Im Blickfeld

Hohe Wohneigentumsquote schadet

In Deutschland herrscht ein Konsens zwischen fast allen Parteien, dass es eines der wichtigsten Ziele der Wohnungspolitik sei, die Wohneigentumsquote zu erhöhen. Eine Studie der OECD, in der die Wohnungspolitik in verschiedenen Ländern verglichen wurde, zeigt jedoch, wie fragwürdig dieses Ziel ist. Die Mobilität von Hauseigentümern, dies lässt sich statistisch eindeutig belegen, ist geringer als die von Mietern. Deshalb empfiehlt die Studie, von allen Formen der Wohneigentumsförderung - wie etwa Steuervergünstigungen und Förderungen - Abstand zu nehmen.

Die OECD-Studie zeigt, dass die Mobilität von Arbeitskräften eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen funktionierenden Arbeitsmarkt ist und dass diese Mobilität wiederum durch eine hohe Eigentumsquote eingeschränkt wird. Jahrzehntelang wurde die Eigentumsbildung in Deutschland massiv gefördert, so etwa durch verschiedene Steuervergünstigungen oder durch die Eigenheimzulage. Bekanntlich wurden viele dieser Instrumente in den letzten Jahren abgeschafft, aber auf der Ebene der Kommunen und der Länder gibt es nach wie vor ein Gestrüpp unterschiedlichster Förderungen, die die Bildung von Wohneigentum stimulieren. Und auch auf Bundesebene gibt es nach wie vor - wenn auch nicht sehr effiziente staatliche Förderungen für die Eigentumsbildung wie etwa das sogenannte Wohn-Riester-Modell.

Es ist zu befürchten, dass der Ruf nach neuen Förderungen wieder laut werden könnte, wenn Mieten und Wohnungspreise steigen, was in den nächsten Jahren zu erwarten ist. Die OECD-Studie warnt dagegen zu Recht, dass solche Förderungen auch zu Fehlallokationen von Kapital führen, da die Bürger damit den Anreiz erhalten, in Wohnimmobilien statt in andere Anlageformen zu investieren. Aus Sicht eines Anlegers ist es in der Tat höchst zweifelhaft, ob die Investition in selbst genutztes Wohneigentum eine richtige Entscheidung ist. Für denjenigen, der über ein ansehnliches Vermögen verfügt, kann die Bildung von Wohneigentum durchaus sinnvoll sein. Wer in Immobilien investieren will, sollte eher indirekte Immobilienanlagen bevorzugen, da die Risikostreuung hier höher ist und das Investment nicht vom Zufall des Wohnortes des Anlegers abhängt.

Dr. Helmut Knepel, Vorsitzender des Aufsichtsrats, Feri Euro-Rating Services AG, Bad Homburg

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