Kapitalmarkt

Ein Jahr Pfandbriefgesetz aus Sicht des Bundesministeriums der Finanzen

Das Pfandbriefgesetz ist am 19. Juli 2005 in Kraft getreten. Die
Übergangsregelung in § 46 Absatz 1, nach der schon länger eingetragene
Hypotheken auch dann zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen verwendet
werden durften, wenn für das gesicherte Grundstück kein Beleihungswert
vorlag, ist am 30. Juni 2006 abgelaufen. Die Zeit ist für eine erste
Rückschau also gut geeignet.
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Gewünschte Ergebnisse
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Selten ist ein Finanzmarktgesetz so einhellig begrüßt worden wie das
am 27. Mai 2005 verkündete Pfandbriefgesetz. Es ist das Ergebnis einer
intensiven und ergebnisorientierten Beratung zwischen der
Bundesregierung und den Verbänden der Kreditwirtschaft bei der
Erstellung des Gesetzentwurfes und einer engen Zusammenarbeit der im
Bundestag vertretenen Parteien unter Beteiligung von Bundesregierung
und Verbänden. Hier zeigte sich an einem Projekt, wie erfolgreich die
Zusammenarbeit bei der Gesetzgebung sein kann, wenn es darum geht,
herausgehobene Interessen des deutschen Kapitalmarktes und die
Qualität eines weltweit anerkannten Produktes zu wahren.
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Das mit dem Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes am 19. Juli 2005
erfolgreich abgeschlossene "Projekt eines Pfandbriefgesetzes" hatte
der damalige Bundesminister der Finanzen Hans Eichel in einem
Interview in der Börsenzeitung vom 24. April 2004 angekündigt. Als
Ziel des Gesetzes hob er hervor, die Attraktivität des deutschen
Pfandbriefs als besonders sichere Anlage für Investoren im In- und
Ausland zu stärken und gleichzeitig unter Aufgabe des
Spezialbankprinzips und unter Beibehaltung des hohen
Anlegerschutzniveaus allen geeigneten Kreditinstituten die Erlaubnis
zu Pfandbriefemissionen erteilen zu können. Diese Ziele sind erreicht
worden.
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Die Abschaffung des Spezialbankprinzips ist - wie von Seiten des
Bundesministeriums der Finanzen erwartet - ohne negative Folgen für
den Pfandbrief geblieben. Die strengen Anforderungen des
Pfandbriefgesetzes an das nunmehr nach dem Kreditwesengesetz
erlaubnispflichtige Pfandbriefgeschäft haben einerseits dazu geführt,
dass sich der Kreis der Erlaubnisinhaber bisher nur geringfügig
erweitert hat.
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Andererseits haben nach den Beobachtungen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungen ehemalige Hypothekenbanken nur sehr behutsam
von ihrem Recht Gebrauch gemacht, sich weitere, über die
Geschäftskreisbeschränkung des früheren Hypothekenbankgesetzes
hinausgehende Geschäftsbereiche zu erschließen.
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Der Wegfall des Spezialbankprinzips hat es einigen Bankengruppen
ermöglicht, die Pfandbriefaktivitäten mit den übrigen Bankgeschäften
einer Universalbank zusammenzuführen, indem sie das Mutter- oder
Tochterunternehmen jeweils auf das über- oder untergeordnete
Unternehmen verschmolzen haben. Einigen Pfandbriefbanken wurde ihre
bisher eingeschränkte Erlaubnis für das Pfandbriefgeschäft um die
Erlaubnis zur Emission von Schiffspfandbriefen erweitert.
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Besonders zu begrüßen ist es selbstverständlich, wenn wegen der
zusätzlichen Geschäftsmöglichkeiten ein deutsches Kreditinstitut
bislang im Ausland wahrgenommene Aktivitäten nach Deutschland
zurückholt, wie dies im Fall der Hypo Real Estate Gruppe geschehen
ist. Sie hat ihr erst im Jahre 2003 in Irland begründetes
Auslandsgeschäft unter Hinweis auf die besseren Rahmenbedingungen
durch das Pfandbriefgesetz nach Inkrafttreten des Gesetzes in
Stuttgart gebündelt und dabei mehrere Milliarden Euro Kapital nach
Deutschland zurückgeholt. Die Börsenzeitung lobte das Pfandbriefgesetz
als "Beispiel dafür, wie durch Reformen mit Augenmaß die Attraktivität
des Standorts Deutschland zurückgewonnen werden kann" und fasste
zusammen: "So einfach ist Standortförderung!"
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Das Pfandbriefgesetz hat auch dazu geführt, dass die Stellung des
Pfandbriefs an den internationalen Märkten als besonders sichere
Anlage mit wegweisendem Anlegerschutzniveau gestärkt worden ist. Dies
ist in erfreulicher Weise dadurch bestätigt worden, dass sich seit
Geltung des Pfandbriefgesetzes das Rating verschiedener Pfandbriefe
verbessern konnte, hingegen in keinem Fall ein Pfandbriefrating
abgesenkt werden musste.
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Die Zuverlässigkeit der Pfandbriefanlage wurde auch, wenngleich nicht
in einem erfreulichen Zusammenhang, im Fall der Allgemeinen
Hypothekenbank Rheinboden bestätigt. Deren Pfandbriefratings blieben
unverändert. Selbst als größte Unsicherheit herrschte, was aus der
AHBR würde, bestand nie die Gefahr, dass ihre Pfandbriefe ausfielen.
Die umfangreichen gesetzlichen Sicherheitsanforderungen haben ein
starkes Vertrauen in das Produkt Pfandbrief begründet.
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Anpassung der Aufsicht
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Neben dem Pfandbriefgesetz selbst trägt zum hohen Anlegerschutzniveau
die besondere Aufsicht der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über das Pfandbriefgeschäft bei.
Organisatorisch trägt die BaFin der neuen Rechtslage Rechnung, indem
ein "Kompetenzzentrum Pfandbrief I" benannt wurde, welches für die
Grundsatzarbeit der einheitlichen Auslegung und Fortentwicklung des
Pfandbriefrechtes wie auch für die laufende Aufsicht über einzelne,
keinem übergeordneten Konzern oder Verbund angehörige Pfandbriefbanken
verantwortlich ist. Um eine einheitliche Anwendung der Vorschriften
sicherzustellen, wird das "Kompetenzzentrum Pfandbrief I" in sämtliche
Entscheidungen aller Abteilungen der BaFin mit grundsätzlichem Bezug
zum Pfandbriefgesetz eingebunden.
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Zu Beginn des Jahres 2006 wurde daneben ein "Kompetenzzentrum
Pfandbrief II" errichtet, welches für die einheitliche Durchführung
der nach dem Gesetz regelmäßig alle zwei Jahre vorgesehenen
Deckungsprüfungen verantwortlich sein wird. Die Einrichtung eines
eigenen Deckungsprüfungsreferates erfolgte vor dem Hintergrund der
durch die Verkürzung des Prüfungsintervalls und die Einbeziehung der
öffentlichrechtlichen Institute erheblich gestiegenen Anzahl der
durchzuführenden Deckungsprüfungen. Die organisatorische Verbesserung
wird durch eine personelle Verstärkung dieses Bereiches ergänzt.
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Die somit gewährleistete "besondere öffentliche Aufsicht" durch die
BaFin ist zudem Voraussetzung des Artikels 22 Abs. 4 der so genannten
OGAW-Richtlinie. Die für die Anlage in Pfandbriefen damit verbundenen
Privilegien bei der Eigenkapitalunterlegung gelten auch in Zukunft.
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Im Rahmen der Verhandlungen und der Beratungen des Europäischen
Parlaments zur Umsetzung von Basel II auf europäischer Ebene durch
eine Änderung der Richtlinien 2000/12/EG und 93/6/EWG wurden zwar
weichere Kriterien für andere gedeckte Schuldverschreibungen
festgelegt, aber es gelang auch, dem deutschen Pfandbrief eine bessere
Stellung im System der Eigenmittelunterlegung zu sichern. Damit werden
die strengeren Anforderungen an die Deckungsmasse honoriert und der
Pfandbrief als ein qualitativ höherwertigeres Produkt angesehen.
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Ein weiteres wichtiges Vertrauenselement des Hypothekenpfandbriefes
ist der Beleihungswert. Die Bundesregierung hat schon bei den
Beratungen des Pfandbriefgesetzes darauf hingewiesen, dass die
einheitliche Anwendung des Beleihungswertermittlungsverfahrens eine
der Grundlagen des hervorragenden Rufes des Hypothekenpfandbriefes
ist. Die am 22. Mai 2006 verkündete
Beleihungswertermittlungsverordnung der BaFin trägt dieser
Verantwortung Rechnung. Eine Anwendung auch über das Pfandbriefrecht
hinaus wird zwischen den Verbänden der Kreditwirtschaft kontrovers
diskutiert.
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Refinanzierungsregister für Pfandbriefe und Verbriefungen
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Ein elementarer Bestandteil der Reform des Pfandbriefrechts ist die
Anerkennung der Deckungsfähigkeit von Hypotheken, die vom
Forderungsverkäufer treuhänderisch für den Pfandbriefemittenten
verwaltet werden. Darauf hatte die Bundesregierung bereits während des
Gesetzgebungsverfahrens hingewiesen. Die Deckungsfähigkeit wurde
dementsprechend in § 1 Abs. 2 des Pfandbriefgesetzes grundsätzlich für
den Fall geregelt, dass die Pfandbriefbank im Falle der Insolvenz des
die Forderung übertragenden Kreditinstituts die Aussonderung der von
diesem treuhänderisch verwalteten Hypothek verlangen kann.
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Wann jedoch im Fall der Insolvenz die Pfandbriefbank die Aussonderung
verlangen kann, musste in einem anderen Gesetz geregelt werden. Diese
Ergänzung zum Pfandbriefgesetz erfolgt nunmehr durch die §§ 22a ff des
Kreditwesengesetzes, die durch das "Gesetz zur Neuorganisation der
Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines
Refinanzierungsregisters" vom 22. September 2005 eingefügt wurden.
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Damit ist eine Grundlage für eine Verbesserung der Refinanzierung von
Kreditinstituten nicht nur im Rahmen von Pfandbriefemissionen, sondern
auch von Verbriefungstransaktionen gelegt worden. Aufgrund der
Regelung wird infolge der Eintragung der Sicherungswerte in ein so
genanntes Refinanzierungsregister die Voraussetzung für ein
Aussonderungsrecht von Pfandbriefemittenten sowie von
Zweckgesellschaften im Rahmen von Verbriefungsgeschäften geschaffen.
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Somit kann ein noch größerer Kreis von Kreditinstituten an den
Vorteilen einer Refinanzierung durch Pfandbriefe teilhaben, zum
Beispiel durch den Verkauf von zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen
geeigneten Werten an eine Pfandbriefbank, ohne dass es für die
Indeckungnahme einer Grundbuchänderung bedarf. Dadurch kann der
Finanzplatz Deutschland weiter an Anziehungskraft gewinnen.
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Die verbesserten Rahmenbedingungen für das Pfandbriefgeschäft in
Deutschland verhindern andererseits nicht wachsende Konkurrenz aus dem
Ausland und durch andere Anlageprodukte. Der Umlauf von Pfandbriefen
hat seit Anfang des Jahrzehnts leicht abgenommen, von rund 1 100
Milliarden Euro auf knapp unter 1 000 Milliarden Euro Ende 2005. Der
Pfandbrief muss sich zunehmend das Interesse der Anleger mit anderen
gedeckten Schuldverschreibungen aus EU-Staaten und teilweise auch mit
Verbriefungsprodukten teilen. In diesem Wettbewerb hat er jedoch
aufgrund des Pfandbriefgesetzes eine hervorragende Ausgangsposition.
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Es liegt im Interesse der deutschen Pfandbriefbanken und ist Aufgabe
der Bundesregierung, diesen Rechtsrahmen ständig daraufhin zu
überprüfen, ob er neuen Entwicklungen und Angeboten angepasst werden
muss. Das Bundesministerium der Finanzen wird in einem solchen Fall
gern die beim Pfandbriefgesetz und darüber hinaus so bewährte
Zusammenarbeit mit den Verbänden und Praktikern fortsetzen oder
wiederaufgreifen.

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