Schwerpunkt Personalmanagement

Das Büro - Ort der Nostalgie oder wichtiger Wettbewerbsfaktor?

In der virtuellen Welt wird der Wert einer konventionellen Büroimmobilie auf den ersten Blick infrage gestellt. Euphemistisch gefragt: Kann das Smartphone den physischen Arbeitsplatz ersetzen? Lange Zeit ging der Trend in diese Richtung. Bei intensivem Kostendruck erschien es ideal, Mitarbeiter im Home Office zu beschäftigen. Nun aber wandelt sich das Bild. Yahoo und HP haben deutlich und öffentlichkeitswirksam Zeichen gesetzt und eine längst überfällige Diskussion angeregt. In der virtuellen Welt ist das Büro wettbewerbskritisch. Nicht in seiner traditionellen Zellenstruktur und nicht als Dach über dem Kopf von Angestellten. Sondern vielmehr als Ausdruck gelebter Unternehmenskultur. Gemeinschaftssinn, Zugehörigkeitsgefühl und Engagement sind für ein Unternehmen ebenso wichtig wie Kollaboration, Innovation und Kreativität.

Das gläserne Zeitalter hat definitiv begonnen. Facebook und Twitter sind Alltag geworden, Instagram, Snapchat und Whats App gehören zum täglichen Handwerkszeug der nächsten Generation von Wissensarbeitern. Das Smartphone macht uns unterwegs erreichbar und befreit Mitarbeiter von ihrer Präsenzpflicht am Schreibtisch. Digitale Speicher und Cloud-Dienste lösen Papier und Akte ab. Routinearbeit, für die früher ganze Abteilungen zuständig waren, wurde und wird automatisiert.

Die Jungen, die jetzt und in Zukunft in den Arbeitsmarkt eintreten, stellen andere Anforderungen an die Organisation ihrer Arbeit. Weniger hierarchisch, kreativer, nicht primär routineorientiert, zeitlich und auch räumlich flexibler soll sie sein. Echte Work-Life Balance wird ebenfalls ein großes Thema. Die Generation Y gewinnt in den Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Zukunftsweisende Workplace-Strategien können den nötigen Unterschied machen, um weiterhin die besten Mitarbeiter anzuwerben. Wie aber passen sich Büroimmobilien dieser enormen Veränderung an? Welchen Mehrwert erbringen Bürogebäude in Zeiten, in denen die Leistungserbringung und Wertschöpfung raum- und zeitunabhängig geworden sind?

Ein Arbeitsplatz sollte heute drei Faktoren verbinden, um effektiv zu sein: die physische, die virtuelle und vor allem auch die mentale Umgebung.

-> Physische Räume sind Bürogebäude, Labore, Produktions- und Lagerhallen. Zunehmend müssen allerdings auch weitere Arbeitsstätten wie das Zuhause, Transportmittel wie Zug und Flugzeug, öffentliche Orte wie Cafes, Hotels und Business Clubs berücksichtigt werden. Das Angebot solcher "Third Spaces" wächst rapide. Es entsteht eine völlig neue Sphäre des Platzangebots. Flexibilität, Gestaltung und Komposition des gesamten Immobilienportfolios verändern sich.

-> Virtuelle Räume sind netzbasierte Orte, an denen sich Leute einloggen, um zu arbeiten. Beispiele sind soziale Netzwerke, Intranet, Instant Messaging aber auch Telefon- und Videokonferenzen. Ihr Wert für die effektive Zusammenarbeit und die Organisation von Arbeit sind bekannt.

-> Mentale Räume schließlich sind die Team- und Unternehmenskultur. Die Mitarbeiter empfinden eine soziale Zugehörigkeit zu ihrer Firma und fühlen sich dort im Idealfall zuhause. Unternehmenskultur ist mit Blick auf die Mitarbeiterrekrutierung, die Motivation, das Wir-Gefühl und den Teamgeist ein Wert an sich. Wer aber ist zuständig für diese Unternehmenskultur? Üblicherweise HR, obwohl das Thema letztlich eine Führungsaufgabe ist.

Gestaltungsanforderungen der neue Arbeitswelt

Wie aber lassen sich Arbeitsumgebungen schaffen, die einer komplexen Vielfalt von Einflussfaktoren gerecht werden? Jones Lang Lasalle hat Aktionsfelder identifiziert, die CRE-Experten dabei unterstützen, erfolgreich Unternehmensveränderungen durch die optimale Gestaltung von Arbeitsumgebungen auf den Weg zu bringen.

1. Arbeitsplatzstrategie statt Immobilien event oder Umzugsprojekt. Der Ausgangspunkt der meisten Veränderungsinitiativen sind Immobilienevents. Ein Mietvertrag läuft aus oder Standorte werden konsolidiert. Da spekulative Investitionen in eine neue Arbeitsumgebung wirtschaftlich selten tragbar sind, ist es durchaus sinnvoll, Anlässe dieser Art zu nutzen - unter Berücksichtigung strategischer Perspektiven freilich. Kurzfristige Konzepte, die lediglich Kosteneinsparungen zum Ziel haben, gehen oft auf Kosten der Mitarbeiter. Die realen Erfolge einer Veränderungsmaßnahme sind letztendlich nur an Faktoren wie Mitarbeitermotivation und Produktivitätssteigerung ablesbar und bewertbar. Der Unternehmensgewinn aus einer produktiven Arbeitsumgebung übersteigt die direkten Kosten der Strategieentwicklung und Implementierung mittelfristig bei Weitem.

2. Ein holistischer Ansatz ist zwingend erforderlich. Erfolgreiche Arbeitsplatzkonzepte zeichnen sich vor allem durch Flexibilität, Mobilität und Autonomie aus. Dem Mitarbeiter steht es weitgehend frei, Ort und Zeit seiner Leistungserbringung zu wählen. Virtuelle Teams werden über klar definierte Zielvereinbarung geführt. Dies verlangt ein neues Führungsverständnis und die Schaffung notwendiger Rahmenbedingungen. Besonders eng sollte die Zusammenarbeit zwischen CRE, IT und HR sein. Flexibilität erfordert nicht nur eine neue Führungskultur, sondern auch notwendige technische und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen.

3. Neue Arbeitswelten erfordern neues Führungsverhalten. Traditionelles Management ist meist zeitbasiert. Eine Büroanwesenheit von 9.00 bis 17.00 Uhr ist nach wie vor der Normalfall. Moderne Workplace-Konzepte brechen mit dieser Tradition. Sie setzen auf virtuelle Führung und nutzen die Möglichkeiten neuer Technologien in Bezug auf räumliche und zeitliche Flexibilität. Ergebnisorientierung ist das Gebot der Stunde. Die Zeit ist reif für diese Veränderungen. Gerade die jungen Generationen sehen althergebrachte Managementmethoden oft mit Unverständnis.

4. Der Mensch und seine Leistung stehen im Mittelpunkt. Eine zukunftsweisende Arbeitsplatzstrategie stellt die Immobilie nicht länger in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Stattdessen gewinnen der Mensch und seine unterschiedlichen Bedürfnisse an Bedeutung. Teil der Strategie sollte es daher sein, flexibleres Arbeiten zu ermöglichen und Raum für eine optimale Balance zwischen Beruf und Privatleben zu schaffen. Moderne Arbeitswelten sollten stärker auf moderne Lebenswelten eingehen und diese fördern statt dagegen anzukämpfen. Nur so lassen sich die besten Mitarbeiter finden und halten.

5. Erfolgskriterien für Zahlen und Daten. Strategieentwicklungen sollten auf Daten und Fakten beruhen. Allerdings kann ein zu starker Datenfokus die Projektdynamik bremsen. Zudem gilt es, die richtigen Erfolgskriterien zu definieren. Oft steht die Einfachheit der Datenerhebung der Aussagekraft oder dem Mehrwert der erhobenen Daten diametral gegenüber. So ist es relativ einfach, Quadratmeter pro Mitarbeiter oder Arbeitsplatz zu messen. Aber ist es sinnvoll, den unternehmerischen Mehrwert auf der Basis dieser Erhebung abzubilden? Wenn nämlich der wahre Wert einer Maßnahme in der Innovationskraft, Produktivitätssteigerung, Senkung der krankheitsbedingten Ausfälle oder Gewinnung neuer Mitarbeiter besteht, dann müssen solche Aspekte auch mess- und vergleichbar gemacht werden.

6. Kommunikation - Schlüssel zum Erfolg. Eine neue Arbeitsumgebung löst nicht selten Angst, Unwohlsein und Widerstand aus. Der potenzielle Verlust des eigenen Büros stellt einen Status quo in Frage, der für Jahrzehnte ein klares Zeichen von Hierarchie zum Ausdruck brachte. Man muss Menschen die Möglichkeit geben, sich mit dem Neuen auseinanderzusetzen. Das geschieht nicht durch ein Memorandum "von oben". Es erfordert vielmehr eine einfühlsame Kommunikation und ein angemessenes Trainings- und Feedbackprogramm auf allen Hierarchiestufen. Um Betroffene zu Beteiligten zu machen, muss man das Warum überzeugend formulieren können. Gelingt es, die Vision und den Mehrwert für den Einzelnen, das Team und das Gesamtunternehmen zu kommunizieren, kann jeder einzelne sich selbst in den Veränderungsprozess mit einbringen.

7. Vielfalt geht vor Standardisierung. Noch vor wenigen Jahren war ein Arbeitsplatz mit einer Schreibmaschine, Rechenmaschine oder einem Zeichenbrett ausgestattet. Die Ausstattung ließ Rückschlüsse auf die Tätigkeit, die Größe des Büros und auf die Stellung im Unternehmen zu. Dies ist heute nicht mehr der Fall. Funktionen und Tätigkeiten haben sich mit dem Einzug der Technologie stark verändert. Menschen unterschiedlichster Generationen und Kulturkreise arbeiten zusammen. Mobilität ist die Norm. Generische und global gültige Flächenstandards gehören der Vergangenheit an. Die Umsetzung im Ursprungsland mag funktionieren. Schon im Nachbarland kann das Projekt dagegen zu völliger Ablehnung und somit zum Misserfolg führen. Erfolgreiche Arbeitsplatzrichtlinien sollten daher globale Rahmenbedingungen setzen.

Die Welt der Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal geändert. Die Bürowelten haben damit nicht Schritt gehalten. Die Zeiten der Zellenstruktur und der grauen Behördenflure sind eindeutig vorbei. Auch die Zeiten des Großraumbüros zur Kostensenkung gehören zunehmend der Vergangenheit an. Zukunftsweisende und erfolgreiche Arbeitsplatzkonzepte zeichnen sich vor allem durch Flexibilität, Funktionalität und Vielfalt aus. Sie sind ein Marktplatz für Ideen und ein Ort gelebter Unternehmenskultur. Im Idealfall vermitteln sie ein Gefühl der Zugehörigkeit und ermöglichen Zusammenarbeit und Konzentration. Jeder Quadratmeter stiftet Unternehmenswert, das Büro ist tatsächlich der "beste Ort zum Arbeiten".

Wir gehen einer Zeit entgegen, in der rapide Veränderung die Norm wird. Unternehmen müssen deshalb resistent, veränderungsfreudig und widerstandsfähiger werden. Hierbei spielt die Arbeitsumgebung eine tragende Rolle. Wenn es gelingt, Arbeitsplatzstrategien und Unternehmensziele anzugleichen, die Mitarbeiter aller Hierarchieebenen einzubeziehen und Kennzahlen festzulegen, die den ganzheitlichen Mehrwert der Veränderungsmaßnahme mess- und nachweisbar machen, kann die Immobilie einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

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