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Einzelhandel - Senioren als neue Zielgruppe entdecken

Eine auf Basis des Informations- und Frühwarnsystems der Bertelsmann-Stiftung erstellte Studie hat jüngst wieder belegt, dass auf Deutschland in den nächsten Jahren dramatische demographische Veränderungen zukommen. Sie zeigt zum einen, dass sich durch die sinkenden Kinderzahlen und die insgesamt deutlich steigende Lebenserwartung der Menschen die Alterspyramide in Deutschland erheblich ändern wird. Der Anteil der jungen Menschen nimmt weiter ab, der Anteil älterer und hoch betagter Menschen nimmt zu. In einzelnen Kommunen in Deutschland wird das Durchschnittsalter bis 2020 auf über 55 Jahre ansteigen.

Wachsende Abwanderung aus strukturschwachen Regionen

Zudem ist mit starken Wanderungsbewegungen zu rechnen. Die sich bereits seit einiger Zeit abzeichnende Abwanderung aus strukturschwachen ländlichen Gebieten und die Zuwanderung ins Umfeld der Ballungsräume und größer werdende urbane Zentren nehmen weiter zu.

Zudem verlieren die östlichen Bundesländer Einwohner, wohingegen vor allem die süddeutschen Bundesländer steigende Einwohnerzahlen verzeichnen werden. Laut Bertelsmann-Studie werden bis zum Jahr 2020 die vom Bevölkerungsrückgang am stärksten betroffenen Städte bis zu 47 Prozent ihrer Bevölkerung verlieren. Demgegenüber stehen Kommunen, die Zuwächse von bis zu 40 Prozent verzeichnen werden.

Diese demographischen Veränderungen wirken sich auch auf den deutschen Einzelhandel aus. Gerade im Bereich des großflächigen Einzelhandels planen Investoren sehr langfristig, weil gute Mieteinnahmen auf Dauer nur dort erzielt werden, wo die Konsumnachfrage auf lange Sicht gegeben ist. Sie müssen sich daher bereits jetzt auf die in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden Veränderungen einstellen. Zum Beispiel sind viele Standorte in den neuen Bundesländern und außerhalb der Einzugsgebiete der Mittelzentren und Kernstädte für Immobilieninvestitionen riskanter.

Für eine erfolgreiche Investition kommt es jedoch nicht nur darauf an, dass der Standort langfristig eine ausreichend große Zahl an Konsumenten aufweist. Um das optimale Angebot zu konzipieren, muss der Investor genau über die potenzielle Zielgruppe vor Ort Bescheid wissen. Sukzessive wird sich in Deutschland die Generation der "jungen Senioren" ab 50 Jahren zur wichtigsten Zielgruppe für den Einzelhandel entwickeln. Auf ihr Einkaufsverhalten muss sich der Einzelhandel daher in besonderem Maße einstellen.

Demographische Einflüsse im Einzelhandel

Die Ansprüche dieser Zielgruppe decken sich zum Teil mit den Ansprüchen des typischen Verbrauchers von heute, der seine Einkäufe nach einem Schwerpunktbedarf - zum Beispiel dem periodischen Bedarf - bündelt, und auch insgesamt Convenience orientiert ist, es also beim Einkaufen möglichst bequem und komfortabel haben möchte. Das heißt, Einkaufsmärkte müssen für ihn leicht erreichbar sein, über kurze Wege verfügen und auch vom Ambiente her so gestaltet sein, dass er sich wohlfühlt.

Leichte Erreichbarkeit zeichnet sich dadurch aus, dass ein solcher Markt gut an den öffentlichen Nahverkehr und das Straßennetz angebunden ist und dass der Kunde keine langen Fahrten auf sich nehmen muss, um dorthin zu gelangen. Idealerweise will der Kunde in der Nähe seines Wohnorts oder seines Arbeitsplatzes einkaufen. Auch will er schnell die Produkte finden, die er benötigt. Für einen einzelnen SB-Markt bedeutet das, dass die Gänge so flexibel angeordnet sind, dass der Kunde entscheiden kann, ob er zunächst die Frische-Abteilung, die Ge-tränke-Ecke oder den Tiefkühlbereich ansteuert.

Neuordnung bei den Fachmarktzentren

Bei einem Fachmarktzentrum, in dem mehrere verschiedene Einzelhändler untergebracht sind, ist der aperiodische Bedarf systematisch zu bündeln - also beispielsweise sollten Textilgeschäfte dort nebeneinander platziert werden. Idealerweise erfüllen sie unterschiedliche Ansprüche, zum Beispiel indem ein günstiger Anbieter mit einem Anbieter aus dem Hochpreissegment kombiniert wird. Sinnvoll ist es auch, neben einem SB-Warenhaus einen Discounter und Drogeriemarkt anzusiedeln, so dass der Verbraucher seinen gesamten periodischen Bedarf an einem Ort abdecken kann.

Genau das gegenteilige Konzept fuhr der Einzelhandel noch bis Mitte der neunziger Jahre. Die meisten SB-Märkte sahen eine Zwangsführung durch den gesamten Laden vor, von der der Kunde nicht abweichen konnte. Der Weg war genau vorgegeben und führte zumeist zunächst vorbei am aperiodischen Bedarf wie Textilien, Zeitschriften und CDs, anschließend zu Getränken und Konserven, während die Frische-Abteilung ganz am Ende angesiedelt war.

In Fachmärkten mit mehreren Einzelhandelsgeschäften waren Läden, die denselben Bedarf abdeckten - beispielsweise Textil - gezielt an ganz verschiedenen Stellen im Gebäude positioniert. Der Hintergrund war in beiden Fällen der, dass der Kunde so zu Spontankäufen verlockt wurde, weil er auch an Konsumgütern vorbeigeführt wurde, die er gar nicht auf seiner Einkaufsliste hatte.

Kunden kaufen gezielter ein

Auf den ersten Blick ein lohnendes Geschäft für den Einzelhändler: Tatsächlich kaufte der einzelne Kunde bis zu 30 Prozent mehr ein, als er sich vorgenommen hatte. Aber insgesamt kam es bei Märkten, die dieses Konzept beibehielten, zu Umsatzrückgängen, weil der Verbraucher zur Konkurrenz wechselte, sobald diese seiner Convenience-Orientierung besser entgegen kam.

Unverzichtbar ist für einen Einzelhandelsmarkt mittlerweile auch, dem Kunden ein Wohlfühlambiente zu bieten. Das beginnt bei einer optisch ansprechenden Gestaltung. Der Geschmack der Menschen in diesem Punkt wandelt sich aber laufend. Heute sind vor allem hochmodern anmutende Immobilien sowie mediterrane Gestaltung gefragt. Das wird aber schon in zehn Jahren wieder komplett anders sein.

Daher muss die Immobilie die Möglichkeit eines kostengünstigen und problemlosen Umbaus bieten. Das ist am besten zu erreichen, wenn die Immobilie möglichst wenige tragende Wände beziehungsweise schwer änderbare Betonwände hat, und stattdessen die Trennwände ausschließlich aus Gipskarton bestehen. Maximale Flexibilität würde eine einzige große freitragende Halle schaffen, die beliebig aufgeteilt werden kann. Allerdings ist dies in der Praxis zu teuer, so dass sich Investoren meistens für eine Zwischenlösung entscheiden.

Zunahme der Service- und Beratungsangebote

Tendenziell zunehmen wird die Bedeutung von service- und beratungsorientierten Angeboten im Einzelhandel, da die ältere Generation auf diesen Punkt sehr viel Wert legt. Auch ist davon auszugehen, dass die Einkaufszentren künftig immer häufiger hochwertige Gastronomieangebote eingliedern werden. Abgesehen von diesen Punkten, die bei Investitionen in großflächigen Einzelhandel in Zukunft generell immer mehr Beachtung finden müssen, kommt es bei der Konzeption des Angebots stets auf die Zusammensetzung der Zielgruppe am konkreten Standort, deren Einkaufsverhalten und die bereits bestehenden Konkurrenzangebote an.

Ist die Nachfrage nach periodischem Bedarf beispielsweise schon durch ein ausreichendes Angebot abgedeckt, macht es möglicherweise Sinn, ein Fachmarktzentrum zu etablieren, das ausschließlich Textilwaren und Schuhe anbietet. Ob eher Angebote im hochpreisigen Segment oder Discounter zweckdienlicher sind, ist eine Frage der durchschnittlichen Kaufkraft am Standort. Entgegen geläufigen Annahmen bedeutet die Tatsache, dass die Gesellschaft immer älter wird, jedoch nicht, dass sie ärmer wird. Im Gegenteil: Die heutige Seniorengeneration verfügt über überdurchschnittlich viel Geld.

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