Datenmanagement und Kreditprocessing

BelWertV-konforme Umwandlung von Kreditbeständen

Die anhaltende Niedrigzinsphase hat eine erhöhte Finanzierungsnachfrage von Bauherren und Immobilienkäufern bewirkt. Für Investoren ist es in dieser Situation wichtig, eine Geldanlage zu finden, die neben einem gewissen Maß an Sicherheit auch mindestens den durch die Inflation entstehenden Kaufkraftverlust ausgleicht. Pfandbriefe bieten dafür eine geeignete Anlagemöglichkeit und für die Banken zugleich eine attraktive Refinanzierungsoption. Der Kreditbestand vieler Finanzdienstleister birgt ein erhebliches Potenzial an zusätzlichem Deckungsvolumen. Doch aufgrund der in den letzten Jahren gestiegenen regulatorischen Anforderungen ist die Daten- und Unterlagenqualität dieser Engagements meist nicht pfandbrieffähig, was eine Qualifizierung erschwert.

Pfandbrieffähigkeit

Damit der Aufwand bei der Begebung eines Pfandbriefs so gering wie möglich gehalten werden kann, sollten Kreditinstitute schon bei der Kreditvergabe die Pfandbrieffähigkeit mit einem BelWertV-konformen Daten- und Unterlagenmanagement sicherstellen (Beleihungswertermittlungsverordnung). Die Schaffung einer BelWertV-Konformität für die Kreditbestände stellt dagegen eine größere Herausforderung dar.

Zusätzlich zum Aspekt der Refinanzierung stellt auch das Regelwerk Basel III verstärkte Anforderungen an die Eigenmittel der Kreditinstitute. Dadurch rückt die Anwendung der BelWertV in eine zentrale Perspektive. Ebenso erhöht die Novelle der Solvabilitätsverordnung (SolvV) die Anforderungen an die Beleihungswertermittlungen für die Institute, die bereits eine Privilegierung ihrer Realkredite in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen wollen. Dabei ist anzunehmen, dass die bisherigen Erleichterungen unter anderem durch die Nutzung des anders ermittelten nachhaltig erzielbaren Beleihungswertes nach § 22 SolvV entfallen wird und auch in diesen Fällen die Berücksichtigung der BelWertV erforderlich werden könnte.

Ob aus Gründen der Refinanzierung mittels Pfandbriefen, aufgrund der Anforderungen von Basel III oder der Maßgaben aus der SolvV-Novelle - die Fragestellung, mit der sich viele Kreditinstitute bei der Umwandlung von Kreditbeständen beschäftigen, bleibt dieselbe: Wie kann diese Umwandlung zum Erfolg werden?

Neun Praxistipps

Voraussetzung ist immer ein qualitätsgesichertes Daten- und Unterlagenmanagement. Im Zuge von Migrationen, Systemumstellungen oder Änderungen an internen und externen Anforderungen geht meist ein Verlust der Daten- und Unterlagenqualität einher. Neben dem Fehlen von aktuell benötigten Objektunterlagen gibt es häufig Lücken bei der systemseitigen Datenerfassung. Um eine einheitliche Datenqualität zu erreichen, sind die Festlegung des Umfanges der Nacherfassung und die Korrektur der Daten erforderlich. Die Hypotheken Management Gruppe unterstützt Banken, Sparkassen, Bausparkassen, Versicherungen und weitere Finanzdienstleister seit Jahren bei der Vorbereitung und Durchführung von Bestandsumwandlungen. Durch die Erfahrungen in diesen Bereichen lassen sich neun Praxistipps für das Daten- und Unterlagenmanagement definieren.

Klare Verantwortlichkeiten definieren:

Eine hohe Daten- und Unterlagenqualität wird unter anderem durch die Benennung eines fachlichen Multiplikators hergestellt. Der Multiplikator fungiert dabei als Ansprechpartner während der Bestandsumwandlung. Eine Aufteilung der Arbeitsschritte bewirkt eine Spezialisierung der Mitarbeiter auf einzelne Teilbereiche und führt zu einer Steigerung von Qualität und Effizienz. Durch die Spezialisierung ist die optimale Besetzung nach dem Anforderungsprofil der Position möglich. Dies können Spezialisten in den Bereichen Immobilienbewertung, Kommunikation im Zuge der Daten- und Unterlagenbeschaffung sowie im Bereich Kreditaktenscreening zur Prüfung der Vollständigkeit und Erfordernis von Daten und Unterlagen für die Bestandsumwandlung sein.

Datenanalyse vorschalten: Die Analyse und Bewertung des Bestandsportfolios ermöglicht eine Einschätzung des Bearbeitungsaufwandes für die Umwandlung der Engagements. Benötigte Kapazitäten können beziffert, erfolgversprechende Teilportfolien identifiziert und Abarbeitungsreihenfolgen festgelegt werden.

Teilziele festlegen: Aufgrund der Festlegung von erforderlichem Umwandlungsvolumen sowie der verfügbaren Bearbeitungszeit können Teilziele abgeleitet werden. Die Einhaltung dieser Ziele kann durch eine Ist-Soll-Analyse überwacht werden.

Klare Prinzipien definieren: Neben Verpflichtungen bietet die BelWertV Interpretationsspielräume und Verzichtsregelungen. Die Auslegung dieser Handlungsspielräume sowie der Umgang mit Empfehlungen von Verbänden aufgrund durchgeführter Bestandsprüfungen können bei der Definition der eigenen Qualitätsanforderungen an Daten und Unterlagen berücksichtigt werden. Eine standardisierte Vorgehensweise mit wenig Platz für Einzelfallentscheidungen verkürzt dabei die Prozesslaufzeit.

Aufgaben und Prozesse im Vorfeld beschreiben: Alle Aufgaben und Prozesse sollten in der Vorbereitungszeit definiert und dokumentiert werden. Eine Kurzfassung dieser Ausarbeitung sollte als Arbeitsanweisung für die Mitarbeiter verwendet werden, die die Bestandsumwandlung durchführen. Nützliche Hilfsmittel sind dabei die Arbeitsteilung nach Tätigkeiten, die Art der Beschaffungswege zur Vervollständigung der Daten und Unterlagen sowie ein Leitfaden zur Kommunikation bei der Unterlagenanforderung. Die Erfolgsquote ist umso höher, je weniger der Kreditnehmer in den Beschaffungsprozess rund um fehlende Daten und Unterlagen eingebunden wird. Dies sollte bei der Definition der Prozesse unbedingt berücksichtigt werden.

Projektbegleitende Soll-Ist-Analyse: Ein regelmäßiger Abgleich zwischen dem Fortschritt der Bestandsumwandlung und den zuvor definierten Teilzielen ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Anpassungsbedarf. Mit den entsprechenden kurzfristigen Maßnahmen kann dann in der laufenden Bestandsumwandlung nach Bedarf das Vorgehen angepasst werden.

Qualitätssicherungsmaßnahmen implementieren: Die Einhaltung der festgelegten Arbeitsanweisungen wird durch regelmäßige Qualitätssicherungsmaßnahmen überwacht. Innerhalb des Objektbewertungsprozesses kann dies durch die gesetzlich vorgeschriebene Stichprobe bei der Anwendung des Kleindarlehensbereiches der BelWertV dargestellt werden. Bei einer erforderlichen Prozessumstellung kann eine verstärkte Qualitätssicherungsmaßnahme für den Umstellungszeitraum angebracht sein. Dadurch können mögliche Informationsdefizite frühzeitig festgestellt und ausgeglichen werden.

Interne Kommunikation aufsetzen: Nicht immer ist im gebotenen Fall auch eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Kreditnehmer zur Vervollständigung der Kreditakte möglich. Dies kann zur Folge haben, dass sich der Kunde bei Rückfragen anstatt an den Ansprechpartner innerhalb des Bestandsumwandlungsteams an seine Kundenberater wendet. Die frühe Information an alle beteiligten Bereiche über die Umwandlung der Kreditbestände ist daher äußerst wichtig. Dadurch wird außerdem das Risiko von Mehrfachbearbeitungen ausgeräumt.

Als Projekt abgrenzen: Vorhandene Mitarbeiterkapazitäten sind in der Regel mit der Bearbeitung des Tagesgeschäftes voll ausgelastet. Durch eine Separierung der Bestandsumwandlung vom Tagesgeschäft wird sichergestellt, dass sowohl laufende Prozesse im Neu- und Bestandsgeschäft der Bank als auch die Tätigkeiten im Zuge der Bestandsumwandlung gleichermaßen mit der erforderlichen Zuwendung bearbeitet werden.

Wie bei Punkt 2 "Datenanalyse vorschalten" bereits beschrieben, ist die Identifizierung erfolgsversprechender Teilportfolien im Rahmen der Bestandsumwandlungsvorbereitung besonders zu beachten. Innerhalb eines Kreditbestandsportfolios sind Engagements vorhanden, die mehr oder weniger erfolgversprechend sind. Dabei kann im Wesentlichen nach dem Aufwand zur Herstellung einer BelWertV-Konformität sowie nach dem Umwandlungsvolumen unterschieden werden. Eine Einstufung der Bestandsengagements in Teilportfolien bietet die Möglichkeit einer zielgerichteten Festlegung von Abarbeitungsreihenfolgen innerhalb der Projektdurchführung und vermeidet die Bearbeitung von Vorgängen, die lediglich mit einem zu großen Aufwand oder gar nicht aufbereitet werden können.

Vier Teilportfolien

Grundsätzlich lassen sich vier Teilportfolien unterscheiden:

Teilportfolio 1 - Vernachlässigung: Die Engagements haben ein geringes Volumen. Die Aufbereitung der Daten- und Unterlagenqualität ist erschwert beziehungsweise nicht möglich. Die Kriterien könnten je nach Portfoliostruktur beispielsweise Zahlungsrückstände des Kunden, Problem- oder Spezialimmobilien oder bald getilgte Engagements sein. Ebenso können in diesen Bereich Engagements gefasst werden, die nach den Kriterien des Kreditinstitutes als beispielsweise nicht pfandbrieffähig eingestuft werden.

Teilportfolio 2 - Abwägung: Ein hoher Anteil des Umwandlungsvolumens bezieht sich auf Engagements, bei denen ein mittlerer Aufwand zur Qualifizierung des Daten- und Unterlagenbestandes betrieben werden muss. Die Bearbeitung dieser Vorgänge kann je nach Umwandlungsbedarf unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses als empfehlenswert betrachtet werden.

Teilportfolio 3 - Eignung: Dieser Bereich bildet einen kleinen Anteil des Gesamtvolumens. Die Daten- und Unterlagenqualität ist als gut zu beurteilen, eine Qualifizierung dieser Engagements ist dadurch relativ schnell und mit kleinem Aufwand durchführbar. In dieses Teilportfolio können Engagements eingestuft werden, bei denen einfach beschaffbare Unterlagen fehlen. Dazu können beispielsweise Grundbuchauszüge oder Lagepläne zählen.

Teilportfolio 4 - Priorisierung: Die Engagements kombinieren ein führendes Volumen am Kreditbestand mit einem geringen Aufwand zur Umwandlung nach den Anforderungen der BelWertV. Dieses Teilportfolio stellt den erfolgversprechendsten Teil des Gesamtbestandes dar. Eine priorisierte Berücksichtigung bei der Festlegung der Abarbeitungsreihenfolge bietet sich an.

Die BelWertV-konforme Aufbereitung der Kreditbestände führt dann zum Erfolg, wenn im Vorfeld eine Analyse des Bestandsportfolios anhand repräsentativer Stichproben vorgenommen wird und aufgrund der Ergebnisse ein Gesamtprozess abgeleitet wird, der alle Eigenheiten der Portfoliostruktur berücksichtigt. Werden diese Ergebnisse auf die Bestandsumwandlungstätigkeit übertragen und in einer Prozessbeschreibung sowie in den Arbeitsanweisungen definiert, sind alle Voraussetzungen getroffen um eine hohe Effizienz und eine bestmögliche Durchführbarkeit zu garantieren.

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