Im Blickfeld

Aufgemischt

Der jüngste Bank Lending Survey der EZB zeigt ganz klar: Die Kreditnachfrage der Unternehmen in Deutschland sinkt, die nach Konsumentenkrediten und Wohnungsfinanzierungen steigt. Im Firmenkundenkreditgeschäft hat das zum einen mit den Konjunkturerwartungen zu tun. Zudem haben die Kreditinstitute den Unternehmen - wenn auch unter dem Druck der Regulierung - die Finanzierung über Kredite teilweise abgewöhnt. Für das Kreditgeschäft mit privaten Kunden dagegen ist das Umfeld günstig: Das anhaltend niedrige Zinsumfeld senkt bekanntlich die Sparneigung, stattdessen steigt die Konsumfreude bei wachsender Finanzierungsbereitschaft; und die "Flucht in die Sachwerte" macht Wohneigentum attraktiv und führt dazu, dass teilweise schon die Beratungstermine für die Baufinanzierung knapp werden.

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Die hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien lässt die Preise in nicht immer angemessene Höhen steigen und fordert damit das Risikomanagement der Kreditinstitute heraus. Weit weniger beherrschbar scheint derzeit aber wieder einmal das, was sich aus der zunehmenden Regulierung ergibt. Die am 10. September vom EU-Parlament verabschiedete Richtlinie über Wohnimmobilienkredite wird vermutlich erheblichen Anpassungsbedarf mit sich bringen. Das kennt die Branche schon von der Verbraucherkreditrichtlinie, die bei der neuen Hypothekarkreditrichtlinie offensichtlich Pate gestanden hat. Natürlich bleibt die Umsetzung in nationales Recht abzuwarten. Doch angesichts der Parallelen zur Verbraucherkreditrichtlinie muss mit beträchtlichem Aufwand in Sachen Informations- und Dokumentationspflichten gerechnet werden.

Angesichts der Komplexität der Thematik gehen die europäischen Richtlinien zur Baufinanzierung aber noch deutlich weiter. So scheint es nicht ausgeschlossen, dass der deutsche Gesetzgeber ein Beratungsprotokoll verpflichtend vorsieht. Noch einige Diskussionen auslösen dürfte die vom EU-Parlament festgeschriebene Qualifizierung der Kunden. Muss der künftige Eigenheimbesitzer demnächst Baufinanzierungs-Seminare durchlaufen und mit einem Test seine Kerditfähigkeit nachweisen, ehe er einen Darlehensvertrag unterschreiben darf? Und was heißt das alles für die elektronischen Vertriebswege und die gerade anlaufende Videoberatung? Das Beispiel der Wertpapierberatung zeigt, dass ein Zuviel an Regulierung die Entwicklung solcher neuen Ansätze spürbar hemmt.

Überhaupt Beratung: Die Verpflichtung, "im besten Interesse des Kunden" zu beraten, wird noch genauer zu definieren sein. Im weitesten Sinne ließe sie sich dahingehend auslegen, dass der Berater auch auf günstigere Wettbewerbsangebote hinweisen muss. Dann würde sich die Rolle der Banken in vielen Fällen nur noch auf die eines Vermittlers reduzieren - ein Trend, der sich in Teilbereichen ohnehin bereits abzuzeichnen beginnt. Und schon wäre man wieder bei der Frage nach der Vergütung dieser Vermittlerleistung: Provision oder Honorar?

Das alles wiederum kann nicht ohne Ausstrahlung auf das an sich schon regulierte Konsumentenkreditgeschäft bleiben. Kommt beispielsweise ein Beratungsprotokoll für die Baufinanzierung, dann folgt es vermutlich über kurz oder lang auch für den Ratenkredit. Was aber wird dann mit der Finanzierung am PoS, die doch für die Spezialbanken ein ganz wichtiger Neugeschäftsbringer (und für viele Kunden ein attraktives und bequemes Angebot) ist?

Eines steht fest: Das Kreditgeschäft mit privaten Kunden wird wieder einmal kräftig aufgemischt. Die Abwägung zwischen Verbraucherschutz und Praktikabilität ist wie immer eine schmale Gradwanderung, sonst drohen vielversprechende Ansätze abgewürgt zu werden. Der Lobbyarbeit tut sich also erneut ein weites Spielfeld auf. sb

Noch keine Bewertungen vorhanden


X