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Emprunt Obligataire Hypothécaire - eine alternative Form der Immobilienfinanzierung in Frankreich

Im Zuge der neuen Regulierung gewinnt die gewerbliche Immobilienfinanzierung für institutionelle Kapitalanleger an Attraktivität. Neben der direkten Kreditvergabe besteht hierzulande mittlerweile auch die Möglichkeit der indirekten Finanzierung über Kreditfonds. In Frankreich können Investoren eine weitere Alternative nutzen: den Emprunt Obligataire Hypothécaire. Diese hypothekengesicherten Obligationsanleihen sind ein Hybrid aus Unternehmensanleihen und Hypothekendarlehen, dessen rechtliche Struktur die Autoren darstellen. Im Vergleich zu Beteiligungen an Konsortien und Fonds bieten die Obligationen für die Financiers eine höhere Fungibilität und aktionärsähnliche Rechte, doch werden sie wegen ihrer Komplexität bislang nur vereinzelt eingesetzt. (Red.)In Frankreich wird wiederholt die rechtliche Struktur eines Emprunt Obligataire Hypothécaire eingesetzt, mittels dessen institutionelle (französische) Investoren die erforderlichen Finanzierungsmittel zum Erwerb oder der Refinanzierung von Immobilien bereitstellen. Es handelt sich um eine hypothekengesicherte Obligationenanleihe. Diese Struktur mit hypothekarischer Absicherung wurde zu Refinanzierungszwecken der bekannten Pariser Immobilie La Lumière (135 000 Quadratmeter) erstmals im Juli 2012 herangezogen und die gesamte Anleihe von einem Konsortium namhafter französischer institutioneller Anleger gezeichnet. An dieser Transaktion war das Notariat Allez & Associés federführend beteiligt. In Deutschland stellen institutionelle Investoren, insbesondere Versicherungsgesellschaften, sofern sie nicht direkt als Kreditgeber auftreten, Finanzierungsmittel indirekt zur Verfügung, indem sie sich an einem Immobilien-Darlehensfonds nach deutschem Kapitalanlagegesetzbuch beziehungsweise vormals Investmentgesetz beteiligen (zum Beispiel von BNP Paribas REIM Germany, Deka Immobilien). Ein solcher Debt Fund kauft seinerseits die entsprechenden Darlehen beziehungsweise Darlehenstranchen an. Auch diverse Debt Funds nach ausländischem, insbesondere luxemburgischem Recht sind auf dem Markt (zum Beispiel von Groupe La Française). Hybride Struktur Bei einem Emprunt Obligataire Hypothécaire tritt der Investor hingegen in direkten Kontakt zum "Kreditnehmer", indem er die von ihm begebene Anleihe zeichnet. Für den Emittenten ist der Emprunt Obligataire Hypothécaire eine Alternative oder Ergänzung zum klassischen Bankkredit und zur Kapitalerhöhung. Eine Ergänzung deshalb, da das Instrument auch in Kombination mit einem erstrangig besicherten Darlehen auftreten kann, sei es gleich- oder nachrangig. Eine Alternative, da es auch Investoren offensteht, die zur Vergabe von Krediten nicht berechtigt sind oder solchen, die die Form einer Anleihe zwecks Bereitstellung von Geldmitteln bevorzugen. Bei dieser hypothekengesicherten Anleihe handelt es sich um eine hybride Struktur, nämlich einer Mischung aus Unternehmensanleihe bezüglich der Form und den typischen Klauseln eines Hypothekendarlehens hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Anleihemodalitäten (Letzteres auf Verlangen der Zeichner). Der Emprunt Obligataire Hypothécaire ist eine Form des Kredits, der bedingt durch die Emission von sogenannten Obligations (Schuldverschreibungen) diverse Besonderheiten aufweist. Die in allen Darlehensverträgen erforderliche Angabe des Effektivzinses (TEG) ist nicht erforderlich. Eine Anleihe kann mit einem variablen oder festen Zinssatz ausgestattet sein, wobei Letzterer in der Praxis überwiegt. Art. L.213-5 Code monétaire et financier (CMF), Art. L.228-38 Code de commerce (C.com.) definieren die Obligations als Titres négociables, also marktfähige Wertpapiere. Das heißt, diese sind frei übertragbar und die für Abtretungen geltende Formvorschrift des Art.1690 Code Civil (Drittwirksamkeit nur nach Anzeige an den Schuldner) ist nicht anwendbar. Die Anteile sind dematerialisiert und werden über ein Wertpapierkonto, welches entweder vom Emittenten selbst oder von einer in Art. L.211-3 in Verbindung mit Art. L.542-1 CMF genannten Stelle, insbesondere in Frankreich ansässige Kreditinstitute, Investmentgesellschaften oder entsprechende Servicer, verwaltet wird. Diese Wertpapiere gewähren innerhalb ein und derselben Emission die gleichen Forderungsrechte in Höhe eines einheitlichen Nominalwerts. Auch wenn jeder Zeichner ein eigenes Forderungsrecht gegen den Emittenten erhält, handelt es sich bei einer Emission um einen einzigen Vertrag zwischen Emittent und Zeichnern. Letztere sind in einer Einheit, der sogenannten "Masse" zusammengeschlossen, welche über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt (Art. L.228-46 C.com.) und die Rechte der Zeichner sowie die Durchführung des Vertrags wahrnimmt (Art. L.228-65 C.com.). Sie allein ist Ansprechpartnerin des Emittenten. Zur Vertretung der Masse können bis zu drei Bevollmächtigte bestellt werden (Art. L.228-47 C.com.), häufig handelt es sich um eine Bank. Der Vertreter der Masse muss in Frankreich seinen Sitz haben (Art. L.228-48 C.com.). Die Rechte der Masse Im Gegensatz zum Kreditgeber hat die Masse ein Teilnahmerecht an den Gesellschafterversammlungen, ein Recht auf Übermittlung von Unterlagen der Gesellschaft (Art. L.228-55C.com.) wie ein Aktionär und sie muss vor Änderung der Emissionsbedingungen sowie bei allen Entscheidungen der Gesellschaft, die ihre Rechte beeinträchtigen können (Art. L.228-65 C.com.), gefragt werden. Die Masse entscheidet in Versammlungen, die jederzeit einberufen werden können. Entscheidungen werden mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Stimmen getroffen. Bezüglich der erforderlichen Anwesenheitsquoren gelten die Regeln für Aktiengesellschaften, das heißt in der ersten Versammlung müssen mindestens 20 Prozent der Stimmen anwesend sein. Nicht allen Gesellschaftsformen steht der Zugang zum Emprunt Obligataire offen. Im Wesentlichen können der Staat und andere öffentlich rechtliche Einheiten sowie AG und GmbH diese Finanzierungsform nutzen. Die Emission kann mittels Private Placement, also durch direkte Ansprache ausgewählter Investoren, oder durch öffentlichen Aufruf im Sinne des Art.L.411-1 CMF unter Aufsicht der französischen Finanzmarktaufsichtbehörde AMF (Autorité des marchés financiers) erfolgen. Ein Emprunt Obligataire kann wie ein Kredit mit entsprechenden Sicherheiten ausgestattet werden, insbesondere einer Hypothek. Bestellung und Eintragung einer Hypothek im Grundbuch erfolgen zugunsten der Gesamtheit der Zeichner (Masse). Sowohl die praxisrelevante Subrogation, die in Frankreich gebräuchliche Nutzung bereits bestehender Hypotheken im Falle einer Umschuldung, als auch die Nutzung eines Privilège de Prêteur de Deniers (PPD) - einer Hypothek zugunsten des Kaufpreisfinanzierers, dessen Eintragung auf den Tag des Kaufvertrags zurückwirkt, sofern Eintragungsantrag innerhalb von zwei Monaten gestellt wird - sind möglich. Dies sind unter Kostengesichtspunkten und folglich für die Anwendung in der Praxis bedeutsame Aspekte, da auf diese Weise die Kosten der Hypothekenbestellung infolge Nichtanfallens der Taxe de Publicité Foncière (TPF) in Höhe von 0,715 Prozent auf Kapital und Nebenleistungen erheblich günstiger sind. Abgeschlossen wird der Contrat de Souscription, also der Emissionsvertrag, dem die Anleihebedingungen als Anlage beigefügt sind. Letztere können all diejenigen Klauseln enthalten, die auch in klassischen gewerblichen Immobilienkreditverträgen üblich sind. Dazu gehören die finanziellen Daten, Ratios, Pflichten des Emittenten (zum Beispiel Mitteilung, Übersendung von Unterlagen), Kündigungsgründe et cetera. Fraglich ist allerdings, ob die freie Übertragbarkeit der Beteiligung eingeschränkt beziehungsweise von Bedingungen abhängig gemacht werden kann. Gemäß Art.L.228-79 C.com sind die Sicherheiten in gesonderten Akten zu bestellen. Die in der Darlehenspraxis übliche Verwendung der Sicherungsabtretung gewerblicher Mieten mittels der konkursfesten Cession Dailly gemäß Art.L.313-23 CMF ist nicht möglich, da diese Form einer Abtretung nur zugunsten von Kreditinstituten zulässig ist. Insoweit wird dann auf die gegenüber dem Drittschuldner offengelegte Verpfändung zurückgegriffen, die ebenfalls konkursfest ist. Bei Verwendung eines PPD oder im Falle der Subrogation ist der Emissionsvertrag, wie sonst der Darlehensvertrag notariell zu beurkunden. Dieses gesetzliche Erfordernis dient der Vermeidung von Rechtsmissbrauch und somit der Rechtssicherheit. Die besondere Stellung der Anleihegläubiger zwischen Kreditgebern einerseits und Gesellschaftern andererseits zeigt sich auch im Insolvenzverfahren, einschließlich der Sauvegarde (Schutzschirmverfahren). Dort entscheiden die Anleihegläubiger in einem eigenen Ausschuss über den Sanierungsplan und getrennt von den beiden anderen mit Gesetz vom 26. Juli 2005 eingeführten Gläubigerausschüssen, dem der Kreditinstitute und dem der Lieferanten. In diesem Rahmen können sie bei Aktiengesellschaften auch die Umwandlung ihrer Forderungen in Aktien beschließen. (Art.L.626-32 C.com.) Verschiedene Finanzierungswege In der anhaltenden Niedrigzinsphase geht die Dominanz der Banken im Bereich der Immobilienkredite zurück und alternative Geldgeber drängen in den Markt, insbesondere Versicherungen, Debt Funds und internationale Investoren auf der Suche nach Rendite. Die Anforderungen dieser Geldgeber an das Investment sowie dessen Ausgestaltung differieren; sei es bedingt durch Kapitalund Risikovorschriften wie Solvency II, Renditeerwartungen oder das Erfordernis des Vorhaltens beziehungsweise Vorhandenseins von Strukturen, welche das Monitoring des Investments sicherstellen. Um den jeweiligen Interessen und Bedürfnissen Rechnung zu tragen, werden unterschiedliche Strukturen für die Bereitstellung von Fremdkapital genutzt. Das Verlangen nach grundpfandrechtlicher Absicherung auf den Beleihungsobjekten ist allerdings bei all diesen Strukturen identisch, insbesondere bei der Finanzierung von Special Purpose Vehicles (SPV). Neben der klassischen Immobilienfinanzierung stehen in Frankreich als alternative Strukturen zwecks Gewährung von Fremdkapital Debt Funds und der Emprunt Obligataire Hypothécaire zur Verfügung.

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