Wohnungen als Werttreiber

Kapitalmarkt-Kommunikation einer börsennotierten Wohnungs-AG

Im November 1999 wurden Namensaktien der 1998 gegründeten Deutsche Wohnen AG an der Luxemburger Wertpapierbörse und in Deutschland im Freiverkehr eingeführt. Seit Sommer 2006 notieren Namensaktien (vier Prozent aller vier Millionen umlaufenden Aktien) und Inhaberaktien (96 Prozent) der Deutsche Wohnen AG im Amtlichen Markt Frankfurt sowie im Prime Standard, das Luxemburger Listing wurde Ende 2006 aufgegeben. Die Inhaberaktien wurden im September 2006 in den Sdax aufgenommen. Die Marktkapitalisierung der Inhaberaktien belief sich am 13. Juni 2007 auf rund 693 Millionen Euro (Streubesitz: 100 Prozent).

Verbesserung der Akzeptanz und mehr Handel an der Börse

Die Deutsche Wohnen AG wurde vom nationalen Kapitalmarkt nach der Börseneinführung einige Zeit als geschlossener Fonds auf Aktien gesehen, dies vor allem im Hinblick auf das vergleichsweise starre Geschäftsmodell ohne Substanzausweitung, eine geringe Volatilität im Aktienkurs und sehr niedrige Börsenumsätze. Die Aufnahme der Analystencoverage durch Kempen & Co aus Amsterdam im Frühjahr 2002, die Aufnahme der Deutsche-Wohnen-Aktie in die Indizes der Epra und das langsam aufkeimende Interesse ausländischer institutioneller Investoren an deutschen Immobilienaktien führten seit 2002 sowohl zu einer Veränderung der Aktionärsstruktur als auch zu steigenden Aktienkursen und Börsenumsätzen.

Umstellungen im Management, die erfolgreiche Entflechtung von der Deut-sche-Bank-Gruppe sowie eine Erweiterung des seit 1999 verfolgten Geschäftsmodells hin auf Portfoliozukäufe taten ihr Übriges, die Deutsche Wohnen AG zu einer für den Kapitalmarkt wahrnehmbaren Aktiengesellschaft zu machen.

Kurspflege für die Aktie

Immer wieder wird gefragt, ob und wie eine Gesellschaft ihren Aktienkurs "pflegen" kann. Hier muss zunächst gesagt werden, dass eine direkte Einflussnahme auf den Aktienkurs gegen kapitalmarktrechtliche Regelungen verstoßen würde. Nicht verboten ist es jedoch, wenn sich die Gesellschaft um die Verbesserung ihrer Börsenliquidität kümmert. An der Börse illiquide Aktien sind zweifelsohne schwankungsanfälliger. In diesem Zusammenhang sorgen Designated Sponsors in ihrer zentralen und börsenrechtlich vorgesehenen Funktion für eine erhöhte Liquidität in einer Aktie, indem Sie im Rahmen von Geschäftsbesorgungsverträgen verbindliche Preise für den An- und Verkauf von Aktien der jeweiligen Gesellschaft stellen.

Nachdem die Order zum Kauf einer Aktie in technischer Hinsicht in der Situation ausgeführt wird, wenn sich im Xetra-Orderbuch eine Verkaufsorder in gleicher Höhe findet, wird ein Designated Sponsor dadurch aktiv, dass er versucht, die im Xetra-Orderbuch zu Tage tretenden Differenzen zwischen Kauf- beziehungsweise Geldkursen und Verkaufs- respektive Briefkursen durch Stellung von Orders gezielt zu verkleinern. Somit trägt er direkt zu höheren Umsätzen bei. Der Designated Sponsor handelt hierbei stets auf eigene Rechnung und damit auf eigenes Risiko, profitiert also von steigenden Aktienkursen und erleidet Verluste im Falle absinkender Kurse der betreuten Aktien.

Die Deutsche Wohnen AG hat derzeit drei Designated Sponsors: die Close Brothers Seydler AG (seit Mai 2004), die Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA (seit Januar 2005) und die West LB AG (seit Juni 2007). Designated-Sponsoring-Aktivitäten sind jedoch nur ein Ausschnitt der Maßnahmen, die geeignet sind, die Liquiditätssituation einer Aktie weiter zu verbessern. Als Stichworte seien hier Aktiensplit, Analystencoverage und kontinuierliche Investor-Relations-Maßnahmen genannt.

Im Hinblick auf die Aktionärsstruktur der Deutsche Wohnen AG (etwa 80 Prozent aller Aktien bei Institutionellen, 60 Prozent aller Aktien bei ausländischen Institutionellen) kommt der Organisation und Durchführung internationaler Roadshows und anderen Investorenmeetings sowie von Konferenzteilnahmen größere Bedeutung zu.

Hier erweisen sich Investorenkonferenzen als zunehmend effizient, da man Gelegenheit hat, eine Vielzahl von Aktionären und Investoren gebündelt an einem Ort und an einem oder zwei Konferenztagen zu treffen. Zeitintensives Hin- und Herreisen fällt somit größtenteils weg. Roadshows werden allerdings stets ihre Bedeutung behalten, da gewisse Investoren grundsätzlich an keinen Investorenkonferenzen teilnehmen möchten und man diese dann besuchen muss.

Im persönlichen Gespräch überzeugen

Die meisten Investoren möchten vor der Investitionsentscheidung einen oder mehrere Vorstandsmitglieder persönlich kennen lernen. Insbesondere für USamerikanische Investoren stellt der persönliche Eindruck von CEO/CFO einer Gesellschaft ein wesentliches Entscheidungskriterium dar. Die Integration von IR-Maßnahmen in die Terminpläne von Vorstandsmitgliedern ist ein weiteres zuweilen schwieriges Thema, insbesondere für Vorstände, die personell lediglich mit wenigen Mitgliedern besetzt sind.

Eine Effizienzsteigerung im Roadshowbereich war der Deutsche Wohnen AG durch die Beauftragung einer in New York ansässigen IR-Agentur möglich. Auf Basis aggregierter Aktionärs- und Investorendaten ist es nunmehr möglich, Roadshows und andere IR-Maßnahmen unter Einbeziehung der Investoren durchzuführen, die entweder bereits in der Gesellschaft oder aber in andere deutsche und ausländische Immobilien-Aktiengesellschaften investiert sind. Beispielsweise gibt es keine Gründe dafür, dass Vorstand/IR einen in Kalifornien ansässigen Investor besuchen, wenn dieser ersichtlich bislang in keinem europäischen (Wohn-)Immobilienunternehmen beteiligt war. Dessen Investitionspolitik spricht dann offensichtlich grundsätzlich gegen europäische Immoblienwerte. Dann ist es unrealistisch zu glauben, dass dieser Investor zum Beispiel in die Deutsche Wohnen AG investiert.

Net Asset Value - Interpretation von Premiums und Discounts

Einer der IR-Schwerpunkte im Immobilienbereich ist die Kommunikation von Informationen über die Marktwerte der Immobilien und deren Berechnung sowie den Net Asset Value (vereinfacht: Marktwerte abzüglich Verbindlichkeiten). Entscheidend für viele Aktieninvestoren ist, wie der aktuelle Aktienkurs im Verhältnis zum NAV je Aktie aussieht.

In der Interpretation eines Discounts zum NAV je Aktie könnte man zum einen darlegen, dass eine im Aktienkurs unter ihrem NAV notierende Gesellschaft ein gewisses Kurspotenzial besitzt. Andererseits könnte man auch schlussfolgern, dass es dem Management noch nicht gelungen ist, den Kurs über das Instrument einer nachhaltigen Unternehmenskommunikation auf das Niveau des NAV zu heben. Das Premium oder der Discount einer Aktie zum NAV sollte jedoch nicht mit den Begriffen Überbewertung oder Unterbewertung gleichgesetzt werden, da eine Aktie beim Entstehen eines Premiums sonst sofort verkauft werden, und im andern Fall bei einem Discount das Investment sofort verstärkt werden müsste.

Ein auf den NAV gezahltes Premium kann sicherlich interpretiert werden als das Resultat am Markt vorherrschender, positiver Prognosen hinsichtlich der Eigenschaft eines Unternehmen, aus Bestandsimmobilien in der Zukunft stabile und potenziell steigende Cash-Flows zu erwirtschaften. Im Fokus der Börse und der Investoren stehen damit nicht Aspekte der Vergangenheit oder der Gegenwart, sondern Zukunftsperspektiven.

Abgesehen davon, dass sich das Segment börsennotierter Immobilienaktien in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich vergrößert hat (noch im Jahr 1999 war die IVG Immobilien AG die einzige wahrnehmbare Immobilien-AG in Deutschland), sind die zeitweise hohen Discounts deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften (vor allem in den Jahren 2001 bis 2005) abgeschmolzen und haben sich bis Mitte 2007 in teilweise beachtliche Premiums verwandelt. Als Begründung kann ausgeführt werden, dass die Qualität der Kapitalmarktkommunikation deutscher Immobiliengesellschaften in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist.

Aufgrund der deutlichen Professionalisierung und Spezialisierung der Analysten- und Investorenseite, der am deutschen Kapitalmarkt zunehmend eingetretenen Erkenntnis, dass man sich nach dem Zusammenbrechen des Neuen Marktes andere Segmente erschließen musste sowie in Verbindung mit der aufkommenden REIT-Phantasie interessierten sich eine zunehmende Anzahl von Marketplayern für ein Investment in deutsche Immobilienaktien. Den gestiegenen Informationsbedürfnissen wurde seitens der IR-Abteilungen Rechnung getragen. Zusammenfassend, allerdings auch unabhängig von der Immobilienaktienbranche, können quantitativ und qualitativ verbesserte IR-Maßnahmen sowie die daraus resultierende höhere Börsenliquidität wesentlich zu steigenden Aktienkursen beitragen.

Potenziale des deutschen REIT überschätzt?

Nach langer Diskussion und Vorarbeit wird der REIT in Deutschland Einzug halten, voraussichtlich werden bereits in 2007 deutsche REITs an der Börse notieren. Verabschieden sollte man sich jedoch von dem Gedanken, dass der REIT-Status bereits die Garantie für Erfolg an der Börse darstellt. Die unternehmenssteuerlich günstige Situation muss seitens des Managements von einer tragfähigen Strategie, Performance in den Unternehmensergebnissen und nachhaltigen Kommunikationsmaßnahmen begleitet werden.

Derzeit sprechen viele ausländische Aktieninvestoren durchaus selbstkritisch davon, dass das Thema G-REIT in den vergangenen zwei bis zweieinhalb Jahren überschätzt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass der G-REIT in den kommenden Monaten und Jahren dazu beiträgt, den deutschen Finanzmarktstandort international voranzubringen. Hierzu kann der deutsche Gesetzgeber durch die generelle Einbeziehung von Wohnimmobilien in REITs ein gutes Stück beitragen.

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