Kreditwesen aktuell

Non-performing Loans im Spiegel der aktuellen Medienberichterstattung

Die derzeit in den Medien zu beobachtende Berichterstattung über Verkäufe von notleidenden Krediten (Non-performing Loans) und deren anschließende Bearbeitung durch Finanzinvestoren und deren Servicegesellschaften zeigt ein stark verzerrtes Bild der tatsächlichen Vorgehensweise auf. Insbesondere im Hinblick auf das geplante Risikobegrenzungsgesetz, das verschärfte Regelungen für Darlehenstransaktionen vorsieht, häufen sich in der Tagespresse und in Fernsehberichten Meldungen und Berichte über angeblich rücksichtslose und am Rande der Legalität agierende Investoren.

Rechtmäßigkeit

Zu Beginn des vergangenen Jahres konzentrierte sich die Kritik der Betroffenen und ihrer Interessensvertretungen (Rechtsanwälte, Verbände) zunächst auf die Rechtmäßigkeit der Forderungsübertragungen und einen angeblichen Verstoß gegen das Bankgeheimnis und den Bundesdatenschutz. Der BGH hatte jedoch mit Urteil vom 27. Februar 20071) eindeutig festgestellt, dass grundsätzlich weder das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz einer Übertragung notleidender Kredite entgegenstehen.2) Das Gericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dem Schuldner im Rahmen der Übertragung von nicht-notleidenden Krediten bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses ein Schadensersatzanspruch erwächst, der dann im Einzelfall zu ermitteln ist. Grundsätzlich bleibt die Abtretung wirksam, etwaige Schäden sind dem Schuldner zu ersetzen.

Im weiteren Verlauf des Jahres wurden thematisch dann vor allem Forderungsübertragungen öffentlich-rechtlicher Bankinstitute aufgegriffen. Hierbei ging es insbesondere um die Frage, inwieweit ein Abtretungsverbot von Forderungen für diese Institute vorliegt und ob dies aus einem Verstoß gegen § 203 StGB i. V. m. § 134 BGB herzuleiten sein könne. Für Klarheit in dieser Angelegenheit sorgte zunächst ein Urteil des LG Kiel vom 17. Juli 20073), dessen Thematik anschließend durch ein Urteil des OLG Schleswig vom 18. Oktober 20074) nochmals aufgegriffen und bestätigt wurde. Die Abtretung von Forderungen und Grundschulden durch öffentlich-rechtliche Institute wurde als wirksam festgestellt. Eine unterschiedliche Behandlung von Privatbanken und Sparkassen und deren Vorstände sei nicht gerechtfertigt. Durch diese Urteile wird gerade für die Verkäufer eine höhere Rechtssicherheit bei der Veräußerung ihrer Kreditforderungen hergestellt.5)

Die beiden oben genannten Themenkomplexe bilden die juristischen Rahmenbedingungen für die Übertragung von Nonperforming Loans. Die Kritik hieran wurde von hohen deutschen Gerichten zurückgewiesen und Transaktionen von notleidenden Krediten als rechtmäßig qualifiziert. In jüngerer Zeit konzentriert sich die Kritik nunmehr auf die Bearbeitung der erworbenen Kredite. Hierbei ist eine Dämonisierung der NPL-Investoren in den Medien zu beobachten, die nicht der Realität entspricht. Die Kritikpunkte basieren dabei auf vermeintlichen Gesetzeslücken und Einzelfällen, die größtenteils mit inkorrektem Inhalt wiedergegeben werden und somit ein verzerrtes Bild der Praxis abbilden. Die drei am häufigsten genannten Kritikpunkte sollen nachfolgend kurz beleuchtet werden: Erstens Vollstreckung bei stets vereinbarungsgemäß bedienten Darlehen, zweitens isolierte Vollstreckung aus der Grundschuld und schließlich drittens mangelnde Verhandlungsbereitschaft der Investoren.

1. Als Performing Loans werden Kredite bezeichnet, die vom Darlehensnehmer vollumfänglich und regelmäßig bedient werden und somit keinen oder allenfalls einen marginalen Rückstand aufweisen. Vor allem in nicht-fachbezogenen Medien (Tageszeitungen, Fernsehsender) tauchen in jüngster Zeit vermehrt Meldungen auf, dass Darlehenskäufer Vollstreckungsmaßnahmen gegen Darlehensnehmer einleiten würden, obwohl diese ihre Darlehen stets ordnungsgemäß bedienten. Gleiches gälte für Darlehensverhältnisse mit Sanierungsvereinbarungen, die zwischen Bank und Darlehensnehmer getroffen werden, an die der Darlehenskäufer sich dann jedoch nicht hält. Erstaunlicherweise fällt es denjenigen, die solche Behauptungen aufstellen, ungemein schwer, diese anhand konkreter Sachverhalte zu belegen. Das ist insoweit nicht verwunderlich, als dass Fälle dieser Art de facto nicht existieren - bewusster Missbrauch im Einzelfall nicht einbezogen.

Unveränderte Rechtsposition

Über den wirtschaftlichen Unsinn eines solchen Vorgehens hinaus ist dieses auch nicht rechtens. Durch den Kreditverkauf ändert sich die Rechtsposition des Darlehensnehmers nicht, das heißt Rechte und Pflichten bleiben für beide Seiten (Darlehensnehmer und Gläubiger) unverändert. Das gilt auch für sämtliche Einreden und Einwendungen des Kreditnehmers, die dieser gegen die bisherige Bank erheben konnte oder könnte. Sollte von einem Darlehenskäufer eine Vollstreckung bei vereinbarungsgemäß bedienten Darlehen vorgenommen werden, so entspricht dies nicht der getroffenen Vereinbarung und sollte rechtliche Konsequenzen haben. Der Darlehensnehmer kann sofort und mit Erfolg gerichtliche Maßnahmen (zum Beispiel einstweiligen Rechtsschutz) einleiten.

Zudem würde ein solches Vorgehen letztendlich beiden Parteien schaden: Dem Darlehensnehmer, der sich ungerechtfertigten Repressalien ausgesetzt sieht und dem Darlehensinhaber (Investor), der neben einer ethisch-moralisch fragwürdigen Vorgehensweise einen unnötigen Verwaltungsaufwand produziert und seine Reputation im Markt schädigt.

2. Ein weiterer, derzeit oft erwähnter Kritikpunkt ist die vermeintliche Vollstreckung in Höhe des vollen Grundschuldbetrags (inklusive der Grundschuldzinsen von üblicherweise 15 bis 18 Prozent des Grundschuldbetrags für einen Zeitraum von drei Jahren), unabhängig von der Höhe der Restschuld. Dabei wird auch immer wieder auf die angeblich bei einer Übertragung von Darlehen erfolgende Abkoppelung der Grundschuld vom Darlehen hingewiesen.

Grundschuld und Restschuld

Nach der bestehenden Rechtslage ist ausgeschlossen, dass mehr als die Restschuld vom Kreditnehmer gefordert werden kann. Darlehen und Grundschuld sind über die Sicherungszweckerklärung miteinander verbunden. Der Investor verpflichtet sich beim Portfoliokauf, sich an diese Sicherungszweckvereinbarung, die der Darlehensnehmer mit der Bank getroffen hat, zu halten. Die Rechte und Pflichten aus dem Treuhandverhältnis zwischen Veräußerer/Sicherungsnehmer und Schuldner/Sicherungsgeber gehen auf den Erwerber (Investor) über.

Dies bedeutet, dass der Erwerber nur in Höhe der tatsächlich bestehenden Darlehensforderung und nur dann aus der Grundschuld vollstrecken darf, wenn der Darlehensnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt und somit die rechtlichen Voraussetzungen für Zwangsmaßnahmen eindeutig gegeben sind. Die Grundschuldzinsen von zirka 15 bis 18 Prozent für einen Zeitraum von drei Jahren sind nur dann von Relevanz, wenn der geschuldete Darlehensbetrag (einschließlich etwa aufgelaufener Verzugszinsen) höher als der Nennbetrag der Grundschuld ist. Sofern der Wert der gestellten Sicherheit niedriger als das Grundschuldkapital ist, wird sowieso eine Scheindiskussion über die "Ausweitung" des Sicherungsrahmens durch Grundschuldzinsen geführt.

Darüber hinaus schützt die Vorschrift des § 1157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) den Grundstückseigentümer gegen unzulässige Vollstreckungsmaßnahmen des Kreditkäufers. Analog dieser Vorschrift muss sich ein Erwerber einer Grundschuld entgegenhalten lassen, dass die Darlehensforderung bereits (teilweise) zurückgeführt worden ist, wenn ihm dies im Zeitpunkt des Erwerbs bekannt war. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass ein Investor beziehungsweise Kreditankäufer zum Zeitpunkt des Ankaufs stets über detaillierte Informationen über die Höhe der Kreditforderung/Restschuld und die Inhalte der Sicherungsvereinbarung verfügt. Denn bei jedem Erwerb prüft ein Kreditankäufer eingehend den Bestand und die Höhe der Darlehensforderung ebenso wie den Inhalt der Sicherungszweckvereinbarung im Rahmen einer Due Diligence. Behauptungen, der Investor würde die Summe aus (abstrakter) Grundschuld plus verbleibender Darlehenssumme versuchen zu vollstrecken, entbehren jeglicher Grundlage.

Würden Investoren aus einer Grundschuld ungeachtet der tatsächlichen Forderungshöhe/Restschuld und ungeachtet der Sicherungszweckvereinbarung in vollem Umfange vollstrecken, würde das zu einem erheblichen Reputationsschaden des Investors gegenüber der verkaufenden Bank und dem Markt führen. Dies wird ein Investor in jedem Falle zu vermeiden versuchen. Darüber hinaus stünden dem Grundstückseigentümer im Falle einer unzulässigen Vollstreckung berechtigte Schadensersatzansprüche (gegenüber dem bisherigen Gläubiger) sowie die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage zu.

3. Von Kreditnehmern des Weiteren immer wieder angeführt wird die Behauptung, dass sich die Forderungsaufkäufer Verhandlungen verschließen und stattdessen lieber unverzüglich Vollstreckungsmaßnahmen einleiten. Dies entspricht jedoch nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Investoren sind aufgeschlossen gegenüber tragfähigen Umschuldungs- oder Ablösungsangeboten. Eine Verhandlungslösung stellt in jedem Fall gegenüber einer Vollstreckung immer die wirtschaftlichere Option dar. Selbstverständlich müssen diese durch eine Finanzierungsbestätigung glaubhaft belegt sein. Außerdem muss das Angebot des Darlehensnehmers wirtschaftlich gesehen in einem adäquaten Verhältnis zu der Restverbindlichkeit, der Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers und den gestellten Sicherheiten stehen. In diesen Punkten wird jedoch in den Medien sehr undifferenziert berichtet.6) Zwar ist es in Einzelfällen durchaus vorgekommen, dass Darlehensnehmer ihre Absicht zur Umschuldung oder Ablöse der Restschuld kundgetan haben, jedoch standen diese zumeist in keinem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum geschuldeten Betrag beziehungsweise zur Darlehenssicherheit und konnten oftmals auch nicht durch Bankbestätigungen belegt werden.

Einseitige Berichterstattung Insbesondere Tagesmedien (Zeitungen, Fernsehen, Hörfunk) berichten - während der Wahlkampfzeit in vier Bundesländern - derzeit mit starkem Interesse über die Vorgehensweise von Banken und Investoren bei Forderungsübertragungen. Die Berichterstattung ist dabei jedoch sehr einseitig. Sie beleuchtet die Hintergründe, Motivation der Beteiligten und auch die gesamtwirtschaftlichen Vorteile solcher Transaktionen nicht objektiv. Insbesondere in Bezug auf das sich zurzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Risikobegrenzungsgesetz wird eine stark verbraucherorientierte Sichtweise eingenommen, obwohl die weitaus überwiegende Mehrheit der in der Vergangenheit an Finanzinvestoren übertragenen Darlehen von gewerblichen Investoren geschuldet werden. Durch permanente Wiederholung der immer gleichen drei bis vier Fälle wird der Öffentlichkeit suggeriert, dass Widerstand von einer großen Gesamtheit von Darlehensnehmern erfolgt und vor allem Verbraucher betrifft. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es handelt sich um Einzelfälle, die darüber hinaus noch durch Auslassung von Informationen verzerrt dargestellt sind.

Fakt ist: Verträge müssen eingehalten werden.7) Ein Kreditnehmer, der seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt, ist nur im Rahmen der gesetzlichen Grenzen des Vollstreckungsrechts schutzwürdig. Eine Bank kann nicht in ihrer Sicherheitenverwertung und Inkassotätigkeit eingeschränkt werden. Dies gilt auch für NPL-Investoren, auf die die Realisierung der Sicherheiten übertragen worden ist und die sich hierbei in einem lange bewährten rechtlichen Rahmen bewegen.

Marcel Köchling , Vizepräsident, Vorstandsmitglied , Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V., Berlin
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