Frage an Marcel Köchling

Warum braucht es einen Verband für Kreditankauf

Im Juli dieses Jahres haben einige der am Markt aktiven Käufer aus dem Bereich Non-Performing Loans (NPL) und deren (zur Bearbeitung der Darlehen beauftragten) Dienstleistungsunternehmen die "Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e. V." gegründet. Der Verband hat seinen Sitz in Berlin und soll zukünftig die Interessen der Branche gegenüber Verkäufern, Öffentlichkeit, Politik und Behörden vertreten.

Verbesserung der Akzeptanz

Zugleich sollen die Standards und Corporate Governance für den Erwerb und die Bearbeitung notleidender Kredite weiterentwickelt werden. Weiteres Ziel ist, mit der Installation eines Ombudsmannes die Akzeptanz des Kreditport-folio-Managements zu erhöhen und ein System effektiver Selbstregulierung zu etablieren. Die Frage ist jedoch, welche Entwicklungen im Markt dazu geführt haben, dass diese vergleichsweise kleine, wenn auch vielbeachtete und spezialisierte Branche einen Bundesverband braucht.

Der Markt für die Veräußerung von notleidenden Krediten ist erst seit einigen Jahren in Deutschland existent. Seine Anfänge hatte er in den USA, anschließend entwickelte er sich in Asien und erreichte Europa schließlich zu Beginn dieses Jahrtausends. Deutschland bietet aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung nach der Wiedervereinigung und der bisher zurückhaltenden Verwertungspolitik der Banken innerhalb der EU das größte Potenzial für leistungsgestörte Kredite.

Der größte Anteil der gehandelten Darlehen sind immobilienbesicherte Kredite. Der deutsche Immobilienmarkt gilt als unterbewertet, sodass für Spezialisten hier noch Potenziale zu heben sind. Darüber hinaus werden vermehrt Firmenkredite und unbesicherte Restforderungen veräußert.

Beachtliche Dimensionen

Die ersten Portfolios wurden im Jahre 2003 verkauft. Die Transaktionen erreichten in den Jahren 2004 bis 2006 ihren vorläufigen Höhepunkt. Aktuelle Schätzungen (so zum Beispiel laut einer Studie von KPMG) gehen von einem Marktpotenzial von rund 150 Milliarden Euro aus. Pro Jahr wird schätzungsweise ein Volumen von zehn bis 15 Milliarden Euro von Banken an Finanzinvestoren und in diesem Bereich tätige andere Banken übertragen. Der Umfang solcher Transaktionen ist damit groß genug, dass sich Öffentlichkeit und Politik näher damit befassen.

NPL werden in der Regel in Portfolios von mehreren Dutzend bis mehreren Tausend Krediten übertragen. Die größte bisher erfolgte Transaktion war ein Portfolio der Hypo Real Estate Bank AG über 3,6 Milliarden Euro, das im Jahre 2004 veräußert wurde. Der überwiegende Anteil der Portfolios betrifft Immobilienkredite gewerblicher Investoren. Viele Darlehenspakete enthalten jedoch auch Kredite von Privatpersonen.

Investoren übertragen die zumeist intensive Bearbeitung der Kredite auf spezialisierte Dienstleister. Diese haben sowohl Expertise im Bereich der Abwicklung leistungsgestörter Darlehen als auch in der Betreuung und Vermarktung von Immobilien. Die von Banken verkauften notleidenden Darlehen haben in der Regel bereits eine lange Historie in den Work-out-Abteilungen der Banken hinter sich. Oftmals wurden bereits mehrere Jahre lang keine Zins- und Tilgungsraten durch die Darlehensnehmer mehr geleistet und eine Vielzahl von Sanierungsversuchen unternommen. Vereinzelt haben Banken ihren Portfolios auch nicht-leistungsgestörte (sogenannte Performing Loans) beigemischt, die aufgrund strategischer Überlegungen veräußert werden sollten.

Vermutetes Unrecht

Seitens der Öffentlichkeit und neuerdings auch der Politik wird die Übertragung von Darlehen immer wieder angeprangert und dabei der Eindruck suggeriert, als würde hier gegen bestehendes Recht verstoßen. Kreditverkäufe seien nicht in Übereinstimmung zu bringen mit dem Bankgeheimnis und dem Bundesdatenschutz.

Dabei hatte der BGH im Februar dieses Jahres eindeutig Stellung bezogen und Darlehensverkäufe als rechtmäßig eingestuft. Insbesondere bei notleidenden Krediten dürfen auch die für einen Verkauf dringend notwendigen Daten an Investoren weitergegeben werden.

Dagegen können bei Performing Loans Verkäufe nur mit Zustimmung der Darlehensnehmer oder ohne Offenlegung der persönlichen Daten vorgenommen werden. Allerdings gibt es Transaktionsstrukturen (Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz, Abtretungen der Forderungen), die dennoch eine "Veräußerung" ermöglichen.

Negatives Image durch Medien erzeugt

Für den Darlehensnehmer, der seinen Kredit ordentlich bedient und auch sonst keine Kündigungsvoraussetzungen liefert, ändert sich damit nichts. Seine Rechtsposition bleibt unverändert. Die Serviceunternehmen sind in ihren Vollstreckungsbemühungen ebenso wie jede Bank an geltendes Recht und Gesetz gebunden. Sie müssen darüber hinaus zum Einzug von Forderungen zugelassen sein. Hierzu gibt es bereits seit Jahrzehnten gesetzliche Regelungen.

Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren Widerstand formiert, der insbesondere die sogenannten "Häuslebauer" zum Inhalt hat. Die Medien haben sich dieses Themas dankbar angenommen und liefern regelmäßig Berichte, in denen hilflose Privatpersonen vermeintlich skrupellosen internationalen Finanzinvestoren gegenübergestellt werden. Sich diesen meist haltlosen Vorwürfen zu erwehren ist - vor allem einzelfallbezogen - aufgrund des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes schwierig.

Einseitige Berichterstattung

Dabei ist die Berichterstattung oftmals sehr undifferenziert. Es wird nicht zwischen notleidenden und regelmäßig bedienten Krediten unterschieden und eine überwiegend schuldnerfreundliche Sichtweise eingenommen. Dabei wird übersehen, dass die Kredite zumeist bereits in gekündigtem Zustand übertragen werden, das heißt von Seiten der Bank das Vertragsverhältnis mit dem Schuldner aufgrund einer nachhaltigen Leistungsstörung beendet wurde. In vielen Fällen waren von den Banken bereits über einen längeren Zeitraum Sanierungsversuche unternommen worden, die jedoch zu keinem Ziel geführt hatten.

Die Berichte in den Medien haben das Bild der Finanzinvestoren jedoch geschädigt. Die Berichterstattung beleuchtet zumeist nur die Nachteile, nicht aber auch die Vorteile von Darlehenstransaktionen für die verkaufenden Banken, so unter anderem Beschaffung von Liquidität und Freisetzen von Eigenkapital für Neugeschäft, Freisetzung von Bearbeitungskapazitäten und Anpassung von Bilanz und Controlling an die Basel II-Kriterien.

Je mehr Investoren und Servicegesellschaften in diesen Markt kamen, umso deutlicher wurde, dass die Branche ein Organ braucht, das die Interessen der Marktteilnehmer vertritt. Mit dem im Juli 2007 gegründeten Bundesverband soll der Branche offiziell "ein Gesicht gegeben" werden.

Ziele und Aufgaben des neuen Verbandes

Ziel ist es, Maßnahmen und Aktionen, die alle NPL-Investoren- und NPL-Servicer betreffen, zu bündeln und abzustimmen. Es sollen gemeinsame Bearbeitungsstandards erarbeitet und Handlungsnormen aufgestellt werden, denen sich die Mitglieder verpflichten. Darüber hinaus hat der Verband durch die Schaffung eines Ombudsmannsystems auch Vorteile für Schuldner. Diese haben die Möglichkeit, ihre Anfragen an den Ombudsmann zu richten und diesen als unabhängigen Schlichter zu nutzen.

Aktuell wirkt der Bundesverband bei der Erarbeitung des von der Bundesregierung geplanten Risikobegrenzungsgesetzes mit. In diesem sollen auch Regelungen verankert werden, die NPL-Investoren stärker regulieren. Der Verband bringt sich aktiv in die Diskussion und in die Erarbeitung des Gesetzes ein und bemüht sich darum, die Erfahrungen aus der Praxis des NPL-Geschäftes in geeignete und ausgewogene Regelungen des Gesetzes einfließen zu lassen.

Er unterstützt dabei die von Bundes-bank-Vorstand Zeitler aufgebrachte Idee einer freiwilligen Selbstverpflichtung der deutschen Kreditwirtschaft, um mehr Transparenz für Schuldner und Marktteilnehmer beim Verkauf von Kreditforderungen herzustellen.

Nach Auffassung des Verbandes sollte diese Selbstverpflichtung auch auf die Investoren und Servicer ausgedehnt werden, die entsprechende Kredite kaufen beziehungsweise bearbeiten. Er wird dabei in seinen Bemühungen von einem wissenschaftlichen Beirat mit hochkarätigen Persönlichkeiten aus Kreditwirtschaft und Rechtswissenschaft unterstützt.

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