Mehr als nur Image

Swantje Benkelberg

sb - Aus der Statistik des Bundesgerichtshofs geht nicht eindeutig hervor, in welchem Umfang die Finanzbranche die Bundesrichter beschäftigt. Ihr Anteil an den Verfahren dürfte jedoch beträchtlich sein. Nimmt man allein die Fälle aus den Rechtsgebieten Darlehen/ Kontokorrentkredite und Versicherungssachen zusammen, kommt man mit 690 eingegangenen Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden im Jahr 2016 auf einen Anteil von 15,2 Prozent aller Fälle. Weitere Bankangelegenheiten verstecken sich darüber hinaus zum Beispiel im Rechtsgebiet Markensachen und Wettbewerb. Auch der Blick auf die Entscheidungen im Juli dieses Jahres sieht nicht viel besser aus: Zwei Mal musste sich der BGH im vergangenen Monat mit Themen aus der Finanzbranche beschäftigen. Und es wären drei Urteile geworden, wenn es nicht kurz vor der für den 19. Juli angesetzten Verhandlung über die Zulässigkeit der Kündigung von Bausparverträgen zu einem Vergleich gekommen wäre, infolge dessen die beteiligten Parteien ihre Klage zurückgezogen haben.

Wiederholt greifen die Urteile in die Preisgestaltung ein. So darf für die Ausstellung von Ersatzkarten auch dann kein Entgelt berechnet werden, wenn der Kunde deren Notwendigkeit zu verantworten hat. Die TAN-Zustellung per SMS darf nur mit Einschränkungen bepreist werden. In gleich mehreren Urteilen haben die Richter außerdem mittlerweile hinreichend klargestellt, dass Bearbeitungsentgelte im Kontext mit Verbraucherkrediten einschließlich Bauspardarlehen unzulässig sind. Auch Mindestentgelte bei Kontoüberziehungen sind damit tabu. Und die Übertragung dieser Rechtsauffassung auf die Unternehmerkredite laut Urteil des XI. Zivilsenats vom 4. Juli 2017 ist nur folgerichtig.

In der Summe ergibt sich daraus für die Öffentlichkeit der Eindruck, dass die Gerichtsbarkeit der Kreditwirtschaft sehr genau auf die Finger schauen muss, weil sie mit allerlei Tricks versucht, ihre Kunden zu übervorteilen. Jedes neuerliche Urteil ist deshalb mit einem Imageschaden für die Branche verbunden. Das gilt selbst dann, wenn eine Entscheidung der Anbieterseite zumindest teilweise recht gibt, wie jüngst im Fall der SMS-TAN (siehe Seite 6). Auch wenn die Verbraucherschützer hier nur einen halben Sieg errungen haben, dominierte doch das Verbot der pauschalisierten Bepreisung die Schlagzeilen. Und selbst dort, wo die grundsätzliche Zulässigkeit eines Entgelts zur Sprache kam, geschah dies selbstredend mit negativer Konnotation. Es passt ja alles so schön ins Bild, das die Diskussionen in der ersten Jahreshälfte 2017 ergeben: Negativzinsen bei immer mehr Kreditinstituten, Extra-Gebühren für die Debitkarte und für die Bargeldversorgung und nun eben auch noch in Form von Nebenkosten beim Online-Banking. Vieles davon gilt zwar nur für einen kleinen Teil aller Kreditinstitute. Doch das ändert wenig an der Aufregung, zumal die sich viel besser vermarkten lässt als positive Meldungen. Dass das Verbraucherportal Biallo am 31. Juli titelte "Dispokredit: Sparkassen schaffen den Überziehungszins ab", fand deshalb nur geringen Widerhall in der Öffentlichkeit. Schade eigentlich - hieß es doch in der Meldung, dass die Sparkassen an dieser Stelle mehrheitlich kundenfreundlicher agieren als die Direktbanken.

Es geht aber nicht nur ums Image, sondern ganz schlicht auch ums Geld. Wenn - zu Recht - immer wieder die Forderung erhoben wird, die Kreditwirtschaft möge doch bitte ihre Profitabilität verbessern, dann ist es nicht hilfreich, wenn jeder noch so kleine Dreh an der Preisschraube gleich vor Gericht landet und wenn Konditionen auch rückwirkend von den Gerichten für ungültig erklärt werden. Juristen erwarten schon jetzt aus dem BGH-Urteil zu den Unternehmerkrediten die größte Rückforderungswelle aller Zeiten - allein schon deswegen, weil Geschäftsführer und Vorstände im Unternehmensinteresse dazu gesetzlich verpflichtet sind. Je nachdem, in welchem Umfang solche Bearbeitungsentgelte ab 2014 erhoben wurden, kann das für die Kreditinstitute an die Substanz gehen. Und das gerade im Mittelstandsgeschäft so wichtige Vertrauen zwischen Unternehmen und Bank werden solche Rückforderungen auch nicht unbedingt erhöhen.

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