Offene Immobilienfonds

Auswirkungen verschärften Anlegerschutzes auf institutionelle Investoren

In der jüngsten Vergangenheit hat die Dichte neuer Regelungen in der Immobilienwirtschaft stark zugenommen. Hinter Stichworten wie Basel III, Solvency II, AIFM-Richtlinie und AnsFuG, dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, verbergen sich komplexe Themen, welche die Immobilienbranche beeinflussen und signifikant verändern werden. Aufgrund der Liquiditätsprobleme zahlreicher Offener Immobilienfonds in den letzten Jahren sowie teilweise erheblicher Abwertungen in deren Portfolios im Zuge der Finanzkrise war die Politik in der Pflicht, die Regulierungen für Offene Immobilienfonds neu zu adjustieren.

Mit Inkrafttreten des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (AnsFuG) im April 2011 wurden die Rahmenbedingungen für dieses Investmentsegment in signifikantem Umfang neu geordnet. Zuvor steuerten institutionelle Investoren mit ihren massiven Mittelabflüssen - darunter auch Dachfonds mit teilweise kurzfristig orientiertem Anlagehorizont - maßgeblich zur Liquiditätskrise der Offenen Immobilienfonds bei. Viele institutionelle Investoren hatten die Möglichkeit der täglichen Verfügbarkeit ihrer Anteilscheine stärker im Fokus als eine langfristige Investition.

Verlust der Gunst institutioneller Investoren

Das Gesetz reagiert insbesondere auf das Sicherheitsbedürfnis von Privatanlegern mit der Intention, die Assetklasse speziell für diese Gruppe zu stärken, für die sie auch ursprünglich gedacht war, beispielsweise als Langfristinvestment für die Altersvorsorge. Die neuen Regelungen sehen unter anderem eine Kündigungsfrist der Fondsanteile von zwölf Monaten sowie eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten vor. Kurzfristig wurde eine weitere Regelung in das Investmentgesetz (InvG) aufgenommen. Offene Immobilienfonds sollen künftig nicht mehr als 30 Prozent Fremdkapital bezogen auf den Verkehrswerte der im Immobilienfonds gehaltenen Immobilien aufnehmen dürfen, bisher war ein Leverage von bis zu 50 Prozent möglich.

Immobilien-Spezialfonds sind von einigen Regelungen unter AnsFuG ausgenommen und für institutionelle Anleger, insbesondere deutsche Versicherungen, nun vergleichsweise attraktiver geworden, denn hier können Fondsgesellschaft und Investoren zumindest die Rahmenbedingungen der einzelner Fonds in den Vertragsbedingungen wesentlich flexibler gestalten. Der Immobilien-Spezialfonds kann nach wie vor so ausgestaltet werden, dass er der Immobilienquote im Sicherungsvermögen von Versicherungen zugeordnet wird und die Vorgaben der Anlagenverordnung (AnlV) erfüllt.

Eine Mitte 2011 von Schroder Property durchgeführte Studie unter 112 institutionellen Anlegern kam zum Ergebnis, dass nur die Hälfte der Befragten die neuen Regelungen unter AnsFuG für gelungen hält. Für rund 40 Prozent sind die zweijährige Mindesthaltefrist und die zwölfmonatige Rückgabefrist ein Grund, in Immobilien-Publikumfonds zukünftig nicht mehr zu investieren. Während 65 Prozent der Befragten in Offenen Immobilienfonds investiert sind, möchten nach den Ergebnissen dieser Befragung bis Mitte 2012 nur noch 33 Prozent in dieser Produktkategorie neu anlegen. Die Ablehnung zeigt sich auch darin, dass jeder Dritte seine Investitionen in diese Produkte bis Mitte 2012 auflösen möchte. Damit reduzieren sich die Chancen der aktuell gesperrten Offenen Immobilienfonds weiter, frische Liquidität zur Wiedereröffnung zu gewinnen. Dabei gilt eine Liquidität von rund 30 Prozent des Fondsvermögens am Markt als Untergrenze, um Fonds wieder zu öffnen.

Die Möglichkeiten zur Umschichtung des Vermögens sind allerdings für die Anleger begrenzt. Größere institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds haben nun den Vorteil, dass sie verstärkt auf Spezialfonds ausweichen können, in denen wenige Investoren mit großen Volumina investiert sind und auch die gesetzliche Regulierung geringer ist.

Immobilien-Spezialfonds im Aufwind?

Immobilien-Spezialfonds könnten für institutionelle Anleger an Bedeutung gewinnen. Allerdings hat die Anzahl der neu aufgelegten Immobilien-Spezialfonds bereits in den letzten beiden Jahren signifikant zugenommen. So erweiterten unter anderem Union Investment Real Estate, Warburg-Henderson Immobilien KAG, Real I. S., Catella Real Estate KAG ihren Produktbestand. Hinzu kamen einige Neugründungen von Immobilien-Kapitalanlagegesellschaften in jüngster Vergangenheit. Während 2009 und 2010 lediglich 24 Anbieter am Markt von der BaFin zugelassen waren, gab es Ende 2011 bereits 31. Schätzungen gehen bereits von bis zu 40 bis Ende 2012 aus.

Doch ist die Anzahl der Kapitalgesellschaften in den letzten zwei Jahren überproportional zu den eingesammelten Eigenkapitalzusagen gestiegen. Die Statistik des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) zeigt auch, dass die Mittelaufkommen eher rückläufig sind. Nach einem Rekordvolumen von 5,1 Milliarden Euro im Jahr 2009 flossen den Immobilien-Spezialfonds 2010 nur noch rund 2,5 Milliarden Euro und 2011 etwa 2,7 Milliarden Euro zu. Allerdings sind die Eigenkapitalzusagen der Investoren in der BVI-Statistik nicht erfasst. Eingang in die Statistik finden Commitments erst, wenn sie tatsächlich abgerufen werden. Bis dahin können bis zu drei Jahre vergehen.

Vertragliche Flexibilität als Strukturvorteil

Dennoch: Immobilienspezialfonds verzeichneten in den letzten zehn Jahren ein kontinuierliches Wachstum ihres verwalteten Vermögens von sechs Milliarden in 2000 auf über 32,7 Milliarden Euro Ende Januar 2012. Fraglich ist aber, ob diese Wachstumsgeschichte bei einer weiteren generellen Zurückhaltung von institutionellen Investoren anhält. Für Versicherungen stellt Solvency II ein Investmenthemmnis dar. Branchenkenner gehen bereits von einer Konsolidierung bei kleineren Kapitalanlagegesellschaften aus, die den gestiegenen Anforderungen an das Risikomanagement und das Reporting sowie speziell die Umsetzung der AIFM-Richtlinie nicht gewachsen sind. Zudem drängen einige reine Service-Kapitalanlagegesellschaften auf den Markt, die als Dienstleiter für Dritte agieren.

Allerdings muss die rechtlich flexiblere Ausgestaltung von Immobilien-Spezialfonds im Unterschied zu anderen Immobilieninvestments gesehen werden. Spezialfonds dürfen in individueller Absprache mit den Anlegern der KAG und der Depotbank von vielen Vorschriften im Investmentgesetz (InvG) abweichen. Dies wurde nicht zuletzt durch die Liberalisierung des deutschen Investmentrechts Anfang 2008 ermöglicht. Angesichts von AnsFuG und Solvency II könnte die im Gegensatz zu den Offenen Immobilienfonds geringere Regulierungsdichte ein entscheidender Faktor werden. Dabei sind Immobilien-Spezialfonds gegenüber anderen Anlagealternativen im Vorteil.

Sie besitzen im Gegensatz zu Geschlossenen Immobilienfonds eine höhere Liquidität und im Vergleich zu Immobilienaktien eine geringere Volatilität.

Die Renditen von Immobilien-Spezialfonds haben sich in 2010 allerdings nur langsam erholt. Die Gesamtrendite aller Fonds des Spezialfonds-Immobilien Index (SFIX) der IPD von 1,6 Prozent bricht jedoch den negativen Trend der Vorjahre. Damit verbessert sich die kapitalgewichtete Fondsperformance um 1,1 Prozent im Vergleich zum Krisenjahr 2009. Während die SFIX Rendite mit 6,3 Prozent im Jahr 2007 ihren bisherigen Höhepunkt erreichte, waren die Jahre 2008 und 2009 von einem Rückgang auf 4,4 Prozent und dann 0,5 Prozent geprägt. Die Ergebnisse der Studie zeigen allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den Investmentregionen und den einzelnen Fonds.

Die Immobilien-Spezialfonds mit Deutschlandfokus haben in 2010 zirka 4,3 Prozent erwirtschaftet und lösten sich damit von der Entwicklung der Europa- und der Globalfonds. Und Immobilien-Spezialfonds konnten ihren Anteil in dieser Periode von 2000 bis 2010 am Markt der Offenen Fonds (Publikumsfonds und Spezialfonds) von 5,0 auf 26,4 Prozent steigern. Zusammen mit den institutionellen Publikumsfonds stieg der Anteil institutioneller Investments auf 35,1 Prozent. Bereits Ende Januar 2012 lag die Quote schon bei zirka 39 Prozent.

Die Bedeutung der Immobilien-Spezialfonds im Verhältnis zu Offenen Immobilienfonds zeigt sich auch in der Verschiebung der Volumina auf dem deutschen Investmentmarkt in den letzten beiden Jahren. Nach Erhebungen der Bulwien-Gesa AG hat der gewerbliche Investmentmarkt in Deutschland 2011 das höchste Investitionsvolumen seit 2008 erreicht. Rund 23 Milliarden Euro sind in Gewerbeimmobilien investiert worden, ein Zuwachs von annähernd 20 Prozent im Vorjahresvergleich.

Der Anteil ausländischer Investoren bei den Gewerbeobjekten ist dabei von 20,9 auf 33,4 Prozent gestiegen und hat damit die "sonstigen Investoren" (von 25,6 auf 26,8 Prozent) als größte Gruppe am Markt abgelöst. An dritter Stelle sind 2011 die Immobilien-Spezialfonds mit einem nur sehr geringfügigen Rückgang von 13,1 auf 12,2 Prozent gekommen. Geschlossene Immobilienfonds, im Vorjahr drittgrößte Investorengruppe, sind mit einer Verringerung des Anteils von 18,9 auf 10,6 Prozent auf Platz vier zurückgefallen. An fünfter Stelle folgen die Versicherer und Pensionskassen (von 9,1 auf 8,7 Prozent). Offene Immobilienfonds - und dies als Reaktion auf die Auflösung großvolumiger Sondervermögen - haben ihren Investmentanteil fast halbiert.

Ein differenzierter Blick

Offene Immobilienfonds stecken in der Krise. Allerdings gilt eine differenzierte Sicht. Scope Analysis hat die Ausschüttungen für 2011 von jenen Fonds untersucht, die weder abgewickelt noch geschlossen werden. Das Ergebnis ist unerwartet gut. In die Betrachtung eingeflossen sind elf Fonds, die sich hauptsächlich an Privatanleger richten. Diese stehen für ein Fondsvolumen von rund 50 Milliarden Euro oder rund 60 Prozent der Branche. Das Ergebnis: Im Verhältnis zum Fondsvermögen schütteten die Fonds 3,47 Prozent aus. Insgesamt flossen 1,7 Milliarden Euro wieder an die Anleger zurück. Die Fonds der vier großen Kapitalanlagegesellschaften Commerz Real, Deka Immobilien, RREEF und Union Investment schütteten zum Teil dreistellige Millionenbeträge aus.

Scope kommt aber auch im Zuge einer Umfrage unter institutionellen Investoren Ende 2011 zu dem Ergebnis, dass sich die Anlegerpräferenzen innerhalb der bevorzugten Investmentvehikel verändern. Für die Befragten stehen dabei Immobilien-Spezialfonds höher in der Gunst als Publikumsfonds. Vehikel nach Luxemburger Recht sind hingegen nur für weniger als die Hälfte der Investoren von Bedeutung. Geschlossene Fonds im Mantel der GmbH & Co. KG sind nach eigenem Bekunden nur für ein Drittel als Anlageform relevant. Immobilienaktien und REITs bevorzugt nur rund jeder Zehnte.

Es bleibt aber abzuwarten, ob sich beispielsweise die Versicherungen, die sich aus Offenen Immobilienfonds zurückziehen, stärker bei Immobilien-Spezialfonds engagieren werden, vorbehaltlich der Schatten, die Solvency II bereits wirft. Denn unter Umständen werden künftig auch Immobilienkredite für Versicherungen interessant, da auf die Finanzierung von Immobilien spezialisierte Banken vom Markt verschwinden.

Nach den neuen Regelungen von Solvency II müssen die Versicherungsgesellschaften ihre mit Risiken behafteten Aktiva verstärkt mit Eigenmitteln unterlegen. Da der Unterlegungssatz bei Immobilien mit 25 Prozent beziehungsweise 39 Prozent (reine Eigenkapitalrespektive gemischte Finanzierung) deutlich höher ist als bei Finanzierungsinstrumenten (zum Beispiel bei Pfandbriefen lediglich sechs Prozent), ist für Versicherungen ein Engagement in der Immobilienfinanzierung beispielsweise über börsennotierte Hypothekenpfandbriefe vergleichsweise attraktiv. Eine aktuelle Inrev-Umfrage unter europäischen Immobilieninvestoren und Produktanbietern zeigt hingegen, dass die direkte Vergabe von Fremdkapital für die meisten der Investoren derzeit noch eine untergeordnete Rolle spielt. Auch künftig wollen vier von fünf Investoren nicht direkt als Fremdkapitalgeber für Immobilieninvestments auftreten.

"Eingefroren" oder in Abwicklung

Fest steht, dass sich in naher Zukunft der Markt für Offene Immobilienfonds weiter stark konsolidieren wird. Das Vermögen Offener Immobilien-Publikumsfonds, deren Zukunft ungewiss beziehungsweise deren Ende bereits besiegelt ist, beläuft sich auf zirka 24 Milliarden Euro oder auf mehr als 28 Prozent des gesamten in Offenen Immobilien-Publikumsfonds investierten Vermögens von rund 85 Milliarden Euro. Wie groß diese Summe ist, lässt sich unter anderem daran ermessen, dass das Volumen dieser in Schieflage geratenen Fonds fast genau dem Transaktionsvolumen entspricht, das auf dem deutschen Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien 2011 umgesetzt wurde.

Mittlerweile sind auch Dachfonds, die massiv in Offenen Immobilienfonds investiert sind, von Schließungen betroffen. Allerdings kommt eine aktuelle Studie von Drescher & Cie Immo Consult zu dem Ergebnis, dass sich die in Abwicklung befindlichen Offenen Immobilienfonds aufgrund der sehr divergenten Portfolioqualitäten nur sehr unterschiedlich veräußern lassen werden. Der Kanam Grundinvest verfügt beispielsweise über das fungibelste Immobilienportfolio für die anstehende Abwicklung, gefolgt von Degi International und TMW Weltfonds. "Mittlere Portfolioqualität" attestiert das Scoring-Modell dem Morgan Stanley P2 Value und dem Degi Global Business. Am schlechtesten stehen demnach die Portfolios von Degi Europa und Axa Immoselect da.

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