Expo Real Messeausgabe 2009

Gewerbliche Immobilienfinanzierung - die richtige Balance

Gibt es heute noch Banken, die sich an die Finanzierung von Immobilien wagen? Schaut man genauer hin, so zeigen einige konkrete Beispiele, dass nach wie vor eine Finanzierung von Immobilieninvestitionen möglich ist. Es gilt allerdings mehr denn je, die richtige Balance zwischen Immobilie und Finanzierung, zwischen Investorenwünschen und Kapitalmarktanforderungen, zwischen Risiko und Ertragspotenzial für alle Beteiligten zu finden.

Bewährte Prinzipien

Zweifellos haben sich die Rahmenbedingungen für den deutschen Immobilienmarkt innerhalb weniger Monate gewandelt. Mitte 2008 waren noch stabile bis positive Aussichten für das Wirtschafts- und Marktwachstum das Konsens-Szenario und für viele Käufer das Investitionsmotiv. Ein Jahr später beherrschen sinkende Mieten, steigende Leerstände und teilweise rückläufige Preise die Erwartungen hinsichtlich der Investmenterlöse. Auf der Finanzierungsseite macht sich vor allem der für die meisten unerwartete Ausfall des Verbriefungsmarktes direkt bemerkbar. Wenn nun Kreditrisiken nur auf dem eigenen Bankbuch verbleiben können, schlagen viele Finanzierer spätestens vor dem Hintergrund der Markterwartungen einen restriktiveren Kurs ein - wenn nicht ganz auf die Akquisition verzichtet wird.

Beide Aspekte, die nur optimistische Markterwartung und die einfache Verfügbarkeit günstiger Gelder, führten jedoch letztlich zu einer Sonderkonjunktur. Einerseits konnten auch die etablierten Marktteilnehmer hiervon profitieren, und zwar nicht nur auf der Verkäuferseite. Gleichzeitig nehmen nachhaltig orientierte Investoren und Finanzierer erfreut zur Kenntnis, dass nun wieder Immobilienökonomie und nicht alleine Financial Engineering zählt. Insofern sind derzeit vor allem jene Immobilienprofis und Banken aktiv, die mit einer ausgewogenen Sichtweise schon immer zueinander fanden oder die dies nun schnell genug neu akzeptiert haben.

Doch in welchen Aspekten genau muss bei der Immobilienfinanzierung ein Gleichgewicht gefunden werden? Aus Erfahrung sind es drei zentrale Prinzipien:

- Balance zwischen Cash-Flow und realem Objekt: Immobilien garantieren keinen Zahlungsstrom ohne Zutun; bei aller notwendigen Rechnerei mit spitzer Feder darf nicht vergessen werden, dass tatsächliche Gebäude und Mieter mit all ihren Ansprüchen dahinter stehen.

- Balance zwischen Best Case und Worst Case: Es gibt nicht das eine Zukunftsszenario, sondern viele; Investor und Bank gehen zwar von einer guten Entwicklung aus, treffen aber auch unabhängig von der aktuellen Marktverfassung Vorkehrungen für unvorteilhafte Entwicklungen - Risiko und Ertrag werden dabei fair geteilt.

- Balance zwischen Investition und Kapitalmarkt: Geld ist auch für Banken nicht mehr bedingungslos zu erhalten; Investor und Bank strukturieren die Finanzierung daher so, dass jetzt und später Flexibilität bei der Refinanzierung am Kapitalmarkt besteht.

Unter diesen Voraussetzungen lassen sich Immobilieninvestitionen in Deutschland auch im aktuellen Konjunkturumfeld finanzieren und so realisieren. Drei Neugeschäfte der Corealcredit Bank AG aus dem Frühjahr und Sommer 2009 zeigen dies beispielhaft.

Beispiel 1: Wohnportfolio

Ein international tätiger Bestandshalter hat den Kauf eines reinen Wohnimmobi-lien-Portfolios vor einigen Jahren aus Eigenkapital finanziert. Die Objekte will er langfristig halten und dabei mit Hilfe eines lokalen Immobilienverwalters aktiv bewirtschaften. Der Leerstand konzentriert sich auf ein Objekt. Dieses soll nun zeitgemäß modernisiert werden. Realisiert wurde für diesen Kunden die Refinanzierung von zirka zwei Drittel des Kaufpreises - sodass Eigenkapital für weitere Akquisitionen verfügbar wird beziehungsweise der 8-fachen Ist-Miete sowie eine Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen; das variable Darlehen wurde zusätzlich mit einem Swap gegen Zinsänderungsrisiken abgesichert.

Das Wohnportfolio verfügt auch nach gutachterlicher Einschätzung über eine langfristig gesicherte Ertragsfähigkeit und sogar Mietsteigerungspotenzial. Trotzdem dürfen mögliche negative Entwicklungen nicht außer Acht gelassen werden. Aufgrund der eigenkapitalorientierten Strategie des Kunden konnte der Kredit aber ohne Probleme so gestaltet werden, dass selbst ein Leerstand von etwa einem Drittel verkraftet wird. Ebenso wird die Instandsetzung erst finanziert, wenn eine tatsächliche Wertsteigerung erfolgt ist. Und auch wenn der Kunde eine langfristige Haltestrategie verfolgt, wurde vorsorglich ein Release Pricing für potenzielle Abverkäufe vereinbart. Das Darlehen eignet sich aktuell besonders gut zur Refinanzierung per Pfandbrief, da es mehrere Jahre läuft, der Beleihungswertauslauf relativ gering ist und die Objektart Wohnen die Stabilität des Deckungsstockes erhöht. Trotzdem wurde eine spätere Syndizierung oder Verbriefung nicht außer Acht gelassen. So handelt es sich um eine SPV-Struktur, der Darlehensvertrag genügt den internationalen Anforderungen und sieht etwa Cash Sweep und Renovierungskonto vor. Im Ergebnis war die Transaktion für Investor wie Bank vorteilhaft: Bei - auch dank hohem Pfandbriefanteil - auskömmlicher Marge für den Finanzierer konnte der Immobilieninvestor seinen Kapitaleinsatz in einem vernünftigen Umfang hebeln.

Beispiel 2: Fachmarkt

Ein seit Jahrzehnten auf Besitz, Entwicklung und Verwaltung von Gewerbeimmobilien spezialisiertes Immobilienunternehmen will sein Portfolio ausbauen. Gekauft werden soll ein neu errichteter Fachmarkt in guter Makro- und Mikrolage, vermietet für deutlich mehr als zehn Jahre an eine große Einzelhandelsgruppe. Diese Akquisition wurde zu etwa drei Viertel des Marktwertes respektive der 10-fachen Ist-Miete finanziert.

Auch wenn es sich um einen namhaften Mieter handelt, so ist doch zu berücksichtigen, dass dieser in seiner speziellen Branche einem preisaggressiven Verdrängungswettbewerb ausgesetzt ist. Zins- und Tilgungsleistungen wurden daher so eingestellt, dass die Finanzierung auch noch bei um ein Viertel geringerer Miete tragfähig ist. Zudem wurde die Kreditlaufzeit auf ungefähr ein Drittel der Mietvertragslaufzeit begrenzt, um bei sich verschlechternden Bedingungen noch genug Zeit zu haben, das Risiko der Anschlussvermietung aus dem Cash-Flow der Immobilie heraus abzufedern.

Risikoadäquate Marge

Auch dieser Kredit kann mit einem signifikanten Betrag in den Deckungsstock eingestellt und so teilweise mit Pfandbriefen refinanziert werden. Das zum Objekterwerb neu gegründete SPV sowie die verbriefungsfähige Darlehensdokumentation halten aber eine spätere Verbriefung oder Syndizierung offen. Dieses Thema wurde auch mit dem Kunden offen kommuniziert. Ergebnis ist eine Zusage seitens der Bank, dass der ausplatzierte Kreditanteil maximal 75 Prozent betragen wird. Die vereinbarte Marge liegt dem höheren Risiko entsprechend etwas über der des ersten Beispiels. Für die Kalkulation der Bank erwies sich auch hier die aktuell gut mögliche Pfandbrief-Refinanzierung als positiv, die zu zwei Dritteln in Anspruch genommen werden kann. Darü-ber hinaus gibt es das Zusatzgeschäft in Form eines Zinsswaps. Der Investor erhält dafür eine für die Marktverhältnisse hohe Finanzierung und konnte seinen Kapitaleinsatz so optimieren.

Beispiel 3: Spezialimmobilienportfolio

Ein auf die Entwicklung, Bestandshaltung und Betrieb von Spezialimmobilien fokussierter Konzern hat mehrere Objekte aus Eigenkapital neu entwickelt und vermietet. Die Immobilien verteilen sich über mehrere Standorte in ganz Deutschland, die Mieter weisen weit überwiegend eine gute Bonität auf. Diese Objekte sollen nun in das eigene Bestandsportfolio übernommen werden.

Für diesen Kunden wurde eine Finanzierung in Höhe von etwa 60 Prozent der Gestehungskosten finanziert, entsprechend dem Ziel-Leverage des Investors. Dies entspricht dem etwas mehr als 7-fachen der Ist-Miete. Hinzu kam der Abschluss eines Zinsswaps zur Absicherung gegen Zinsrisiken. Wie beim Fachmarkt besteht pro Immobilie ein Einzelmieterrisiko. Da die einzelnen Objektgesellschaften gesamtschuldnerisch haften, ist dieses Risiko jedoch besser zu beherrschen. Konkret wurde die Finanzierung so eingerichtet, dass selbst bei Ausfall der beiden bonitätsschwächsten Mieter der Zins- und Kapitaldienst nicht gefährdet ist. So kann ein Mietrückgang um rund ein Drittel abgefangen werden.

Als spezifisches Risiko kommt hinzu, dass die Mietverträge überwiegend mit einer Kündigungsmöglichkeit in wenigen Jahren ausgestattet sind. Hierauf wurde die Darlehenslaufzeit abgestellt, jedoch jetzt schon eine Prolongationsmöglichkeit für weitere zwei Jahre zugesagt. Dem Kundenwunsch nach anfänglicher Tilgungsfreiheit wurde insoweit entsprochen, dass stattdessen ein Debt Service Reserve Account eingerichtet wurde. In den späteren Jahren der Kreditlaufzeit wird dieser bei Regeltilgung sukzessive abgebaut, sofern alle Covenants - auch hinsichtlich der Mieterbonitäten - eingehalten werden, ansonsten wird durch diese Reserve die Kapitaldienstfähigkeit abgesichert.

Vertraglich wurde auch die Möglichkeit einer Syndizierung vereinbart, wobei vor Ausplatzierung der Investor informiert werden wird. Kurzfristig eignet sich aber auch diese Finanzierung gut zur Pfand-brief-Refinanzierung, da auch Finanzierungen von Logistikzentren und Pflegeheimen meist deckungsfähig sind. Die Marge spiegelt das Risiko des Marktes für diese Spezialimmobilien wider. Der Eigenkapitaleinsatz ist in den drei Fallbeispielen höher als vor einigen Jahren bei typischen Transaktionen gesehen wurde, jedoch wiederum nicht ungewöhnlich für langfristige Bestandshalter ohne alleinigen Fokus auf Marktwertsteigerung. Zukunftserwartungen sowie Finanzierung und Immobilie sind jeweils ausgewogen.

Pfandbrief im Fokus

Passend zu den umgekehrt gesunkenen Beleihungsausläufen steht auch der

Pfandbrief im Fokus der Refinanzierung. Trotzdem ist die Möglichkeit einer Syndizierung oder Verbriefung nicht ausgeschlossen worden. Dies sollte sich spätestens bei der Anschlussfinanzierung positiv auswirken. Risiko und Ertrag aus den Investitionsvorhaben wurden fair aufgeteilt. Auch hier ist eine Balance zwischen Investor und Kapitalmarkt erreicht worden. Insgesamt zeigen diese drei Beispiele, dass kaufmännisch kalkulierende und sich langfristig engagierende Investoren nach wie vor Finanzierungspartner finden.

Prof. Dr. Leo Cremer , Professur für Mathematische Methoden in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Hochschule RheinMain, Wiesbaden
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