Leitartikel

Geno-Realkredit - Zwischenschritte

Die sich abzeichnende Fusion zwischen DG Hyp und Münchener Hypothekenbank (MHB) bringt Bewegung in einen Zweig des genossenschaftlichen Verbundes, der bislang Konsolidierungsbemühungen trotzte - auch weil die Platzbanken den Wettbewerb unter ihren Zulieferern ganz praktisch fanden. Die DG Hyp für die DZ Bank, die WL für die WGZ Bank und die Münchener für sich selbst, so war das einmal. Da ein solches Nebeneinander selbst bei besten Absichten nie wettbewerbsneutral ablaufen kann, kam es mitunter zu Reibereien, jüngst im Frankfurter Raum, als die DG Hyp ihr Produkt Immoexpress forcieren wollte und damit der für die Münchener Hypothekenbank vermittelnden Frankfurter Volksbank in die Quere kam.

Solche Scharmützel wird es künftig zumindest zwischen zwei der drei genossenschaftlichen Hypothekenbanken nicht mehr geben. Ende Mai wurde eine Absichtserklärung zwischen der Münchener Hypothekenbank und der DG Hyp unterschrieben, im Juni soll der Vorvertrag abgeschlossen werden, die vollständige Verschmelzung ist noch für 2007 geplant. Damit entsteht Deutschlands drittgrößte Immobilienbank hinter Eurohypo und Hypo Real Estate. Sie wird Münchener Hypothekenbank heißen, ihren Sitz in München haben, aber als AG ein Konzernunternehmen der DZ-Bank-Gruppe sein. Es gibt durchaus Genossen, die dieses als weitere Einschränkung ihrer unternehmerischen Freiheit werten.

Bevor es so weit ist, muss nur noch die Hürde genommen werden, drei Viertel der knapp 95 000 Mitglieder der MHB vom größeren Nutzen einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft denn an ihrer Genossenschaft zu überzeugen. Das dürfte aber vermutlich nicht allzu schwer sein, denn bis auf ein paar "Bewahrer" wird sich die weitaus größere Zahl der Mitglieder von den voraussichtlich höheren Werten der neuen AG-Anteile locken lassen. Und über eine Beteiligungsgesellschaft kann schließlich auch der notwendige Kanal für später verkaufswillige Neuaktionäre geschaffen werden.

Mit DG Hyp und Münchener Hyp finden sich bei vielen Gemeinsamkeiten im Geschäftsmodell - Treasury, Verbriefungsaktivitäten und Staatsfinanzierungen gibt es hüben wie drüben, im Norden etwas mehr Retail, im Süden dagegen mehr Gewerbe - zwei unterschiedliche Partner zusammen. Die einen in München sind Genossenschaft durch und durch. Während im Westen die Westfälische Landschaft aus einem öffentlichrechtlichen Institut entstanden ist und mittlerweile wie die ehemals genossenschaftliche DG Hyp als AG firmiert, rühmen sich die Münchener, weltweit die einzige Hypothekenbank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft zu sein. Das "konzernfrei", dass lange, lange Jahre als wunderbares Akquiseinstrument gerade in den Verbund hinein so trefflich genutzt wurde, verschwand jüngst plötzlich von der Internetseite, sozusagen vorausschauend wohl. Anteilseigner der MHB, an die sich viele in Bayern noch als "Landwirthschaftsbank" erinnern, sind eine große Zahl von Primärbanken, genossenschaftliche Zentralbanken und über 94 000 individuelle Mitglieder, größtenteils Kunden. Mit einer Bilanzsumme von knapp 32 Milliarden ist die MHB kleiner als die DG Hyp, die es auf gut 85 Milliarden bringt und mit einem Rohergebnis von 296,6 Millionen auch entsprechend ertragsstärker ist. Alles hat eben seinen Preis, auch Unabhängigkeit oder anders ausgedrückt, Konzernfreiheit.

Im Norden dagegen stand man stets unter dem nicht immer nützlichen Einfluss der Zentralen. Gegründet von der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse 1921 hält die DZ Bank heute immer noch 100 Prozent der Anteile. Einige der Probleme dieser Konzernfunktion zeigen sich seit geraumer Zeit: Der immer wiederkehrende Kapitalbedarf der Mutter hat eine Reservenanhäufung nicht gerade begünstigt und gutes Geschäft machte man in Frankfurt gleich selber. Auch auf der Personalseite wurden die Hamburger nicht immer bestens bedient. Hinzu tat der allgemeine Margendruck durch historisch niedrige Zinsen sein Übriges. Die Folgen: Die Vertriebsstärke und Akzeptanz bei den Primärbanken ließ stetig nach, das Ergebnis schwächelte permanent und der Wert sank. Allein im vergangenen Jahr schrieb die DZ Bank einen dreistelligen Betrag für die Tochter ab, die derzeit nur noch mit rund 600 Millionen statt der ehemals gut 1,2 Milliarden Euro in den Büchern steht. 2007 wären weitere Reaktionen zwingend notwendig gewesen.

Das wollte man offensichtlich nicht. "Die veränderten Marktbedingungen erfordern auch für ihre Partner Deutsche Genossen-schafts-Hypothekenbank AG und Münchener Hypothekenbank eG ein Nachdenken über die derzeitige Marktpositionierung. Zielsetzung beider Immobilienbanken muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit des genossenschaftlichen Finanzverbundes in diesem bedeutsamen Marktbereich zu sichern und zukunftssicher auszubauen", so heißt es in einem Schreiben beider Häuser an die Volksbanken und Raiffeisenbanken. So wohlklingend diese Formulierungen auch sein mögen, im Kern heißt das, man traut dies weder Hamburg noch München alleine zu.

Das wäre Anfang dieses Jahrtausends anders gewesen. Doch damals, als gerade die VR Immo aus der Taufe gehoben worden war, waren die putzmunteren Münchener nicht bereit, ihre Eigenständigkeit aufzugeben, und die DZ Bank hatte für ihre Tochter andere Wertvorstellungen als die WGZ Bank für die WL Bank, sodass lediglich die DG Hyp unter das Holdingdach rückte. Die Hoffnungen auf ein späteres Zusammenrücken zerplatzten schnell. Damit blieb die an sich feine, vor allem vom damaligen Schwäbisch-Hall-Chef Alexander Erdland vorangetriebene Idee der subsidiären Immobilienfinanzierung unter einem Dach ohne Durchschlagskraft. Zwar funktionierte die Vertriebsunterstützung der Genossenschaftsbanken unter der Führung Schwäbisch Halls gut. Auch das Servicing des Kreditwerks hat sich nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten inzwischen mit neuem Führungspersonal gut entwickelt. Doch schon bei der Produktkoordination zwischen der Bausparkasse und der DG Hyp knirschte es immer wieder. Das Ende ist bekannt: Kurz nach dem Wechsel von Erdland zu Wüstenrot beerdigte der damalige DZ-Bank-Chef Ulrich Brixner die VR Immo.

Die jetzt anstehende Zweierlösung greift die Idee der Bündelung wieder auf. Manch einer mag bedauern, dass Düsseldorf nicht mit im Boot sitzt, doch wäre die große Fusion zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich viel zu komplex. Wenn die WGZ angesichts der Entwicklung natürlich ankündigt, man werde sich weiteren strategischen Schritten nicht verschließen, so hört man das zwar gerne. Aber leicht wird es nicht werden. Allein die IT-Frage - das GAD-System vernetzt die Düsseldorfer Zentralbank mit der WL Bank und allen Mitgliedsinstituten, bei DZ und Fiducia setzt man auf ein offeneres System - erscheint kaum schnell lösbar. Personal- und Standortfragen sowie das unterschiedliche Gewicht der Töchter für die jeweilige Zentral-bank-Mutter machen das Ganze nicht einfacher.

Aber was hat eine einzige genossenschaftliche Hypothekenbank überhaupt für eine Zukunft? Das Pfandbriefgesetz hat die Rahmenbedingungen nachhaltig verändert. Das ehemalig beschützende Spezialbankprinzip ist dahin und jede Bank, die den (sicherlich sehr strengen) Kriterien des neuen Gesetzes entspricht, darf Pfandbriefe emittieren. Im Sparkassenlager gab es nie ein "Real-Zentralinstitut". Geschadet hat es nicht, das zeigen die Marktanteile, bei denen das öffentlich-rechtliche Lager unangefochten an der Spitze und ein gutes Stück vor den Genos liegt. Es wird auch nicht mehr allzu lange dauern, bis große Volksbanken und Raiffeisenbanken genau wie die Sparkassen die Refinanzierung über Pfandbriefe in die eigenen Hände nehmen. Und angesichts der Filetierung der Eurohypo durch die Commerzbank und der Entwicklung der Hypo Real Estate hin zu einer Commercial Bank muss sicherlich bedacht werden, wie lange sich die große DZ Bank den Luxus einer Spezialbank noch leisten möchte. Das Pfandbriefgesetz will Universalbanken mit Emissionsrecht - wie "Landesbanken", die das schon immer vereinten. P. O.

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