Immobilien und Steuern

Erbschaftsteuerreform - deutliche Nachteile für die Immobilienbranche

Bei der Reform der Erbschaftsteuer war lange Zeit keine Einigung in Sicht. Rechtzeitig zum Jahresende hatte die Bundesregierung einen Kompromiss erzielt. Entgegen den Befürchtungen der Immobilienbranche wird die Erbschaftsteuerreform für einige Erben tatsächlich Steuererleichterungen bieten. In zahlreichen Fällen werden aber Immobilienerben deutlich höher belastet werden als nach dem bisherigen Recht.

Moderne Lebensrealität unberücksichtigt

Auf den ersten Blick scheint die Erbschaftsteuerreform zu einer Steuererleichterung für Erben selbst genutzter Immobilien zu führen, denn für diese Immobilien wurde ein sogenannter sachlicher Freibetrag eingeführt. Demnach kann das selbst genutzte Wohneigentum künftig unabhängig von der Höhe des Immobilienwertes steuerfrei vererbt werden - Immobilienerben in Ballungsgebieten wie München, Stuttgart oder Hamburg mit sehr hohen Immobilienpreisen können damit ebenso steuerfrei erben wie die Erben in Regionen mit einem niedrigeren Preisniveau.

Regionale Ungleichbehandlungen, wie sie durch eine ausschließliche Erhöhung des Steuerfreibetrages entstanden wären, werden so vermieden. Mit diesem Schritt ist die Koalition erfreulicherweise einer der Empfehlungen des IVD Bundesverbands nachgekommen, der bereits im vergangenen Jahr Vorschläge unterbreitet hat für eine einfache und gerechte Besteuerung von vererbten Immobilien.

Auf den zweiten Blick aber zeigt sich, dass diese an sich sehr begrüßenswerte Steuerfreiheit für selbst genutzte Immobilien an verschiedene Bedingungen geknüpft ist, die dem Vorschlag des IVD entgegenstehen. Zum einen unterliegen selbst genutzte Immobilien nur dann nicht der Steuerpflicht, wenn sie vom Ehepartner beziehungsweise vom eingetragenen Lebenspartner oder - bis zu einer festgelegten Wohnfläche von 200 Quadratmetern - vom Kind des Erblassers selbst genutzt werden.

Die an sich begrüßenswerten günstigeren Regelungen für Ehepartner verstärken die Ungleichbehandlung ehelicher und nicht-ehelicher Lebensgemeinschaften massiv. Denn Partner, die bereits seit Jahren oder sogar Jahrzehnten ohne Trauschein zusammenleben, werden erheblich schlechter gestellt als verheiratete Paare. Es entspricht nicht der modernen Lebensrealität, dass Menschen, die sich füreinander entschieden haben und miteinander leben, zwangsläufig heiraten - daher sollten sie auch bei der Erbschaftsteuer nicht schlechter gestellt werden als verheiratete Paare. Mit dem Kompromiss der Koalition aber werden viele der nicht-verheirateten Erben das Haus oder die Wohnung künftig sehr viel häufiger verkaufen müssen, um die erheblich gestiegene Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Zwar erhöht sich ihr Steuerfreibetrag von bisher 5 200 Euro auf künftig 20 000 Euro, allerdings kann dieser Freibetrag den Immobilienwert nur zu einem geringen Teil abdecken. Denn durch die Änderung des Bewertungsgesetzes werden die Immobilienwerte gegenüber dem heutigen Niveau massiv steigen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. November 2006 besagt, dass Grundstücke statt wie bisher mit dem Bedarfswert, der zu einer deutlich geringeren Bemessungsgrundlage führte, mit dem Verkehrswert angesetzt werden müssen. Diese Entscheidung führt dazu, dass die Belastung durch die Erbschaftsteuer künftig ein Vielfaches der bisherigen Aufwendungen betragen wird. Wie der Bund der Steuerzahler berechnet hat, geht die Erbschaftsteuerreform für die Erben, die nicht zu den privilegierten Gruppen der Verheirateten oder Kinder zählen, mit einer massiven Mehrbelastung einher: Für eine vererbte Immobilie mit einem Wert von 300 000 Euro muss der Erbe wie beispielsweise der nicht-eheliche Lebenspartner statt bislang knapp 24 000 Euro künftig 84 000 Euro aufbringen. Das entspricht einer tatsächlichen Steuererhöhung von über 350 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass die Steuerfreiheit für selbst genutzte Immobilien nur dann gilt, wenn die Erben mindestens zehn Jahre in dem Haus beziehungsweise in der Wohnung wohnen. Dabei ist gerade in der heutigen Zeit die berufliche Mobilität zunehmend gefordert. Wer die geerbte Immobilie aber nicht selbst bewohnen kann und sie vorübergehend vermietet, wird erbschaftsteuerpflichtig. Gerade Kinder leben jedoch häufig nicht mehr im Haus der Eltern, sondern in vielen Fällen sogar in einer anderen Stadt - für sie ist es daher nur in wenigen Fällen möglich, die geerbte Immobilie selbst zu bewohnen. Zudem ist bei Kindern die Steuerfreiheit an die Bedingung geknüpft, dass nicht mehr als 200 Quadratmeter bewohnt werden. Übersteigt die Wohnfläche die festgelegte Grenze, haben sie ihr Erbe zu den erhöhten Konditionen zu versteuern. Auch den Erben vermieteter Immobilien droht durch die Erbschaftsteuerreform eine höhere Belastung. Rund 60 Prozent dieser Immobilien sind in der Hand privater Vermieter. Wie eine Studie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung unlängst ergab, erwirtschaften rund 60 Prozent von ihnen keine Rendite oder sogar Verluste. Für diese Erben steigt die Erbschaftsteuerschuld massiv, da für vermietete Immobilien künftig nur noch ein Abschlag von zehn Prozent auf den Verkehrswert der Immobilie möglich ist statt der bisherigen günstigeren Festsetzung über den Bedarfswert. In vielen Fällen wird für die Erben ein Liquiditätsproblem entstehen, das häufig nur über den Verkauf der Immobilie gelöst werden kann, wenn neben der Immobilie nicht ausreichend finanzielle Mittel hinterlassen werden.

Massive Mehrbelastungen für Immobilienerben

Wird beispielsweise ein Mietshaus mit einem Wert von einer Million Euro vererbt, wären selbst für den Ehepartner nach Abzug des auf 500 000 Euro erhöhten Steuerfreibetrages 75 000 Euro Erbschaftsteuer zu entrichten (500 000 Euro multipliziert mit dem Steuersatz von 15 Prozent). Für den nicht-ehelichen Lebenspartner beläuft sich die Erbschaftsteuer künftig sogar auf 294 000 Euro (1 000 000 Euro abzüglich 20 000 Euro Freibetrag multipliziert mit dem Steuersatz von 30 Prozent). Würde dieser Betrag in einer Summe zu entrichten sein, wäre der Verkauf der geerbten Immobilie in vielen Fällen unvermeidlich. Aus diesem Grund hat der IVD in seinem Besteuerungsvorschlag für eine zehnjährige zinslose Stundung der Erbschaftsteuer plädiert.

In dem Gesetzestext zur Erbschaftsteuerreform wird die Empfehlung des IVD erfreulicherweise berücksichtigt. So sieht die Erbschaftsteuerreform nun vor, dass für vermietete Immobilien im privaten Nachlass die Erbschaftsteuer über einen Zeitraum von zehn Jahren gestundet werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass das bereits vorhandene Vermögen des Erben und der übrige Nachlass nicht ausreichen, um die Erbschaftsteuer zu decken, beispielsweise wenn neben der Immobilie kein Geldvermögen vererbt wurde.

Stundungsoption nur ein schwacher Trost

Unter derselben Voraussetzung haben künftig laut § 28 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzes auch Erben von selbst genutzten Wohnimmobilien wie der nicht-eheliche Lebenspartner, Geschwister oder Freunde des Erblassers die Möglichkeit, einen Antrag auf Stundung der Erbschaftsteuer über einen Zeitraum von zehn Jahren zu stellen. Wie es in der Gesetzesbegründung heißt, soll mit dieser Regelung vermieden werden, dass die geerbte Immobilie zwangsweise verkauft werden muss, um die durch die Änderung des Bewertungsgesetzes erheblich steigende Erbschaftsteuer aufbringen zu können. Die Erbschaftsteuer ist in diesem Fall nicht sofort zu zahlen, sondern wird - je nach Ermessen des Finanzamtes - über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren in Raten beglichen. Die Stundung wird auch dann bis zum Ablauf der festgelegten Frist weiter gewährt, wenn der Erbe zum Beispiel nach fünf Jahren aus der Immobilie auszieht und sie vermietet.

Da auch Ehepartner und Kinder erbschaftsteuerpflichtig werden, wenn sie die geerbte Immobilie vor Ablauf der Zehnjahrespflicht beispielsweise aus beruflichen Gründen nicht länger selbst bewohnen können, gilt unter denselben Voraussetzungen der Anspruch auf Stundung auch für sie. Allerdings wird die Möglichkeit der Stundung sowohl für Ehepartner und Kinder als auch für nicht-eheliche Lebenspartner und andere Erben nur ein geringer Ausgleich für die massive Erhöhung der Erbschaftsteuer sein.

Wohnimmobilien im Betriebsvermögen begünstigt

Eine entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf zumindest teilweise erfreuliche Entwicklung zeigt sich auch für Erben von den Immobilien, die zum Betriebsvermögen zählen. Die Erbschaftsteuerreform sah bislang vor, Steuervorteile nur für Unternehmen mit einem geringen Anteil an Verwaltungsvermögen wie Wertpapieren oder vermieteten Immobilien zu gewähren. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens unterhalb von 50 Prozent des gesamten Betriebsvermögens, werden für diese Unternehmen künftig 85 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei gestellt, wenn der Erbe den Betrieb sieben Jahre fortführt und die Lohnsumme innerhalb der sieben Jahre 650 Prozent der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten drei Jahre nicht unterschreitet. Macht das Verwaltungsvermögen höchstens zehn Prozent des Betriebsvermögens aus, führt der Erbe den Betrieb zehn Jahre lang fort und unterschreitet die Lohnsumme in dieser Zeit nicht 1 000 Prozent der durchschnittlichen Lohnsumme, bleibt das Betriebsvermögen künftig vollständig steuerfrei.

Mit dieser Regelung aber hätten beispielsweise Wohnungsunternehmen im Familienbetrieb nicht von den Vergünstigungen profitieren können, sondern wären stattdessen von der deutlich steigenden Steuerschuld getroffen worden. Das gilt ebenso für zahlreiche Erben, bei denen Immobilien im Betriebsvermögen in der häufig gewählten Rechtsform einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG wie beispielsweise bei Immobilienfonds gehalten werden.

In der Überarbeitung des Gesetzestextes ist nun aber eine Ausnahmeregelung enthalten, die zumindest Betriebe mit vermieteten Wohnimmobilien in ihrem Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer verschont. Hierdurch wird erreicht, dass Wohnungsunternehmen die erbschaftsteuerlichen Vergünstigen nicht von vornherein versagt bleiben, sofern sie die Auflagen zur Weiterführung des Betriebes erfüllen. Da diese Unternehmen in einem nicht unerheblichen Umfang Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, ist die Einbeziehung in die Verschonungsregelungen nicht nur "gerechtfertigt", wie es in der Gesetzesbegründung heißt, sondern absolut erforderlich.

Sie hier nicht einzubeziehen, wäre eine nicht nachvollziehbare Diskriminierung der Immobilie. Allerdings stehen solchen Unternehmen, die Gewerbeimmobilien halten und vermieten, die Verschonungsregelungen nach wie vor nicht offen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass das bisherige Erbschaftsteuerrecht bei Immobilien gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstöße, entsteht hier allerdings eine neue Ungerechtigkeit im Erbschaftsteuerrecht.

Es ist erfreulich, dass die Koalition die Vorschläge des IVD beim Kompromiss zur Erbschaftsteuerreform generell berücksichtigt hat. Allerdings werden die zum Teil erheblichen Beschränkungen vielfach zu erheblichen Steuermehrbelastungen führen. Ziel der Erbschaftsteuerreform sollte sein, die Ungleichbehandlung beim Vererben von Immobilien und anderen Gütern zu beseitigen. Tatsächlich aber ist eine neue Ungleichbehandlung entstanden, die zahlreiche Immobilienerben in vielerlei Hinsicht deutlich schlechter stellt - sowohl gegenüber Erben anderer Güter als auch gegenüber privilegierten Immobilienerben.

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