REITs in Deutschland

REITs und Immobilienaktien - Durchbruch einer neuen Assetklasse

Seit einigen Jahren erweisen sich Real Estate Investment Trusts (REITs) und Immobilienaktien als das Wachstumssegment schlechthin. Mitte der neunziger Jahre starteten die REITs in den USA nach der Einführung des Tax Reform Acts im Jahr 1986 und steuerrechtlichen Änderungen Mitte des vorigen Jahrzehnts, die die Einbringung von Immobilienbeständen in REITs erleichterte, endgültig durch. In Deutschland war dagegen kurz vor der Jahrtausendwende das Projekt "Immobilienaktie" fast schon gescheitert.

Bis zu 40 Prozent Discount zum NAV

Steuerliche Nachteile im Vergleich zu anderen indirekten Immobilienanlageformen (zum Beispiel Offene und Geschlossene Immobilienfonds), zu kleine Unternehmen und marktenge Immobilienaktienwerte führten zu mangelnder Akzeptanz dieser Kapitalanlageform bei Investoren, die sich mittelbar am Immobilienmarkt engagieren wollten. Im Jahr 2000 betrugen die Discounts, welche die Börsenkurse der REITs und Immobilienaktien in Europa auf die Net Asset Values (NAV) der gehaltenen Immobilienbestände aufwiesen, im Durchschnitt 40 Prozent. Dennoch waren viele Investoren kaum zu bewegen, sich für diese indirekte Immobilienanlage zu interessieren. Die erfolgreiche Einführung des REIT-Modells in vielen Ländern (zum Beispiel Japan, Hongkong und Frankreich) ebnete den Weg für die endgültige Anerkennung dieses immobilienspezifischen Kapitalanlagemodells in Europa.

Das Platzen der New-Economy-Blase Anfang 2000 und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Geldpolitik der Zentralbanken sowie die Entwicklung der Weltwirtschaft führten zu einem beispiellosen Rückgang der Zinsen auf neue historische Tiefs. Die hohen und stetigen Dividendenrenditen derjenigen Immobiliengesellschaften, die aufgrund ihrer gut gemanagten Bestände über stetige Cash-Flows verfügten, rückten unweigerlich in den Fokus der in einer Low-Return-Welt verzweifelt nach Rendite suchenden Investoren.

Insbesondere Pensionskassen und Versicherungen, zumindest jene außerhalb Deutschlands, erkannten darin ihre Chance, innerhalb einer Diversifikationsstrategie Zusatzrenditen zu erwirtschaften. In der Folge entwickelten sich weltweit Immobilienaktien und REITs nunmehr sechs Jahre lang besser als die allgemeinen Aktienmärkte. Dies führte natürlich dazu, dass die vor einigen Jahren vorherrschenden Discounts weitgehend abgebaut und sich in der Summe in sogenannte Premiums, das heißt Aufschläge der Börsenkurse auf die NAV der Immobiliengesellschaften, verwandelt haben.

Das Jahr 2006 stellte in dieser Entwicklung einen vorläufigen Höhepunkt dar. Die Tabelle 1 zeigt für die letzten zehn Jahre die einzelnen Renditen unterschiedlicher Indizes für diverse indirekte Immobilienanlageformen beziehungsweise Immobilienindizes im Vergleich.

Das Hauptargument zur Erklärung der herausragenden Kursentwicklung des deutschen und europäischen Immobilienaktiensegmentes in den letzten beiden Jahren liegt klar auf der Hand: ein ungebrochener Liquiditätsstrom. Zwar weisen viele Werte immer noch Dividendenrenditen aus, die in einer Low-Return-Welt sehr attraktiv sind. Oft aber haben sich die Börsenbewertungen von ihren zugrundeliegenden NAV entfernt.

Kursauftrieb durch Liquiditätsschwemme

Nach wie vor werden neue Immobilienaktienfonds und -zertifikate aufgelegt, die Liquidität in das Immobilienaktiensegment leiten. Die hervorragenden Renditen der letzten Jahre tun ein Übriges und ziehen gleichermaßen die klassischen, an hohen Dividenden und Substanz interessierten Immobilienak-tien-Investoren, aber auch kurzfristig agierende Hedge-Fonds an. Übertreibungen bleiben daher nicht aus. Die Fantasie aus der geplanten Einführung des REIT-Modells in Großbritannien, Deutschland und wohl auch in Italien sowie aus M&A-Aktivitäten, insbesondere in Spanien, führten häufig zu Neubewertungen der NAV börsennotierter Immobiliengesellschaften mit den damit verbundenen Wirkungen auf die Kursentwicklungen.

Es kann festgestellt werden, dass das Immobilienaktien- und REIT-Segment jetzt auch in Europa den Durchbruch geschafft hat. Eine Vielzahl von neuen Produkten, seien es Investmentfonds oder Zertifikatsprodukte sowie die erhöhte Beachtung dieser Aktiengattung, die diese in den Medien erhält, ist Beleg für die Etablierung dieser Assetklasse. Im Zuge dieser Entwicklung ist es notwendig, begleitend entsprechende Bench-mark-Indizes zur Messung des damit verbundenen Anlageerfolges bereit zu stellen.

Auch für das neu entstehende REIT-Segment gilt es, Benchmark-Indizes aufzulegen. Diese dienen als Grundlage für Investoren, ihre eigenen Anlageerfolge oder diejenigen, der von ihnen beauftragten Portfoliomanager zu bewerten. Das Bankhaus Ellwanger & Geiger wird diesen Weg auf zweifache Weise beschreiten.

- Zum einen wird der bereits bestehende, im Jahr 2004 anlässlich der REIT-Einführung in Frankreich aufgelegte, europäische REIT-Index E&G-Erix (E&G European REIT Index) um REITs aus den neuen REIT-Ländern Großbritannien, Deutschland und wahrscheinlich Italien erweitert. Bis dato besteht dieser Index aus den zehn größten REIT-Gesellschaften Frankreichs, Belgiens und den Niederlanden. Er deckt mit knapp 40 Milliarden Euro Marktkapitalisierung etwa zwei Drittel des europäischen REIT-Marktes ab.

- Zum anderen wird das Bankhaus einen G-REIT-Index auflegen, in dem alle in Deutschland zugelassen REIT-Gesellschaften enthalten sein werden. Diese Gesellschaften werden mit ihrer gesamten Marktkapitalisierung in den Index eingehen und sowohl als Performance-Index (inklusive Dividenden und Berücksichtigung von Kapitalmaßnahmen) als auch als Kurs-Index berechnet werden. Für die Performance-Indizes der E&G-Index-Familie liegen inzwischen Werte über einen Zeitraum von bis zu 19 Jahren vor.

Transparenz über die Wertentwicklung einzelner Börsensegmente kann nur auf diesem Weg erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dem jungen G-REIT-Segment Indizes und Benchmarks zur Verfügung zu stellen, die als Gradmesser zukünftiger Entwicklung dienen werden. Dabei ist es durchaus begrüßenswert, wenn es eine Vielzahl von Indexanbietern geben wird, die jeweils aus ihrer Sicht diese Marktentwicklung betrachten.

Interessant wird zu beobachten sein, welche Auswirkungen unterschiedliche Index-Konstruktionen, wie zum Beispiel die Gewichtung nach Streubesitz (Konzept Deutsche Börse) oder Marktkapitalisierungen der Immobilien-Unternehmen (Konzept E&G) haben werden. Privaten und institutionellen Anlegern eine aktuelle, transparente, repräsentative, investierbare und nicht zuletzt unabhängige Benchmark anzubieten, sollte dabei das erste Ziel der Indexanbieter sein.

Wirkungen der Index-Gestaltung

Wie unterschiedliche Index-Gestaltungen wirken können, kann am Dimax, dem Branchenindex für deutsche Immobilienaktien, beispielhaft gezeigt werden. Die WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG, ursprünglich aus dem Textil-Unternehmen Württembergische Cattun Manufaktur AG hervorgegangen, gehörte zu den Unternehmen in Deutschland, die mit 54 000 Wohnungen zu den größten börsennotierten Immobiliengesellschaften zählten. Ab dem Jahr 1997 wurde die WCM im Dimax geführt. Nach der Übernahme der ehemaligen RSE und diversen anderen Beteiligungen zählten auch Gewerbeimmobilien zum Bestand.

Ein Großteil der Erträge stammte allerdings in manchen Berichtsjahren aus Aktivitäten des Beteiligungsgeschäftes, durchaus auch aus immobilienfremden Branchen. Folgerichtig begannen ab 1999/2000 die Diskussionen darüber, ob es sich bei WCM um eine Immobilien-AG handelte oder nicht. Ab 2002 wurde eine Parallel-Version des Dimax ohne Beteiligung der WCM-Aktie berechnet. Diese wies für den Zeitraum 2002 bis 2006 mit einer jährlichen Rendite von 19,29 Prozent deutlich bessere Ergebnisse aus als der Gesamtindex mit 11,19 Prozent.

Ende 2004 wurde die WCM-Aktie nach der Beteiligung an Klöckner und diversen Immobilienverkäufen aus dem Dimax genommen, da sie sich endgültig aus dem Kreis der Immobilienaktien-Gesellschaften verabschiedete. Aufgrund der Größe nahm die WCM im Boom-Jahr 1999 einen relativ großen Anteil am Index ein und gestaltete dessen Entwicklung maßgeblich mit. Interessant war daher die Frage, wie sich der Index entwickelt hätte, wenn diese (umstrittene) Immobilienaktie nicht im Index enthalten gewesen wäre. Eine Rekonstruktion der Werte seit 1997 ohne die WCM-Aktie auf Monatsbasis ergab den in Abbildung 2 dargestellten Kursverlauf im Vergleich zum vollständigen Dimax und dem Dax.

Zunehmender Immobilienhandel erhöht Volatilität

Der Vorteil von Immobilienaktien tritt dabei deutlicher zutage. Der E&G-Dimax ex WCM weist einen wesentlich ruhigeren und weniger volatileren Verlauf für die deutschen Immobilienwerte auf, als mit der in der Boom-Zeit vor dem New-Economy-Crash sehr erfolgreichen WCM-Aktie. Da der gesamte Aufschwung der deutschen Immobilienaktien später begann, unterscheiden sich die beiden Index-Varianten interessanterweise in ihrer Gesamt-Performance kaum.

Augenfällig erscheinen allerdings die Unterschiede hinsichtlich der Schwankungsbereitschaft. Einerseits zwischen den beiden Dimax-Varianten, aber vor allem im Vergleich zum Dax. Die Neubewertungen vieler Immobilienaktien im Zuge der erfolgreichen letzten Jahre führte zu einem markanten Anstieg des Dimax ab dem Jahr 2004. Dieser wurde von vielen neu an der Börse emittierten Werten mitgetragen. So stieg die Anzahl der im Index enthaltenen Werte allein in 2006 um 22 Titel. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit das Argument "Substanz gleich niedrigere Volatilität" weiterhin Bestand haben wird. Einige Immobilienunternehmen, die einen kurzfristig orientierten, opportunistischen Ansatz verfolgen (zum Beispiel Colonia Real Estate AG, Vivacon AG) weisen einen wesentlich volatileren Kursverlauf auf, als bisher bei Immobilienaktien beobachtet.

Anpassung an internationale Standards

Ein neuer G-REIT-Index beziehungsweise die europäischen REIT-Indizes werden vor allem Immobilienwerte enthalten, die per Definition reine Bestandshalter darstellen. Die nächsten Jahre werden zeigen, welche Eigenschaften dieses neu entstehende und wachsende immobilienbezogene Börsensegment haben wird. Die Verbindung hoher Dividendenrenditen mit der zugrundeliegenden Immobiliensubstanz sollte auch in Zukunft zu geringeren Volatilitäten, als im "normalen" Börsenverlauf führen.

Eine Voraussetzung dafür stellt allerdings die weitere Verbreiterung des Immobilienaktien- beziehungsweise REIT-Segmentes durch Neu-Emissionen dar, die das stetig wachsende Anlagekapital in diese Assetklasse aufnehmen. Ansonsten steht zu befürchten, dass aufgrund des Liquiditätszustromes spekulationsbedingte Übertreibungen stattfinden, die weder im Interesse der beteiligten Immobilienunternehmen und -gesellschaften noch der engagierten Investoren sein dürften.

Für den deutschen Finanzplatz ist es daher wünschenswert, dass vernünftige gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden und die REIT-Konstruktion zügig an internationale Verhältnisse angepasst wird. Nur dann kann sich der Durchbruch dieser Assetklasse auch hierzulande manifestieren.

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