Real Estate Asset Management

Neue Herausforderungen für das strategische Management

Die Veränderungen bei den Offenen Immobilienfonds seit 2005 sind mit einem Quantensprung zu vergleichen, vor allem aufgrund der nun möglichen stärkeren Internationalisierung des Geschäfts. Darauf muss die Branche reagieren. Im Mittelpunkt stehen dabei steigende Allokationsquoten für Immobilienanlagen. Was bedeutet das für die Branche? Welche Rolle spielen künftig strategische Partnerschaften und welchen Nutzen haben sie? Wie diversifiziert müssen die Produktpaletten sein, welche Bedeutung haben Produktneuerungen, beispielsweise Business-Fonds, und wie kann das Anlagevehikel Spezialfonds gestärkt werden? Und sind die deutschen Immobilienanlageunternehmen wirklich 100-prozentig fit für Europa und die Welt? Das sind die Schlüsselfragen, auf die im Folgenden eingegangen werden soll.

Wieder ein Thema: Inflation

Eine Reihe von Studien belegt, dass Immobilienanlagen zukünftig noch stärker im Fokus der Anleger stehen werden, und zwar sowohl der institutionellen als auch der privaten Investoren. Die Gründe sind nicht wirklich neu: Es geht den Anlegern um Diversifikation ihrer Portfolios, um Risikostreuung, um den Ausgleich von Volatilitäten anderer Assetklassen und eine Absicherung gegen Inflation. Denn Inflation ist wieder ein Thema. Für die Haupttätigkeit der Kapitalanlagegesellschaften (KAG) als Initiatoren von Offenen Publikumsfonds für den Retailvertrieb ist das ein unübersehbares Signal.

Wenn die Assetklasse Immobilie aber in aller Munde ist, bedeutet das für die Fondsmanager, in den nächsten Jahren voraussichtlich wieder mit einem konstanten, relativ hohen Mittelzufluss konfrontiert zu werden. Die aktuellen Finanzmarktturbulenzen werden den erwarteten Mittelzufluss langfristig eher verstärken denn reduzieren. Damit wird es aber immer enger und schwieriger, am Markt nachhaltige Investitionen zu tätigen. Ein Beispiel für das Nachfragepotenzial: Der Immobilienanteil bei Versicherungen und Pensionskassen liegt lediglich zwischen 1,5 und 9,6 Prozent.

Das ist zwar eine sehr große Bandbreite, aber vor allem die größeren Gesellschaften haben durch die Veräußerung von Immobiliendirektanlagen den Anteil an der Real-Estate-Assetklasse auf im Schnitt rund drei Prozent zurückgeführt. Nun ist das Ziel, über indirekte Anlagen einen Anteil von zehn Prozent zu erreichen. Dabei ist es nicht einfach, die richtigen Produkte auszuwählen und tatsächlich die Allokation in der Assetklasse in die gewünschte Größenordnung zu führen.

Zunehmende Internationalisierung

Was folgt daraus für das Management einer KAG? Gerade institutionelle Investoren suchen Anlagen in den unterschiedlichen Regionen und haben inzwischen wieder eine höhere Zielallokationsquote als noch 2007. Das heißt die Kapitalanlagegesellschaften werden sich noch breiter aufstellen und dafür eventuell nach Partnern umschauen müssen. Das Thema internationale strategische Partnerschaften wird noch mehr an Bedeutung gewinnen. Denn die Strukturen können bei allem Fortschritt in den vergangenen Jahren noch weiter professionalisiert werden. So orientiert sich das Management von Immobilienfonds immer stärker an den Prozessen auf der Wertpapierseite. Bei der Degi fing das mit der Einführung eines detailliert strukturierten Investitionsprozesses an, das Research hat enorm an Bedeutung gewonnen und wer einen Top-Down-Ansatz hatte, fügte einen Bottom-Up-Ansatz mit ein.

Bekanntermaßen wurde die Degi im vergangenen Jahr aus dem Banken- und Versicherungsbereich der Dresdner Bank und damit der Allianz hinaus verkauft an einen internationalen Asset Manager und ist jetzt Teil eines Global Players auf der Property-Seite. Der Verdrängungswettbewerb wird auch bei den indirekten Immobilienanlagegesellschaften nicht Halt machen, sodass mittelfristig nur die wirklich großen und globalen Player eine Rolle spielen werden. Das heißt nicht, dass kleine Kapitalanlagegesellschaften verschwinden werden. Aber sie fungieren dann möglicherweise nicht mehr aus der Bank oder Versicherung heraus als verlängerter Arm des Vertriebsweges.

Eigentümerstruktur als Erfolgsfaktor

Mittelfristig wird es eine ganze Reihe unabhängiger Asset Manager geben, die das Produkt Offene Immobilienfonds als Ergänzung in ihre Angebotspalette aufnehmen werden. Langfristig wettbewerbsfähig ist nur diejenige KAG, die über Assets under Management im zweistelligen Milliardenbereich innerhalb ihrer Gruppe verfügt. Dazu ist eine flächendeckende Präsenz nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Wachstumsmärkten nötig. Deshalb ist das Eingehen von strategischen Partnerschaften für den langfristigen Erfolg entscheidend.

Die Degi hat das realisiert und befindet sich schon mitten in diesem Neuordnungsprozess. Wie hat sich das eigentlich vollzogen? Die Fondsgesellschaft ist sicherlich eine der klassischen Kapitalanlagegesellschaften. Sie ist schon sehr lange am Markt. Ihre Marktpräsenz reicht über 35 Jahre zurück, wenn man den traditionellen seinerzeitigen Deutschlandfonds zugrunde legt. Dieser Fonds hatte über lange Zeit fast nur Deutschland bezogene Assets under Management, hat allerdings im vergangenen Jahr Immobilien aus dem deutschen Bestand für mehr als drei Milliarden Euro an internationale Investoren verkauft und verfügt heute noch über rund anderthalb Milliarden Euro verwaltetes Vermögen.

In den vergangenen drei Jahren hat die Degi eine breite Produktpalette aufgebaut, die auf die neuen Anforderungen antwortet. Sie ist in Europa und weltweit präsent, war allerdings bis Ende letzten Jahres zentral organisiert. Nun kann sie sich in einem europäischen Power-Haus für Asset Management behaupten, das über insgesamt 140 Milliarden Euro Assets under Management verfügt und allein auf der Immobilienseite rund 30 Milliarden Euro under Management bündelt. Sie gehört zu den fünf größten Immobilien-Asset-Managern in Europa und zu den zehn größten in der Welt.

Für einen traditionellen KAG-Fondsmanager ist das spannend und eine Herausforderung. Es bringt der Gesellschaft, den Anlegern und den Fonds erhebliche Vorteile, dass das Institut nicht mehr nur zentral in Frankfurt vertreten ist, sondern auf einen Konzern zurückgreifen kann, der über 800 Mitarbeiter in zwölf Ländern in Europa beschäftigt. Das sind echte Real-Estate-People, die das Geschäft verstehen und die bei der Optimierung der Produkte helfen können. Denn Real Estate lebt letztendlich vom Underlying und nicht nur von der Verpackung.

Mit einer entsprechenden Marktpräsenz nicht nur in Europa kann man den Herausforderungen der Internationalisierung besser begegnen, als wenn man sich rückwärts gerichtet möglicherweise nur in Europa und ohne überregionalen Partner aufstellen muss. Eine KAG sollte sich also nicht nur auf der Produktseite internationaler ausrichten, sondern auch auf der Gesellschafterseite. Soweit zu den Erfahrungen der Degi.

Erweiterung der Produktpalette nötig

Hinsichtlich der Produktpalette sind von allen Kapitalanlagegesellschaften vor allem Innovationen gefragt. Natürlich ist der Standard-Publikumsfonds das Brot-und-Butter-Geschäft und wird immer eine wichtige Säule bleiben, von der Ertragsseite her wie für die Vertriebspartner. Aber die institutionellen Investoren und auch die sogenannten semiinstitutionellen Anleger wie Fund-of-Funds-Manager, Family Offices, Vermögensverwalter und Private Banker verlangen nach neuen Lösungen. Diese müssen zwar passend zugeschnitten sein, der Grad der Individualität darf aber nicht zu groß sein - Tailor-made von der Stange sozusagen. Man geht heute nicht mehr mit einem Produkt auf den Markt und schaut, wie man es vermarkten kann. Man geht auf den Markt und evaluiert, was die Kunden suchen, und kommt dann mit einem Produkt zurück. Die moderne Kapitalanlagegesellschaft muss die Trends erkennen, ohne nur den Moden nachzulaufen, und dann aber auch in der Lage sein, diese Erkenntnisse durch geeignete Prozesse, durch eine strategische Produktentwicklung und ein Business Development strukturiert und schnell umzusetzen. Das führt dann zu einer stärkeren Diversifizierung der Produktpalette nach Regionen, nach Nutzungsarten, aber auch nach Risikoprofilen. Und das ist bei den traditionellen Publikumsfonds, bei denen die Sicherheit der Anleger im Vordergrund steht und bei denen sich die Investments demzufolge im "Core"- bis "Core plus"-Bereich bewegen, ganz bewusst nicht der Fall. Der institutionelle Anleger oder der semiinstitutionelle Anleger mischt sich seine Risikoprofile allerdings selber. Das führt zu einer größeren Akzeptanz beziehungsweise dem Wunsch nach Fonds für bestimmte Themen oder mit unterschiedlichen Investmentstilen. Ein Beispiel sind die "Business Fonds" der Degi. Einige Mitbewerber haben ähnliche Produkte auf den Markt gebracht. Das sind Publikumsfonds für institutionelle und semiinstitutionelle Anleger, mit denen Modalitäten für Mittelzuflüsse und Haltedauern vereinbart werden. Im Fall der Business Fonds sind das Großanleger mit Beträgen ab 75 000 Euro (in der Regel aber ab 500 000 Euro), die Anteile ohne Ausgabeaufschlag erwerben. Sollten diese Investoren ihre Anteile innerhalb von drei Jahren zurückgeben wollen, sind nach Haltedauer gestaffelte Rücknahmeabschläge zu zahlen. Diese fließen dem Fondsvermögen zu und schützen so die verbleibenden Anleger im Fonds. Wichtig ist die bewusst gering gehaltene Liquiditätsquote dieser Sondervermögen. Über einen sogenannten Cash-Call-Prozess werden die Gelder der Investoren erst abgerufen, wenn der Akquisitionsprozess der Immobilie schon in der Due Diligence ist und absehbar ist, wann der Kaufvertrag abgeschlossen wird. Nebenbei ist eine niedrige Liquiditätsquote in einem schwachen Zinsumfeld natürlich gut für die Fonds-Performance. Unterstützt wird das alles von einem umfangreichen Investoren-Reporting, das weit über das normale Reporting bei klassischen Publikumsfonds hinaus geht. Im Grunde genommen bekommen die Investoren vierteljährlich differenzierte Rechenschaftsberichte.

Gefragte Spezialfonds

Nach dieser Mischform, die rechtlich gesehen natürlich ein Publikumsfonds ist, nun zu den echten Spezialfonds. Degi verzeichnet nach wie vor eine große Nachfrage der institutionellen Investoren nach der Assetklasse Real Estate. Deshalb wird die Bedeutung des Spezialfonds in Zukunft zunehmen, vielleicht sogar bis zu einem Anteil von 50 Prozent an allen Immobilienfondsvermögen. Davon sind wir noch weit entfernt: Auf der Publikumsseite steht aktuell ein Vermögen von mehr als 86 Milliarden Euro, auf der Spezialfondsseite von 21 Milliarden Euro. Allerdings hat sich das Vermögen der Publikumsfonds in den letzten neun Jahren "nur" knapp verdoppelt, die Spezialfonds dagegen sind mit mehr als dem Faktor 4,5 gewachsen.

An dieser Stelle muss das Stichwort Luxemburg noch kurz erwähnt werden. Denn trotz der Verbesserungen durch die Novelle des Investmentgesetzes bieten die Luxemburger Fondsvehikel immer noch teilweise Vorteile wie zum Beispiel bei der Fremdfinanzierung, durch die effiziente Aufsichtsbehörde, die eine schnelle Umsetzung möglich macht, sowie Steueroptimierungsmöglichkeiten. Das macht den Luxemburger Spezialfonds vor allem für internationale Investoren attraktiv. Aber das deutsche Pendant muss sich keineswegs verstecken, auch weil sich die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Gesetzes durch den Wegfall von Beschränkungen verbessert haben.

So geht man nun davon aus, dass es sich um mündige Anleger handelt, dass der Investor in den Spezialfonds ein professioneller Investor ist, und dass mit Zustimmung dieses Investors eine ganze Reihe von Dingen möglich ist, die früher nicht möglich waren. Alle gesetzlich zulässigen Anlagegegenstände können in den Spezialfonds gepackt werden. Es gibt keinen Fonds-Typenzwang mehr und es gibt auch die Möglichkeit, sich als Dachfonds an anderen inländischen Spezialfonds zu beteiligen. Und schließlich ist die Begrenzung auf 30 Investoren weggefallen, wobei dies ein eher akademischer Punkt ist. Denn kein Fondsmanager möchte einen Fonds mit 50 oder mehr Anlegern haben. Es wird mit Sicherheit keinen Massen-Spezialfonds geben.

Ein Problem für den Standort Luxemburg ist die Personalsituation. Es gibt dort eine außerordentlich große Nachfrage nach qualifiziertem Personal. Wer etwas aufbauen möchte, muss die Leute mitbringen. Da reicht es nicht aus, dass es so viele kompetente, internationale Kanzleien, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gibt. Denn man braucht selbstverständlich auch Inhouse-Know-how. Doch der Markt ist leergefegt. All das bedeutet: Die Entscheidung Luxemburg oder deutscher Spezialfonds ist nicht mehr so einfach zu beantworten wie in der Vergangenheit. Das Pendel schlägt zurzeit stark in Richtung deutscher Immobilien-Spezialfonds aus. Schließlich stellt sich die Frage, ob die Offenen Immobilienfonds deutscher Provenienz, deutscher Prägung, fit für Europa sind? Oder andersherum gefragt: Was bedeutet Europa für die Offenen Immobilienfonds?

Offene Fonds in Europa

Mit dem Anfang dieses Jahres von der EU-Kommission veröffentlichten Expertenbericht über Offene Immobilienfonds wurde ein stringentes Papier entwickelt, das auch die Probleme des Offenen Immobilienfonds aufgreift. Der Offene Immobilienfonds ist ein Produkt vor allem für die breite Schicht der Privatanleger, eine stabile Anlagemöglichkeit auch im Rahmen der privaten Altersvorsorge. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die übrigen europäischen Länder. In dieses Szenario passt es einfach nicht, dass der Offene Immobilienfonds in Europa nicht ohne weiteres vertrieben werden kann. Dieser Ansicht ist die Expertenkommission gefolgt. Es wird angestrebt, dass Rahmenbedingungen europaweit festgelegt werden, wobei innerhalb der Länderzuständigkeiten weiterhin die Möglichkeit besteht, spezifische Besonderheiten zu erhalten.

Die gewünschte Vereinheitlichung der Gesetze gewährleistet Rechtssicherheit für die Investoren und ermöglicht den Offenen Immobilienfonds, europaweit Vertrieb durchzuführen. Das ist für den Vertrieb eine Riesen-Herausforderung. Reicht das Netzwerk aus, um auch im Ausland Vertriebspartner zu finden? Die Degi ist bereits über Dachfondsmanager mit Vertriebsorganisationen in Spanien und Portugal verbunden.

Da die Dinge in Brüssel immer etwas länger dauern, ist nicht sicher, ob all das schon im kommenden Jahr geschieht. Aber die Immobilien-KAG-Branche muss sich darauf einstellen. Denn es ist nicht nur so, dass dann deutsche Produkte im Ausland verkauft werden können. Sondern es wird natürlich auch Konkurrenz von ausländischen Anbietern hier in Deutschland geben.

Gestiegene Kundenansprüche

Bei all dem darf man einen nicht vergessen: den Kunden. Clients first! Denn gerade in großen Konzernen droht die Gefahr, dass man durch "politische" Aufgaben zu weit weg vom Endkunden gerät. Schlimmstenfalls verliert man auch mal den Fokus auf das wirkliche Kundeninteresse. Diejenige Gesellschaft ist für die Zukunft am besten aufgestellt, die ihre Anleger, egal ob private oder institutionelle, dauerhaft zufriedenstellt. Denn KAG beziehungsweise Fonds zu sein, ist kein Selbstläufer mehr. Der Wettbewerb nimmt zu und es wird immer mehr informierte Anleger geben, die sich aus dem Angebot das Passende herausfiltern - Google lässt grüßen.

Die neue Generation achtet in der Regel noch sehr viel mehr auf die Rendite, auf die Risikostreuung und auf die Erfüllung der Fondsstrategie. Die Kunden verlangen professionellen Einsatz für ihr Geld, der private Anleger nicht weniger als der institutionelle. Diese Herausforderung wird die nächsten Jahre für die Offenen Immobilienfonds prägen.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag der Autorin auf der Tagung "Offene Immobilienfonds 2008" von Immobilien & Finanzierung.

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