Pro und Kontra

Ist in Immobilien angelegtes Kapital gegen Inflation geschützt?

PRO Johann Kowar ist Vorsitzender der geschäftsführenden Direktoren der conwert Immobilien Invest SE, Wien Immobilien schützen vor Inflation Die Griechenlandkrise und ihre Folgen haben bei vielen wieder Inflationsängste verstärkt. Nach einer Emnid-Umfrage haben 52 Prozent der Deutschen Angst vor einer fortschreitenden Geldentwertung. Das Vertrauen in den Euro ist schwer erschüttert. Jeder Dritte war bei der Befragung der Meinung, dass es die europäische Gemeinschaftswährung in zehn Jahren nicht mehr geben wird. Die Finanzkrise hatte damals die Flucht in Sachwerte angestoßen, die Euro-Krise verstärkt diesen Trend nun weiter. Haupttreiber ist die Furcht vor Inflation. Immobilien gelten zu Recht als Schutz vor Inflation. Zahlen der Investment Property Databank (IPD) zufolge lagen die Gesamtrenditen von deutschen Wohnimmobilien in den Jahren 1999 bis 2009 bei jährlich 4,4 Prozent und von Büroimmobilien bei 2,6 Prozent. Zum Vergleich: Aktien aus dem deutschen Leitindex Dax schnitten mit minus 1,5 Prozent deutlich schlechter ab. Die Inflation ist von 1999 bis 2009 um jährlich 1,6 Prozent gestiegen. Lange Zeit hat das Thema Inflationsschutz bei Anlagen kaum eine Rolle gespielt. Mitte 2008 wurden Anleger erstmals für das Thema sensibilisiert, als die Inflationsrate in Europa teilweise über vier Prozent lag. Die Finanzkrise hat das Vertrauen vieler Anleger nachhaltig zerstört. Es dominiert die Furcht, dass die durch Konjunkturprogramme und Stützungsaktionen für die Banken in nie gekannte Höhen getriebene Staatsverschuldung mittelfristig zu einer hohen Inflation führen wird. Dass Immobilien ein ausgezeichneter Inflationsschutz sind, belegt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. In Deutschland erzielten Investitionen in Wohngebäude zwischen 1998 und 2007 eine Rendite von 48 Prozent über die gesamte Periode, während die Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum nur um 13 Prozent stiegen, so das Ergebnis der Untersuchung. "Als besonders guter Inflationsschutz erwiesen sich Wohngebäude", so die Studie. "Deren Rendite stieg im Durchschnitt über alle Länder genauso wie die Inflationsrate. War die Preissteigerung sogar höher als erwartet, kletterten die Renditen noch stärker". Die Strategie privater Investoren, mit Anlagen in Wohnimmobilien dem befürchteten mittelfristigen Anstieg der Inflationsraten vorzubeugen, ist also durchaus rational. Zunehmend ist zu beobachten, dass neben privaten auch institutionelle Investoren Inflationsszenarien in ihre Überlegungen einbeziehen. Die in zahlreichen Studien belegte Tendenz zur deutlichen Erhöhung der Immobilienquote bei institutionellen Investoren ist nicht nur eine Verlegenheitslösung, weil Anleihen zu niedrig rentieren, sondern erklärt sich auch aus dem Motiv, einer möglichen Erhöhung der Inflationsrate, die als Wirkung der starken Geldmengenvermehrung befürchtet wird, vorzubeugen. Zwar bieten auch Büroimmobilien einen Inflationsschutz, da jedoch angesichts der schlechten konjunkturellen Aussichten Investoren eine Erhöhung der Leerstände bei Büroobjekten und damit einhergehend sinkende Mieten erwarten, setzen sie derzeit verstärkt auf Wohnimmobilien, die als eher konjunkturresistent gelten. Zudem schützen laut Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Wohnimmobilien sicherer vor Inflation als Büroobjekte. KONTRA Olaf Claessen ist Head of Asset Management bei der Deutschen Land Property Management GmbH, Frankfurt am Main. Kein automatischer Inflationsschutz Bei jeder Gelegenheit wird das Argument des Inflationsschutzes von Immobilien bemüht. Immobilienverkäufer spielen gerne mit der Angst vieler Anleger vor einer steigenden Inflation in den kommenden Jahren. Diese durchaus begründete Inflationsangst steht der eher unhaltbaren Aussage gegenüber, dass Immobilien vor Inflation schützen. Die Wahrheit ist: Vor allem Gewerbeimmoblien bieten keinen nachweisbaren Schutz vor Inflation. Das gilt sowohl für den Westen der Republik als auch für ganz Deutschland. Was Immobilienprofis insgeheim sowieso wissen, hat Bulwien-Gesa kürzlich in einer Studie belegt. Die Preise von deutschen Gewerbeimmobilien liegen seit knapp 15 Jahren unter der seit 1975 kumulierten Inflationsrate. Ende 2009 war der Preisindex für Gewerbeimmobilien von Bulwien-Gesa bei etwa 180, die Inflation hingegen bei mehr als 230. Der Westen der Republik schneidet besser ab. Hier liegt der Preisindex bei über 200. Dennoch bieten auch westdeutsche Gewerbeimmobilien im Schnitt keinen Inflationsschutz. Die Büromieten sind sowohl deutschlandweit als auch in den einzelnen Städten seit 1990 deutlich weniger gestiegen als der Verbraucherpreisindex. Nur während der Boomjahre nach der Wiedervereinigung war der Mietpreisanstieg bei Büros in vielen Städten streckenweise deutlich über der Inflationsrate. Die Immobilienhochburgen München und Frankfurt liegen sogar unter dem bundesweiten Durchschnitt. Büromieten in B-Standorten wie Hannover oder Freiburg haben sich zwar unterhalb der Preissteigerung, aber immerhin oberhalb des Deutschlandschnitts entwickelt. In der Krise zeigen sich damit die Vorteile der stabileren B-Städte gegenüber den volatileren Immobilienhochburgen. Ein wenig anders verhält es sich bei Einzelhandelsimmobilien. Hier liegen die Mieten von 1a-Lagen in Metropolen wie München und Frankfurt bei einem Vergleich seit 1990 über der Inflation. Die Inflation hatte nach 20 Jahren einen Indexstand von etwa 145, München lag fast bei 180 und Frankfurt fast bei 160. Deutschlands größte B-Stadt Hannover lag sogar fast bei 190. Der bundesweite Schnitt liegt mit etwa 120 jedoch unterhalb der Inflationsrate. Die Inflation war in den vergangenen 15 Jahren nur 2007 und 2008 höher als zwei Prozent. Laut Bulwien-Gesa waren Mieten von aktiv gemanagten Büroimmobilien in Deutschland im Schnitt immer über der jährlichen Inflationsrate. Stabile Mieterträge sind für Immobilieninvestitionen daher wichtiger als die langfristige Entwicklung der Immobilienpreise. Gut gemanagte Gewerbeimmobilien können einen stabilen Cash-Flow erwirtschaften und somit auch im Falle von sinkenden Immobilienwerten eine positive Gesamtrendite erzielen. Verfechter der Inflationsschutzthese verweisen insbesondere bei Gewerbeimmobilien gerne auf die Mietindexierung. Dies ist jedoch bestenfalls eingeschränkt überzeugend. In der Regel wird die Inflation damit nämlich nicht zu hundert Prozent aufgefangen. Es kommt bei manchen Gewerbeimmobilienportfolios sogar vor, dass die Mietverträge überhaupt nicht indexiert sind. Indexklauseln in deutschen Gewerbemietverträgen sind nur ein bedingter Inflationsschutz. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: Erstens greift die Anpassung an den Verbraucherpreisindex häufig erst ab einer Veränderung von fünf Prozent bei Büro- und bis zu zehn Prozent bei Einzelhandelsflächen. Dadurch dauert es meist drei bis vier Jahre, bis überhaupt die Indexierung einsetzt. Zweitens wird die Indexklausel bei Mietvertragsverhandlung oft als erstes gestrichen. Eine gute Rendite und somit auch indirekt der Schutz vor Inflation hängt bei Immobilien allein von der Qualität des Asset Managements ab. Den einprogrammierten Schutz vor Geldentwertung gibt es auf jeden Fall nicht.

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