Im Blickfeld

Assekuranz: verschenkte Potenziale

Die gewerbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland wird nach wie vor von den klassischen Hypothekenbanken sowie Landes- und Großbanken dominiert. Angesichts der veränderten Marktbedingungen durch Solvency II wird die Finanzierung von Immobilien und Projektentwicklungen nun allerdings auch für Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen interessanter, da weniger Eigenkapital vorgehalten werden muss als bei direkten oder indirekten Immobilieninvestments. Auch zur Diversifikation bestehender Immobilien-Investments ist sowohl die Fremdfinanzierung als auch die Eigenkapitalgeber-Position, zum Beispiel als Joint Venture Partner bei Projektentwicklungen, für solche institutionellen Investoren lukrativ. Die Gründe liegen auf der Hand: Das Finanzierungsgeschäft ist eine Alternative zum harten Wettbewerb um renditeschwache Core-Investments. Zudem ist eine gesunde Verteilung der Mittel auf verschiedenste Asset-Typen und Lagen sowie unterschiedliche Asset Manager und Betreiber möglich. Auch können neue und interessante Unterkategorien bei der Allokation der Immobilienanlagen geschaffen werden.

Vor diesem Hintergrund haben Versicherer, Versorgungswerke und Pensionskassen nun durchaus die Möglichkeit, sich als Kapitalgeber oberhalb der klassischen Bankenfinanzierung (Beleihungsgrenze rund 60 Prozent) zu positionieren. Das heißt, es können Finanzierungen von 70 bis 85 Prozent des Loan to Value (LTV) noch solide getragen werden. Denn nur auf den ersten Blick erscheint das Risiko einer Immobilieninvestition, die zu mehr als 70 Prozent auf fremdem Kapital beruht, eher hoch. So ist etwa die Finanzierung von 85 Prozent des aktuellen LTV vom Marktwertrisiko immer noch geringer (theoretischer Risikopuffer 15 Prozent) als ein Direktinvestment in dieselbe Immobilie, wenn die Versicherung oder Pensionskasse für den Erwerb 100 Prozent des aktuellen Marktwerts bezahlt.

Aufgrund des noch fehlenden beziehungsweise wenig ausgeprägten Knowhows in den gewerblichen Immobilienmärkten scheuen sich die meisten Versicherungsunternehmen jedoch, eigene Strategien der Immobilienfinanzierung aufzubauen. Vielmehr orientieren sie sich allzu häufig einseitig an den etablierten Modellen der Banken. Das Ergebnis ist, dass die Versicherer und Versorger bei der Fremdfinanzierung von Immobilien den Fokus auf die konservative Erstrangfinanzierung von Core-Objekten legen - mit zumeist 60 Prozent Beleihungsgrenze.

So aber werden viele Projektentwickler und Bauträger, die von den Banken aus den bekannten Gründen kaum mehr Finanzierungen erhalten, nur von wenigen "Pionieren" im Markt finanziert. Die Masse der Versicherungen und Versorgungswerke ist hier nicht aktiv. Auch im Bereich Mezzanine oder nachrangige Finanzierungstranchen für Gewerbeimmobilien sind sie kaum anzutreffen. Hier fehlt es an der nötigen Sachkenntnis, an kompetenten Teams und Niederlassungen. Auch der Zugang zu diesem Markt ist vielen Versicherungen und Versorgungswerken versperrt, da sie in diesem speziellen Segment kaum vernetzt sind.

Mit geeigneten Partnern ließen sich diese Defizite indes überbrücken, ohne erst langwierig eigene Strukturen aufzubauen. Das könnte beispielsweise parallel zum klassischen Geschäft der direkten beziehungsweise indirekten Immobilienanlage (Fonds) erfolgen, bei dem von den Institutionellen zumeist ebenfalls keine eigenen Teams (zum Beispiel im Asset Management) aufgebaut, sondern externe Partner mit an Bord geholt werden. Hier ist noch großes Potenzial vorhanden, das der gewerblichen Immobilienfinanzierung neuen Schwung verleihen könnte.

Curth-C. Flatow, Managing Partner, Flatow Advisory Partners GmbH, Berlin

Noch keine Bewertungen vorhanden


X