Schwerpunkt Wohnungs- und Städtebaupolitik

Brennpunkt Wohnungspolitik - ZDB-Positionen zur Wahl

Mit Blick auf die Entwicklung im Wohnungsbau in der abgelaufenen Legislaturperiode markierte das Jahr 2009 den Tiefpunkt im Wohnungsneubau. Es war das Jahr mit den niedrigsten Fertigstellungszahlen seit der Wiedervereinigung. Die Fertigstellungszahlen im Wohnungsneubau fielen allein zwischen 2006 und 2009 um 40 Prozent ab, von 221 000 auf 137 000 Wohneinheiten (WE).

Die in 2009/2010 insgesamt jeweils fertiggestellten knapp 160 000 WE und die in 2011 erstellten 183 000 Wohnungen liegen ebenfalls unter dem benötigten Gesamtsoll von etwa 250 000 WE, die nunmehr auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für notwendig erachtet1). In den letzten Jahren aufgelaufene Rückstände sind erst recht nicht aufgeholt.

Geht man von rund 250 000 Wohnungen aus, die jährlich neu gebaut werden müssten, so wurde diese Marke auch 2012 mit erreichten zirka 210 000 WE noch verfehlt. In 2013 sind etwa 230 000 Fertigstellungen zu erwarten. Blickt man auf die gesamte Legislaturperiode zurück, so wurden in den Jahren 2009 bis 2013 insgesamt gut 300 000 Wohnungen zu wenig gebaut.

Mangel an preiswerten Wohnungen in Ballungsräumen

Nicht verkannt werden darf, wo sich der Mangel an Wohnraum auftut. Mangel herrscht an preiswerten Wohnungen in Ballungsräumen. Diese Räume erfahren einen starken Zuzug, der sich auf steigende Beschäftigung und wachsende Studentenzahlen in diesen Regionen gründet.

Wichtig ist also die Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsneubau für mittlere und niedrige Einkommen insbesondere in Metropolregionen zu verbessern. Offensichtlich beseitigt der Markt nicht von allein das Angebotsdefizit in diesem Bereich. Das Verhältnis zwischen Baukosten und in diesem Segment erzielbaren Mieten ist nicht mehr rentabel.

Dabei hat die Politik - von den Kommunen bis zum Bund - durch mangelnde Baulandbereitstellung, Erhöhung der Grunderwerbsteuer, Streichung der degressiven Afa, Verschärfung der EnEV-Vorschriften, ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Kürzungen und schließlich völlige Streichung der Eigenheimzulage haben zudem den Eigenheimbau für mittlere Einkommen als Alternative zur Miete verschlechtert.

Mangel herrscht zudem in wachsendem Maße an altersgerechtem Wohnraum. Die Studie "Wohnen im Alter" aus 2011 zeigt: Ältere Menschen wohnen, ihrem eigenen Wunsch entsprechend, möglichst lange in ihren Wohnungen. Sie bewohnen vielfach ältere Gebäude. Mehr als die Hälfte der Seniorenhaushalte lebt in Gebäuden der Baujahre 1949 bis 1980. Die Hälfte der Eigentümer und zirka ein Drittel der Mieter leben bereits über 30 Jahre in ihrer jetzigen Wohnung.

Der Bedarf an altersgerechtem Umbau ist also unverkennbar groß. Wenn allein nur für Menschen mit Bewegungseinschränkungen entsprechende Wohnungsangebote zur Verfügung gestellt werden sollen, muss nach der aktuellen Studie das Angebot um das Vier- bis Fünffache ausgeweitet werden. Dies entspricht einem zusätzlichen Bedarf von rund 2,5 Millionen barrierefreien/-reduzierten Wohnungen. Bis 2020 wird erwartet, dass der Bedarf auf zirka drei Millionen WE ansteigen wird.

Verdoppelung der linearen Abschreibung

Vor dem Hintergrund der genannten Defizite bewerten der Zentralverband Deutsches Baugewerbe die Vorschläge der Parteien zur Bundestagswahl und sieht folgenden Handlungsbedarf: Um dem Mietwohnungsbau deutlichere Impulse zu geben ist eine Verdopplung der linearen Abschreibungen von zwei Prozent auf vier Prozent zielführend. Die jüngste Studie des IW Köln zur Bestimmung der ökonomischen Abschreibungsrate von Wohnungsneubauten bestätigt diesen Ansatz. Nach der Studie liegt für Mietwohnungsbauten die ökonomische Abschreibungshöhe, die nach steuerlicher Neutralität bemessen ist, bei vier Prozent.

Mit Interesse wurde zur Kenntnis genommen, dass Bundesminister Ramsauer in seinem jüngst veröffentlichten Maßnahmepaket zur Ankurbelung des Wohnungsbaus nun auch höhere Abschreibungen für sinnvoll hält.

Die Politik hat der Sanierung des Gebäudebestandes eine bedeutende Rolle bei der Energiewende zugedacht. Auf den Wohngebäudebestand entfällt rund ein Viertel der CO2-Emission. Die Politik hat es versäumt, in der ablaufenden Legislaturperiode wichtige Impulse für eine dynamischere Umsetzung der Energiewende zu setzen. Erinnert sei hier daran, dass die Bundesregierung im Sommer 2011 die Entscheidung getroffen hatte, über steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten die energetische Sanierung attraktiver zu machen. Im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag sind diesbezügliche Einigungsversuche schließlich Ende 2012 gescheitert. Die von vielen Wohneigentümern erhoffte steuerliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen konnte nicht in Kraft treten. Durch eine steuerliche Förderung könnte ein großes Potential an privaten Investitionen für die Energiewende generiert werden, das auch Arbeitsplätze sichert und Steuereinnahmen schafft.

Steuerliche Förderung der Sanierung

Für den Bürger haben steuerliche Förderungen den Vorteil eines Rechtsanspruchs und damit einer Verlässlichkeit. Auch sie müssen beantragt werden, aber nicht gesondert, sondern im Rahmen der jährlich sowieso abzugebenden Steuererklärung. Von daher wird verständlich, dass eine steuerliche Förderung bei den Steuern zahlenden Hauseigentümern eine deutlich größere Anreizwirkung hätte als eine direkte Programmförderung. Will man die energetische Sanierung im Wohnungsbestand in ihrem Umfang verdoppeln, kommt man um steuerliche Anreizinstrumente nicht herum.

Zudem ist das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ein wichtiger Garant dafür, dass die energetische Sanierung im Gebäudebestand vorankommt. Die Haushaltsplanung für 2013 sah im Gegensatz zu den Vorjahren keine Budgetkürzungen in den Bereichen KfW-Gebäudesanierungsprogramm vor. Hier wurden die Budgetansätze aus den Vorjahren fortgeschrieben (1,5 Milliarden Euro).

Für die Haushaltsaufstellung 2014 erwartet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe mindestens die Absicherung des mittelfristig festgezurrten Budgets von 1,5 Milliarden Euro. Diese Mittel müssen auch wieder für Zuschüsse bereitgestellt werden. Für die neue Legislaturperiode sollte eine Aufstockung des Budgets auf jährlich zwei Milliarden Euro erwogen werden. Anders wird die angestrebte Verdopplung der Sanierungsrate nicht zu erreichen sein.

Mit großem Unverständnis wurde registriert, dass seit 2012 keine neuen Mittel mehr für das KfW-Programm Altersgerechter Umbau eingestellt wurden. Einzig der Titel war erhalten geblieben. Im Rahmen des Konjunkturpaketes II standen in den Jahren 2009 bis 2011 hier noch 80 bis 100 Millionen Euro jährlich zur Neuvergabe bereit. Dass die KfW das Programm in 2012 aus Eigenmitteln aufrecht erhält, ist erfreulich. Das Programm wird aber in den Konditionen nicht die bisherige und benötigte Wirkung entfalten können. Dies ist allein schon dadurch bedingt, dass die Zuschussvariante entfallen ist.

Die demografische Entwicklung ist eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. Angesichts der auf uns zukommenden Aufgaben sind 100 Millionen Euro ohnehin sehr knapp bemessen. Der energetische Umbau des Wohnungsbestandes und demografisch bedingte Sanierungsmaßnahmen sind essenzielle Bestandteile einer konsistenten Wohnungsbaupolitik. Aus dem Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 2014 ist bisher nicht erkennbar, ob neuerlich ein Budget aus Haushaltsmitteln für den altersgerechten Umbau eingeplant ist. Dies ist eine weitere Forderung.

Gefahr des Abwägens von Investitionen

Der derzeitige Entwurf der Energieeinsparverordnung (EnEV) sieht vor, die primärenergetischen Anforderungen für Neubauten ab 2014 um 12,5 Prozent und ab 2016 um 25 Prozent zu verschärfen. Bei der Bewertung ist die Frage der Wirtschaftlichkeit beim Investor zu beachten. Eine Erhöhung der Anforderungen ist zwangsläufig mit einer Steigerung von Baukosten verbunden, die sich dann auch in steigenden Mieten niederschlägt.

Angesichts der aktuellen Diskussion um knappen Wohnraum in Ballungsräumen sollten Erhöhungen von Anforderungen mit sehr viel Augenmaß betrieben werden. Eine umgesetzte Investitionsmaßnahmen auf dem Niveau der EnEV 2009 hilft der Energiewende und dem Wohnungsmarkt mehr, als eine unterlassene Investition auf einem Niveau der EnEV im Jahr 2013.

Fußnote 1) Siehe Faktenpapier Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: "250 000 Wohnungen jährlich neu bauen - Bautätigkeit verstetigen - Wohnungsmarkt beleben vom 26. Februar 2013

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