ALTERSVORSORGE

"Die Politik hat bei Riester aktive Sterbehilfe geleistet" Interview mit Sebastian Mentel

Sebastian Mentel, Foto: Adobe Stock/photocrew

Für die Riester-Rente gibt es noch eine kleine Restchance, sagt Sebastian Mentel - dann nämlich, wenn die neue Regierung zeitnah Signale für eine Reform aussendet. Bei einem Aus für Riester im Neugeschäft, so Mentel, kann die Basisrente in die Bresche springen. Ohne Beitragsgarantie und Zulagenbürokratie, dafür aber mit einer nahezu vollständigen steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge lohne sich dieses Produkt für nahezu jeden. Von der neuen Bundesregierung erhofft sich Mentel eine Reform der Alterssicherung in Richtung Kapitalmarktorientierung. Der Staat sollte jedoch nur die Rahmenbedingungen setzen, sich aus der Kapitalanlage indessen heraushalten. Red.

Herr Mentel, wie hat die Ungewissheit darüber, wie es mit der Alterssicherung in Deutschland weitergehen soll, das Spar- und Vorsorgeverhalten der Deutschen beeinflusst?

Die Untätigkeit der letzten Bundesregierung, noch rechtzeitig eine Gesetzesreform bei Riester auf den Weg zu bringen, hat zwar die Riester-Sparer verunsichert und viele Anbieter zum Rückzug veranlasst, aber für das Sparverhalten war das meines Erachtens nicht ausschlaggebend. Das aktuell größte Problem liegt doch in der jetzt schon mehrere Jahre andauernden Niedrigzinspolitik der EZB. Ein Zinsniveau um die null Prozent, verbunden mit einer anziehenden Inflation, führt zu einer schleichenden Enteignung der Sparer. Mich trösten da auch nicht die Beteuerungen der Zentralbanker, dass die Inflationsgefahren eine vorübergehende Erscheinung darstellen. In den Köpfen manifestierte Inflationserwartung führt zu tatsächlicher Inflation. Entsprechend kann man von den Berufsoptimisten bei EZB & Co. nichts anderes erwarten als etwaige inflationäre Tendenzen klein zu reden.

Doch zurück zum Thema: Es versauern zwar immer noch große Teile des Vermögens in unverzinsten Festgeldern und Sparguthaben - von Strafzinsen ganz zu schweigen. Ein hoher Anteil der Gelder ist aber inzwischen auch in die Immobilien- und Aktienmärkte geflossen und hat dort zu entsprechenden Preissteigerungen geführt. Solange sich an der Zinsfront hier nichts ändert, dürfte dies auch so bleiben.

Den Aktionärsboom seit Anfang 2019 sehe ich dabei aber durchaus kritisch. Nach einem gefühlt ewigen Bullenmarkt denken viele Neulinge an der Börse, dass es immer nur bergauf geht. Das böse Erwachen ist nur eine Frage der Zeit und eine weitere Generation von Aktiensparern wird vor den Kopf gestoßen, so wie seinerzeit nach dem Platzen der Dotcom Blase Anfang der 2000er Jahre.

Sie bezeichnen die Basisrente als den Einäugigen unter den Blinden - weshalb?

Das Riester-Sparkonzept ist schwer angeschlagen und taumelt am Abgrund. Das liegt natürlich an der vorgeschriebenen 100-prozentigen Beitragsgarantie, die eine vernünftige Kapitalanlage mit höherem Aktienanteil im seit Jahren andauernden Kapitalmarktumfeld verhindert. Das Produkt ist in dieser Form in einem Niedrigzinsumfeld einfach nicht mehr zeitgemäß. Das sieht bei der Basisrente schon ganz anders aus.

Bei der Basisrente gibt es zum Glück keinen gesetzlichen Zwang zur Beitragsgarantie. Und die Steuerförderung funktioniert ohne kompliziertes Zulageverfahren ganz einfach über die Steuererklärung. Mit der DWS Basisrente Komfort setzen wir daher genau auf diesen Vorteil und bieten eine flexible Basisrente ohne Garantie, aber mit freier Fondsauswahl. Der Anleger kann also die attraktive steuerliche Förderung nutzen und gleichzeitig, wenn er will, eine sehr chancenreiche Anlagestrategie fahren und komplett in Aktienfonds oder ausbalancierte Mischfonds investieren, beides inzwischen wahlweise mit oder ohne ESG-Ausrichtung.

Wie kommt es, dass über Riester so viel mehr berichtet wird als über die Basisrente?

Das frage ich mich auch. Natürlich steht Riester mehr im Fokus, weil es ein Produkt für die breite Masse an Anlegern ist. Insbesondere auch Kleinsparer und kinderreiche Familien profitieren von der Zulagenförderung. Es gibt hier ein breites Angebot an Tarifen, die flächendeckend vertrieben wurden. Immerhin haben fast 16 Millionen Kunden einen Riester-Vertrag abgeschlossen. Die Basisrente ist dagegen eher das zarte Pflänzchen, das im Verborgenen blüht.

Ich erwarte aber, dass die Basisrente künftig im Vertrieb und auch bei den Vorsorgesparern einen viel größeren Stellenwert einnehmen wird. Es wird sich zunehmend herumsprechen, dass hier eine hohe steuerliche Förderung möglich ist - und das keineswegs nur für Selbstständige, sondern für eine Vielzahl an Anlegern. Die DWS ist absolut von der Basisrente überzeugt und tut alles dafür, dass auch Anleger das so sehen. Ich bin auch persönlich ein großer Fan der Basisrente und bespare Monat für Monat meinen eigenen Vertrag.

In der Öffentlichkeit wurde oft der Eindruck erweckt, die Basisrente sei ein Produkt nur für Selbstständige. Ist das ein Missverständnis?

Sicherlich war der Grundgedanke bei der Einführung der Basisrente, ein neues staatlich gefördertes Produkt für Selbstständige zu etablieren, da Selbstständige weder in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen noch einer anders gearteten Vorsorgepflicht nachgehen müssen, Freiberufler einmal ausgenommen, da sie zumindest ihre Versorgungswerke haben.

Was aber die wenigsten wissen: Grundsätzlich kann jeder Steuerzahler einen Basisrenten-Vertrag abschließen und von der attraktiven steuerlichen Förderung profitieren. Attraktiv ist sie vor allem wegen der steuerlichen Absetzbarkeit in der Ansparphase und der hohen förderfähigen Beträge von bis zu rund 51 000 Euro pro Jahr. Diese Beiträge kann man aktuell zu 92 Prozent von der Steuer absetzen. Und der absetzbare Teil steigt bis zum Jahr 2025 auf 100 Prozent an. Ich kenne kein vergleichbares Produkt, das einen solchen Steuereffekt bietet.

Damit sich das rechnet, muss man auch kein Topverdiener sein. Bereits bei einem Bruttoeinkommen von 35 000 Euro bei Singles beziehungsweise 70 000 Euro bei Paaren kann sich das richtig lohnen. So kann übrigens bei Verheirateten jeder einen eigenen Vertrag abschließen, auch beispielsweise der Partner, der kein eigenes Einkommen erzielt. Die Basisrente kann auch für Personen interessant sein, die aufgrund ihres Einkommens bereits die Höchstgrenzen innerhalb der Riesterförderung erreicht haben oder aber ein steuerlich gefördertes Produkt suchen, in dem die Fördersystematik deutlich einfacher ist als die Riesterförderung. Es gibt also kaum Kunden, für die es sich nicht lohnt, über eine Basisrente zumindest intensiv nachzudenken.

Nicht von ungefähr lautet unser neuer Slogan ja auch: Die Basisrente ist wie eine Jeans - sie passt fast jedermann.

Welche Entwicklungen beobachten sie im Markt der Vorsorgelösungen mit Blick auf Riester und die Basisrente? Und was sind die Ursachen?

Die Bedeutung von Riester-Verträgen nimmt schon seit einigen Jahren immer mehr ab. Der Hauptgrund ist, wie bereits erwähnt, das niedrige Zinsniveau und die niedrige Risiko- beziehungsweise Aktienquote in den Verträgen. So überrascht es auch nicht, dass im ersten Halbjahr 2021 das Neugeschäft mit Riester-Verträgen insgesamt spürbar zurückging. Von den historischen Höchstständen im Neugeschäft waren wir also bereits vor unserer Entscheidung, das Neugeschäft zu beenden, weit entfernt.

Bei der Basisrente ist das genau umgekehrt. Hier hilft natürlich, dass die steuerliche Handhabung in den letzten Jahren immer interessanter wurde. Als die Basisrente 2005 gesetzlich eingeführt wurde, konnten lediglich 60 Prozent der Beiträge abgesetzt werden. Inzwischen sind wir bei 92 Prozent angelangt. Wir sprechen hier von einer kleinen Revolution, die sich allerdings nahezu unbemerkt angekündigt hat und nun aber unweigerlich in der Realität angekommen ist.

Wenn Riester wegfällt, weil das Produktangebot entweder für die Kunden zu unattraktiv wird oder sukzessive vom Markt verschwindet, dann müssen Alternativen her. Die Basisrente ist hier bestens positioniert, um die Lücke zu füllen. Hinzu kommt, dass die Basisrente für einen sehr breiten Kreis an Zielkunden interessant ist. Die vielschichtigen und zahlenmäßig beachtlichen Zielgruppen beziehen einen Großteil der arbeitenden Gesellschaft ein.

Wie spiegelt sich die Entwicklung im Markt bei der DWS wider?

Auch bei uns spielte die Riester-Rente schon länger kaum noch eine nennenswerte Rolle im Neugeschäft. Inzwischen haben wir den Neuabschluss komplett eingestellt. Auf der anderen Seite feiern wir vertrieblich große Erfolge mit der garantiefreien DWS Basisrente Komfort. Dieses Produkt vereinte im ersten Halbjahr 2021 den größten Nettoabsatz aller Altersvorsorgeprodukte der DWS - und dies wohlgemerkt zu Zeiten, wo auch Riester noch aktiv angeboten wurde!

Das hat natürlich auch interne Gründe. Zum einen pflegen wir das Produkt- und Leistungsangebot der Basisrente kontinuierlich weiter und sämtliche Neuerungen kommen dabei auch dem Bestand zugute. Zum anderen haben wir die Fondspalette inzwischen so gut ausgebaut, dass wirklich jeder fündig werden sollte. Vor allem auch im Segment der ESG Fonds haben wir merklich nachgelegt, um auch hier die gestiegene Nachfrage bedienen zu können.

In der dritten Schicht der Altersvorsorge bieten wir zudem das DWS Komfort Depot an, in dem der Kunde sowohl aktiv als auch passiv gemanagte Fonds verwalten kann. Das angesparte Vermögen kann man sich mit der Investmentrente regelmäßig über einen oder mehrere Entnahmepläne auszahlen lassen. Anders als bei einer Fondspolice gibt es bei diesem Produkt keinen Versicherungsmantel. Auch jungen Vorsorgesparern bieten wir hier etwas, und zwar einen günstigen Sparplan für Vermögenswirksame Leistungen.

Welche Reaktionen gab es auf die Ankündigung, sich aus dem Riester-Geschäft zu verabschieden?

Überraschend kam dieser wohl überlegte Schritt vermutlich für niemanden. Fakt ist, dass die Kombination aus anhaltenden Niedrigzinsen und verpflichtender Bruttobeitragsgarantie seit Jahren das Riester-Konzept in der jetzigen Form infrage stellt. Schlussendlich zogen wir mit dem Stopp des Neugeschäfts die einzig richtige Konsequenz aus dem Unwillen der letzten Bundesregierung, die dringend benötigte Gesetzesreform der Riester-Rente auf den Weg zu bringen.

Erfreulicherweise wurde uns großes Verständnis von vielen Seiten entgegengebracht. Kritische Stimmen gab es natürlich auch, aber wirklich nur sehr vereinzelt. Das zeigte übrigens eindrucksvoll, dass die Berater und deren Kunden die Zeichen der Zeit erkannt haben.

Welche Stellschrauben sollte die neue Bundesregierung Ihrer Einschätzung nach in Sachen Alterssicherung stellen?

Die gesetzliche Rente ist nach wie vor für die meisten die Haupteinkommensquelle im Alter. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Doch angesichts sinkender Rentenniveaus wird die zusätzliche betriebliche und private Vorsorge immer wichtiger werden. Und in diesen beiden Bereichen gibt es Reformbedarf, um sie zu stärken. Die Beitragsgarantie muss flexibilisiert, die Bürokratie abgebaut und der Förderkreis erweitert werden. Auch bei der Förderung selbst sollte dringend angesetzt werden, um die Attraktivität für die Vorsorgesparer wieder zu erhöhen.

Wir finden die Idee, das freiwillige kapitalgedeckte Sparen in der Altersvorsorge zu stärken, gut. Grundsätzlich ist es sicherlich richtig, einen größeren Teil der Altersvorsorge in kapitalgedeckte Anlagen anzulegen, zum Beispiel am Aktienmarkt. Als Produktanbieter sind wir auch der Meinung, dass mehr Transparenz bei Vorsorgeprodukten und niedrige Kosten zwingend sind.

Der Staat sollte dabei die Rahmenbedingungen setzen. Er sollte sich aber aus der Kapitalanlage selbst heraushalten. Investmentfonds sind wie kein anderes Produkt prädestiniert, schon mit geringen Beträgen von der Entwicklung der Kapitalmärkte zu profitieren und für die großen Volumina bieten sich Spezialfonds oder Mandatslösungen an.

Sollte Riester abgeschafft oder reformiert werden?

Meiner Ansicht nach schafft sich das Riester-Konstrukt gerade selbst ab. Die seitens der Politik geleistete aktive Sterbehilfe war und ist die verschleppte Reform. Das ist natürlich ein falsches Signal und droht, eine Art Vorsorge-Verdrossenheit auszulösen, wobei wir genau das Gegenteil hierzulande bräuchten: In den vergangenen 20 Jah ren haben Millionen von Sparern ihre Riester-Verträge bedient und werden jetzt vor den Kopf gestoßen.

Leider erscheint es zunehmend schwer, in der Politik ausreichend Mitstreiter für eine Reform zu gewinnen. Aber vielleicht überrascht uns die neue Bundesregierung doch noch mit einer Wiederbelebung der Riester-Rente, die konkreten Ideen und Vorschläge liegen längst auf dem Tisch. Ich denke, es gibt aktuell noch eine kleine Restchance, wenn die neue Regierung sehr zeitnah Signale sendet, dass es mit Riester weitergeht - und zwar mit geringeren Garantien. Kommt das Signal nicht, werden viele weitere der verbleibenden Anbieter ebenfalls die Reißleine ziehen und auch aus dem Neugeschäft aussteigen, weil es ökonomisch schlicht keinen Sinn mehr ergibt. Damit wäre Riester im Neugeschäft dann endgültig abgeschafft.

War es ein Grundfehler, zwei staatlich geförderte Produkte mit unterschiedlichem Konzept nebeneinander zu stellen?

Nein, das sehe ich nicht so. Die Produkte sind ja keine Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Zudem sind beide Produkte für unterschiedliche Zielgruppen an den Start gegangen. Jetzt bricht ein Produkt, also Riester, mehr und mehr weg und Rürup beziehungsweise die Basisrente erobert zu Recht die Gunst vieler Vorsorgesparer. Der Grundfehler war sicherlich, die Riester-Rente so kompliziert aufzusetzen. Allein schon das Zulageverfahren ist eine Zumutung für jeden Anleger und auch für die Anbieter. Erfreulicherweise ist das bei der Basisrente alles ganz unkompliziert.

Sie haben angekündigt, die Entscheidung zu Riester zu überdenken, sofern die Bundesregierung Riester nachbessert. Würde das Nebeneinander von zwei Generationen von Riester-Verträgen - mit und ohne oder nur mit eingeschränkten Garantien - gewissermaßen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Riester-Sparern schaffen?

Noch haben wir die Hoffnung nicht komplett aufgegeben, dass eine neue Bundesregierung sich vielleicht doch noch zu einer Rieste-Reform entschließen kann. Dabei sollte dann insbesondere die nicht mehr zeitgemäße 100-Prozent-Beitragsgarantie entfallen oder wenigstens flexibilisiert werden. Daher auch mein Appell an die Politik: Stellt den Leuten doch frei, ob sie eine Garantie wollen und falls ja, in welcher Höhe.

Konsequenterweise müssten die neuen Regelungen dann auch für die Bestandsverträge als Option gelten. Sonst müssten alle bestehenden Riester-Kunden einen neuen Vertrag abschließen und ihren alten dann übertragen, um die Vorteile der überarbeiteten Variante zu nutzen. Das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, denn hier würde wieder viel Komplexität anfallen und möglicherweise würden sogar erneut Abschlusskosten entstehen auf Beiträge, die in der Vergangenheit schon mit Kosten belegt wurden. Auch für die Anbieter wäre solch ein Weg keine gute Lösung. Kurz: Ich plädiere für Garantiefreiheit und der Kunde entscheidet eigenverantwortlich - und zwar nicht nur bei neuen Verträgen, sondern bitte auch im Bestand.

Welche Trends sehen Sie neben einer stärkeren Kapitalmarktorientierung noch bei der Altersvorsorge?

Die bereits angestoßene Diskussion über das Thema der kapitalmarktorientierten Altersvorsorge finde ich gut. Denn wir Anbieter sehen die gleichen Schwachpunkte des bisherigen Systems wie die Verbraucherschützer und begrüßen sinnvolle Änderungen wie flexiblere Garantien, die dringend nötig wären. Ich bin sehr gespannt, was die neue Bundesregierung beim Thema Altersvorsorge auf den Tisch bringt.

Und nicht zu vergessen: Eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung steht seit Jahren an, ohne dass hier viel passiert ist. Ich glaube, auch hier kommt man um eine verstärkte Kapitaldeckung beziehungsweise überhaupt erst einmal den Aufbau eines Kapitalstocks nicht umhin. Die aktuell im Sondierungspapier erwähnten 10 Milliarden Euro sind bei den Volumina, um die es hier geht, viel zu wenig, aber irgendwie muss man anfangen. Für eine stärkere Kapitalmarktorientierung ist die Asset-Management-Branche natürlich bestens positioniert. Kapitalgedeckte Anlage in treuhänderischer Verantwortung ist unser Kerngeschäft.

Wie hat der notwendige Paradigmenwechsel aufgrund des Nullzinsumfelds das Verhältnis von Asset Managern und Versicherern verändert?

Traditionell sind Asset Manager und Versicherer Konkurrenten um die gleichen Kunden - die Vorsorgesparer. Gleichzeitig arbeiten beide aber auf vielen Gebieten auch eng zusammen, zum Beispiel bei der Kapitalanlage von fondsgebundenen Versicherungen oder bei Spezialfonds. Im Bereich der fondsgebundenen Produkte ist die DWS übrigens auch Markführer hierzulande mit rund 35 Prozent Marktanteil. Konkret halten wir über 45 Milliarden Euro in Fondspolicen und arbeiten mit 60 Versicherern eng zusammen.

Der größte Unterschied zwischen Versicherer und Asset Manager lag lange Zeit im Angebot einer Garantieverzinsung bei Versicherungen. Von den Asset Managern gab es das nicht, denn wir sind keine Versicherungen und können beziehungsweise dürfen keine Biometrie, also die Absicherung von Langlebigkeitsrisiken anbieten. Dieses Argument hat sich aber in der Niedrigzinsphase weitgehend erledigt, spätestens jetzt zum bevorstehenden Jahreswechsel. So gab es in der Vergangenheit immer das vermeintliche Totschlagargument der Assekuranz gegen die fondsbasierten Basisrenten, dass wir zum Abschlusszeitpunkt keinen Garantiezins anbieten und entsprechend keine Rentenfaktoren garantieren konnten.

Spätestens ab Januar 2022 verfängt dieses Argument nicht mehr, denn die Rentenfaktoren in der Versicherungswirtschaft werden neu kalkuliert und sind dann nicht mehr so attraktiv wie in der Vergangenheit. Die Niedrigzinsen am Anleihemarkt und vor allem der ab dem kommenden Jahr von 0,90 Prozent auf 0,25 Prozent sinkende Höchstrechnungszins erschweren es Versicherern, überhaupt noch Verträge mit einer Beitragsgarantie anzubieten. Denn bei einem Garantiezins von 0,25 Prozent bleibt nach Kosten am Ende weniger übrig, als eingezahlt wurde.

Insofern sitzen beide Anbietergruppen eigentlich im selben Boot. Das zeigt sich auch daran, dass sich beide in ihren Wünschen nach einer Riester-Reform weitgehend einig sind und beide Lager seit einiger Zeit den Fokus auf das garantiefreie Geschäft gelenkt haben.

Sebastian Mentel , Leiter Private Vorsorge und Vermögensaufbau, , DWS Investments GmbH , Frankfurt am Main

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