Im Blickfeld

Alle Macht den Vertrieben bei Schwäbisch Hall und LBS West

Die jeweils größten Institute unter den privaten und den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen präsentieren in diesen Tagen erste Zahlen zu Absatz und Geschäftsentwicklung des Jahres 2006. Gleichwohl die Bausparkasse Schwäbisch Hall und die LBS Westdeutsche Landesbausparkasse das jeweils zweitbeste Neugeschäftsergebnis ihrer Geschichte verkünden, nehmen sich die Wachstumsraten bei der Brutto-Abschlusssumme doch relativ mager aus. Während Schwäbisch Hall mit 1,7 Prozent wenigstens in Höhe der Inflationsrate zulegt, bleibt die LBS aus Münster mit 0,8 Prozent deutlich darunter.

Verdenken kann man es den Hallern nicht, wenn sie feiern, stärker als der Markt gewachsen zu sein. Schließlich ermittelte der Verband der privaten Bausparkassen für seine Mitglieder, dass der Absatz gemessen an der Bausparsumme im Jahr 2006 nur um 1,0 Prozent auf 61,1 Milliarden Euro zunahm. Wird berücksichtigt, dass fast die Hälfte dieser Summe von Schwäbisch Hall kommt, dürften die übrigen Institute im Schnitt gerade so das Abschlussvolumen des Vorjahres wiederholt haben.

Als Ursache für den schwieriger werdenden Bausparabsatz machen die Institute in erster Linie die unsteten politischen Rahmenbedingungen aus. Denn wie kaum eine andere Investition der privaten Haushalte bedürfe die Anschaffung eines Hauses langfristiger Planungssicherheit. Diese sei derzeit aber nicht gegeben, kritisieren die Bausparkassen. Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage zum Jahresende 2005 sei zwar noch ein kurzer Schlussspurt bei den Baugenehmigungen zu beobachten gewesen. Seit Mitte 2006 gehen die Genehmigungen jedoch zurück, wie der Vorstandsvorsitzende der LBS West, Christian Badde, nachweist.

Zwar hatte die Regierungskoalition vor, das Wohneigentum bis Januar 2007 in die geförderte Altersvorsorge zu integrieren, doch lassen sich bis jetzt noch keine Fortschritte erkennen. So vertagten sich die zuständigen SPD- und CDU-Experten bei ihrem letzten Treffen zu dieser Frage Mitte Januar ohne Ergebnis. Der Ausgang der Verhandlungen bleibt auch für den Vorstandsvorsitzenden der Bausparkasse Schwäbisch Hall, Matthias Metz, ungewiss. Mittlerweile darf am politischen Willen, sich zu einigen, gezweifelt werden.

Hall fordert LBS heraus

Dass die Haller trotz dieser unbeständigen politischen Rahmenbedingungen ihre Gesamtvertriebsleistung im vergangenen Jahr in den drei Hauptgeschäftsfeldern Bausparen, Baufinanzierung und Weitere Vorsorge auf 44,8 (2005: 43,2) Milliarden Euro steigerten, verdient besondere Aufmerksamkeit. Wachstumstreiber war 2006 nämlich nicht das Bausparen. So summierte sich die Brut-to-Bausparsumme der 890 000 neu abgeschlossenen Verträge auf 28,3 (27,8) Milliarden Euro.

Weil sich das Neugeschäft der Bausparkasse damit entgegen dem Branchentrend entwickelte, erwartet der Vorstand, dass der Marktanteil von 26,8 auf 28,0 Prozent ausgebaut wurde. Entsprechend zuversichtlich ist man in Schwäbisch Hall, die 30-Prozent-Marke bis zum Jahr 2010 zu erreichen. Insgesamt betreute die Bausparkasse zum Jahresende 2006 rund 6,6 Millionen Kunden mit 7,1 Millionen Verträgen über eine Bausparsumme von 191 Milliarden Euro.

Am deutlichsten war der Wegfall der Eigenheimzulage im Geschäftsfeld Baufinanzierungen zu spüren. Während das erste Halbjahr 2006 noch von Nachlaufeffekten geprägt war, brach der Absatz in der zweiten Jahreshälfte so stark ein, dass das vermittelte Kreditvolumen schließlich mit 10,6 Milliarden Euro um 2,8 Prozent unter dem Vorjahreswert lag. Drei Viertel dieses Volumens nahmen die Genossenschaftsbanken in die eigenen Bücher.

Dass das Gesamtvertriebsergebnis dennoch zulegte, ist vor allem der anziehenden Nachfrage nach Riesterzertifizierten Anlagen zu verdanken. Schwäbisch Hall weitete den Absatz von Vorsorgeprodukten um knapp ein Drittel auf 5,9 (4,5) Milliarden Euro aus. Insgesamt verkaufte der Haller Außendienst im Cross-Selling 397 000 (359 000) Produkte der Genossenschaftsbanken und Verbundunternehmen - plus 10,5 Prozent.

Davon waren 150 000 Fondsprodukte der Union Investment, wobei allein 100 000-mal das Riester-Produkt Uni-Profi-Rente vermittelt wurde. Im Schnitt wurde damit pro Bausparvertrag ein weiteres Verbundprodukt über den mobilien Vertrieb verkauft.

Um bis 2010 die angepeilten 30 Prozent Marktanteil zu erreichen und darüber hinaus auch zu halten, soll der eigene Außendienst von bisher 3 935 Mitarbeitern innerhalb von fünf Jahren um 1 500 Verkäufer verstärkt werden. Rekrutieren will man sowohl bei Wettbewerbern wie Wüstenrot und BHW als auch unter den eigenen Auszubildenden. Damit möchte die Bausparkasse einerseits den Jugendmarkt intensiver bearbeiten und andererseits innerhalb des Finanzverbundes die schätzungsweise fünf Millionen Kunden der Genossenschaftsbanken, die bisher Bausparverträge bei Wettbewerbern abgeschlossen haben, für Schwäbisch Hall gewinnen.

In einem Pilotprojekt mit drei genossenschaftlichen Primärinstituten sind die fremdbausparenden Kunden bereits angesprochen worden. Eine Aufforderung zur Kündigung bestehender Bausparverträge habe es allerdings in keinem Fall gegeben, versicherte Vertriebsvorstand Gerhard Hinterberger. Vielmehr werde man zunächst versucht, Produkte der Verbundpartner zu verkaufen, was in etwa zehn Prozent der Kundenansprachen auch gelungen sei. Aufgrund dieses Erfolgs wird die Aktion dieses Jahr auf 60 Genossenschaftsbanken ausgeweitet.

Nach vorläufigen Zahlen erzielte die Bausparkasse 2006 einen Zinsüberschuss von 907 (881) Millionen Euro (plus 3,0 Prozent). Aufgrund des höheren Neugeschäfts, geringerer Gebührenerträge in den neuen Tarifen und die Einführung einer pauschalen Bestandsprovision von 20 Millionen Euro für die Genossenschaftsbanken verschlechterte sich das Provisionsergebnis auf minus 175 (minus 135) Millionen Euro. Für Personal- und Sachkosten wurden mit 359 Millionen Euro 2,2 Prozent weniger ausgegeben als 2005. Um Sondereffekte bereinigt stieg das Ergebnis nach Risikovorsorge um 12,6 Prozent auf 197 (175) Millionen Euro. Die Gewinnabführung erhöhte sich auf 70 (46) Millionen Euro. Die Eigenkapitalrendite lag 2006 mit 14,5 Prozent um 0,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Cost Income Ratio blieb mit 50,0 (49,9) Prozent faktisch unverändert.

LBS West kontert mit kräftigem Vertriebsausbau

Auf die angekündigten Vertriebsoffensiven der Wettbewerber - allen voran Schwäbisch Hall, aber auch der Deutschen Bank und von Postbank/BHW will die LBS West mit dem Ausbau des eigenen Außendienstes von aktuell 924 auf etwa 1 075 Mitarbeiter reagieren. Die Entscheidung dürfte aber nicht nur vor dem Hintergrund wachsenden Konkurrenzdrucks von außen gefallen sein, sondern ist auch eine Reaktion auf den zunehmenden Produktwettbewerb am Sparkassenschalter. Wachstum scheint demnach eher über den direkt von der LBS gesteuerten Vertrieb möglich zu sein, da dieser sich ausschließlich auf Bausparen und Baufinanzierungen konzentriert. Weil Verkäufer derzeit jedoch knapp und von vielen umworben sind, will die LBS ihre zusätzlichen 150 Vermittler hauptsächlich unter den eigenen Auszubildenden rekrutieren.

Mit der höheren Vertriebskraft will die LBS, dass schon bald jeder zweite neue Bausparvertrag in Nordrhein-Westfalen (NRW) bei ihr abgeschlossen wird. Das Potenzial sei zumindest vorhanden, versichert Badde. Denn die Sparkassen hätten in diesem Bundesland einen Marktanteil von 55 Prozent. Etwa 70 Prozent der 25- bis 50-jährigen Sparkassenkunden - der Hauptzielgruppe des Bausparens - hätten bereits einen Bausparvertrag bei der LBS. Jetzt gelte es auch die Übrigen zu gewinnen und soweit möglich auch außerhalb der S-Finanzgruppe stärker zu akquirieren. Gemessen an der Stückzahl der Verträge verfügte die LBS in NRW Ende September 2006 über einen Marktanteil von 45,9 Prozent.

Dabei hat das im Jahresverlauf 2006 wieder anziehende Zinsniveau offensichtlich auch dem Bausparen als "Versicherung gegen steigende Zinsen" wie es oft propagiert wird - gut getan. Immerhin sei die Qualität der Verträge spürbar gestiegen, konstatiert Vertriebsvorstand Gerhard Schlangen. Zwar sank die Zahl der Abschlüsse um 8,6 Prozent auf rund 409 000 (447 000) Verträge davon 181 000 mit neuen Kunden (44 Prozent), doch wurden im Schnitt Verträge mit höheren Summen abgeschlossen, sodass die Bruttobausparsumme leicht von 9,6 auf 9,7 Milliarden Euro stieg. Eingelöst waren zum Stichtag rund 385 700 (418 100) Verträge - 7,8 Prozent weniger als 2005 - mit einer kumulierten Nettobausparsumme von 9,0 (8,6) Milliarden Euro (plus 3,9 Prozent).

Wie schon in den Vorjahren steuerten die 111 Sparkassen im Geschäftsgebiet mit ihren 2 700 Filialen und 20 000 Kundenberatern die Hälfte des LBS-Neugeschäfts in NRW bei. Die restlichen, etwa 50 Prozent kamen über den mobilen Vertrieb mit seinen über 900 hauptberuflichen LBS-Beratern herein. Verkauft wurden vor allem Finanzierertarife - mit einer Gesamt-Bausparsumme von 1,57 Milliarden Euro, während Sparertarife lediglich in Höhe von 261 Millionen Euro abgeschlossen wurden.

Zum Kollektiv: Der Geldeingang verringerte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um 3,9 Prozent auf 2,7 (2,9) Milliarden Euro. Davon entfielen 1,8 Milliarden Euro auf Sparbeiträge inklusive vermögenswirksamer Leistungen, aber ohne Zinsen - ein Plus von 0,5 Prozent - und 0,7 (0,8) Milliarden Euro auf Tilgungen (minus 15,7 Prozent). Gleichzeitig stiegen die Auszahlungen aus Guthaben und Bauspardarlehen um 12,8 Prozent auf 1,7 (1,6) Milliarden Euro. Zusammen mit den Krediten im Verbund von 2,7 (2,7) Milliarden Euro wurden insgesamt 4,4 (4,3) Milliarden Euro an die Bausparer ausgezahlt - ein Plus von 4,9 Prozent. Allerdings nehmen die Sparkassen die Vor- und Zwischenfinanzierungen verstärkt auf die eigenen Bücher. Folglich sank das außerkollektive Geschäft der Bausparkasse um 14,2 Prozent auf 0,4 Milliarden Euro, während das Volumen der auf die Sparkassen entfallenden Kredite um 3,4 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro zunahm.

Die Zuteilungen erreichten brutto eine Größenordnung von 3,1 (2,9) Milliarden Euro. Das entspricht einem Zuwachs um 7,1 Prozent. Netto nahm das Volumen um 6,5 Prozent auf ein Volumen von 2,4 Milliarden Euro zu.

Im Bestand summierten sich die Einlagen der Bausparer auf 8,1 (7,8) Milliarden Euro (plus 4,7 Prozent). Diesen standen Kredite von 5,0 auf 4,7 Milliarden Euro (minus 6,7 Prozent) gegenüber. Der eingelöste Vertragsbestand umfasst gegenüber 2005 unverändert 2,6 Millionen Verträge, allerdings stieg durch die im Schnitt höheren Bausparsummen das Volumen um 1,9 Prozent auf 58,0 (56,9) Milliarden Euro. Dabei verschob sich das Verhältnis zwischen Zugeteiltem und Nichtzugeteiltem weiter. Hatten die zugeteilten Verträge 2005 noch eine Größenordnung von 8,8 Milliarden Euro, so sank deren Volumen im Bestand um 7,9 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro. Gleichzeitig wuchs das Volumen der nicht zugeteilten Verträge um 3,7 Prozent auf 49,9 (48,1) Milliarden Euro. Allerdings ist knapp ein Drittel der Verträge fest in Finanzierungen eingebunden. (Red.)

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