der reinen Beratungsstandorte zu bemannten Filialen, die andere Hälfte zu SB-Centern um. Auch in Zeiten der Digitalsieriung, so die Erkenntnis, sollte man die Nachfrage nach persönlichem Service nicht unterschätzen. Red.

Im Jahr 2015 beschlossenen Filialkonzept der BW Bank waren 80 reine Beratungscenter mit eingeschränktem Service vorgesehen, in denen nach vorheriger Terminabsprache Beratungen stattfinden sollten. Wie viel Service beziehungsweise welche Serviceangebote gab es in diesen Standorten überhaupt noch?

Wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, liegt der Fokus dieser Standorte auf dem persönlichen, qualifizierten Beratungsangebot für alle Kunden bei anspruchsvollen Themen wie Baufinanzierung, Vermögensaufbau oder Altersvorsorge. Für alltägliche Geschäfte wie Ein- und Auszahlungen oder Überweisungen können die Kunden die SB-Terminals, etwa Geldautomaten und Konten-Manager, nutzen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Beratungsstandorten gemacht?

In der Breite haben die Beratungscenter leider beim Kunden nicht die erwartete Akzeptanz gefunden. Wir haben festgestellt, dass sich viele Menschen trotz aller digitalen Angebote auch weiterhin persönlichen Service wünschen. Außerdem haben die Kunden signalisiert, dass sie Filialen mit regelmäßigen Öffnungszeiten gegenüber Beratungscentern vorziehen, in denen eine vorherige Terminabsprache notwendig ist.

Welche Kriterien muss eine Filiale aus Kundensicht erfüllen?

Sie muss die Bedürfnisse der Kunden erfüllen - und diese sind nun einmal individuell sehr unterschiedlich. Digitalaffine Menschen zum Beispiel werden keinen Wert darauf legen, dass ihnen ein Mitarbeiter am Schalter beim Ändern eines Dauerauftrags hilft. Es gibt aber sehr wohl Kunden, denen ein persönlicher Service sehr wichtig ist. Nicht alle Menschen können oder wollen ihre Bankgeschäfte am Automaten oder über das Internet abwickeln - auch wenn der Trend in diese Richtung geht.

Die meisten Kunden bewegen sich aber zwischen diesen beiden Polen. Menschen denken und handeln heutzutage oftmals hybrid - soll heißen: Heute kaufe ich meine Kleidung im Netz und morgen möchte ich in eine Boutique gehen und dort einkaufen. Ähnlich verhält es sich mit dem Banking, und darauf stellen wir uns ein.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den bisherigen Erfahrungen?

Wir haben die Umbaupläne für unser Filialnetz überarbeitet und werden künftig wieder mehr persönlichen Service anbieten. Dies bedeutet unter anderem, dass wir das Format Beratungscenter nicht weiterführen. Die bestehenden Beratungscenter werden bis spätestens Anfang 2021 entweder in Filialen oder in SB-Servicecenter umgewandelt.

Außerdem verbessern wir die Personalausstattung. Wir werden am Ende im Privatkundengeschäft rund 125 Stellen mehr haben als ursprünglich geplant.

Wie viele der Beratungscenter werden in reguläre Filialen mit Serviceangebot umgebaut, wie viele in SB-Standorte?

Von den aktuell bestehenden 56 Beratungscentern statten wir rund die Hälfte wieder mit dem Angebot einer Filiale aus, die andere Hälfte werden in SB-Servicecenter umgebaut. Damit kommen wir nach dem neuen Konzept künftig auf rund 100 Filialen und 120 SB-Standorte.

Im Ergebnis wird die Anzahl der Standorte mit Beratung von jetzt 132 auf dann 100 reduziert. Dem stehen künftig 120 SB-Standorte gegenüber. Provokant gefragt: Ist Beratung also weniger wichtig als Service?

Bestimmt nicht. Aus unserer Sicht sind Beratung und Service kein Entweder-Oder, sondern zwei Aspekte, die sich ergänzen. Aber die Kundenbedürfnisse haben sich geändert. Ein Beratungsgespräch zu einem anspruchsvollen Finanzthema führen viele Kunden vielleicht noch drei- bis viermal im Jahr. Da sind sie in der Regel bereit, einen etwas längeren Weg in Kauf zu nehmen, wenn die Qualität stimmt. Für ihre alltäglichen Bankgeschäfte dagegen möchten die Kunden nicht weit laufen oder fahren müssen. Darauf gilt es, eine ausgewogene Antwort zu finden.

Deswegen setzen wir einerseits weiterhin auf ein dichtes Standortnetz, über das die Kunden mit den Basisleistungen versorgt werden. Andererseits konzentrieren wir die Beratung auf größere Filialeinheiten mit einem umfassenden Angebot und regelmäßigen Öffnungszeiten.

Wagen Sie eine Prognose, wie lange Service aus Kundensicht noch einen hohen Stellenwert haben wird?

Es wird immer Kunden geben, denen persönlicher Service wichtig ist. Der Mensch braucht den Menschen, auch im digitalen Zeitalter. Die Frage lautet für mich deshalb nicht, wie lange, sondern wieviel.

Ohne Zweifel verändert die Digitalisierung das Nutzungsverhalten der Kunden. Online- und Mobile Banking werden weiter an Bedeutung gewinnen. Uns haben die Erfahrungen aus den letzten drei Jahren aber gezeigt, dass man die Nachfrage nach persönlichem Service trotzdem nicht unterschätzen sollte. Deswegen haben wir an dieser Stelle noch einmal nachjustiert. An unserer grundsätzlichen Ausrichtung als Multikanalbank mit einer flächendeckenden Präsenz und einem modernen Digitalangebot halten wir aber weiter fest.

Wie viel haben Sie bisher schon in den Umbau der Beratungscenter investiert, was kostet der neuerliche Umbau und wie soll sich die Kostenbilanz nach dem Umbau darstellen? Wird das Konzept im Jahr 2021 unter dem Strich teurer sein als das bisherige?

Die Investitionen in zusätzliches Personal sowie in Baumaßnahmen belaufen sich auf rund 10 Millionen Euro. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns da rüber hinaus zu internen Kalkulationen nicht äußern möchten.

Die Ein-Mann-Filialen soll es sicher auch im neuen Konzept nicht mehr geben?

Unsere Standorte sind schon immer mit mindestens zwei Personen besetzt. Dies wird auch weiterhin so bleiben.

Im Taunus wollen Frankfurter Volksbank und Taunussparkasse künftig Standorte unter dem Namen "Finanzpunkt" gemeinsam betreiben - mit eigenen SB-Geräten von beiden Instituten, aber abwechselnder Besetzung mit Mitarbeitern der Volksbank und der Sparkasse. Wäre eine derartige Kooperation auch für die BW Bank denkbar?

Nein, für die BW-Bank würde ein solches Modell derzeit keinen Sinn ergeben.

Thomas Rosenfeld, Mitglied des Vorstands, Baden-Württembergische Bank (BW Bank)
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