Immobilien und Kapitalmarkt

Landesbanken als Pfandbriefbanken - Geschichte, Gegenwart, Zukunft

Die Geschichte der Landesbanken ist eng verbunden mit der Geschichte des Pfandbriefsystems, die bis ins Jahr 1769 zurückdatiert werden kann. Niemand geringerem als Friedrich dem Großen ist dieses Wertpapier zu verdanken und: Seitdem ist noch kein Pfandbrief ausgefallen. Die Sicherheit der Anlagegattung Pfandbrief ist weltweit das Argument für den Pfandbrief "made in Germany", der sich im Laufe seiner Existenz zum Exportschlager und Gütesiegel des Finanzplatzes entwickelt hat.

Emission von Pfandbriefen - eine lange Tradition der Landesbanken

Für öffentliche Banken ist der Pfandbrief ein Refinanzierungsinstrument von herausragender Bedeutung. Ein Blick auf den Wert der im Umlauf befindlichen Pfandbriefe, die von Landesbanken im Jahre 2006 emittiert worden sind, spricht für sich: Dieser beläuft sich auf rund 283 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 30 Prozent entspricht.

Ungefähr in denselben Zeitraum wie die "Erfindung" des Pfandbriefs fällt die erste Gründungsphase öffentlicher Banken in Deutschland: 1765 rief Herzog Carl I. von Braunschweig-Lüneburg die Herzogliche Leihhausanstalt ins Leben, die seit 1919 als Braunschweigische Staatsbank firmierte und 1972 in der Norddeutschen Landesbank aufging.

Obgleich die Landesbanken heutiger Prägung vor etwa 200 Jahren noch nicht existierten, betrieb man bereits zu diesem Zeitpunkt die Sammlung von Einlagen und die Ausgabe von Schuldverschreibungen - "Assignationen" genannt - zur Finanzierung des Realkredits. Daneben diente die Gründung öffentlich-rechtlicher Zwangsvereinigungen von Großgrundbesitzern sogenannten "Landschaften" - der Emission von "Güterpfandbriefen", durch die die Landschaft billigen landwirtschaftlichen Grundkredit mobilisieren wollte.

Der Kredit wurde allerdings nicht in bar, sondern in Form von Pfandbriefen ausgezahlt, die der Kreditnehmer selber zu Geld machen musste. Zur grundpfandrechtlichen Haftung des Gutsbetriebs trat die Solidargarantie der Landschaft und der hinter ihr stehenden Mitgliedergemeinschaft: Die Idee des Öffentlichen Pfandbriefs war geboren.

Bewährte gesetzliche Regelungen

Seit Anfang des letzten Jahrhunderts emittieren die Vorläuferinstitute der heutigen Landesbanken besicherte Wertpapiere, deren umlaufendes Vermögen jederzeit durch erstklassige Kredite unterlegt ist. Grundlage für derartige Emissionen waren bis zum 19. Juli 2005 das Hypothekenbankgesetz, das Schiffsbankgesetz und das Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (ÖPG).

Die Überschaubarkeit des Emittentenkreises - die Gruppe der maßgeblichen inländischen Pfandbriefemittenten umfasste bis dahin die öffentlichen Banken sowie die privaten Hypotheken- und Schiffsbanken - beruhte auf dem Spezialbankenprinzip, wonach die Geschäftstätigkeit der Hypothekenbanken auf die Kreditarten "Immobilienfinanzierung" und "Staatskredite" beschränkt war. Bei den öffentlich-rechtlichen Pfandbriefemittenten wurde angesichts der staatlichen Haftungsgarantien auf einen gesetzlich fixierten Spezialisierungszwang verzichtet.

Bedeutung des Pfandbriefgeschäfts für die Landesbanken

Bis zur endgültigen Formulierung und Verabschiedung des heute geltenden Pfandbriefgesetzes war das ÖPG vom 21. Dezember 1927 die maßgebliche rechtliche Grundlage für die öffentlichen Banken. Wie seine für die Privatbanken gültigen Pendants, das Hypothekenbankengesetz und das Schiffsbankgesetz, regelte das ÖPG die Deckungsmodalitäten und die Verfahrensweisen im Insolvenzfall des Emittenten. Wurde die Kodifizierung des eigenen Geschäfts zur damaligen Zeit von den öffentlichen Banken zunächst überwiegend kritisch gesehen, schwand die Skepsis zusehend mit dem durch das ÖPG vorangetriebenen Erfolg des öffentlich-rechtlichen Pfandbriefs: Dieser verband nämlich die dingliche Sicherung durch erste Hypotheken mit dem weiteren Vorteil der öffentlich-rechtlichen Garantie der staatlichen oder kommunalen Schuldverschreibungen.

Heute refinanzieren sich Landesbanken zu einem erheblichen Teil an den nationalen und internationalen Geld- und Kapitalmärkten. Eine herausragende Bedeutung für Landesbanken spielt dabei das Refinanzierungsinstrument Pfandbrief. Dieser hat sich trotz dynamischer und teils dramatischer Veränderungen im Bankgeschäft als ein zentrales und häufig auch ertragsstabilisierendes Geschäftsfeld der Landesbanken erwiesen. Pfandbriefe sind ein Qualitätsprodukt per se und besitzen weitgehend unabhängig vom emittierenden Institut ihre eigene Bonität. Sie fußt unter anderem auf Grundpfandrechten an Immobilien oder auf Forderungen gegen die öffentliche Hand. Überdies ist der Pfandbrief gleichermaßen lukrativ für die Emittenten und für die Investoren, da er trotz seiner sehr hohen Ausfallsicherheit eine attraktive Verzinsung bieten kann. Rund ein Drittel aller Pfandbriefe deutscher Emittenten befinden sich in ausländischen Portfolios.

Dennoch musste sich der heute am Markt für gedeckte Schuldverschreibungen so attraktive Pfandbrief in seiner Entwicklung immer neuen Herausforderungen stellen. Vor allem in den achtziger Jahren wurde der in die Jahre gekommene deutsche Pfandbrief am Finanzmarkt eher mitleidig belächelt: Er galt als Langweiler unter den modernen Anlageformen. Seit einiger Zeit erlebt er eine Renaissance auf den europäischen und internationalen Kapitalmärkten und hat sich inzwischen mit einem Volumen von über einer Billion Euro zum größten Segment auf den europäischen Anleihemärkten entwickelt. Länder wie Großbritannien oder Frankreich und viele andere nahmen sich das deutsche Modell zum Vorbild. Die fortschreitende Europäisierung des Pfandbriefgedankens steigerte zugleich den Wettbewerbsdruck für das deutsche Vorzeigeprodukt.

Zukunftsprodukt Pfandbrief

Seit dem 19. Juli 2005 bestehen in Deutschland mit dem neuen Pfandbriefgesetz einheitliche gesetzliche Rahmenbedingungen für die Emission von Pfandbriefen. Neben übernommenen Kernelementen aus den alten Gesetzen zeichnet sich das neue Pfandbriefgesetz durch erhöhte Qualitätsanforderungen aus. Diese betreffen zum einen Transparenzvorschriften bezüglich der im Umlauf befindlichen Pfandbriefe und der Deckungsmasse, zum anderen das Risikomanagementsystem und die Anforderungen an die Deckungsprüfungen. Das Pfandbriefgesetz trägt so den Anforderungen der Investoren und Rating-Agenturen an Sicherheit und Transparenz Rechnung.

Der Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Juli 2005 auf Druck der EU-Kommission war einer der ausschlaggebenden Impulse für die vom Gesetzgeber in Angriff genommene Neuordnung des Pfandbriefrechts. Ein für die Landesbanken wichtiger Aspekt war dabei die entfallende "Kommunalkreditfähigkeit" ihrer unbesicherten Forderungen. Bisher durften diese angesichts der staatlichen Haftungsgarantien ihrer Emittenten als Deckungsmasse für öffentliche Pfandbriefe verwendet werden. Für Landesbanken, die seitdem keine Gewährträgerhaftung und Anstaltslast mehr haben, bedeutete dies, dass solche Forderungen nicht mehr deckungsstockfähig sind.

Hatte der Pfandbrief bereits vor dem 19. Juli 2005 eine hohe Bedeutung für die Landesbanken gehabt, gewann er seitdem noch an Gewicht. Den neuen Herausforderungen konnten sich die Landesbanken erfolgreich stellen. Als etablierte Pfandbriefemittenten verfügen sie traditionell über Strukturen und Systeme, mit denen das Deckungsmanagement optimiert und die Sicherheitendecke maßgeschneidert werden können. Die Führung eines Deckungsregisters, das die jederzeitige insolvenzrechtliche Trennung der Deckungswerte vom Restvermögen der jeweiligen Landesbank sichert, ist seit Jahrzehnten geübte Praxis.

Verlagerung von ungedeckter zu gedeckter Refinanzierung

Ferner kommen den Landesbanken bei der Emission von Pfandbriefen die auch nach dem 19. Juli 2005 unverändert sehr guten Ratings für Öffentliche Pfandbriefe zugute. Die Emissionspolitik der Landesbanken setzt überdies auch weiterhin auf großvolumige Pfandbrief-Benchmarks, die international platziert werden. Diese sogenannten Jumbo-Pfandbriefe gibt es seit 1995 und erfreuen sich seitdem großer und wachsender Beliebtheit auf den Anleihemärkten. Zu dem überwiegenden Teil der ausstehenden Jumbo-Pfandbriefe zählen übrigens Öffentliche Pfandbriefe.

Obgleich neben dem Pfandbrief Instrumente wie Commercial Papers, Schuldscheine und ungedeckte Bankschuldverschreibungen eine wichtige Rolle in der Refinanzierungs- und Liquiditätsstrategie der Landesbanken spielen, hat sich die Bedeutung des Pfandbriefs nach dem Auslaufen der Staatgarantien deutlich erhöht. Auf die Veränderung der Haftungssysteme haben sich die Landesbanken frühzeitig mit einer angemessenen Refinanzierungsstrategie vorbereitet.

Mit der stärkeren Verlagerung von ungedeckten auf gedeckte Emissionen sichern sich die Landesbanken auf Dauer eine solide Grundlage für Mittelaufnahmen zu erstklassigen Refinanzierungskonditionen. Und der Pfandbrief selbst? Er wird auch zukünftig seine Spitzenstellung im europäischen Wettbewerb behaupten können, nicht zuletzt dank der Landesbanken, die ihn auch unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen erfolgreich emittieren werden.

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